Die letzten Klänge von Rival Sons "klebten" wohl immer noch an
den Wänden, als drei Tage danach die nächste Retro-, respektive
Space-Rock Sause im Kofmehl auf dem Menüplan stand. Dabei handelte
es sich beim Headliner um keine Geringeren als die amerikanischen
Spacerocker Monster Magnet, dich ich, man mag es glauben oder nicht,
bis dato noch nie live gesehen hatte! Ich hatte irgendwie immer eine
Ausrede parat, ignorierte die Amis seit den 90ern eigentlich
kategorisch. Die waren mir einfach nicht geheuer und als die
ausgedehnten Drogeneskapaden von Mainman Dave Wyndorf die Runde
machten, schwand das Interesse noch mehr. Selbst die rockigere
Ausrichtung von «Powertrip» (1998) weckte mein Interesse immer noch
nicht. Doch meine Devise heisst schon seit je her "besser spät als
nie" und darum wollte ich mir das nicht entgehen lassen, da erstens
quasi vor der Haustüre statt findend, dann war angekündigt, dass das
ganze «Dopes To Infinity» Album (1995) durchgespielt wird und
ausserdem stand mit Black Spiders aus England an sich ein weiterer
Headliner im diesem starken Billing!
Black Spiders
Eigentlich kann man die Band aus Sheffield, die aus Pete Spider
Spiby (v/g), Ozzy Owl Lister (g), Mark Dark Shark Thomas (g), Adam
the Fox Irwin (b) und Tiger Si (d) besteht, nicht wirklich nur in
die Retro-Ecke stellen, denn Black Spiders spielen mitunter einen
ziemlich frischen wie knackigen "voll in die Fresse" Rock. Airbourne
oder The Answer sind vergleichbare Ener-giebündel. Die schwarzen
Spinnen waren nun in den letzten zwei Jahren ziemlich streng
unterwegs, wo sie unter anderem die Aufmerksamkeit von Altmeister
Ozzy Osbourne weckten, der sie nach den "iTunes-Festivals" in der
Heimat (wo sie für Ozzy im Roundhouse eröffnen durften) postwendend
für die UK-Ausgabe des "Ozzfest" mit an Bord holte. Das kommt nicht
von ungefähr, denn die Songs von Black Spiders tragen unverkennbare
Vibes von Black Sabbath in sich, die aber nicht immer offensichtlich
sind. Vielmehr lässt man es mit drei Gitarristen ziemlich krachen
und das durfte man auch für heute Abend im Kofmehl erwarten. Als
musikalische Visitenkarte hatte man das im Februar veröffentlichte
Debüt «Sons Of The North» mit im Gepäck, das schon als Tonträger für
die entsprechenden Ausrufezeichen sorgte. Nach dem Intro mit der
Melodie eines mir an sich bekannten Altwesterns (fragt mich jetzt
aber nicht welchen!) legten die Spiders gleich von der ersten
Sekunde an ziemlich kräftig los. Dabei stach mir unvermittelt der
grundsätzlich gute Sound ins Auge, respektive ins Ohr. Vor allem der
Bass von Mr. Irwin donnerte schon fast knarzend aus der PA raus und
der Tiger mit dem Irokesen-Haarschnitt schien sein Drum-Kit mehr
zerlegen denn darauf spielen zu wollen! Es folgten auf jeden Fall 45
absolut kraftstrotzende Minuten, die eine völlig entfesselte Truppe
zeigten, die mächtig Spass an dem hatte, was sie da tat. Sänger Pete Spiby schien allerdings ein paar Lenze mehr als der Rest drauf zu
haben, sah sein Antlitz aus der Nähe offensichtlich etwas verlebt
aus. Obwohl die Platzverhältnisse für fünf Musiker und dann noch als
Support-Band eher bescheiden waren, rockte sich das quirlige
Quintett bewegungsaktiv durch seinen Set hindurch. Dabei war es noch
erstaunlich, dass alle (!) mit verkabelten Gitarren spielten und
sich dennoch nichts verhedderte. Etwas Situationskomik gab es
überdies bei einer kurzen Guitar-Battle zwischen "Spider" und "Dark
Shark", denn während dessen sass Bassist "the Fox" ohne zu spielen
seelenruhig auf dem Bühnenboden und nippte derweil in aller Ruhe an
seinem Calanda-Bierchen, ein Bild für die Götter! Bis auf «Wolves»
stammten die Songs alle vom Erstling, aber überzeugen konnte alles.
Das sah das Publikum im zumindest optisch gut gefüllten Raum auch so
und entliess Black Spiders mit einem fetten Applaus, der glatt
headlinerwürdig war.
Setliste: «Stay Down» - «KISS Tried To Kill Me» - «Stick It To The
Man» - «St. Peter» - «Wolves» - «Just Like A Woman» - «Blood Of The
Kings.
Monster Magnet
Nach dieser überraschenden Steilvorlage mussten Dave Wyndorf (als
übrigens letztes, verbliebenes Ur-Mitglied) und seine Jungs eine
entsprechende Antwort auf der Bühne abgeben und, um es vorweg zu
nehmen, sie taten es auch..., und wie! Die entscheidende Frage dazu
war natürlich die nach dem aktuellen, gesundheitlichen Zustand des
Bandleaders. Wie mir nach dem Konzert zugetragen wurde, schlief der
gute Dave den Tag über! Recht so, denn damit sollte genug Power da
sein, um über die ganze Spielzeit fit zu sein. Wenn man allerdings
den sichtlich rundlich gewordenen Körper sah, musste man das Wort
"fit" vielleicht mit etwas Vorsicht gebrauchen. Nichtsdestotrotz
vermittelte die ganze Band einen kompakten, geschlossenen Eindruck
und liess mit dem Opener «Vertigo» schon mal den ersten und klar
längsten, über 11-minütigen Song (aber nicht den Opener) von «Dopes
To Infinity» vom Stapel. Meine Wenigkeit hatte das aber nicht
bemerkt, da ich, wie man der Einleitung entnehmen kann, eigentlich
keinen einzigen Song von heute Abend erkannte, geschweige denn
kannte! Doch das, was zu meinen Lauschern durchdrang, war stets echt
stark und ich fragte mich zunehmend, warum dieser Kelch all die
Jahre ohne Wirkung an mir vorbei gehen konnte. Während sich das
zumeist jugendlich wirkende Publikum als songkundig und somit
mitsingfähig erwies, war meine erlebte Freude eine andere. Die Band
zelebrierte alle zwölf Songs von «Dopes To Infinity» wie
angekündigt, wenn auch in geänderter Reihenfolge. Dabei kam die
ganze Bandbreite des Space-Rock zum Tragen, zu der auch ellenlanges,
gleichbleibendes wie abgefahrenes Gedöns
dazu gehörte. Meine Favorites waren das schleppende «Look To Your Orb For The Warning»,
das stimmlich und akustisch geprägte «Blow' Em Off» und das
grandiose «Space Lord» als letzte Zugabe.
Auf dem Weg dahin gab es auch Schräges wie «King Of Mars», das zu
Beginn recht kurios klang und 70-ies Happy-Tunes mit «Dead
Christmas». Jeder dieser druckvoll vorgetragenen Soundhappen wurde
immer frenetischer abgefeiert und überhaupt war die Stimmung
ziemlich ausgelassen. Da man die Fans nun auch in die Empore hoch
liess, bevölkerte sich diese relativ schnell und bot so ein noch
geileres Bild für die Band. Wie zuvor schon bei Black Spiders sah
man auch beim Headliner drei Gitarren (plus einen Bass) auf der
Bühne, aber mein Eindruck, dass Wyndorf's Klampfe sich irgendwie
kaum bis gar nicht bemerkbar machte, bestätigte sich zu einem
spätereren Zeitpunkt, sprich nach dem Gig. Das war natürlich schade,
aber Garret Sweeny und Phil Caivano liessen eh nichts anbrennen und
lieferten genug Riffs und Soli ab, während der Chef mit seinem dem
Publikum zugewandten Rücken immer wieder mal ein Effekt-Board
bediente. Stimmlich fehlte es aber an Nichts und Wyndorf schrie,
stöhnte und röchelte vom Feinsten. Ein paar Unverbesserliche (die
man aber gewähren liess - warum eigentlich?) zündeten sich trotz
klar deklariertem Rauchverbot die ersten Fluppen an und schon bald
war mindestens so viel Zigaretten-Rauch in der Luft, dass man es
dann zu Hause auch noch riechen konnte. Zum Auftritt von Monster
Magnet passte dies jedoch irgendwie und liess deshalb vergangene
Zeiten wieder etwas aufleben, als der Qualm noch unein-geschränkt
erlaubt war. Mit dem einstigen Disco-Floor Hit «Negasonic Teenage
Warhead» schlossen die Amis einerseits die «Dopes...» Rückblende ab
und eröffneten gleichzeitig den Zugabenblock. Die Fans und die Band
gaben gleichermassen nochmals alles und der aufgestachelte Mob
antizipierte nach einer hammergeilen Version von «Powertrip» auch
voll zum kultigen «Space Lord». Nach knapp 105 Minuten war das
Spektakel leider vorbei und ich sehr froh, diesem
geschichtsträchtigen Auftritt beigewohnt zu haben. Es ist nämlich
schwer anzunehmen, dass man diese Setliste so nie mehr sehen und
hören wird!
Setliste: «Vertigo» - «I Control, I Fly» - «Look To Your Orb For The
Warning» - «Dopes To Infinity» - «All Friends & Kingdom Come» -
«Ego, The Living Planet» - «Blow' Em Off» - «Dead Christmas» - «Third
Alternative» - «Theme From Masterburner» - «King Of Mars» -- «Negasonic
Teenage Warhead» - «Hallucination Bomb» - «Powertrip» - «Space
Lord».
|
|