Spielen
Megadeth stellt sich eigentlich immer nur eine Frage. Wie ist der
Sound? Ist er perfekt, dann durchlebt man mit den Gitarrenklängen
sämtliche emotionalen Höhenflüge und ein mustergültiges Konzert. Ist
er scheisse, dann trübt dies das Erfolgserlebnis gewaltig. Wie also
würde die Band an diesem Abend abschneiden? Dave Mustaine (v, g),
Chris Broderick (g), Dave Ellefson (b) und Shawn Drover (d) bürgen
für qualitative hochstehende Mucke. Dies wurde auch an diesem
regnerischen Abend in Fribourg einmal mehr untermauert. Ebenso, dass
Mustaine nie der grosse Entertainer sein wird und mit seinem nasalen
Gesang die Meinungen spaltet. ABER! Megadeth ist nun mal eine
Truppe, die unzählige Hits geschrieben hat und noch immer schreibt.
Eine Band, die vom Groove Ellefsons lebt, der virtuosen
Gitarrenarbeit des Duos Mustaine/Broderick und der punktgenauen
Schlagzeugarbeit Drovers. Eine Einheit, die musikalisch gesehen
keinen schlechten Gig spielen kann und wird, und dank der neuen,
tollen Videoprojektionen, verteilt auf drei Wänden mit
dreidimensionaler Wirkung, eine absolut fantastische Show bot.
The Burden Remains
Doch bis sich das Fri-Son fühlte, bemühten sich die Jungs von The
Burden Remains. Der Sound, eine Mischung aus alten Metallica und
Sacred Reich, passte bestens zum Headliner. Mit coolen Riffs, einem
tighten Trommler und einer viel zu hektischen Lichtshow blieb der
Vierer gut in Erinnerung. Auch wenn optisch das Ganze nach
«Schülerband darf vor seinen Helden spielen» aussah, die Jungs
hatten Spass. Dieser Fun übertrug sich aber nur Stückweise auf das
Publikum, welches noch zahlreich an der Getränkeausgabe stand. Mit
knapp 20 Minuten Spielzeit konnte The Burden Remains einen guten
Eindruck hinterlassen, denn das Songmaterial und die
Bühnenperformance überraschten positiv.
Megadeth
Wieso das Hallenlicht im Fri-Son frühzeitig ausgeknipst wurde und
vor dem Opener noch Iron Maiden, Judas Priest, Motörhead und Ozzy
auf Megadeth einstimmen mussten, kann ich nicht nachvollziehen. Die
lauten «MEGADETH»-Rufe
machten jedoch deutlich, dass die Fans heiss auf die Amis waren.
Bereit, einen klaren Punktesieg nach Hause zu fahren,
beziehungsweise die Fans stehend K.O. umzuhauen, stürmten Shawn,
«Junior» Ellefson und Chris die Bühne. Mit den ersten Takten zu
«Trust» und den einstimmenden Bildern der Videoprojektionen stieg
der Wärmegrad in Fribourg zusehends. Langsam bewegte sich auch
Mister Mustaine an den Platz beim Mikrofon und sang die ersten Verse
des Einstiegssongs. Dave hat schon bedeutend bewegungsfreudigere
Shows abgelegt und sang um einiges besser, als an diesem Abend.
Speziell der Gesang schien ein Opfer des doch eher dürftigeren
Sounds zu sein. Was sonst über Weltklasse-genial oder Mittelklasse
einer Megadeth-Show entscheidet, schien an diesem Abend allem die
Luft zu bestehen zu nehmen. Der Sound war… dürftig! Man konnte in
der Halle stehen, wo auch immer, aber den Druck, wie ich ihn schon
im Volkshaus oder im Rohstofflager eines Megadeth-Gigs erleben
durfte, fehlte in Fribourg an allen Ecken und Enden. Der Gesang und
auch die Solos klangen zu verwässert. Drum und Bass, welche
ansonsten einen fulminanten Teppich geben, blieb eher undefiniert
und kraftlos.
Trotzdem wurde die Truppe gefeiert. Dies, obschon Mastermind
Mustaine sich sehr in seiner eigenen Welt zu verstecken schien, (zu)
selten mit dem Publikum kommunizierte, und seine Locken einen Blick
auf sein Gesicht stets verwehrten. Sagte der Gute mal was, dann
blieb er aber immer freundlich und äusserst dankbar, oder
applaudierte dem Publikum nach «Public Enemy No. 1» zu. Die
Kommunikation und die Bühnenperformance überliess er entweder den
Videoprojektionen, oder seinen Mitstreitern auf der Bühne.
Die beiden Daves und Chris wechselten immer wieder die Position, und
so sang Mustaine mal links oder rechts und blieb zumindest nicht in
der Mitte stehen. Die Videoprojektionen verbreiteten ab und zu einen
dreidimensionalen Eindruck (wie geil sah der in die Luft gesprengte
Schädel bei «Architecture Of Aggression» aus!) und wurden bei jedem
Song eingesetzt. Dies verlieh der ganzen Show einen wuchtigeren,
optischen Anstrich. Dabei wurden nicht nur alte Videoclips gezeigte,
sondern auch mit neuen Sequenzen die Songs optisch unterstützt.
Songtechnisch stachen in meinen Augen die Lieder heraus, welche
nicht vom «Countdown To Extinction»-Album stammten (Ausnahme:
«Symphony Of Destruction»). «She-Wolf» überzeugte mit dem Chorgesang
und dem abschliessenden Doppelsolo, während bei «Whose Life (Is It
Anyways?)» die sich abwechselnden solistischen Parts wundervoll
ergänzten. Auch die beiden neuen Tracks, vom zu diesem Zeitpunkt
noch nicht veröffentlichten neuen Werk «Super Collider», «Kingmaker»
und der Titeltrack passten sehr gut zu den alten Kracher «Hangar
18», «A Tout Le Monde», «Symphony Of Destruction» und den beiden
unvermeidlichen Klassikern «Peace Sells» und «Holy Wars». Besonders
bei «Peace Sells» überkam mich eine warme Gänsehaut, als das
Publikum lautstark die
Textzeilen «…if there's a new way, I'll be the first in line, but it
better work this time…» sang. Tja, solche Evergreens schreibt man im
Leben nicht vielen… Die beiden «Th1rt3en»-Tracks «Public Enemy No.
1» und «Whose Life (Is It Anyways?)» gehören schon jetzt zu den ganz
grossen Momenten einer Megadeth-Show und man darf nur hoffen, dass
sie noch lange zur Setliste der Amis gehören.
Nach leider nur 80 Minuten verzog sich der Vierer von der Bühne.
Eine für Megadeth beschämende Spielzeit. Dass man Unverzichtbares
wie «In My Darkest Hour», «Hook In Mouth», oder «Wake Up Dead» nicht
spielte, oder die Ellefson-lose Zeit total ignorierte («Gears Of
War», «Washington Is Next», «Back In The Day», «Something That I'm
Not») schmerzte. So bleibt mein Fazit auch zwie gespalten.
Einerseits freute ich mich riesig auf diesen Abend und die
Vorstellung (im Grossen und Ganzen) sowie die bebilderte
Präsentation waren einfach nur geil. Sprich es war eine hammergeile
Verbindung zwischen Musik und Bilder! Die Spielzeit und der Sound
enttäuschten. Es war ein gutes Konzert der Amerikaner, welches
bedeutend besser war, als der Grossteil der stattfindenden Gigs.
Allerdings habe ich die Truppe schon viel stärker erlebt …
Setliste Megadeth: «Trust», «Hangar 18», «Kingmaker», «Public Enemy
No. 1», «Countdown To Extinction», «Architecture Of Aggression», «Sweating
Bullets», «Ashes In Your Mouth», «A Tout Le Monde», «Whose Life (Is
It Anyways?)», «She-Wolf», «Super Collider», «Symphony Of
Destruction», «Peace Sells», «Holy Wars… The Punishment Due»
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