Meine erste musikalisch geprägte Begegnung mit dem deutschen
Gitarren-Gott fand in den 80ern vor allem mit dem legendären
Live-Album «One Night At Budokan» (1982) statt, das bei mir etwa den
gleichen Stellenwert wie Deep Purple’s Masterpiece «Made In Japan»
(1972) oder Iron Maiden’s Klassiker «Live After Death» (1985)
einnimmt. Was habe ich dieses geniale Doppelalbum rauf und runter
gespielt und jedes Mal die Airguitar gezückt, wenn Frontmann Gary
Barden den Beginn des Konzertes nach dem Fanfaren-Intro mit der
berühmten Ansage „ Hallo Tokyo…, MSG…, «Armed And Ready» initiierte!
Seither sind einige Jahre ins Land gezogen und früher waren die
Musiker und Bands viel unnahbarer als heutzutage, wo ein Auftritt
den anderen ablöst. Somit konnte man sich das damals nicht richtig
vorstellen, diesen aussergewöhnlichen Musiker mit vielen seiner
Songperlen auch Jahrzehnte danach noch erleben zu dürfen. Nun
schreiben wir das Jahr 2014 und eben dieser Michael Schenker,
scheint aber momentan wieder voll auf der Höhe zu sein. Dass ihn
dabei aktuell gar zwei altgediente Scorpions-Recken begleiten,
dürfte dem Schweizer Support Maxxwell sicher auch gefallen haben.
Maxxwell
Die Innerschweizer Hardrocker hatten eigentlich alles richtig
gemacht und seit dem knalligen Debüt «Dogz On Dope» vor fünf Jahren
konsequent an ihrer Karriere gefeilt. Zu Beginn wurde noch eine Spur
härter als heute gezockt, doch Maxxwell stehen nach wie vor für
einen druckvollen Sound, der die Lauschklappen ordentlich zum
Flattern bringt. Da diese Energie auch mühelos auf der Bühne
losgetreten wird, bescherte dies der Band in der Vergangenheit
wertvolle Support-Slots, unter anderem auch für das Metal-Urgestein
U.D.O. – Gestählt durch reichlich Konzerte, folgte 2011 mit «All In»
das nächste überzeugende Langeisen und fand im Jahr darauf seinen
vorläufigen Höhepunkt mit der «Slapshot-EP», die mit dem
gleichnamigen Song gar einen „Hit“ hervor brachte. Als man dann
eigentlich bereit gewesen wäre, die Welt zu erobern, machte sich
Frontmann Noby Suppiger bekanntlich vom Acker. Das warf Maxxwell
zwischenzeitlich spürbar zurück, doch heuer, zusammen mit dem
dritten Top-Album «Tabula Rasa» und dem frischen Sänger Gilberto
„Gilbi“ Meléndez (Ex-Gonoreas), konnte der kreative Bremsklotz
bemerkenswert entfernt werden. Die variable Gesangsstimme des
einstigen Metal-Shouters verlieh dem inzwischen spürbar gereiften
Songmaterial die nötige Tiefe wie Leichtigkeit, ohne sich von den
rockigen Roots zu entfernen. Die Möglichkeit, nun im
November
als Vorgruppe von Michael Schenker’s Temple Of Rock für mehr als ein
Dutzend Gigs in Deutschland, Holland, Belgien, Frankreich und der
Schweiz mit dabei zu sein können, brachte die vorherigen Vibes
wieder locker zum Vorschein. Für das Heimspiel auf dieser Tour waren
die Jungs natürlich besonders motiviert und legten daher von Anfang
an wie die Feuerwehr los. Gilbi zeigte sich dabei als agiler
Frontmann und versuchte von Anfang an, Stimmung in die Halle zu
bringen. Das entpuppte sich dann allerdings an diesem Abend und vor
diesem Publikum als eher schwieriges Unterfangen. Obwohl die Band
trotz kurzzeitigen Technikproblemen mit Cyrils Klampfe unentwegt
powerte, kam insgesamt ziemlich wenig zurück. Das war an dieser
Stelle sicherlich nicht so der Bringer, aber die Schweizer zeigten
sich durch und durch als Profis und liessen bis zum Schluss nicht
nach. Die Auswahl der Songs war gelungen, doch trotz ordentlichem
Schlussapplaus fiel die Bilanz auf heimatlichem Boden letztlich eher
ernüchternd aus. Nichtsdestotrotz lässt sich zusammenfassend sagen,
dass Maxxwell ohne Zweifel wieder zurück sind und man für die
Zukunft noch einiges von ihnen erwarten darf.
Setliste:
«Partykings» - «Fuck it! » - «Nothing Changes My Mind» - «Man Of
Steel» - «No Pain No Gain» - «Gone Forever» - «Trails Of Hate» -
«Heads Or Tails» - «Slapshot» - «Cause I'm Lovin' It».
Michael Schenker’s Temple Of Rock Auch wenn die
aktuelle Bezeichnung seiner Band etwas leicht abgehoben bis mitunter
verwirrend daher kommt, spricht aktuell die Qualität für sich und
das erfreulicherweise schon eine ganze Weile. Das war aber nicht
immer so und wer die wechselvolle Geschichte von Michael Schenker
aufarbeitet, stösst auf unzählige ehemalige Musiker und kaum eines
dieser Line-Ups zeichnete sich durch Kontinuität aus. Das wirkte
sich dann auch auf die Studioalben aus, von denen längst nicht mehr
alle so wie früher überzeugen konnten. Dazu gab sich Michael lange
Zeit als unnahbar, launisch und introvertiert. Dies gehört nun der
Vergangenheit an und seit der Besetzung mit Doogie White (v), Wayne
Findlay, Francis Buchholz (b) und Herman Rarebell (d) läufts wie
geschmiert und besser denn je. Die Setliste setzt sich neben MSG und
UFO-Material auch aus ein paar Scorpions-Gassenhauern zusammen, was
prima passt und offensichtlich auch den Segen von Bruder Rudolf
Schenker erhalten hat. Wie gut dass die Band Michael Schenker’s
Temple Of Rock zusammen agiert und harmoniert, sah ich gut vor
zweieinhalb Jahren zum ersten Mal im Zürcher Plaza-Club, und das war
einfach nur der Oberhammer! Obwohl viele dieser Klassiker in längst
unüberschaubarer Anzahl gespielt wurden, ist die Leidenschaft
spürbar zurück gekehrt und es gibt nun mal keinen zweiten
Gitarristen auf diesem Planeten, der so eigentümlich spielen kann.
Das stellte der Maestro auch heute Abend eindrücklich zur Schau, wo
eigentlich jedes Riff sass und zentnerweise filigrane Licks
ausgepackt wurden. Den Auftakt nach dem Intro machte mit «Doctor
Doctor» gleich einer der grossen UFO-Classics, gefolgt von einem
neuen Track ab der aktuellen Scheibe «Bridge The Gap», der ganz
ordentlich rüber kam. Danach kam der
Rücksprung
in die im Vorwort erwähnten 80er-Jahre: «Armed And Ready»! Leider
war ich da immer noch im Fotograben beschäftigt, doch selbst da
verfehlte dieser Hammer-Song seine Wirkung nicht, und Master
Schenker als lebende Legende direkt vor meinen Augen riffen wie
solieren zu sehen, war einfach nur wunderbar. Ein erhebender Moment
für die Ewigkeit!
Der Reigen der Hits und Klassiker geriet in
der Folge zu einer neuerlichen Zeitreise zurück in die Jahre des
kreativen Aufbruchs, als man noch keine CDs kaufen konnte. Aufgrund
des Line-Ups mit Buchholz (b) und Rarebell (d) war es zudem nicht
verwunderlich, dass gleich vier Scorpions-Songs in der Setliste
auftauchten, was, zusammen mit dem neuen Material dann halt auf
Kosten von alten MSG-Songs ging. So fehlten mir zum Beispiel «On And
On», «Cry For The Nations» oder auch «Let Sleeping Dogs Lie».
Dennoch durfte man mit dem Gezeigten mehr als zufrieden sein, denn
nebst der generell gut funktionierenden Band als Ganzes, spielte
Michael locker wie befreit auf und auch Doogie White zog stimmlich
einen der besseren Abende ein. Die Fans, deren Alter eher ab
dreissig bis vierzig Jahren aufwärts als drunter zu sein schien,
hatten ihre helle Freude an diesem wirklich guten Konzert, das
nahtlos an die Tournee von 2012 anschloss. Der damalige Auftritt in
Tilburg (der knapp eine Woche nach Zürich stattfand) wurde ja
mitgeschnitten und unter dem Titel „Live In
Europe“ veröffentlicht. Die wirklich saugeilen Aufnahmen wurden
heute Abend locker bestätigt und das lässt alte wie neue Fans
frohlocken, denn diese Rückkehr hin zu alten Tugenden war nicht
zwingend zu erwarten. Obwohl Michael Schenker ruhig das eine oder
andere Kilo mehr auf den Rippen vertragen könnte, scheint er
geläutert und mit sich im Reinen zu sein. Die Zeiten vor zehn bis
fünfzehn Jahren, wo der Göttergitarrist nur noch ein Schatten seiner
selbst war, sind definitiv vorbei und wer ihn in der jüngeren
Vergangenheit gesehen und gehört hat, weiss das jetzt umso mehr zu
schätzen. Ein immer wieder mal, wie heute auch, lächelnder und
posender Ausnahme-Gitarrist mit seiner unverkennbaren Gibson
Flying-V ist nämlich das, was die Fans für immer in guter Erinnerung
behalten möchten. Dass dem unsterblichen Backkatalog nun gar weitere
Perlen angehängt werden könnten, macht das Ganze noch wertvoller.
Einzig «Rock You Like A Hurricane» wurde dem Original nicht ganz
gerecht, doch eine furiose Version von «Blackout» als zweite Zugabe
wetzte auch diese Scharte aus.
Setliste: «Intro - D-Tone» -
«Doctor Doctor (UFO Song)» - «Where The Wild Winds Blow» - «Armed
And Ready (MSG Song)» - «Victim Of Illusion (MSG Song)» - «Rock 'n
Roll Symphony» - «Lovedrive (Scorpions Song)» - «Coast To Coast
(Scorpions Song)» - «Before The Devil Knows You're Dead» - «Lord Of
The Lost And Lonely» - «Let It Roll (UFO Song)» - «Shoot Shoot (UFO
Song)» - «Into The Arena (MSG Song)» - «Vigilante Man» - «Too Hot To
Handle (UFO Song)» - «Rock You Like A Hurricane (Scorpions Song)» -
«Rock Bottom (UFO Song)» -- «Lights Out» (UFO Song)» - «Blackout
(Scorpions Song)».
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