Livereview: Marillion

28. Juli 2017, Pratteln - Z7
By Monika M.
Nach der Veröffentlichung ihres 18. Studioalbums F.E.A.R. regnete es geradezu positive Kritiken – und dies zurecht. Musikalisch kann man sich über das Album zwar streiten, textlich haben die Herren einen ziemlich empfindlichen Nerv getroffen. Auf eine neutrale Art und Weise wurde ein Statement zu sozialen und politischen Problemen dieser Welt abgegeben und in 4 Liedern bearbeitet, 4 von ihnen je auf 4 oder 5 Teile aufgeteilt. Dieses Meisterstück als Live-Event? Darf man sich nicht entgehen lassen!

Mit grosser Vorfreude und gewissen Erwartungen treffe ich vor der Show ein und merke die grosse Vorfreude bei anderen Konzertbesuchen. Teilweise haben diese Leute schon Konzerte dieser Tour gesehen und sind hellauf begeistert. Dies dürfte einen Wahnsinnsabend ankündigen.

Vor der Show werden die Fans leider vom Mangel an Merchandise überrascht. Wie ich herausfinden konnte, hatten sie nicht genug dabei und alles war weg. Scheinbar hatte es schon am Vorabend keinen Verkauf mehr. Kein Weltuntergang, aber die Enttäuschung mancher Fans ist sichtbar gross. Da möchte ich natürlich sehen, welche Designs es diesmal waren.

Mit wenigen Minuten Verspätung beginnt der atemberaubende Abend und die Atmosphäre im Raum ist unbeschreiblich. Die sichtlich gut gelaunte Band betritt die Bühne, ganz am Schluss der Ausnahmekünstler Steve Hogarth, welcher eine natürliche Autorität ausstrahlt.

Bis auf den letzten Song, Tomorrow’s New Country, wird das Album ganz gespielt. Zwischen den Liedern (Teillieder werden am Stück gespielt), gibt es Platz für Witzchen und freche Sprüche, die die gute Laune des Publikums nochmals lockern. Positiv überrascht bin ich von der Härte des Sounds. Auf CD klingt der Prog Rock der Engländer nicht so heavy, wie hier live auf der Bühne. Dies gibt dem Konzert einen weiteren Touch, der das Gesamterlebnis toppt. Auch bei den weiteren Songs von anderen Alben ist der Ton deftiger und ein klein Wenig verzerrter. Da erscheinen mir die Studioversionen ziemlich blass im Vergleich.

Hogarth ist ein Künstler für sich, seine Gestik und Mimik auf der Bühne geben Marillion Konzerten immer noch das gewisse Etwas. Wenn er nicht mit Fleisch und Blut dabei ist, ist es keiner. Ausserdem steckt er alle mit herzlichem Lächeln an. Zudem spielt er selber noch Gitarre, Keyboard oder Tamburin und zieht die ganze Aufmerksamkeit des Publikums auf sich. Die anderen Musiker sind da eher zurückhaltend. Am meisten fällt dies beim Gitarristen Steve Rothery auf, welcher konstant auf seinem Fleck bleibt und sich nur minimal belegt. Es ist eindeutig sichtbar, dass er sich in seiner eigenen Welt befindet. Als Zuschauer wird man, ob man dies möchte oder nicht, in diese Welt entführt, man fühlt sich beinahe in Trance. Unterstützt werden die Musiker von einem grossen Bildschirm mit Bildern, Animationen und Filmchen, selbstverständlich passend zur Atmosphäre des Songs oder zum Text. Dennoch bleiben die meisten Augen immer auf Steve gerichtet.

Jeder kennt es: Es gibt dieses einmalige Gefühl, welches einen ausfüllt und man kann es einfach nicht in Worte fassen, denn Worte reichen nicht aus. Dieses Konzert könnte man in diese Kategorie setzen. Man muss es einfach erlebt haben, um die Atmosphäre zu verstehen. Ich werde mich lange an diese wunderschöne Trance zurückerinnern und freue mich riesig auf ein weiteres Konzert dieser legendären Gruppe.

Setlist:
- El Dorado
- Living in Fear
- The Leavers
- White Paper
- The New Kings
- Beyond You
- Sounds That Can’t Be Made
- A Man of a Thousand Faces
- King

Encore:
- Easter
- Neverland