Beliebt-Berüchtigt ist der Fürst der Dunkelheit. Manche
sagen, live hätte man nichts zu sehen, die anderen schwören auf
die Konzerte - fast wie bei einem Kult. Nun, egal ob man den
Antichristen der Musikindustrie mag oder nicht, eins muss man ihm
lassen, er weiss es immer noch, die Menschheit neu zu schockieren,
und er lässt sich niemals zensieren. Schonungslos hält er, wie immer,
den Spiegel vor die Gesichter der Menschheit und nimmt kein Blatt
vor den Mund. Nach der Veröffentlichung der neuen Platte ist meine
Vorfreude auf das Konzert sehr gross. Nicht schlecht staune ich
beim Abholen des Medienpasses, denn ich erhalte einen Sitzplatz.
Nun gut, vielleicht ist es ja auch besser so..., immerhin bin ich
trotz meines meistens dominierenden Optimismus ein Wenig kritisch
eingestellt. Desaster auf der Bühne sind bei diesem speziellen
Künstler ja keine Ausnahme.
Amazonica
Diesmal wird ohne Vorband gespielt, der Abend wird von DJane Amazonica
eröffnet. Mit wasserstoffblonder Helmfrisur, stylischem Outfit und
einem Mix aus elektronischer Musik und verschiedenen Rock- und
Metal Hits leitet sie den Abend ein. Die Begeisterung des Publikums
hält sich in Grenzen. Praktisch ist allerdings, dass diejenigen,
die erst später erscheinen können, keine Vorband verpassen. Die
Mehrheit steht deshalb draussen und geniesst Trank und Speis aus
der überteuerten "Küche" der Dübendorfer Samsung Hall.
Viel zu fotografieren gibt es nicht: ein gut gelauntes Girl,
welches das Publikum anzuheizen versucht, steht auf der sehr hohen
Bühne hinter ihrem DJ Pult. Nachdem ich mich um ein paar Shots
bemüht habe, begebe ich mich wieder raus aus der Konzerthalle und
studiere das neue Merchandise. In der Tat gibt es eine gute Auswahl.
Marilyn Manson un, Zeit für den Hauptact
des Abends. Während die meisten meiner Kollegen der Show eher
pessimistisch entgegensehen, spüre ich eine gewisse Hoffnung. Endlich
ist es soweit. Auf einem gothischen Thron von Rollstuhl kommt der
als Marilyn Manson bekannte Brian Hugh Warner auf die Bühne und
bringt von der ersten Sekunde an eine gigantische Party. Mit ziemlich
guter Laune und Motivation bereitet er allen einen unvergesslichen
Abend. So wie man immer hört, ist er öfters miesepetrig drauf und
die Shows seien teils katastrophal (Wacken, remember?). Nun, mein
Glück liess ich mich nicht davon abschrecken. Nicht nur besser als
seine letzte Clubshow in der Schweiz (11.11.2015 im Xtra), diese Show
reisst echt vom Hocker. Die gute Laune sprichwörtlich ausstrahlend und immer
wieder
grinsend, erweckt der selbsternannte "God of Fuck" einen ganz tollen
Eindruck, der griesgrämige, leichenbleiche Grufti weicht einem
sympathischen Kerl und ich bemerke, wie mir sein Auftritt ein freches
Lächeln ins Gesicht zaubert. Ob es wohl am gebrochenen Knöchel liegt?
Der Unfall scheint eher ein Glücksfall zu sein. Das gut durchmischte
Set scheint wie im Fluge zu vergehen. Natürlich muss noch eine Portion
Provokation in die Show eingebaut werden. So kommt das Gespräch natürlich
auf Charles Manson, dessen Nachnamen der Shock-Rocker als Teil seines
Künstlernamens übernommen hat. Selbst ein Cover eines seiner Lieder
kommt auf die Liste. Auch die Show an sich hat was zu bieten. Eine
"Psychologenliege", als Ärzte/Chirurgen verkleidete Statisten...,
das Image soll ja auch gepflegt werden! Oh Wunder, die altbekannte
"Mikrofonfliegerei" hält sich in Grenzen, das Sitzplatzpublikum wird
Opfer kleinerer, nicht ganz freundlicher Bemerkungen. Im Grossen und
Ganzen war dies ein fantastischer, überraschender Abend. So würde ich
Herrn Manson gerne nochmal sehen. Ich erlaube mir, ihm den
schauspielerischen "Hals- und Beinbruch" zu wünschen.
Setliste: Intro; The End (The Doors Song) - Revelation #12 - This Is
The New Shit - Disposable Teens - mOBSCENE - Sick City (Charles Manson Cover) -
Kill4Me - Deep Six - The Dope Show -1° - Sweet Dreams (Are Made Of This) (Eurythmics-Cover) -
Tourniquet - We Know Where You Fucking Live - Say10 - The Beautiful People
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