Das von Roxx und Kissi dargestellte Problem mit den grossen
Festivals ist mir auch bekannt. Begründete Zweifel begleiteten mich
darum, als wir am Sonntag mit dem Bus von Dominanz-Travel den Weg
nach Tolmin, Slowenien, einschlugen. Schliesslich war das Line-Up
(wie bereits in vergangenen Jahren) mit einigen Grössen geschmückt.
Auch prahlt der Veranstalter der „Metal Holidays“ mit dem Fluss und
diversen Möglichkeiten, die Stadt und Umgebung Tolmins zu entdecken.
Grossveranstaltungen sind nicht so mein Ding, wäre meine Freundin
nicht gegangen, wäre ich wohl zu Hause geblieben. Wie es
schlussendlich gekommen ist, das kann man in den nächsten Zeilen
lesen.
Sonntag, 11.07.2011
Durch einige Rauch- und Pinkelpausen hat sich die Hinfahrt doch über
11 Stunden erstreckt. So ist die Truppe am Sonntag in der Nacht auf
dem reservierten Platz angekommen und konnte die Zelte aufstellen.
Da ich den Verkäufer vom Metstand kannte, gab es anschliessend auch
die erste Party mit anschliessendem Bad im Fluss Tolminka. Ich war
erstaunt keine Pinguine zu sehen, der Fluss wäre zumindest kalt
genug dafür.
Montag, 12.07.11
Mit dem nächsten Morgen folgte dann auch der Grund für das
Ausbleiben der fracktragenden Tiere: bei geschätzten 30 Grad war der
Metalmarkt offen und die ersten Gäste durften die Bühnenarbeiter
beim Aufstellen beobachten. Kalt blieb nur das Wasser im Fluss. Ich
selber war mit Einkaufen und
Pressepass besorgen beschäftigt. Vor
allem das Letztere gestaltete sich zu einem kleinen Abenteuer, da
weder die Security noch die Infostände wussten, wo und wie ich an
den Pass komme. Schliesslich konnte mir eine Reporterin weiterhelfen
und ich bekam was ich suchte. Nach einer Erkundungstour durch das
Camp und einem erfrischenden Hopfengebräu am kühlen Fluss konnte ich
bereits eine erstes Fazit ziehen: die Umgebung Tolmins mit den
bewaldeten Hängen, dem Fluss und dem kleinen Dorf geben dem
Festivalbesucher das gemütliche Gefühl von Ferien. Da am Abend keine
Band spielte, waren wohl einige der Besucher bei der Stripshow am
Strand. Wir genossen währenddessen die Ruhe auf dem Campground.
Dienstag, 13.07.2011
Das Wetter war weiterhin extrem heiss, aber da die ersten Band um 15
Uhr spielte konnte man sich vorher noch abkühlen. Der Veranstalter
gab sich Mühe, die Bands auf den zwei Bühnen mit möglichst wenigen
Überschneidungen zu planen. Da zwischen den Bühnen nur der
Backstagebereich (im Rest des Jahres ein Casino) lag, war der Weg
auch bei der individuellen Planung zu vernachlässigen. Auf jeden
Fall spielte Abinchova aus Luzern die Eröffnung auf der Mainstage,
bei gemessenen 35 Grad im Schatten. Noch nie habe ich die Band so
toll abgemischt gehört, Synthie und Geige waren genauso hörbar wie
die feine Stimme der Sängerin. Auch an der Bühnenpräsenz merkte man
eine gewisse Routine, Nicolas an der Gitarre und Arnaud (der Sänger)
gebrauchten den grosszügigen Platz und tobten sich trotz der Hitze
aus, was vom Publikum auch mit Feierlaune begrüsst wurde. Das
halbstündige Set schloss mit “Pestfinger“ und das Publikum verzog
sich in den Schatten oder auf die Secondstage. Endlich, das
Metalcamp hatte begonnen!
Doomed aus Slowenien hatten ein Heimspiel, aber die junge Band
konnte noch nicht wirklich viele Leute vor die Bühne locken. Und
das, obwohl auch hier eine Frau auf der Bühne stand. Soll mal jemand
den Pöbel verstehen. Denn die hörten sich die Songs einiges
Druckvoller an als die schlechten Liveversionen auf Myspace. Mit
Svartsorg gab es die erste Band in meinem Wahlgenre. Die
Österreicher gaben sich auf der kleineren Bühne ganz kompromisslos
einer Mischung aus depressiv-aggressivem Black Metal hin. Im
Corpsepaint und mit Lederkleidung bei solchen Temperaturen, das
scheint eine Qual zu sein. So haben sich die Pandas leider zu
statisch Verhalten, wobei auch die Fans sich nicht grossartig
bewegten. Irgendwie aber auch schwierig bei stahlblauem Himmel und
unmenschlicher Hitze in die richtige Stimmung zu kommen. Leider
haben sich die Jungs zu viel Zeit beim Abräumen gelassen, ich hätte
gerne noch ein paar Worte mit ihnen gewechselt. Doch die Zeit
drängte, gerade rechtzeitig zum letzten Drittel von Brujeria konnte
ich noch einen letzten Blick auf die Prügeltruppe der Mainstage
werfen. Mit Machete bewaffnet gab Juan Brujo und Pititis dem
Publikum die volle Ladung mexikanisches Death Metal. Erst beim
abschliessenden Partysound “Marijuana“ konnte die Masse ein wenig
abkühlen.
Mit Moonspell folgte auf der Mainstage schliesslich die erste Band,
welche auf den Monitoren gezeigt wurde. Da die Sonne langsam am
schwinden war, haben sich auch die Zuschauer und Zuschauerinnen
langsam aus den Schatten bewegt um den Geschichten der Portugiesen
zu zuhören. “Scorpion Flower“ und “Night Eternal“ waren die neusten
Lieder, welche vom Publikum auch lauthals mitgesungen wurden. Doch
Fernando Ribeiro verstand es natürlich auch, die Klassiker zu
spielen. Mit “Southern Deathstyle“ ging es ein paar Schritte zurück
in der Bandgeschichte. Trotz auf der Bühne rumrennenden Roadies
liessen sie sich nicht aus der Ruhe bringen und brachten von
“Vampiria“ über “Opium“ bis hin zum ergreifenden “Fullmoon Madness“
einiges an wohlbekannten Songmaterial. “Luna“ haben sie zum Glück
ausgelassen, ich hätte den Song wohl den Rest des Festivals nicht
mehr aus den Ohren gekriegt. “Alma Mather“ schliesslich erlöste das
schreiende Publikum und schloss passend mit der sinkenden Sonne den
Auftritt. Airbourne profitierte also sicher von der langsam
angenehmer werdenden Temperatur. Die Australier zelebrierten eine
Art Hommage an AC/DC: riesige Marshall- Gitarrenwände, sagenhafte
Lautstärke und absolut eingängige Songs bilden schon mal ein solides
Grundgerüst. Zusammen mit der Energie der Mitglieder (inklusive das
Rumklettern in dem Bühnengerüst) konnte die Masse nur noch toben.
Anders bei den Briten von Winterfylleth: als ein paar Jungs in
kurzen Hosen und bunten Shirts auf die Secondstage spazierten,
dachte ich zuerst noch an Roadies. Als einer der Kurzhaarigen dann
aber anfing in das Mikro zu singen und die Show begann, wartete wohl
ein grosser Teil der Besucher auf der Mainstage und gab sich gar
nicht die Mühe, dem eher gewöhnungsbedürftigen Black Metal ein Ohr
zu schenken. Der Sound wirkte fast ein wenig fehl am Platz, zwischen
den Futterständen und Bäumen vergraben verhallte der Auftritt leider
im Nichts. Leider habe ich es nicht mehr rechtzeitig zu Death Angel
geschafft und konnte keine Fotos mehr schiessen. Denn nach dem
Auftritt der Thrash Legende aus Amerika war der Rasen vor der Bühne
ganz schön eingetreten. Soviel ich hören konnte haben die Jungs
einige der neuen Songs präsentiert. Aber das Publikum hatte sich im
Vergleich zu Airbourne um einiges verkleinert. Selber schuld, denn
die Amis haben eine astreine Glanzleistung abgelegt! Nur schon wegen
der DIO Interpretation von “Heaven & Hell“ durfte man die Jungs
nicht verpassen.
Mittwoch, 13.07.2011
Da auch am dritten Tag noch keine Wolke am Himmel zu sehen war,
verbrachten wir auch hier den Vormittag zum grössten Teil am Fluss,
der am frühen Morgen noch sehr leer war. Bei den slowenischen Brezno
gab es ab 15 Uhr schliesslich wieder das erste Konzert auf der
Mainstage. Solides Folk Metal mit ganz offenkundig hörbaren Ost-
Einflüssen, welche mit Querflöte und Geige gut vertont wurden,
machten aus den Newcomern eine kleine Entdeckung. Auch wenn man
ihnen anmerkte, dass sie noch nicht so häufig auf einer so grossen
Bühne standen, gab sich die Band grosse Mühe, mit den Fans zusammen
zu feiern. Und die Vögel haben mir gezwitschert, dass eine geheime
Verbindung zu Abinchova und möglicherweise ein Konzert an einer in
Luzern veranstalteten Rauhnacht (Konzerte organisiert von/ mit
Abinchova) auf die Beine gestellt werden könnte. Was man mit einem
Pressepass nicht alles erfährt…
Mit Kylessa gab es schliesslich etwas für Sludge Metal Fans. Der
Sound wirkte durch die zwei Schlagzeuge und ganz interessante
Instrument-Konstruktionen ganz schön fett. Da der Sänger sich stark
am Hardcore orientierte, konnte die Trupp mich allerdings nicht
positiv überraschen. Wirklich erfreut hat mich dagegen die
überragende Arbeit von Brainstorm. Die Deutschen haben die ganze
Energie, die sie auch an anderen Auftritten rüberbringen, bei
direkter Sonneneinstrahlung dargeboten. Von “Shiva’s Tears“ über
“Soul Temptation“ gab es einige bekannte Songs von 2003. Über das
Auftreten der Jungs kann man sich nach wie vor nicht beklagen, Andy
und seine Band wirken auf der Bühne einfach sympathisch. Das
Publikum wurde zudem mit einem Song vom neuen, kommenden Album
belohnt. Die 45 Minuten Spielzeit waren also gut gefüllt. Die Band
war aber gerade auf dem Weg nach Balingen, so blieb nicht viel Zeit
zu Reden und nach einigen Umbauten stand schliesslich Katatonia auf
der Bühne.
Irgendwie wurden aber die Regeln für den Backstagebereich geändert
und ich durfte nicht mehr Fotos aus dem Fotograben machen. Das
hinderte mich allerdings nicht daran, die melancholische,
progressive Musik der Schweden zu geniessen. Allerdings machte die
Hitze aus dem Genuss zeitweise eine Tortur. Wenn allerdings aus
vollem Boxen der Refrain von “Nephilim“ ertönt, kann man den Nacken
aber nicht mehr ruhig halten. Mit einkehrender Dunkelheit konnte
auch die Legion der Verdammten auf die Bühne. Von den ersten Tönen
an schossen Legion of the Damned aus allen Rohren. Quer über ihre
ganze Diskographie wurde die Zuhörerschaft in einen einzigen Moshpit
gezogen. Der geschändete Boden blies Staub in die heisse Luft und
spätestens bei “Sons of the Jackal“ war das Atmen schwierig. Doch
bis dahin gab es “Killzone“, “Cult of the Dead“ und weitere Knüppler
am Laufband. Die Leute holten sich eine verdiente Erfrischung an der
Bar, wobei das Anstehen an den Ticketkassen meist ohne langes Warten
gelang. Denn man konnte an den Getränke und Essständen nur mit
Marken bezahlen und nicht mit harter Währung. Zudem gab es für jedes
Getränk einen Euro Depot, was wohl die Verschmutzung bekämpfen
sollte. Aber dazu später mehr.
Schlussendlich aber stand einer der geheimen Hauptacts auf der
Bühne: Wintersun gab sich endlich die Ehre. Die Bühne war gut
besucht, auch die natürlichen Sitzplätze am Hang wurden gut
ausgenutzt. Jari und seine Mannen spielten das komplette Set vom
Debüt (was sonst?) und einen neuen Song, der auch auf Myspace zu
hören ist. Episch und melodisch, genau nach dem Geschmack der
angereisten Hörerschaft. Ein wenig dunkler gestalteten die
Satansbraten von Warcult ihren Auftritt. Ohne Corpsepaint, dafür mit
ganz viel Hass in der Musik waren die Österreicher eine tolle
Überraschung auf der Secondstage. Ich habe die Songs vorher nicht
gekannt, aber der abwechslungsreiche Liedaufbau und die Spannung mit
dem leicht mystischen Ansatz passten genauso zu den nächtlichen
Bergwäldern wie das Amen zur Kirche. Als krönenden Abschluss zu
diesem Tag konnte man an der Beachbar schliesslich noch auf Jari und
Teemu von Wintersun treffen, wenn man aufmerksam genug war.
Donnerstag, 14.07.2011
Während jedes normale Festival nach drei Tagen endet, so ist beim
Metalcamp noch lange nicht an einen Abschied zu denken. Da über
Nacht die Temperatur ein wenig zurück gegangen ist, brät einen das
Zelt nicht schon um 8 Uhr morgens. Die Zeit war auch bitter nötig,
um zumindest ein klein wenig Schlaf nachzuholen um dann bei
Trollfest pünktlich vor der Mainstage zu sein. Was die Norweger auf
ihren Platten so toll rüberbringen, hat dann live leider nicht ganz
überzeugt. Allzu uninspiriert wirkten die Jungs, da halfen auch
Lieder wie “Der Jaegermeister“ oder “Festival“ nichts.
Da ich die vergangenen Tage doch langsam spürte, musste ich vor der
Müdigkeit kapitulieren und kam erst wieder auf die Apokalyptischen
Reiter genährt vor die Bühne. Und das hat sich auf jeden Fall
gelohnt: Was die Band alles an Material angeschleppt hat für knappe
45 Minuten Spielzeit war schier unglaublich. Vom Aufzug über die
Gasmasken, die Geldkanone und Fuchs im Papstkostüm, die Herren gaben
sich Mühe, den Fans im Gedächtnis zu bleiben. Mit “Moral und
Wahnsinn“, “Die Boten“ und “Hört auf“ unterhielt die Band das
Publikum mit neuen Songs. Auch das Lied über Dr. Pest und seine
ausschweifenden Touren mit der Peitsche war das Sehen wert.
Abschliessend wurde natürlich der “Seemann“ gespielt, allerdings hat
sich die auserwählte Dame aus dem Auditorium nicht auf die Bühne
getraut und so blieb als Abschied der Song alleine.
Danach zog es mich zur Secondstage, da die Italiener von Bulldozer
ihren Part zum Festival beitragen sollten. Mit dem Mantel, einem
Rednerpult und dem Mönch hinter dem Keyboard konnten die Herren eine
gehörige Portion Old School verbuchen. Mit „“MicroVIP“ gab es
schliesslich noch einen Song vom neuen Album. Auch wenn die Songs
eher simpel gestrickt sind, konnten sie den kleinen, auserlesenen
Fankreis überzeugen. Ganz im Gegenzug zu den Engländern von Vulture
Industries, welche leider durch eher ungewohnte Songstrukturen und
unsicheres Auftreten nicht zünden konnten. So fanden sich sehr viele
Leute erneut am Strand ein, um nochmals Kraft zu sammeln,
schliesslich versprach der Abend sehr anstrengend zu werden. Ich
selber gab mir den Auftritt von Hate, welche nicht nur durch die
Flaggen auf der Bühne, sondern auch mit ihren Songs stark an
Behemoth erinnerten. Ganz tolle Musik, welche durch die langsam
schwindende Sonne unterstützt wurde.
Und schliesslich durfte man sich auf einen der wenigen Auftritte von
Taake freuen. Die Norweger sind durch ihr Auftreten in Verruf
geraten, darum war ich umso gespannter, wie sich die Jungs wohl an
einem Festival verhalten. Da ich am Vorabend aber die Kamera nicht
abgeschaltet habe, musste ich zurück zum Zeltplatz rennen und meinen
Ersatzakku holen, wodurch ich den Anfang verpasst habe. So konnte
ich wieder nicht in den Fotograben, durfte allerdings die frühen
Songs von Host und seiner Gruppe geniessen, welche unweigerlich
kalten Nebel auf die Tolminka mit sich brachten. Wahrhaftig kalte
Riffs, gekonnt und ungeschönt dargeboten, donnerten auf die
Fangemeinde nieder, welche sich dafür entschied, den Anfang von
Slayer zu verpassen, um das Ende von Taake zu sehen. Von den
Amerikanern war ich ein wenig enttäuscht, da sie ein wenig müde
wirkten. Selbst damit bleiben sie noch über andere Bands erhaben,
aber ich konnte sie einfach auch schon mit einem besseren Auftritt
erleben. Beim legendären “Reign in Blood“ half das Publikum mächtig
mit und auch “Angel of Death“ braucht nicht weiter erklärt zu
werden. Das ganze Set liess kaum Wünsche offen und so verabschiedete
sich der Donnerstag.
Freitag, 15.07.2011
Irgendwann im frühen Morgen haben die ersten Regentropfen den
Campground befeuchtet. Eine Schlammschlacht blieb trotzdem aus,
dafür war die Temperatur den ganzen Tag durch sehr angenehm.
Angefangen habe ich mit den Letten von Heaven Grey, welche durch
irgendwelche Connections plötzlich einen Auftritt auf der Mainstage
bekamen. Mit Doom Metal ist ihre Musik allerdings schlecht
beschrieben, ich hätte jetzt auf Dark Rock getippt. Ein grosser Teil
des Publikums schien die Band zu kennen, so haben einige der Fans
ihre T-Shirts getragen.
Mir selber viel auch hier auf, dass die Jungs zwar im letzten Jahr
schon in Tolmin gespielt haben, ausser dem Gitarristen und dem
Sänger schienen aber alle mehr mit ihren Instrumenten beschäftigt zu
sein als dass sie noch agieren könnten. Ganz anders die Wildsäue aus
Russland: Arkona muss man nichts lehren. Die Sängerin war sicher
nicht traurig über die kühlere Luft, mit einem Fuchspelz um die
Schulter und ganz in Schwarz hatte die Frau immer noch Energie wie
ein Wiesel und war mal hier, mal dort um das Publikum aufzuheizen.
Es folgte eine grosse Metal-Bolognese und diverse Crowdsurfer (mal
mit mehr, mal mit weniger Erfolg). Die relativ simple Musik genoss
ganz klar den Exotenbonus und wurde von der Masse gross gefeiert.
Das Ähnliche kann man von Hellcats behaupten, welche wohl auch durch
die Tatsache, dass sie nur Mädels sind, ziemlich viele Leute vor die
Bühne brachten. Das Publikum liess sich von den paar schrägen Tönen
der Sängerin nicht vom Feiern abhalten und die Band wiederum
kümmerte sich nicht um den Jungen, welcher es an der Security vorbei
bis auf die Bühne geschafft hat und dann unsanft entfernt wurde. So
bot der Auftritt mehr was für die Augen als die Ohren.
Ganz anders lief es bei In Extremo, welche hauptsächlich Lieder von
der neuen Platte spielten. Als Ausnahmen blieben “Vollmond“, “Omnia
Sol Temperat“, “Mein rasend Herz“ und einige andere Songs, die mit
der aufregenden Pyrotechnik zusätzlich aufgewertet wurden. Ihr
Auftritt wurde durch das gekonnte Acting untermalt. Die Herren
wissen einfach, um welche Zeit sie was und wo tun müssen. So war das
Headbangen fast schon schade, da man etwas von der Show verpassen
könnte. Zudem bin ich mehr als einmal erschrocken, als die Phyro
losging. Ich möchte gar nicht wissen, wie heiss es da auf der Bühne
wurde. Blind Guardian schliesslich sah und hörte ich nur noch aus
der Entfernung. Meine Ohren dröhnten und irgendwie kann ein
kurzhaariger Typ in schwarzen Hemd mich nur mässig davon überzeugen,
vor der Bühne stehen zu bleiben, egal wie legendär die Musik auch
sein mag. Dem tobenden und mitsingenden Publikum entnahm ich aber,
dass die Herren ihre Arbeit gut erledigt haben. Wäre auch ein Wunder
wenn nicht, schliesslich gibt es sie doch schon seit 1986. Den
Abschluss boten für mich Mercenary, welche mit ganz heftig
abgemischten Bassdrums eine gehörige Portion Death / Power Metal in
die Masse abfeuerte. Die Dänen haben seit meinem ersten Kontakt mit
“11 Dreams“ einige Alben rausgebracht, so könnte ich über eine
Setlist nur raten und lasse es darum bleiben.
Samstag, 16.07.2011
Während ich Anfang Woche noch dachte, dass die Tage einfach nicht
vorbei gehen würden, war gegen meine Erwartung plötzlich Samstag. So
hiess es letzte Einkäufe tätigen, Coupons einlösen und Depot zurück
geben. Schliesslich spielte an Nachmittag Belphegor, was ich mir
nicht entgehen lassen wollte. Black Metal Kapelle aus Österreich
spielte durch ihr gesamtes Schaffenswerk hindurch diverse Tracks,
während die Ansagen dazwischen typischerweise eher provokativ waren
und auch der Mittelfinger häufig mal ins Publikum gezeigt wurde. Als
Reaktion dazu gab es einen weiteren, staubigen und zutiefst
aggressiven Moshpit, bei dem sich die Menge austoben konnte.
“Lucifer Incestus“ schliesslich bündelte die gesamte negative
Energie und entlud sie mit „“Angeli Mortis De Profundis“ in den
Himmel, in welchem sich die Sonne hinter den Wolken versteckte.
Helmuth wirkte in seinem Element, wie ein Besessener verdrehte er
die Augen immer wieder und spuckte Gift und Galle in das Mikrofon.
Black Metal in abstossender und trotzdem ergreifender Ausführung.
Deicide anschliessend musste auf einen Gitarristen verzichten, somit
blieben auch die Soli aus. Trotzdem haben die Amerikaner ihr
Todesblei mit ganz viel Druck durch das Tal geschleudert. Für die
Death Metal Fans zumindest war das Festival nach diesem Auftritt
sicherlich ein totaler Erfolg. Ganz anders dann die Finnen von
Amorphis. Hier versammelten sich einige Pärchen vor der Bühne, um
bei den gemütlicheren
Parts jemanden bei sich zu haben. Die Band promotete ihr neues Album so überzeugend, dass es nun auch einen
Platz in meiner Sammlung bekommen hat. Der Sänger besitzt eine der
abwechslungsreichsten Stimmen überhaupt, zusammen mit den Lichtern
und dem Bühnenbild haben die Jungs ganz tolle Stimmung gemacht. Varg
haben auf der Secondstage den geneigten Paganfan in eine
kämpferische Stimmung. Keine Experimente, keine grossen Ansprüche,
dafür aber einen Haufen zufriedene Zuhörer. Damit verabschiedeten
sich die Deutschen, und auf der Mainstage stellte Kreator auf. Und
bei diesem Konzert wurde das Metalcamp in den staubigen Grund
gestampft, ein Moshpit von der Bühne bis zum Mischpult wurde auf
Wunsch der Band geöffnet und im Boden verewigt. Dabei brauchte die
Legende nichts weiter auf der Bühne als zwei Treppen zum Schlagzeug
hinauf, aber die Truppe hatte eine solch ansteckende Performanz,
dass ihr das Publikum aus den Händen frass.“Enemy Of God“ wird noch
heute von den Wänden des Tales zurückhallen, während “Phobia“
wahrscheinlich noch jetzt gewissen Leuten schlaflose Nächte
beschert. Meiner Meinung nach hat die Leistung von Kreator jene von
Slayer in dieser Woche locker getoppt. Aber immerhin spielten sie
auch schon das vierte Mal in Tolmin.
Auf jeden Fall ging es nun zum letzten Konzert des Festivals,
Moonsorrow hatte inzwischen auf der Secondstage angefangen. Anders
als erwartet hatte man auch hier wieder genügend Platz, es war kein
Problem auch nach Beginn des Konzertes noch bis in die vorderste
Reihe zu laufen. Mit den hypnotischen Riffs zog auch der Vollmond
über die bewaldete Bühne, während sich im Fluss unten der Nebel
sammelte und eine kalte Briese über das Gelände wehte. Unter diesen
Umständen einfach ein wunderschöner Auftritt. Da am nächsten Morgen
schon die Rückreise anstand, blieb nichts weiter, als die Nacht
hindurch zu feiern und im Morgengrauen das Zelt abzuräumen.
Wobei wir beim bereits angesprochenen Depotsystem sind. Der Reisebus
fuhr um 10 Uhr morgens. Die Stände für Depot (inklusive die 10 Euro
für die Abfallsäcke) öffneten aber erst um 11 Uhr. Die Folge daraus
war meiner Meinung nach sehr unbefriedigend: die Pavillons wurden
zusammengefaltet und übrig blieb ein riesiger Haufen Müll, den
andere wegräumen müssen. Das Wegräumen alleine finde ich nicht so
tragisch, viel schlimmer finde ich die kapitalistische Denkweise.
Etwas Intaktes wegzuwerfen, nur weil es weniger Arbeit macht, finde
ich ziemlich übel. Klar, dass bei solchem Verhalten ein Depotsystem
eingeführt wird.
Fazit: Die Woche war der absolute Hammer! Die Stimmung ist viel
ungezwungener und relaxter als bei drei Tagen Festival. Man kann es
locker angehen, schliesslich spielen so viele Bands dass man gar
nicht alle sehen kann. Zudem braucht man nicht aggressiv Party zu
feiern, da man eine Woche Feiern doch ziemlich gut einteilen muss.
Und letzten Endes gäbe es noch so viel zu sehen, ich habe zum
Beispiel an keiner der geführten Wanderungen teilgenommen (war mir
zu heiss), habe mir nie einen Strandbuggy gemietet und habe nie im
Dorf gegessen. Die Toiletten sind sauberer als an vielen anderen
Festivals und das ganze Camp braucht keine Wikingershow oder ein
Heerlager. Es gibt keine Müllsackweitwurf Championship, da das
Durchschnittsalter zwischen 20 und 30 liegt. Die ganze Woche
hindurch habe ich nicht eine einzelne Pöbelei miterlebt (und das
will was heissen bei 12'000 Leuten). Die Verletzten stammen viel eher
von unglücklichen Landungen in die Tolminka als von
Auseinandersetzungen. Ich werde im nächsten Jahr hoffentlich wieder
dabei sein, dann vielleicht nicht alleine, denn das Camp bietet so
viel mehr als ich hier beschreiben konnte. Ganz klar, eine Woche
Festival ist anstrengend. Aber es ist gerade darum ein absolut
tolles Erlebnis.
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