Livereview: Megadeth

16. August 2017, Pratteln – Z7
By Rockslave - Pics by Rockslave & Tinu
Nachdem es am 15. Juni 2016 eine schmerzliche Überschneidung mit Black Sabbath im Zürcher Hallenstadion gab, musste heute Abend zum Glück keine „Qual der Wahl“ Entscheidung getroffen werden. Somit machte sich meine Wenigkeit mit Wonne auf den Weg nach Pratteln, um Megadeth erstmals auf der Z7 Outdoor-Bühne zu sehen und zu hören. Mit einem maximalen Fassungsvermögen von rund 2‘200 Fans hätten somit noch ein paar Hundertschaften mehr Platz, als wenn es drinnen ausverkauft wäre. Leider waren heute aber „nur“ gegen 1‘500 Fans gekommen, die ihre Anwesenheit jedoch nicht bereuen sollten.

Die Geschichte von Megadeth ist fest mit Frontmann Dave Mustaine verankert, der als Gründer der Band alle Line-Ups der Vergangenheit bis heute angeführt hat. Seit 2010 ist sein alter Kumpel und Bassist David Ellefson wieder fix mit von der Partie. Jüngster Zuzug seit letztem Jahr ist Drummer Dirk Verbeuren, der nebst vielen Stationen bei nicht so klingenden Namen unter anderem in der Solo-Band von Warrel Dane (Sanctuary, Ex-Nevermore) spielte. Mit dem zweiten Gitarristen Kiko Loureiro, den man sonst von Angra her kennt, ist die letzte Lücke seit 2015 geschlossen.

Megadeth

Gerne hätten wir an dieser Stelle etwas über die ursprünglich vorgesehene Schweizer Vorgruppe Driven Under berichtet, aber die bedauernswerten Jungs aus Schaffhausen wurden kurzerhand wieder ausgeladen! Vor Ort wurde gemunkelt, dass dies Mr. Mustaine höchstpersönlich verfügt habe. Selbst auf die Gefahr hin, dass dies nicht stimmt, war es letztlich das Management der Ami-Thrasher, das für den Fall des Damokles-Schwertes sorgte. Schade auch, denn somit wurden Driven Under um die Erfahrung dieses Auftritts gebracht, und das zahlende Publikum hätte eigentlich Anrecht auf einen Support-Act. Da das Wetter an diesem Abend, zumindest in der Zeitspanne des Konzertes, keine Kapriolen veranstaltete und sich die Aussen-Temperaturen ganz angenehm anfühlten, wurde in der Zeit, bis es losging, halt für das das leibliche Wohl gesorgt und freundschaftlicher Gedankenaustausch betrieben. Mit der langsam einsetzenden Dunkelheit rückte die Stunde der Wahrheit immer näher, und kurz vor 22.00 Uhr setzte sich das Song-Intro «Prince Of Darkness» (vom 99er-Album «Risk») ab Band in Szene, ehe die ganze Chose mit dem genialen «Hangar 18» unvermittelt von null auf hundert abging. Der Sound klang von Anfang an erstaunlich gut, was den eigenwilligen Gesang von Dave zwar nicht besser machen konnte, aber Megadeth ohne ihr Markenzeichen wären schlicht undenkbar. Zusammen mit Bassist David Ellefson stand zudem immerhin die Hälfte der Ur-Suppe der Amis auf der Bühne, und das war nicht unwesentlich. Nach zwei alten Klassikern folgte mit «The Threat Is Real» der erste neue Song vom aktuellen Album «Dystopia» (2016), das weit herum Zustimmung erhielt und viele der alten Tugenden wieder zum Ausdruck bringt.

Die Stimmung entwickelte sich mit jedem weiteren gespielten Song prächtigst, und dabei fiel vor allem Kiko Loureiro mehr als einmal positiv auf. Der Chef gewährte seinem 6-Saiter Sidekick alle Freiheiten, was dieser mit einer schlicht phänomenalen Performance würdigte. Zu opulentem Licht und unterschiedlichen Stimmungen wirkte die ganze Band zu jeder Zeit kompakt und spielfreudig zugleich. Kaum einer der Songs der aktuellen Tour fiel ab, und überraschend wie erfreulich wurde «Rust In Peace» (1990) gleich mit fünf Songs bedacht, während die sechs 2000er-Alben zwischen «The World Needs A Hero» (2001) und «Super Collider» (2013) komplett (!) ignoriert wurden. So gab es eine Menge älteres Material zu hören, das durch die insgesamt vier «Dystopia»-Tracks optimal ergänzt wurde. Höhepunkte gab es am laufenden Band, und dazu gehörten, nebst einem Kurzauftritt von Vic Rattlehead, natürlich auch «A Tout Le Monde» wie der unverwüstliche Alltime-Klassiker «Symphony Of Destruction». Die berechtigte Reminiszenz an die frühen Jahre von Metallica bezeugte der ziemlich schnell gespielte Song «Mechanix» (zu finden als letzter Song auf dem legendären 85er-Debüt «Killing Is My Business… And Business Is Good»), der auf den ersten Demos von Hetfield & Co. auch noch so betitelt war und später bekanntlich zu «The Four Horseman» bei deutlich gemässigterem Tempo mutierte. Megadeth spielten ihr Set ohne qualitative Schwankungen am Stück durch, und als das begeisternde Konzert nach etwas über hundert Minuten gefühlt viel zu früh zu Ende ging, liess der Schlussapplaus keinerlei Zweifel darüber aufkommen, dass Megadeth gegenwärtig wieder eine ganz heisse Nummer im Metal-Zirkus sind, und das darf ruhig noch eine Weile so weiter gehen.

Setliste: «Prince Of Darkness (Intro)» - «Hangar 18» - «Skin O' My Teeth» - «The Threat Is Real» - «She-Wolf» - «Wake Up Dead» - «In My Darkest Hour» - «Conquer or Die!» - «Trust» - «Sweating Bullets» - «Dawn Patrol» - «Poison Was The Cure» - «Poisonous Shadows» - «A Tout Le Monde» - «Tornado Of Souls» - «Dystopia» - «Symphony Of Destruction» - «Peace Sells» - «Mechanix» - «Holy Wars... The Punishment Due» - «Outro».