Livereview: Monster Magnet - Nebula - Pilgrim Fathers
24.11.08 – Rohstofflager Zürich
by Kissi
Exzessive Shows, feuchtfröhliche Parties, Scherereien mit Ordnungshüter und mehr als einmal unfreiwillige Ferien in Entzugskliniken – wenn es heute noch eine weltweit bekannte Band gibt, die den klassischen Rock'n'Roll-Lifestyle über Jahre hinweg voll auslebte, dann sind dies sicher Monster Magnet. Allen voran Fronter und Mastermind Dave Wyndorf machte immer wieder mit beinahe endgültigen Abstürzen auf sich aufmerksam und als er dann vor etwas mehr als einem Jahr auch noch verlauten liess, dass es wenige bis fast keine Tourneen mehr geben wird, da sah man das Ende der Stoner trotz der starken Scheibe «4-Way Diablo» schon nahen. Nachdem Herr Wyndorf Mitte dieses Jahres den Rauschmitteln nun aber unwiderruflich abschwor, keimte wieder Hoffnung auf und im November schafften es die Amis doch nochmal in die Schweiz. Zusammen mit den Retro-Riffern Nebula und den psychedelisch verstörrenden Engländern Pilgrim Fathers verwandelte man das Zürcher Rohstofflager in einen hasch-geschwängerten Hexenkessel, in welchem vor allem Monster Magnet in unerwartet guter Form auftrumpfen konnten.

Pilgrim Fathers
Als ''Band aus einer anderen Dimension'' bezeichnen sich die Pilgrim Fathers selbst, die an ihren Konzerten ''die Türe zu dieser Dimension'' öffnen wollen. Als die fünf Engländer im schon gut besuchten, aber noch nicht allzu vollen Rohstofflager loslegen, erschliesst sich dem Hörer sogleich, wie diese Aussage zu verstehen ist. Heftige Riffs, hin und wieder klassisch rockend, meist aber brachial doomend, treffen auf (wahrscheinlich) gewollt dröhnende Synthies und abgedrehte Keyboards, alles verworren, selten in greifbare Strukturen geordnet. Mittelpunkt der Darbietung ist dabei ein bärtiger, LSD-erprobt wirkender Herr namens Shelf, der in expressiver Art ins Mikro singt, bzw. Heult oder schreit und dazu seine Stimme mit reichlich Effekten verfremdet. Auch wenn der Sound schwer zugänglich ist, feiert das Publikum die aus Nottingham stammende Truppe nach anfänglicher Eingewöhnungsphase ordentlich ab. Während der schon erwähnte Fronter Shelf und Bassist Stephen Averill dabei wie von Sinnen abdrehen und herumwirbeln, wirken Klampfer Feg und Tastenmann Dan Gardner, der es sich auf hippieske Weise am Boden im Schneidersitz bequem gemacht hat, eher apathisch, was nicht weniger zu den verstörrenden Klangwelten des Quintetts passt. Und auch wenn das schon fast schmerzhaft laute Gedröhne der Synthies und Soundeffekte gewollt sind, so ist es doch schade, dass Gitarre und Bass des Öfteren beinahe gänzlich untergehen. Dennoch: In Sachen Intensität, sowohl in Sachen Bühnenpräsenz (zumindest Fronter Shelf) wie auch in Sound habe ich schon lange nicht mehr gehört. So sind die Pilgrim Fathers auf jeden Fall interessant, wenn auch nicht immer verständlich. Ob ihre Scheibe mit dem hübschen Titel «Short Circular Walks In The Hope Valley» in Sachen Eindrücklichkeit mithalten kann bleibt zu überprüfen.

Nebula
Während die Pilgerväter nicht einmal eingefleischten Stoner- und Psychedelic-Fans wirklich ein Begriff waren, konnten die Retro-Rocker von Nebula zumindest in der Szene einige Bekanntheit erhaschen, nichtzuletzt durch die Patenschaft von keinem geringeren als Desert-Rock-Urgestein Chris Goss, Produzent von so illustren Namen wie Kyuss, Queens Of The Stone Age oder den Stone Temple Pilots. Vor beinahe proppenvollem Haus stieg das Trio um Ex-Fu-Manchu-Klampfer Eddie Glass dann also auf die Bühne, um mit ihrem 68er-lastigen Riffrock, irgendwo zwischen Jimi Hendrix, den White Stripes und Cathedral loszulegen. Da in Europa doch letztlich nur immer als Underground-Typ gehandelt, kredenzt man den Anwesenden eine Best-Of-Setlist, kramt 10-jähriges Material wie «Vulcan Bomber» hervor, bringt aber auch aktuelle Tracks wie «Pulse» von der letzten EP «Heavy Psych» oder «Lightbringer» und «Future Days» vom letzten regulären Album «Apollo» (2006). Dass der dabei dargebotene Liedkatalog vergleichsweise einheitlich daher kommt und selten Abwechslung bietet scheint die Anwesenden genauso wenig zu stören wie der Umstand, dass Eddie Glass zwar ein hervorragender Gitarrist ist, der wie nur wenige den Klangspirit eines Jimi Hendrix heraufbeschwören kann, als Sänger mit eher unspektakulärem Organ nur mässig überzeugt. So oder so, das zugekiffte Rohstofflager (aus blauem wird grüner Dunst) feiert die Jungs ab, die auch optisch in die frühen 70er passen würden: Während Glass mit einem abgetragenen Cowboy-Outfit (nur der Hut fehlt) aufwartet, zeigt sich der mittlerweile schon fünfte Bassist Tom Davies in bieder karriertem Hemd. Einstellung und Auftreten stimmen also, der Sound, auch wenn nicht abwechslungsreich und oftmals etwas dünn, auch, sodass Nebula trotz einiger verbesserungsfähiger Punkte wie mangelnde Agilität voll abräumen können.

Monster Magnet
Wie nicht anders erwartet hört der Gewinner des Abends aber auf den Namen Monster Magnet. Schon während der Umbaupause brandet stetig neues Rufen und Klatschen auf und als sich das Rohstofflager dann verdunkelt, gibt es für das thc-geschwängerte Publikum kein Halten mehr. Nach und nach gesellte sich die Band auf die Bühne und als zuletzt Dave Wyndorf vors Publikum war der Superlativ an Euphorie erreicht. Etwas erschrocken konnte man dabei über Wyndorfs Figur sein: Zwar präsentierte sich der charismatische Mastermind fit und in bester Spiellaune, als Kompensation zu den früheren Rauschmitteln scheint der Schnauzbartträger aber alles zu verspeisen, was er in den Finger bekommt. Von den früheren Muskeln war nicht mehr allzu viel zu sehen und so erinnerte man sich unweigerlich an das Bild vom aufgehenden Ofenküchlein. Aber man soll ja nicht nur durch Äusserlichkeiten werten, auch wenn noch anzumerken ist, dass man von den Monstermagneten nicht nur klangtechnisch, sondern auch visuell verwöhnt wurde: Neben einer für Rohstofflagerverhältnisse stimmigen Lightshow werden Songs wie «Dopes To Infinity» (gelungener hätte man nicht einsteigen können) oder «Crop Circles» von psychedelischen Beamerprojektionen untermalt. Diese bestehen entweder aus trip-ähnlichen Farbcollagen oder Ausschnitten aus Comic-Bildern, was beim Comic-Fan Wyndorf (zur Gründungszeit von Monster Magnet Ende der 80er besass er einen Comic-Laden) nicht überraschte. Mit «Powertrip» und «Twin Earth» spielte man eine Perle nach der anderen und dies mit sichtlich Spass an der Sache. Allen voran Basser Jim Baglino gab den grinsenden Hampelmann, während Leadklampfer Ed Mundell einen auf cool machte. Zur Soundverstärkung hatte man auch Gitarrist Phil Caivano eingeladen, sodass Wyndorf sich vermehrt auf seinen Gesang konzentrieren konnte, was mitnichten eine schlechte Idee war, intonierte dieser doch «Third Alternative» und das düster melancholische «Zodiac Lung» mit einer Inbrunst und Emotionalität, die so nicht zu erwarten gewesen war. Der locker rockende «Monolithic Baby»-Doppelschlag, «Radiation Day» und «The Right Stuff», sorgten für beschwingte Partystimmung, bevor es mit dem abgedrehten «Negasonic Teenage Warhead» vom 95er «Dopes To Infinity» wieder doomig verkifft wurde. Egal bei welcher Nummern, das schweissnasse Publikum klatschte und jubelte unentwegt, wobei die Stimmung mit dem abschliessenden «Spacelord», der ultimativen Bandhymne, natürlich ihren Höhepunkt erreichte. Da gut 60 Minuten Show aber defintiv zu wenig wäre, applaudierte man die Band natürlich wieder auf die Bühne, was mit einem gut 20-minütigen Nachschlag besoldet wurde, der es in sich hatte: «Melt», «Cage In The Sun» und «Tractor» liess die Schweizer Fans noch einmal die Haare kreisen, an ihren Tüten ziehen und mitsingen. Und auch wenn ich persönlich an dieser Stelle immer noch auf die Darbietung von «Superjudge» wartete, stellte «Spine Of God» einen mehr als würdigen Abschlusstrack dar, der den Abend trotz anhaltenden Zugabe-Rufen defintiv beendete. Dass mit Monster Magnet nach allen Querelen auch jetzt noch zu rechnen ist, dies war nach diesem Auftritt allen Besuchern klar, auch wenn fraglich bleibt, weswegen es keine einzige Nummer des aktuellen «4-Way Diablo» in die Setlist geschafft hat, besann man sich damit doch wieder auf alte Stärken.

Setlist: Dopes To Infinity – Crop Circles – Powertrip – Twin Earth – Third Alternative – Zodiac Lung – Radiation Day – The Right Stuff – Megasonic Teenage Warhead – Spacelord - / - Melt – Cage Around The Sun – Tractor – Spine Of God