Mit «Choir Of Horrors» wurde ich auf Messiah aufmerksam und
seit «Rotten Perish» war die Schweizer Truppe nicht mehr aus meinem
Musikrepertoire wegzudenken. Leider hatte das Quartett beschlossen,
als ich langsam im Konzertalter angekommen wäre, die musikalischen
Segel zu streichen. So dauerte es Jahre und die Band geriet ein
wenig in Vergessenheit, bis ich von ihrer Auferstehung Wind bekam.
Mit enormer Spielfreude und etlichen Konzerten, besonders im
Ausland, sorgten die Innerschweizer mit «Thrashing Madness» wieder
für Furore. So konnte ich es mir nicht entgehen lassen, Messiah bei
ihrer "Geburtstagsfeier" beizuwohnen. In der Galvanik in Zug stieg
der Reigen zu Ehren des Vierers, und damit sie nicht den ganzen Abend
alleine bestreiten mussten, holten sie sich tatkräftige
Unterstützung durch die Thrash-Urgesteine Darkness sowie den rüden
Metallern von Eurynomos.
Eurynomos
Die aus den vergessenen Tälern des Hades, respektive aus Deutschland
stammenden Eurynomos, hatten die Ehre, den Geburtstags-Gig zu
eröffnen. Das Galvanik war zu diesem Zeitpunkt noch nicht sehr voll,
und viele Zuschauer machten es sich noch im Aussenbereich bequem.
Wer bereits im Innern war, konnte sich seinen Platz noch aussuchen.
Um 20:00 Uhr verstummte der Metal-DJ, der übrigens noch echte Platten
auflegte, und hinter dem schwarzen Vorhang machte sich Leben
bemerkbar. Kurz darauf spuckte die Bühne vier Typen aus, die
outfitmässig nach 80er Metal aussahen. Ihr Sound war auch
traditionell, roh und irgendwo auf der dunkleren Seite des Metals
anzusiedeln. Der Sänger kreischte und keifte von der ersten Sekunde
an, und seine Gesichtsmalerei, die irgendwo zwischen Alice Cooper und
norwegischem Corpsepaint lag, machte sich innerhalb der ersten Songs
auf in Richtung Boden. Das Licht war während vierzig Minuten stets
gedimmt, damit die Stimmung möglichst düster blieb. Den Leuten
gefiel der Auftritt des Quartetts und die Galvanik füllte sich
fortlaufend. Kurz und ohne grossen Firlefanz verliessen Eurynomos
schliesslich die Bühne, um für die Thrash-Metaller von Darkness
Platz zu machen.
Setliste: «Unchained (Intro)» «Banshee
Calling» «Eurynomos» «Druid Circle» «Invisible Rays» «Eye Of The
Pantheon» «Alchemy» «Fierce Alliance» «Bat Flight» «Witchryder»
Darkness Die Essener Thrash Metal-Truppe
Darkness durfte als zweites ran. Sie galten in den 80ern, neben der
Bay Area, als kreativste Keimzelle des Thrash Metals und sie hatten
auch bereits mehr Spielzeit als der Opening-Act. Das Quintett um
Gründungsmitglied Andreas "Lacky" Lakaw hatte die Fans auf ihrer
Seite und zog die Menge von Anfang an in ihren Bann. Rasend schnell
und voller Energie legten die Deutschen mit ihrem Set los. Viele
Fans kannten was sie hörten und sangen lautstark mit. Besonders bei
alten Songs vom Kultalbum «Death Squad» kam ordentlich Bewegung ins
alte Gemäuer.
Bereits
beim zweiten Song hatte jedoch der Bassist technische Probleme an
seinem Instrument, die er aber bis zum nächsten Titel wieder in den
Griff bekam. So fegten sie Stück für Stück durch die Galvanik und
ich verstand immer weniger, warum diese Band nicht zur Speerspitze
des deutschen Thrash Metals gehört. Verdient hätten sie es allemal.
Wie es aber bei Konzerten oft üblich und beliebt ist, liessen es
sich auch Darkness nicht nehmen, mit dem Publikum zu singen. Die
Chöre wurden in Männer- und Frauengruppen eingeteilt, was zur Folge
hatte, dass man den Frauenchor nicht hörte, denn das weibliche
Geschlecht war an diesem Abend absolut in der Unterzahl. Sänger Lee
Weinberg konnte sich das Lachen nicht verkneifen und er liess
nochmal den ganzen Saal mitsingen, was ihm dann ein Grinsen ins Gesicht
zauberte. Natürlich bot der Abend auch genug Plattform, um das
aktuelle Werk der Altessener zu promoten. «First Class Violence»
knüpft an den Erstling an und zeigt eindrucksvoll auf, dass auch
dreissig Jahre nach dem Debüt genügend Energie und Wut vorhanden
ist. Wenn man den Promotern Glauben schenken mag, war dieser
Auftritt für Darkness zugleich deren Premiere. Sie hielten somit
ihren ersten Gig in der Schweiz ab und der bleibt mir als absolutes
Highlight in Erinnerung. Sichtlich gelöst und ausgepowert verabschiedeten
sie sich schliesslich beim Publikum, bevor sich der Vorhang ein letztes
Mal schloss.
Setliste: «Intro» «Critical Threshold» «Battle
To The Last» «Hate Is My Engine» «They Need A War» «First Class
Violence» «The Gasoline Solution» «Death Squad» «Zeutan» «Burial At
Sea» «Iron Force» «I Betray» «Outro» Zugabe: «Armageddon»
Messiah
Dann war der Moment des Abends gekommen. Mit Chorgesang als Intro
wurde das Publikum darauf hingewiesen, dass es jetzt an der Zeit
wäre die Stühle zu verlassen und den Raum der Galvanik zu füllen.
Unter tosendem Applaus eröffnete der Vierer den Abend mit dem
Geburtstagsständchen «Choir Of Horrors». Magisch! Die doch etwas in
die Jahre gekommene Truppe machte mächtig Dampf und genoss sichtlich
ihr Heimspiel. Über die Grenzen hinaus sind Messiah nämlich, seit
ihrem Comeback, gerne gesehene Gäste. Nur in der Heimat weiss man ihr
Schaffen nicht so recht zu würdigen. Anyway! Die Band spielte
energiegeladen und mit viel Freude, was auch beim illustren Publikum
ankam. Es wurde gemosht, gepogt und geschrien. Die Musiker dankten
immer wieder, während und zwischen den Songs, mit Gesten ihren Fans.
Das Set des Abends war eine breite Auswahl ihrer Alben und liess
musikalisch keine Wünsche offen. Im Gegenteil – Messiah
präsentierten der Menge sogar zwei neue Songs und gaben das
offizielle Statement ab, dass an einem neuen Album gearbeitet wird.
Pure Euphorie im Saal! Der Abend nahm seinen Lauf und auch auf der
Bühne war viel Bewegung. Sänger Andy Kaina kletterte wie ein
Jungspund auf die Lautsprecher, während Gitarrist Remo "Bröggi"
Broggi eines seiner Soli in die Menge schmetterte. Unterstützt
durch Tieftöner Patrick Hersche und Fellgerber Steve Karrer wütete
sich der Vierer durchs Programm. Spätestens nach dem «Rotten
Perish»-Doppelschlag «Living With A
Confidence»
und «Raped Bodies» war mir das Grinsen ins Gesicht gemeisselt. Die
Herren waren nicht nur im Gespräch äusserst sympathisch, sondern auch
musikalisch erste Sahne. Das Grinsen ging erst zur Fratze über, als
das Intro zu «The Dentist» von ihrem Debüt «Hymn To Abramelin»
ertönte. Übernatürlich laute Bohr- und Kratzgeräusche weckten beim
Publikum Erinnerungen an einen vergangenen Zahnarztbesuch, die ein
Schaudern und "sich die Ohren zuhalten" zur Folge hatten. Ansonsten
blieben keine Schäden zurück, wenn man dem Sound des Abends
lauschte. Zwischenzeitlich verliess die Band kurz die Bühne, um
einmal durchatmen zu können. Die Temperatur war erheblich gestiegen
und die vier Protagonisten von Kopf bis Fuss durchgeschwitzt. Beim
grossen Finale zu «Extreme Cold Weather» wurden die Band und das
Publikum, zumindest die vorderen Reihen, noch in Schneegestöber
gehüllt. Kaina und Hersche wurden regelrecht eingeschneit, während
Karrer hinter den Drums und Bröggi von etwas ausserhalb agierten.
Nach dem letzten Ton liess sich das Geburtstagskind Messiah noch
gebührend feiern, verteilte Pleks, Drumsticks und schüttelte Hände.
Die Party dauerte noch bis in die frühen Morgenstunden, denn die
Band mischte sich kurz nach dem Konzert bereits wieder unter die
geselligen Besucher. Für mich persönlich hat die Band vollends
überzeugt und auch mit 25 Jahren Differenz nichts von ihrer
Faszination eingebüsst. Danke Andy, Patrick, Steve und Bröggi!
Setliste: «Intro: Chor» «Choir Of Horrors» «Akasha Cronicle»
«Lycantropus Erectus» «Münchhausen Syndrom» «Prelude: Act Of Fate»
«Cautio Criminalis» «Weeping Willow» «My Flesh – Your Soul» «Total
Maniac» «Condemned Cell» «Living With A Confidence» «Raped Bodies»
«Urbi Et Orbi» «Psychomorphia» «Space Invaders» «The Dentist»
«H.T.A.M / Messiah» «Extreme Cold Weather»
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