Livereview: Megadeth - The Burden Remains

29. Mai 2013, Fri-Son Fribourg
By Tinu

Spielen Megadeth stellt sich eigentlich immer nur eine Frage. Wie ist der Sound? Ist er perfekt, dann durchlebt man mit den Gitarrenklängen sämtliche emotionalen Höhenflüge und ein mustergültiges Konzert. Ist er scheisse, dann trübt dies das Erfolgserlebnis gewaltig. Wie also würde die Band an diesem Abend abschneiden? Dave Mustaine (v, g), Chris Broderick (g), Dave Ellefson (b) und Shawn Drover (d) bürgen für qualitative hochstehende Mucke. Dies wurde auch an diesem regnerischen Abend in Fribourg einmal mehr untermauert. Ebenso, dass Mustaine nie der grosse Entertainer sein wird und mit seinem nasalen Gesang die Meinungen spaltet. ABER! Megadeth ist nun mal eine Truppe, die unzählige Hits geschrieben hat und noch immer schreibt. Eine Band, die vom Groove Ellefsons lebt, der virtuosen Gitarrenarbeit des Duos Mustaine/Broderick und der punktgenauen Schlagzeugarbeit Drovers. Eine Einheit, die musikalisch gesehen keinen schlechten Gig spielen kann und wird, und dank der neuen, tollen Videoprojektionen, verteilt auf drei Wänden mit dreidimensionaler Wirkung, eine absolut fantastische Show bot.


The Burden Remains
Doch bis sich das Fri-Son fühlte, bemühten sich die Jungs von The Burden Remains. Der Sound, eine Mischung aus alten Metallica und Sacred Reich, passte bestens zum Headliner. Mit coolen Riffs, einem tighten Trommler und einer viel zu hektischen Lichtshow blieb der Vierer gut in Erinnerung. Auch wenn optisch das Ganze nach «Schülerband darf vor seinen Helden spielen» aussah, die Jungs hatten Spass. Dieser Fun übertrug sich aber nur Stückweise auf das Publikum, welches noch zahlreich an der Getränkeausgabe stand. Mit knapp 20 Minuten Spielzeit konnte The Burden Remains einen guten Eindruck hinterlassen, denn das Songmaterial und die Bühnenperformance überraschten positiv.




Megadeth
Wieso das Hallenlicht im Fri-Son frühzeitig ausgeknipst wurde und vor dem Opener noch Iron Maiden, Judas Priest, Motörhead und Ozzy auf Megadeth einstimmen mussten, kann ich nicht nachvollziehen. Die lauten «MEGADETH»-Rufe machten jedoch deutlich, dass die Fans heiss auf die Amis waren. Bereit, einen klaren Punktesieg nach Hause zu fahren, beziehungsweise die Fans stehend K.O. umzuhauen, stürmten Shawn, «Junior» Ellefson und Chris die Bühne. Mit den ersten Takten zu «Trust» und den einstimmenden Bildern der Videoprojektionen stieg der Wärmegrad in Fribourg zusehends. Langsam bewegte sich auch Mister Mustaine an den Platz beim Mikrofon und sang die ersten Verse des Einstiegssongs. Dave hat schon bedeutend bewegungsfreudigere Shows abgelegt und sang um einiges besser, als an diesem Abend. Speziell der Gesang schien ein Opfer des doch eher dürftigeren Sounds zu sein. Was sonst über Weltklasse-genial oder Mittelklasse einer Megadeth-Show entscheidet, schien an diesem Abend allem die Luft zu bestehen zu nehmen. Der Sound war… dürftig! Man konnte in der Halle stehen, wo auch immer, aber den Druck, wie ich ihn schon im Volkshaus oder im Rohstofflager eines Megadeth-Gigs erleben durfte, fehlte in Fribourg an allen Ecken und Enden. Der Gesang und auch die Solos klangen zu verwässert. Drum und Bass, welche ansonsten einen fulminanten Teppich geben, blieb eher undefiniert und kraftlos.

Trotzdem wurde die Truppe gefeiert. Dies, obschon Mastermind Mustaine sich sehr in seiner eigenen Welt zu verstecken schien, (zu) selten mit dem Publikum kommunizierte, und seine Locken einen Blick auf sein Gesicht stets verwehrten. Sagte der Gute mal was, dann blieb er aber immer freundlich und äusserst dankbar, oder applaudierte dem Publikum nach «Public Enemy No. 1» zu. Die Kommunikation und die Bühnenperformance überliess er entweder den Videoprojektionen, oder seinen Mitstreitern auf der Bühne.

Die beiden Daves und Chris wechselten immer wieder die Position, und so sang Mustaine mal links oder rechts und blieb zumindest nicht in der Mitte stehen. Die Videoprojektionen verbreiteten ab und zu einen dreidimensionalen Eindruck (wie geil sah der in die Luft gesprengte Schädel bei «Architecture Of Aggression» aus!) und wurden bei jedem Song eingesetzt. Dies verlieh der ganzen Show einen wuchtigeren, optischen Anstrich. Dabei wurden nicht nur alte Videoclips gezeigte, sondern auch mit neuen Sequenzen die Songs optisch unterstützt.

Songtechnisch stachen in meinen Augen die Lieder heraus, welche nicht vom «Countdown To Extinction»-Album stammten (Ausnahme: «Symphony Of Destruction»). «She-Wolf» überzeugte mit dem Chorgesang und dem abschliessenden Doppelsolo, während bei «Whose Life (Is It Anyways?)» die sich abwechselnden solistischen Parts wundervoll ergänzten. Auch die beiden neuen Tracks, vom zu diesem Zeitpunkt noch nicht veröffentlichten neuen Werk «Super Collider», «Kingmaker» und der Titeltrack passten sehr gut zu den alten Kracher «Hangar 18», «A Tout Le Monde», «Symphony Of Destruction» und den beiden unvermeidlichen Klassikern «Peace Sells» und «Holy Wars». Besonders bei «Peace Sells» überkam mich eine warme Gänsehaut, als das Publikum lautstark die Textzeilen «…if there's a new way, I'll be the first in line, but it better work this time…» sang. Tja, solche Evergreens schreibt man im Leben nicht vielen… Die beiden «Th1rt3en»-Tracks «Public Enemy No. 1» und «Whose Life (Is It Anyways?)» gehören schon jetzt zu den ganz grossen Momenten einer Megadeth-Show und man darf nur hoffen, dass sie noch lange zur Setliste der Amis gehören.

Nach leider nur 80 Minuten verzog sich der Vierer von der Bühne. Eine für Megadeth beschämende Spielzeit. Dass man Unverzichtbares wie «In My Darkest Hour», «Hook In Mouth», oder «Wake Up Dead» nicht spielte, oder die Ellefson-lose Zeit total ignorierte («Gears Of War», «Washington Is Next», «Back In The Day», «Something That I'm Not») schmerzte. So bleibt mein Fazit auch zwie gespalten. Einerseits freute ich mich riesig auf diesen Abend und die Vorstellung (im Grossen und Ganzen) sowie die bebilderte Präsentation waren einfach nur geil. Sprich es war eine hammergeile Verbindung zwischen Musik und Bilder! Die Spielzeit und der Sound enttäuschten. Es war ein gutes Konzert der Amerikaner, welches bedeutend besser war, als der Grossteil der stattfindenden Gigs. Allerdings habe ich die Truppe schon viel stärker erlebt …

Setliste Megadeth: «Trust», «Hangar 18», «Kingmaker», «Public Enemy No. 1», «Countdown To Extinction», «Architecture Of Aggression», «Sweating Bullets», «Ashes In Your Mouth», «A Tout Le Monde», «Whose Life (Is It Anyways?)», «She-Wolf», «Super Collider», «Symphony Of Destruction», «Peace Sells», «Holy Wars… The Punishment Due»