Kurz vor dem “Sweden Rock” als einem der Festival
Jahres-Highlights hatten wir von Metal Factory vorher noch einen
ebenso wichtigen Termin wahr zu nehmen! Seit unseren Anfängen,
sprich dem Zeitpunkt der umgesetzten Idee unseres Cheffe Roxx und
eines Kollegen, sind bereits unglaubliche fünfzehn Jahre vergangen!
In dieser Zeit ist viel passiert, nicht nur in der grossen weiten
Welt draussen, sondern auch innerhalb unserer heiss geliebten Szene.
Mit dem Start von Metal Factory rappelte sich die Szene nach dem
Grunge-Desaster und weiteren düsteren wie zumeist ziemlich
ideenlosen Jahren definitiv wieder auf. Seither sind wir mit dem
MF-Team permanent dran am Nabel des Geschehens und versorgen unsere
stetig steigende Leserschaft mit News aus der nationalen wie
internationalen Hartwurst-Szene. Freilich waren, respektive sind wir
hier in der Schweiz gegenwärtig nicht die einzigen, die dieser
Freizeit-Beschäftigung nachgehen, aber einigen davon ist der Schnauf
längst ausgegangen. Dass Metal Factory immer noch da und vernetzter
denn je ist, gebührt dem unermüdlichen Einsatz von Roxx, der auch
das Metal Factory Festival aus dem Boden gestampft hat. Nachfolgend
der Bericht, was an diesen zwei Tagen in Wetzikon über die Bühne
ging und nicht zu vergessen, dass die Internet Radio-Station
„Rockstation“ ihr 10-Jähriges mit uns zusammen
feierte!
Warm-Up Shows (Freitag, 29.05.2015 –
Erster Tag) Der erste Abend in der Hall Of Fame war eher
was für die Abteilung der Hardrocker mit metallischem Überzug
gedacht. Auf dem Billing standen nämlich Crystal Ball als Headliner,
die mit dem heutigen Auftritt gleichzeitig ihren Tourstart
realisierten. Ein
weiterer
musikalischer Leckerbissen fuhr in der Form von The Order auf.
Jeder, der die Band um den charismatischen Shouter Gianni Pontillo
schon mal live gesehen hat, weiss um die Qualtäten des Baselbieter
Quartetts. Den Anfang machten jedoch Victorius,
eine junge Power Metal Band aus Leipzig. Pünktlich um 20.00 Uhr
enterten die fünf Jungs vor noch ziemlich spärlicher Kulisse die
Bühne und machten gleich einen auf dicke Hose. Frontmann David
gebärdete sich dabei wie ein ganz Grosser, doch zu Beginn kam das
Ganze ziemlich aufgesetzt daher, zumal die Gesangsstimme vor allem
oben weg völlig fehlte. Teilweise wurde ich an Gloryhammers Thomas
Winkler erinnert, nur dass sich dieser auch locker in hohen Lagen
wohl fühlt. Was man den Ostdeutschen jedoch auf jeden Fall
attestieren konnte, war die durchwegs melodiöse Note ihrer Songs und
je länger der Auftritt dauerte, desto besser ging die Chose ins Ohr.
Die Setliste bestand aus Songs der letzten zwei Alben «Dreamchaser»
(2014) und «The Awakening» (2012). Um hier aber zum Beispiel an die
Türe der Oberliga Marke Edguy nachhaltig anklopfen zu können,
braucht es noch einiges mehr. Unter den Augen des „Ice Rock“ Chefs
Fridu Gerber empfahlen sich Victorius unter dem Strich allerdings
als durchaus valable wie bereits bestätigte Kandidaten für den
Januar 2016 im Emmental. Dort
wird
dann wohl auch Stammschlagzeuger Rustam mit von der Partie sein, der
heute Abend durch einen Kollegen mit Vornamen Fritz vertreten wurde.
Obwohl musikalisch mehr dem Hardrock zugewandt, zeigten
The Order danach beinahe entlarvend auf, wo der Unterschied
zu vorher lag. Die eingespielte Truppe kann von einem Moment auf den
anderen den Schalter umlegen und losrocken, als wenn es kein Morgen
gäbe. Wie üblich war der immer noch an einem Knie lädierte Bassist Andrej
Abplanalp zu einigen Spässchen, vornehmlich mit Frontmann Gianni
Pontillo, aufgelegt. Nach dem Ende von Pure Inc. entstand mit The
Order der eigentlich noch stärkere Nachfolger. Der fliessende
Übergang zwischen lupenreinem Hardrock und metallischen Anleihen ist
stets fliessend und das Markenzeichen der Band, die einmal mehr eine
ganze Latte Hits aus dem Ärmel schüttelte. Gitarrist Bruno Spring
war kaum zu halten und pfefferte mit seinen Licks und Soli jedes
noch so kleine Soundloch zu, die derweil Schlagzeuger Mauro Casciero
ebenso wenig entstehen liess. Die Stimmung im Publikum war gut und
liess erkennen, dass die Party nun so richtig abgehen konnte. Nach
gut einer Stunde folgte die letzte Umbaupause des
Abends
und die Bühne wurde für Crystal Ball hergerichtet.
Mit dem bärenstarken neuen Album «LifeRider» im Gepäck und dem neuen
Gitarristen Tony „T.C.“ Castell (Ex-Krokus, Ex- Ain’t Dead Yet) am
Start, liessen es die Innerschweizer dann heftig krachen. Eigentlich
war die Situation schon bei der Vorgänger-Scheibe «Dawnbreaker»
(2013) so, dass die einstigen Melodic Rocker nun, im Gegensatz zu
früher, mit einer spürbaren Prise mehr Dreck ans Werk gehen und
ihnen das mehr als nur gut zu Gesicht steht. Einen wesentlichen
Anteil daran hat Shouter Steven Mageney, der seinen Vorgänger
mittlerweile locker hinter sich lässt. Das gilt nicht nur für das
neuere gemeinsam erarbeitete Songmaterial, sondern auch ältere
Schoten wie das geniale «Hellvetia». Es bleibt nun schwer zu hoffen,
dass Crystal Ball sprichwörtlich am Ball bleiben und wir künftig
noch einiges mehr von ihnen sehen und hören werden.
Setliste
Crystal Ball: «Intro» - «Balls Of Steel» - «Hellvetia» - «Mayday! »
- «It's Not Love» - «Hold Your Flag» - «Rock Of Life» -
«Powerflight» - «The Brothers Were Right» - «Stranded» - «Drum Solo»
- «Zarathustra (Intro)» - «Break Of Dawn» - «Gods Of Rock» - «Back
For Good» - «LifeRider» - «Eye To Eye» - «Paradise» -- «He Came To
Change The World» - «Anyone Can Be A Hero».
Metal Factory Festival (Samstag, 30.05.2015 – Zweiter Tag)
Nachdem man sich am Vorabend gemütlich auf den bevorstehenden
Haupt-Event einstimmen konnte, ging es heute Abend Schlag auf
Schlag. Zu unserem 15. Jubiläum standen nicht weniger als acht Bands
auf der musikalischen Speisekarte, die einen stilistischen Bogen
zwischen zähflüssigen und rasenden Sounds schlugen. Um die eröffnenden
Thrasher Suborned mit „unserer“ Lucie Werlen als
Frontfrau nicht zu verpassen, musste man allerdings bereits um 17.15
Uhr auf der Matte stehen. So gegen zwei Dutzend Besucher fanden sich
dann zu noch ziemlich hell rein scheinendem Tageslicht vor der
„Rockstation Stage“ ein und sahen bereits einen sehr angeregten
Auftritt, der trotz fehlender Stage-Monitoren keinen Deut an
Intensität einbüsste. Für mich selber war es bezüglich Suborned die
Live-Premiere schlechthin und ich hatte das Gefühl, dass die Band
mit wuchtigerem Sound auf einer grösseren Bühne noch deutlich mehr
ausrichten kann. Als zweite Band wären eigentlich Abinchova auf dem
Programm gestanden, aber da einer der Musiker
kurzfristig
ausfiel, musste ein Ersatz her und der wurde in der Power Metal Band
Atlas & Axis gefunden. Die Gruppe um die blonde
Gitarristin Romana Kalkuhl ist sehr liveerfahren und nutzte die
Gelegenheit, auf der grösseren „Metal Factory Stage“ entsprechend
abzurocken. Obwohl Abinchova vom Stil her eine Abwechslung mehr
abgegeben hätten, zog sich deren Ersatz mit grosser Spielfreude aus
der Affäre. Mitunter wäre das eine oder andere Mal ein noch etwas
fetterer Gitarren-Sound und zwingendere, respektive voluminösere
Soli gefragt gewesen, aber Atlas & Axis waren weit mehr als nur ein
Ersatz im heutigen Billing.
Heavy Bands aus dem Land der aufgehenden Sonne sind bei uns ziemlich
selten anzutreffen und hätten Gonoreas im Winter 2014 keinen
Live-Abstecher nach Tokio gemacht, wären Lightning
wohl kaum in die Hall Of Fame gekommen. Das heutige Konzert war das
dritte, nachdem die Nippon-Metaller zuerst im Ebrietas in Zürich und danach in
der Met-Bar in Lenzburg ihre Aufwartung machten. Des Weiteren
spielte Roxx den Fremdenführer und zeigte ein paar Ecken unserer
Heimat. Somit stellte der heutige Auftritt den Höhepunkt des
Schweizer Trips der japanischen Musiker dar und davon konnten sich
bald alle Fans vor der Rockstation Stage überzeugen. Obwohl der
zweite
Gitarrist Kouta fehlte, machten Lightning ihrem Namen alle Ehre und
powerten mit voller Kraft nach vorne. Kaum warm gespielt, zeigte
Leadgitarrist und Co-Sänger Iron-Chino wo der Hammer hängt. Die Soli
waren pfeilschnell und präzise zugleich. Schon bald übertrug sich
die sichtliche Spielfreude auf das begeisterte Publikum, das immer
lauter applaudierte. Frontmann IsamuMai gab ebenso Vollgas und der
sichtlich junge (neue?) Bassist beanspruchte jeden Quadratzentimeter
der kleinen Bühnenfläche. Zu mehrheitlich temporeichen Songs zeigten
die Jungs aber auch bei etwas gedrosseltem Tempo und Keyboards ab
Band, wie geil ihre Mucke ist. Dass bei den persönlichen Vorlieben
Bands wie Loudness, Gamma Ray, Judas Priest, Megadeth oder auch
Metallica wie gar Slipknot auftauchen, lässt ungefähr erahnen, wie
Lightning klingen. Der Fokus liegt jedoch bei den erstgenannten
Gruppen. Die gut fünfzig Minuten verflogen wie im Fluge und danach
waren sich alle einig, das bisherige Festival-Highlight gesehen und
gehört zu haben.
Mit Excruciation folgte
danach tempomässig das pure Gegenteil! Der Kontrast hätte nicht
grösser sein können. Selbst Lightning, die sich nachher am
Merchandise-Stand einfanden, wähnten sich wohl im Vorhof der Hölle.
Bei mir stand erneut eine (Live-) Premiere bevor, denn ich hatte die
Schweizer Doom Death Metaller bisher
noch nie gesehen, obwohl diese ihre Blütezeit zwischen 1984 und 1991
hatten. Danach verschwand die Truppe von der Bildfläche, um
vor gut zehn Jahren die Fährte wieder aufzunehmen. Seither wurden
weitere neue Alben veröffentlicht, die bei den entsprechenden
Fans für überaus positive Resonanzen sorgen konnten. Eugenio
Meccariello (v), Marcel Bosshart (g), Hannes Reitze (g), D.D.
Lowinger (b) und Andy Renggli (d) liessen es auch beim Metal Factory
Festival heftig und tonnenschwer krachen. Die zahlreich wehenden
Haarmatten in den vorderen Reihen waren augenscheinlicher Ausdruck
dafür, dass auch dieser Stil über zahlreiche Anhänger verfügt. Ein
Blick auf die Uhr zeigte, dass es bereits 21.00 Uhr geworden war und
somit unser Jubiläums-Festival langsam aber sicher auf die
Zielgerade einbog.
Mit den Aargauer Lokalmatadoren
Gonoreas stand ein weiterer Live-Leckerbissen bevor, der
sich nicht lange bitten liess. Die aktuelle CD «The Mask Of Shame»
(2013) brachte ja den albummässigen Einstand des “neuen“ Frontmannes
Leandro Pacheco mit sich, der sich inzwischen prächtigst entwickelt
hat und die Band trotz dem Abgang von Rhythmus-Gitarristin Larissa
„Larry“ Ernst (wieder) zu einer festen
Einheit
werden liess. Mit den Saiten-Derwischen Damir Eskic (g) und Pat
Rafaniello (b) wurde einmal mehr eine Stunde feinster Power Metal
zelebriert, bei dem man einfach nicht ruhig an Ort und Stelle verweilen
kann. Angetrieben durch Leandro entstand der eine oder andere
Circle-, respektive Moshpit, der mit der Zeit den mitten im Publikum
stehenden Musikern von Lightning zu heftig wurde und sich diese aus
„Gefahrenzone“ zurück zogen. Grund-sätzlich herrschte jedoch eine
ausgelassene Stimmung und Damir wie natürlich auch Pat schmissen
sich in die geilsten Posen. Sie liessen ihren Instrumenten keinerlei
Verschnaufpause und selbst Iron-Chino (Gitarrist von Lightning)
zeigte sich ob der Performance dieses absolut kongenialen Duos
beeindruckt. Dahinter liess es Drummer Stefan Hösli ebenso krachen
und nach einer weiteren schweisstreibenden Stunde war die Meute
gerade richtig heiss für Poltergeist!
Wie doch die Zeit schnell vergeht! Ende Januar 2014 wohnte ich
bekanntlich der livehaftigen Reunion der Basler Thrash-Ikone um
GurD-Gitarrero V.O. Pulver auf hoher See (70000 Tons Of Metal) bei
und seither ist schon weit über ein Jahr vergangen. Obwohl in der
Zwischenzeit noch ein paar Konzerte gespielt wurden,
gereichte es mir seit der Cruise erst zum unmittelbar nächsten
Auftritt für mich. Bereits nach den ersten paar Minuten war nicht zu
überhören, dass das Bandgefüge wieder optimal zu funktionieren
scheint. Was auf hoher See noch etwas an Präzision vermissen liess,
läuft wieder wie geschmiert. Die Performance war leichtfüssig wie
gleichzeitig tight as fuck und die Songs kamen stets auf den Punkt.
Frontmann André Grieder fühlte sich sichtlich wohl und das übertrug
sich bald auch auf den Rest der Band. Dass die alten Songs immer
noch über genug Pepp verfügen, war nicht zu überhören und zu meiner
grossen Freude gab es nach dem Konzert das letzte Studioalbum
«Nothing Lasts Forever» (1993) erstmals und ergänzt mit einigen
Demos von 1987 und 1988 (als ukrainische Pressung!) auf CD
für faire 20 Mäuse zu kaufen! Mal sehen, ob es vielleicht in der
nächsten Zeit mal eine komplett neue Scheibe absetzen wird. Bis
dahin gibt es die livemässige Volldröhnung, die in Wetzikon noch
weiter auf die Spitze getrieben wurde. Sollte es bis zu diesem
Zeitpunkt einen echten Metalhead-Nacken gegeben haben, der noch
nicht auf Betriebstemperatur gekommen war, lief die Gnadenfrist mit
Battalion definitiv ab.
Die aktuell bestpositionierte Schweizer Thrash-Band ist mit über 100
Konzerten definitiv durch das Stahlbad des „sich voll den Arsch
abspielen“ gegangen und kann mittlerweile auch als Support von
Slayer punkten und Wacken zum Palmares dazu zählen. Ob man es glaubt
oder nicht, aber die Zürcher haben trotz exzellenten Alben nach wie
vor keinen Deal und stehen demnach immer noch im Status „unsigned“!
Trotz spürbar gelichteter Reihen vermochten Battalion noch die
letzten vorhandenen Energie-Reserven zu mobilisieren und machten keine
Gefangenen. Auch sie trotzten dem unplanmässigen Fehlen der Monitore
mit professionellem Verhalten und der „Ad-hoc-Mischer“ Damir Eskic
eliminierte diese an sich heikle Vakanz hinter dem Mischpult der
Rockstation Stage mit Bravour! Dieser hatte eh noch nicht
Feierabend, denn als Sahnehäubchen standen als Festival-Closer
nämlich noch Damir’s Rising Force auf der Running
Order. Der Bandname nimmt natürlich direkten Bezug auf die eine
musikalische Spielwiese des schwedischen Guitar-Heros Yngwie J.
Malmsteen. Einige dieser Songs wurden durch die letzte Band des
Metal Factory Festivals fulminant vorgetragen und durch den
ehemaligen Killer-Shouter Andy Lickford gesanglich optimal
unterstützt wie vorgetragen. Beim abschliessenden Rainbow-Klassiker
«Kill The King» überliess er das Mikro Leandro Pacheco, der sich
auch hier keine Blösse gab und für einen würdigen Schlusspunkt
sorgte.
Gegen morgens um halb zwei ging das Metal Factory Festival zu
Ende und trotz der einen oder anderen organisatorischen
Ungereimtheit und dem Umstand, dass mit klar mehr Leuten gerechnet
wurde, fiel die Bilanz insgesamt dennoch zufriedenstellend aus. Dass
am gleichen Abend, wie vor fünf Jahren schon, Eluveitie (in Zug)
ebenso live aufspielten, war sicher suboptimal, aber die sonst
tadellose "Hall Of Fame" dürfte mit Sicherheit einigen sonst
potenziellen Besuchern zu weit weg gelegen sein. Mein eigenes Haupt
fiel in der Nacht auch erst gegen halb vier Uhr morgens ins Kissen.
Unser Jubiläum (15 Jahre) und das von Rockstation (10 Jahre) sind
nun Geschichte und was in fünf Jahren, auch mit der gesamten Szene,
sein wird, soll nicht vorweg genommen werden.
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