Livereview: Mastodon - Totimoshi
05. Februar 2010, Fri-Son Fribourg
By El Muerte -  Pics by Stemutz.ch
Nachdem Mastodon auf einigen der grössten Tourneen des aktuellen Metal–Geschehens als direkter Support unterwegs waren (Unter anderem auch 2007 mit Tool, und 2009 mit Metallica im Hallenstadion), war es definitiv an der Zeit, die Jungs in voller Headliner–Pracht zu geniessen – Zumal die aktuelle Scheibe «Crack The Skye» so ziemlich alle anderen Platten des letzten Jahres in den Schatten stellt, und die Band auf ihrem bisherigen kreativen Höhepunkt zeigt. Wie so oft im Vorfeld eines Mastodon–Gigs machten auch diesmal die irrsinigsten Spekulationen über den bevorstehenden Besucherandrang die Runde – Obwohl bis einige Wochen vor dem Gig gerade mal um die 250 Tickets im Vorverkauf unter's Volk gegangen waren, konnte der Event dann doch noch mit etwa 700 Besuchern eine stattliche Zahl zu Buche tragen. Ich persönlich hätte zwar auch vermutet, dass etwas mehr Besucher den weg ins Fri–Son finden würden, aber das tat der Stimmung keinen Abbruch…

Totimoshi
Es lag am hierzulande gänzlich unbekannten Trio Totimoshi aus San Francisco, das Publikum auf den Abend einzustimmen – Eine Aufgabe, die nur zum Teil gelang: Erstens raubte die grosse LED–Wand hinter der Band, die offensichtlich Teil der Mastodon–Show war, und während des Totimoshi–Gigs einfach statisch das aktuelle Album–Cover zeigte, der Band den Blickfang, zweitens wurde mit dem restlichen Licht äusserst sparsam umge-gangen, und drittens… Naja, die Mucke war alles andere als zugänglich. Zwar bemühten sich alle drei Musiker und Musikerinnen um einen guten Groove, aber das Gewirr aus modernem Math–Rock, psychedelischen Delay–Gitarren und überdrehten Vocals hatte klar Mühe, weiter als zwei Meter von der Band noch anzukommen. Die Tatsache, dass ich mich an kaum einen Song der Formation erinnere, spricht wohl für sich. Dementsprechend lauwarm fielen dann auch die Reaktionen des Publikums aus – Der Zuspruch steigerte sich während der gefühlten 35 Minuten Show zu einem anerkennenden Geklatsche, viel mehr lag nicht drin.

Mastodon
Als Mastodon gegen 22h15 nach einem kurzen Intro die Bretter betraten, wurde dann auch schlagartig bewusst, weswegen das Publikum eigentlich angereist war – Wenn eine Band die Besucher trotz andauernd transformierender Mucke bei der Stange halten kann, dann sind die Fans klar um so treuer. Folglich wurde der Einstieg ins Set äusserst frenetisch beklatscht, und während Mastodon mit dem Opener der aktuellen Platte («Oblivion») loslegten, erwachte die LED–Wand endlich aus ihrer Starrheit, und zeigte mehr oder weniger beeindruckende Bilder eines Kurzfilms, immer wieder vermischt mit den wunderschönen Grafiken aus dem aktuellen Booklet – Und wie es sich einen Song später herrausstellte, liessen es sich Mastodon tat-sächlich nicht nehmen, und performten die komplette «Crack The Skye»–Scheibe vom Anfang bis zum Ende. Der Film im Hintergrund wickelte somit die zugegeben etwas verwirrende Story um Astral–Reisen, Wurmlöcher, ausserkörperlichen Erlebnissen und das zarische Russland chronologisch ab, und ergänzte die Live–Show nahezu perfekt: Mastodon waren bewegungstechnisch sowieso nie all zu aktiv, das komplexe Material macht da jedem Bühnenakrobaten einen fetten Strich durch die Rechnung. Somit war also für den visuellen Ausgleich gesorgt, rein musikalisch konnte man sich aber ohne weiteres auf die Band konzentrieren: Da mittlerweile alle vier Musiker auch mehr oder weniger bedeutende Gesangsparts über-nehmen, waren sie zunehmend an die Mikrofone gebunden. Aber das hinderte sie nicht daran, eine Tour De Force in Sachen instrumentaltechnischer Exzellenz vorzulegen. Während sich Basser und früherer Haupt–Sänger Troy Sanders die Finger am Instrument wund riss, Drummer Brann Dailor um die gefühlte vierhundert Fill– und Groove–Variatonen aus dem Kit prügelte, und Rythmus–Klampfer Bill Keliher reihum komplexe Akkorde und Riffs schichtete, brilliert vor allem Lead–Gitarrist Brent Hinds: Nebst etlichen Instrument–Wechseln (Sechs–, zehn– und zwölf–saitige und wahlweise ein– oder doppelhalsige Klampfen), und einer stattlichen Demonstration an alle möglichen Gitarren–Spieltechniken verpasste er mir seiner speziellen Stimme den Songs den nötigen Wiederer-kennungswert. Zwar lag er zwischendurch mit seinen Vocals etwas daneben, aber das tat der Qualität der Performance keinen Abbruch.

Der zweite Teil des Sets bestand aus einigen Songs sämtlicher vorhergehender Alben, und repräsentierte der erste Show-Teil Mastodon's Zukunft, so würde ich mal spontan behaupten, dass die Jungs nach wie vor Stolz auf ihre Vergangenheit sind: Endlich wurden die Zügel fallen gelassen, und die urprüngliche Wucht solcher Songs wie 'Mother Puncher' 'Iron Tusk' und dem final-fulminanten 'March Of The Fire Ants' entlud sich mit all seiner Kraft über den Köpfen der Zuschauer. Erst in diesem Moment wurde mir richtig bewusst, wie stark sich die Band in der ersten Hälfte der Show zurückgehalten hatte, der effektvolle Kontrast blühte hier zur Vollkommenheit auf: Endlich konnte das Publikum die Haare schwingen lassen, und die Band die Riffs aus den Instrumenten prügeln. Nach knapp zwei Stunden Show war dann endgültig Zapfenstreich angesagt, und die Band bedankte sich Gestenreich beim Publikum, das die dargebotene Leistung noch minutenlang mit stehen-dem Applaus quittierte. Keine Frage, Mastodon sind genau das geworden, was der Name schon immer voraus gesagt hat: Ein gigantisches Biest, das, wenn es erstmal in Schuss gekommen ist, alles nieder-wälzt…

Setlist Teil I:
Oblivion, Divinations, Quintessence, The Czar, Ghost Of Karelia, Crack The Skye, The Last Baron

Setlist Teil II:
Circle Of Cysquatch, Aqua Dementia, Where Strides The Behemoth, Mother Puncher, Iron Tust, March Of The Fire Ants