Exzessive Shows, feuchtfröhliche Parties, Scherereien mit
Ordnungshüter und mehr als einmal unfreiwillige Ferien in
Entzugskliniken – wenn es heute noch eine weltweit bekannte Band
gibt, die den klassischen Rock'n'Roll-Lifestyle über Jahre hinweg
voll auslebte, dann sind dies sicher Monster Magnet. Allen voran
Fronter und Mastermind Dave Wyndorf machte immer wieder mit beinahe
endgültigen Abstürzen auf sich aufmerksam und als er dann vor etwas
mehr als einem Jahr auch noch verlauten liess, dass es wenige bis
fast keine Tourneen mehr geben wird, da sah man das Ende der Stoner
trotz der starken Scheibe «4-Way Diablo» schon nahen. Nachdem Herr
Wyndorf Mitte dieses Jahres den Rauschmitteln nun aber
unwiderruflich abschwor, keimte wieder Hoffnung auf und im November
schafften es die Amis doch nochmal in die Schweiz. Zusammen mit den
Retro-Riffern Nebula und den psychedelisch verstörrenden Engländern
Pilgrim Fathers verwandelte man das Zürcher Rohstofflager in einen
hasch-geschwängerten Hexenkessel, in welchem vor allem Monster
Magnet in unerwartet guter Form auftrumpfen konnten.
Pilgrim Fathers
Als ''Band aus einer anderen Dimension'' bezeichnen sich die Pilgrim
Fathers selbst, die an ihren Konzerten ''die Türe zu dieser
Dimension'' öffnen wollen. Als die fünf Engländer im schon gut
besuchten, aber noch nicht allzu vollen Rohstofflager loslegen,
erschliesst sich dem Hörer sogleich, wie diese Aussage zu verstehen
ist. Heftige Riffs, hin und wieder klassisch rockend, meist aber
brachial doomend, treffen auf (wahrscheinlich) gewollt dröhnende
Synthies und abgedrehte Keyboards, alles verworren, selten in
greifbare Strukturen geordnet. Mittelpunkt der Darbietung ist dabei
ein bärtiger, LSD-erprobt wirkender Herr namens Shelf, der in
expressiver Art ins Mikro singt, bzw. Heult oder schreit und dazu
seine Stimme mit reichlich Effekten verfremdet. Auch wenn der Sound
schwer zugänglich ist, feiert das Publikum die aus Nottingham
stammende Truppe nach anfänglicher Eingewöhnungsphase ordentlich ab.
Während der schon erwähnte Fronter Shelf und Bassist Stephen Averill
dabei wie von Sinnen abdrehen und herumwirbeln, wirken Klampfer Feg
und Tastenmann Dan Gardner, der es sich auf hippieske Weise am Boden
im Schneidersitz bequem gemacht hat, eher apathisch, was nicht
weniger zu den verstörrenden Klangwelten des Quintetts passt. Und
auch wenn das schon fast schmerzhaft laute Gedröhne der Synthies und
Soundeffekte gewollt sind, so ist es doch schade, dass Gitarre und
Bass des Öfteren beinahe gänzlich untergehen. Dennoch: In Sachen
Intensität, sowohl in Sachen Bühnenpräsenz (zumindest Fronter Shelf)
wie auch in Sound habe ich schon lange nicht mehr gehört. So sind
die Pilgrim Fathers auf jeden Fall interessant, wenn auch nicht
immer verständlich. Ob ihre Scheibe mit dem hübschen Titel «Short
Circular Walks In The Hope Valley» in Sachen Eindrücklichkeit
mithalten kann bleibt zu überprüfen.
Nebula
Während die Pilgerväter nicht einmal eingefleischten Stoner- und
Psychedelic-Fans wirklich ein Begriff waren, konnten die
Retro-Rocker von Nebula zumindest in der Szene einige Bekanntheit
erhaschen, nichtzuletzt durch die Patenschaft von keinem geringeren
als Desert-Rock-Urgestein Chris Goss, Produzent von so illustren
Namen wie Kyuss, Queens Of
The Stone Age oder den Stone Temple
Pilots. Vor beinahe proppenvollem Haus stieg das Trio um
Ex-Fu-Manchu-Klampfer Eddie Glass dann also auf die Bühne, um mit
ihrem 68er-lastigen Riffrock, irgendwo zwischen Jimi Hendrix, den
White Stripes und Cathedral loszulegen. Da in Europa doch letztlich
nur immer als Underground-Typ gehandelt, kredenzt man den Anwesenden
eine Best-Of-Setlist, kramt 10-jähriges Material wie «Vulcan Bomber»
hervor, bringt aber auch aktuelle Tracks wie «Pulse» von der letzten
EP «Heavy Psych» oder «Lightbringer» und «Future Days» vom letzten
regulären Album «Apollo» (2006). Dass der dabei dargebotene
Liedkatalog vergleichsweise einheitlich daher kommt und selten
Abwechslung bietet scheint die Anwesenden genauso wenig zu stören
wie der Umstand, dass Eddie Glass zwar ein hervorragender Gitarrist
ist, der wie nur wenige den Klangspirit eines Jimi Hendrix
heraufbeschwören kann, als Sänger mit eher unspektakulärem Organ nur
mässig überzeugt. So oder so, das zugekiffte Rohstofflager (aus
blauem wird grüner Dunst) feiert die Jungs ab, die auch optisch in
die frühen 70er passen würden: Während Glass mit einem abgetragenen
Cowboy-Outfit (nur der Hut fehlt) aufwartet, zeigt sich der
mittlerweile schon fünfte Bassist Tom Davies in bieder karriertem
Hemd. Einstellung und Auftreten stimmen also, der Sound, auch wenn
nicht abwechslungsreich und oftmals etwas dünn, auch, sodass Nebula
trotz einiger verbesserungsfähiger Punkte wie mangelnde Agilität
voll abräumen können.
Monster Magnet
Wie nicht anders erwartet hört der Gewinner des Abends aber auf den
Namen Monster Magnet. Schon während der Umbaupause brandet stetig
neues Rufen und Klatschen auf und als sich das Rohstofflager dann
verdunkelt, gibt es für das thc-geschwängerte Publikum kein Halten
mehr. Nach und nach gesellte sich die Band auf die Bühne und als
zuletzt Dave Wyndorf vors Publikum war der Superlativ an Euphorie
erreicht. Etwas erschrocken konnte man dabei über Wyndorfs Figur
sein: Zwar präsentierte sich der charismatische Mastermind fit und
in bester Spiellaune, als Kompensation zu den früheren Rauschmitteln
scheint der Schnauzbartträger aber alles zu verspeisen, was er in
den Finger bekommt. Von den früheren Muskeln war nicht mehr allzu
viel zu sehen und so erinnerte man sich unweigerlich an das Bild vom
aufgehenden Ofenküchlein. Aber man soll ja nicht nur durch
Äusserlichkeiten werten, auch wenn noch anzumerken ist, dass man von
den Monstermagneten nicht nur klangtechnisch, sondern auch visuell
verwöhnt wurde: Neben einer für Rohstofflagerverhältnisse stimmigen
Lightshow werden Songs wie «Dopes To Infinity» (gelungener hätte man
nicht einsteigen können) oder «Crop Circles» von psychedelischen
Beamerprojektionen untermalt. Diese bestehen entweder aus
trip-ähnlichen Farbcollagen oder Ausschnitten aus Comic-Bildern, was
beim Comic-Fan Wyndorf (zur Gründungszeit von Monster Magnet Ende
der 80er besass er einen Comic-Laden) nicht überraschte. Mit
«Powertrip» und «Twin Earth» spielte man eine Perle nach der anderen
und dies mit sichtlich Spass an der Sache. Allen voran Basser Jim
Baglino gab den grinsenden Hampelmann, während Leadklampfer Ed
Mundell einen auf cool machte. Zur Soundverstärkung hatte man auch
Gitarrist Phil Caivano eingeladen, sodass
Wyndorf sich vermehrt auf
seinen Gesang konzentrieren konnte, was mitnichten eine schlechte
Idee war, intonierte dieser doch «Third Alternative» und das düster
melancholische «Zodiac Lung» mit einer Inbrunst und Emotionalität,
die so nicht zu erwarten gewesen war. Der locker rockende «Monolithic
Baby»-Doppelschlag, «Radiation Day» und «The Right Stuff», sorgten
für beschwingte Partystimmung, bevor es mit dem abgedrehten «Negasonic
Teenage Warhead» vom 95er «Dopes To Infinity» wieder doomig verkifft
wurde. Egal bei welcher Nummern, das schweissnasse Publikum
klatschte und jubelte unentwegt, wobei die Stimmung mit dem
abschliessenden «Spacelord», der ultimativen Bandhymne, natürlich
ihren Höhepunkt erreichte. Da gut 60 Minuten Show aber defintiv zu
wenig wäre, applaudierte man die Band natürlich wieder auf die
Bühne, was mit einem gut 20-minütigen Nachschlag besoldet wurde, der
es in sich hatte: «Melt», «Cage In The Sun» und «Tractor» liess die
Schweizer Fans noch einmal die Haare kreisen, an ihren Tüten ziehen
und mitsingen. Und auch wenn ich persönlich an dieser Stelle immer
noch auf die Darbietung von «Superjudge» wartete, stellte «Spine Of
God» einen mehr als würdigen Abschlusstrack dar, der den Abend trotz
anhaltenden Zugabe-Rufen defintiv beendete. Dass mit Monster Magnet
nach allen Querelen auch jetzt noch zu rechnen ist, dies war nach
diesem Auftritt allen Besuchern klar, auch wenn fraglich bleibt,
weswegen es keine einzige Nummer des aktuellen «4-Way Diablo» in die
Setlist geschafft hat, besann man sich damit doch wieder auf alte
Stärken.
Setlist: Dopes To Infinity – Crop Circles – Powertrip – Twin Earth –
Third Alternative – Zodiac Lung – Radiation Day – The Right Stuff –
Megasonic Teenage Warhead – Spacelord - / - Melt – Cage Around The
Sun – Tractor – Spine Of God
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