Man darf sich heutzutage zeitweise völlig
berechtigt fragen, anhand welcher Kriterien die Labels ihre
angehenden Megastars aussuchen - Da tut sich jahrelang nichts
relevantes im Hartwurst-Sektor der Majors, und plötzlich tauchen so
sperrige Bands wie Lamb of God (Sony) und eben Mastodon (Warner) auf
der Bildfläche auf. Dass diese Bands geil sind, wissen die Fans
nicht erst seit kurzem - immerhin tingeln beide Acts schon seit
Jahren durch den Underground und veröffentlichten einige
hochkarätige Alben. Dass allerdings die Majors irgendwann mal auf
den Geschmack kommen würden, das hätten die wenigsten erwartet. Es
mag ein Experiment sein, eine Art Testlauf - Aber nichtsdesto trotz
können die genannten Bands dafür auch mal mit den ganz Grossen auf
Tour, was wiederum die Herzen der Fans erfreuen dürfte. So auch im
Falle von Mastodon, die letzten Dezember zusammen mit Tool durch
Europa tourten und auch im Zürcher Hallenstadion halt machten.
Aufgrund der «Werbekraft» dieses Events hätte man eigentlich einen
mehr oder weniger vollen Club erwarten dürfen - doch weit gefehlt,
knapp 200 Nasen fanden den Weg an diesem schönen Dienstag Abend ins
Rohstofflager, was für arg lückenhafte Reihen sorgte…
Bloodsimple
Nichtsdesto trotz legten die Amis Bloodsimple um Sänger Tim Williams
und Gitarrist Mike Kennedy (Beide Ex-Visions Of Disorder)
unbekümmert kurz nach 8 Uhr mit ihrer Show los, und zockten sich
ohne grosse Höhepunkt durch die gut 45 Minuten. Ihre Musik lässt
sich lose als Drowning Pool- und Soil-beeinflusst bezeichnen, was
wiederum klar Powergrooves und jede Menge simple aber auf den Punkt
gebrachte Riffs mit sich bringt. Tourdrummer Brendan Cohen (Ebenfals
Ex-Visions Of Disorder) verprügelte sein Kit nach allen Regeln des
Genres und der Bassist trug seinen Teil durch zusätzliche Shouts und
Backingvocals bei. Unumstrittener Dreh- und Wendepunkt der Show war
aber klar Fronter Williams, der gekonnt durch's Progamm führte und
die ansonsten etwas karge Kommunikation mit seiner kräftigen Stimme
wieder ausglich. Feiner Gig, aber leider noch ohne jegliche Dynamik.
Mastodon
Mastodon hingegen sind aus ganz anderem Holz geschnitzt - Was man
von einer Band, die mit Leidenschaft gerne quere Songstrukturen
pflegt und über urzeitliche Ungeheuer berichtet, eigentlich auch
erwarten kann. Ohne grosses Gelaber steigt das Quartett um Bassist
und Leadsänger Troy Sanders auf die Bühne und hisst mit «Iron Tusk»
die Segel. In der folgenden knappen Stunde treibt die Mannschaft ihr
Schlachtschiff unaufhaltsam durch die sieben Weltmeere, von «March
Of The Fire Ants», über «Sleeping Giants» bis hin zum finalen «Blood
& Thunder» wird aus sämtlichen Rohren geschossen, Gefange keine
gemacht. Troy Sanders entpuppt sich als unbarmherziger Kapitän, der
Ahab-gleich mit Hilfe des Taktgebers Brann Dailor seine Mannen zu
Höchstleistungen voranpeitscht, die dies mit verzerrten Grimassen,
gekonnt schrägen Backingvocals und zuweilen auch durch die Übernahme
des Lead-Gesangs quittieren. In den
seltenen Verschnaufspausen werden Audio-Samples aus Filmen ab Band
eingespielt, die Kommunikation mit dem Publikum köchelt auf
Sparflamme - Doch dies scheint niemanden so richtig zu stören. Die
Besucher, die sich im Rohstofflager eingefunden haben, sind in
erster Linie hier, um Ohren- und Augenzeuge dieses gewaltigen
Spektakels zu sein, und sie werden dabei nicht enttäuscht. Mastodon
kreuzen während des ziemlich genau 60 Minuten dauernden Gigs durch
zahllose Abenteuerwelten, berichten von vergangenen Heldentaten und
drohenden Endzeitszenarien, opfern sich dabei ergebenerweise
anstelle des Publikums gleich selbst dem Gott der Dramaturgik, und
können sich so zusätzlch zu dem überschwinglichen Applaus einen
Eintrag im grossen Buch der Musikabenteuer sichern. Ebenfalls
hervorzuheben ist an dieser Stelle das sensationell heisse Drumkit
von Brann Dailor - Es wurde im Schwarz/Weiss-Pünktchen-Stil
lackiert, und auf der Bass-Trommel prangt das Bild vom ehemaligen
Ozzy-Wegbegleiter und Klampfengott Randy Rhoads, ein nettes Tribut
an den Meister der Rockgitarre.
Nicht unerwähnt sollte an diesem Abend die Schlussrechnung bleiben:
Zwei Bands für 48.- Sfr, davon die Hauptband nur knapp eine Stunde
auf der Bühne, das bleibt hoffentlich eine Seltenheit. Wenigstens
gaben Mastodon mit den Merchpreisen ordentlich Gegenruder (Sic!),
ein Hoodie mit wunderbarem Kunstdruck kostete diesmal schlappe 40.-
Sfr... Das lob' ich mir!
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