Livereview: Masterplan - Mystic Prophecy - Siren's Cry - Sebastien

11. Oktober 2013, Pratteln – Z7
By Rockslave
Zu Beginn der Tour, das heisst bis zwei Tage von dem Konzert in Pratteln, standen an der Stelle von Sebastien die bedeutend bekannteren Jaded Heart im Billing. Da ich Letztere kürzlich mal bei ihrem Solo-Auftritt in der Galery verpasst hatte, wäre die Gelegenheit nun optimal gewesen, diese Scharte auszuwetzen. So hatte ich die ersten zwei Bands des Abends überhaupt nicht auf dem Sender und konnte mich dem deshalb unvoreingenommen stellen. Der Opener mit dem eher ungewöhnlichen Namen für eine Metal-Band stammte aus der Tschechischen Republik und war bisher in unseren Breitengraden nicht anzutreffen. Siren’s Cry, die zweite Truppe und mit Frontlady bestückt, kam aus Österreich. Gemäss eigener Definition schickten diese sich an, mit "The new art of female-fronted Progressive Metal" entsprechende Akzente zu setzen. Bei solchen Sprüchen ist aus Erfahrung meist ein gesundes Mass Vorsicht angebracht und ich sollte Recht behalten. Bei Mystic Prophecy verhielt es sich aufgrund des instabilen Lineups über die Jahre ähnlich, doch die germanischen Power Metaller, wo auch mal Gus G. (Firewind, Ozzy) dabei war, schlugen zumindest heute Abend den Headliner klar.

Sebastien

Je nach Zugkraft des Headliners und dem grundsätzlichen Publikumsinteresse kann es cool oder eben beschissen sein, wenn mal als erste Band eines Quartetts auf die Bühne muss. Doch da muss mal jeweilen durch und das galt am heutigen Abend für den Opener Sebastien auch der Tschechischen Republik. Erste Aktivitäten auf dem Weg zur heutigen Formation gehen auf den Frontmann wie Multinstrumentalisten George Rain zurück. Dies noch vor der Jahrtausendwende und unter anderen Namen. Der aktuelle Bandname Sebastien besteht seit 2008 und ein Jahr darauf nahm man unter den Fittichen von Roland Grapow (Ex-Helloween, Masterplan) das Debüt-Album «Tears Of White Roses» auf. Dabei amtete dieser als Produzent und somit erklärt sich auch, warum diese Truppe in dem Package wenigstens teilweise mitwirken darf. Im letzten Jahr durften die Jungs aus dem Land des „Pilsner Urquells“ dann gar Circle II Circle auf dessen Europa-Tournee begleiten. Das bedeutete zumindest auf dem Papier, dass die Truppe was auf dem Kasten hat, zumal man sich per eigener Definition melodischem Power Metal mit symphonischen und progressiven Einflüssen verschrieben hat. In der Tat wurde dann sowas in der Art vorgetragen, aber irgendwie drang die Chose nicht wirklich durch und konnte dem an sich vertretbaren Studio-Material das Wasser kaum reichen. So plätscherten die ersten dreissig Konzertminuten ziemlich ereignislos an einem vorbei und entlockte den knapp hundert Nasen entsprechend verhaltenen Applaus und null Reaktion. Mir selber blieb nach dem Verklingen des letzten Tons nichts hängen. Sollten sie dabei den wirklich guten Song «Dorian» gespielt haben, lag das Manko klar bei der Umsetzung vom Studio auf die Bühne.

Siren’s Cry
Nach dem mauen Beginn war meine Stimmung eher mittelmässig und ich liess mich mal davon überraschen, was denn als Nächstes folgen würde. Siren’s Cry? Progressive female fronted Melodic Metal! Aha…, na dann mal los! Aus dieser Ecke, also Österreich, bin ich natürlich schon seit Jahren, da wirklich Fan, auf Edenbrigde abonniert, und nachdem Nightwish spürbar kränkeln, haben Delain dieses Terrain bei mir sicher und nachhaltig erobert. Siren’s Cry haben sich erst 2009 konstituiert und nun im September mit «Scattered Horizons» ihren ersten offiziellen Longplayer über das deutsche Label „Nightmare Records“ raus gehauen. Dieses Teil hat ziemlich gute bis beste Genre-Reviews abgeräumt, was ich zu dem Zeitpunkt aber noch nicht wusste. So nahm ich zuerst mal den Einzug der Band auf die Bühne wahr, namentlich sind das Frontfrau Katarina Joanne mit ihren Kollegen Phillip Porter (g), Michael Siskov (keys), Soeren Skupien (b) und Frederic Brünner (d). Die spielerische Ausgangslage war, wie zuvor bei Sebastien, die gleiche und das hiess konkret dreissig Minuten Spielzeit! Das wirkte sich bei den Austria-Proggern dann entsprechend aus, denn die Band kam von Anfang an nicht richtig in die Gänge. Das Ganze wirkte viel zu vertrackt und man merkte bald einmal, dass die gute Katy zwar singen konnte, aber null Ausstrahlung besass. Sie wirkte steif und hölzern und das wurde durch holprige Ansagen wie „soll ich auf Englisch oder Deutsch weiter sprechen?“ nicht besser. Dass ihre Hintermannschaft augenscheinlich, respektive technisch wirklich auf zack war, verpuffte zusehends. Bald einmal machte sich beim Rezensenten eine latente Langeweile breit und die immer noch spärliche Zuschaueranzahl übte sich in vornehmer Zurückhaltung. So verstrich auch die zweite halbe Stunde ohne Nachwirkung, wobei ich nun im schreiberischen Nachgang überrascht realisiere, wie schlecht sich Siren’s Cry im Z7 verkauft haben. Wer, wie erwähnt, sich in der Schnittmenge von Edenbridge und Delain wohl fühlt, muss sich unbedingt den sehr überzeugenden Studio-Aufnahmen annehmen!

Mystic Prophecy
So langsam aber sicher fragte ich mich, was ich hier eigentlich mache, denn bisher war nichts Brauchbares zu hören und das verlangte nach einer Antwort! Die Power Metaller aus dem nachbarschaftlichen Norden um Sänger Roberto Dimitri Liapakis (unter anderem auch Valley’s Eve) gibt es schon länger als eine Dekade, und ähnlich wie zum Beispiel die mittlerweile wegen Erfolgslosigkeit verblichenen Metalium, dümpelt die grosse Karriere von Mystic Prophecy ebenso mehr schlecht als recht vor sich hin. Natürlich konnte man in den vergangenen Jahren entsprechende Tourneen von namhafteren Acts wie Stratovarius mitmachen, aber das anhaltend unstetige Lineup verunmöglichte das entsprechende Weiterkommen. Immerhin wurden bereits sieben Alben eingespielt und mit «KillHammer» kommt nun das frische achte Langeisen daher, das aufgrund der positiven Resonanz getrost als Frischzellenkur betrachtet werden kann. In der Tat brauchte es danach nur kurze Zeit und schon hatte sich die Stimmung markant in eine positiv antizipierende Richtung umgewandelt. Plötzlich waren sie da, die wehenden Matten, die zu den schwer krachenden Riffs endlich für ordentlich Bewegung sorgten. Das war teutonischer „Häwie Meddel“ wie aus dem Lehrbuch und schob die Chose mit unbändiger Spielweise genauso nach vorne raus an, wie es eigentlich immer sein sollte! Nebst dem aktiven Frontmann gebührte die Power der Axtfront mit Gitarrist Markus Pohl (Ex-Symphorce) und Bassist Connie Andreszka, der von Evidence One kam. Um mit der zweiten Gitarre mehr Druck und scharfe Leads zu erzeugen, holte man noch den Griechen Laki Ragazas (Devil’s Train) an Bord. Auf den ersten Blick wirkt die aktuelle Besetzung von Mystic Prophecy eher wie ein zusammengewürfelter Haufen, doch zumindest heute Abend trat das Quintett geeint und mit spürbarer Harmonie auf, was sich dann stimmungsmässig bald auf das nun reagierende Publikum abfärbte. Im Zentrum standen insgesamt vier neue Songs, die um einige ältere bis ganz alte ergänzt wurden. Da sich die Spielzeit deutlich zu einer Stunde hin bewegte, war zum Schluss auch klar, dass der Co-Headliner als „Special Guest“ dieser Tour im Billing stand. Dies völlig zurecht, wie man dem lautstarken Schlussapplaus zum allerdings entbehrlichen Black Sabbath Cover «Paranoid» entnehmen konnte.

Setliste: «Kill The Beast» - «Savage Souls» - «Sacrifice Me» - «Killhammer» - «Lords Of Pain» - «Hate Black» - «We Kill You Die» - «To Hell And Back» - «Ravenlord» - «Evil Empires» -- «Paranoid.

Masterplan
Nach dieser beeindruckenden Steilvorlage der Kollegen musste nun der Headliner ran und dies möglichst mit durchschlagender Kraft. Fakt ist auf jeden Fall, dass Masterplan mit ihrem neuen Longplayer «Novum Initium» wieder Anschluss an die besseren Zeiten suchen, was bisher jedoch nur bedingt gelungen ist. Vor gut zehn Jahren sah das freilich etwas anders aus, als sich noch ein gewisser Jorn Lande für den Gesang verantwortlich zeigte. Die Band, die von den beiden Ex-Helloween Recken Roland Grapow (g/v) und Uli Kusch (d) einst erfolgreich angeschoben wurde, bot zunächst eine gute Mischung aus der Vergangenheit, gepaart mit viel auf die Zukunft ausgerichtetem Enthusiasmus. Nach den ersten zwei Top-Alben «Masterplan» (2003) und «Aeronautics» (2005) ging der gute Jorn leider und zum ersten Mal von Bord und wurde vorerst durch Mike DiMeo (Riot, The Lizards) ersetzt. Durch die andere Stimmlage veränderte sich auch die öffentliche Wahrnehmung der Band und so nahm der Abwärtstrend seinen Lauf. Selbst der zwischenzeitliche Wiedereinstieg von Altmeister Lande im Jahre 2010 mit dem Album «Time To Be King» konnte nicht verheimlichen, dass es so nicht wirklich weiter geht. Im Jahr darauf machte sich dieser dann das zweite Mal sowie nicht unerwartet definitiv vom Acker und wurde ab 2012 durch Rick Altzi (At Vance, Thunderhead) ersetzt. Darüber hinaus kam im gleichen Jahr noch Jari Kainulainen von Stratovarius und mit Martin Marthus Škaroupka (Cradle Of Filth) folgte ihm ebenso ein neuer Mitstreiter. Cradle of…, wie bitte? Ja, Ihr habt richtig gelesen und genau der Typ ist laut einem persönlichen Statement seitens Herrn Grapow dafür verantwortlich, dass es wieder so richtig fett rüber kommt. Dass er damit richtig lag, sollte sich schon bald erweisen. Mit dem Opener «Enlighten Me» und dem nachfolgenden «Spirit Never Die» ging es zunächst mal zurück zu den Wurzeln. Das Ganze hörte sich soweit ganz ok an und das war an der Stelle alles andere als selbstverständlich, denn der bedauernswerte Rick war gesundheitlich angeschlagen und stand mit Fieber (!) auf der Bühne. Obwohl er sich sichtlich Mühe gab, fehlte es dennoch etwas an Durchschlagskraft. Darunter litten vor allem die neuen Songs, die auf Tonträger mehr her geben. Trotzdem konnte man aber konstatieren, dass Rick Altzi ein mehr als nur würdiger Ersatz von Jorn Lande ist und was den Timbre der Gesangsstimme angeht, seinem Vorgänger dabei sehr nahe kommt. Puristen (wie mich) wird das allerdings nicht, respektive nie ganz zufrieden stellen, doch Fakt ist, dass es Masterplan sonst Anno 2013 schlicht nicht mehr geben würde. Obwohl die Stimmung im Publikum klar nicht an Mystic Prophecy heran reichte, waren die letztlich durchgestandenen 80 Minuten keineswegs von schlechten Eltern. Das gewisse Etwas, dass diese Band vor einer Dekade einmal besass, fehlte unter dem Strich aber und ein zusätzlicher Rhythmus-Gitarrist wäre soundtechnisch halt Gold wert…, wäre.

Setliste: «Enlighten Me» - «Spirit Never Die» - «Lost And Gone» - «Betrayal» - «Black Night Of Magic» - «Crimson Rider» - «Far From The End Of The World» - «Back For My Life» - «Time To Be King» - «Keep Your Dream Alive» - «Crystal Night» - «Soulburn» - «Heroes» - «Kind Hearted Light» -- «Crawling From Hell».