In dem kleinen, aber gemütlichen
Club soundDock 14 fand der
Auftritt von vier Bands gegen Ende November statt, welcher im Rahmen
der "Dead Tyrants Tour" stattfand. An jenem Abend bekamen die Zuhörer
die Möglichkeit, das Schaffen von zwei relativ jungen Bands
kennen zu lernen, nämlich das der färöischen Doomster Hamferd und das
der finnischen Symphonic/Power/Viking/Folk Metal-Band Crimfall. Dann
traten Týr (Hamferd's Landsleute) auf, die Progressive/Folk Metal
spielten. Später in der Nacht bot die Band Moonsorrow ihr Programm
an. In der letzten Zeit ist diese Band unter den Pagan/Black
Metal-Fans kultisch geworden. Alle Konzert-besucher bekamen die
Möglichkeit, die Welt des alten, heidnischen, skandinavischen
Glaubens zu erleben und die Kraft des antichristlichen Protests zu
empfinden, die sich im Schaffen der Tournee-Headliner – der Band Týr
und Moonsorrow – widerspiegelt.
Hamferd
Der Abend begann mit dem Debüt der Band Hamferd. Im Jahre 2010 liess
die Band ihre erste EP «Vilst er sídsta fet» herausgeben. Der Klang
ihrer Musik machte einen sehr guten Eindruck und ist für die Fans
von Paradise Lost sowie My Dying Bride besonders interessant. Auf
der Bühne schufen Hamferd die Atmosphäre einer religiösen Messe,
umso mehr, weil die Lyrik ihrer Lieder in den traditionellen,
färöischen Psalmen wurzelt und weil die meisten Keyboard-Partien wie
eine Orgel klingen. Alle Musiker trugen elegante schwarze Anzüge mit
Krawatten und weisse Hemden, als ob sie bei einem Begräbnis wären.
Die Keyboard-Anlage war mit schwarzem Samt bedeckt, als ob es Teil
einer Kathedrale wäre. Dadurch, dass die Bühne nur mit weissem Licht
beleuchtet wurde, sah der Auftritt noch festlicher aus. In einem
Moment erlöschte das ganze Licht, die Musiker falteten ihre Hände
zum Gebet und begannen zu beten, die Köpfe nach unten gesenkt. Die
grösste Aufmerksamkeit zog Sänger Jón Hansen auf sich. Beim Singen
wechselte er rasch vom derben Growlen zum Opernbariton oder sogar
zum Tenor. Obwohl die Band als erste auftrat, war der Klang gut
abgestimmt und alle instrumentalen Partien waren gut zu hören.
Schliesslich gelang es der Band, die Aufmerksamkeit auf sich zu
ziehen und am Ende ihres Auftrittes entstand ein ganz dichter
Zuhörerkreis vor der Bühne.
Crimfall
Einen richtigen Folk-Klang bot an jenem Abend die finnische Band
Crimfall an. Die musikalischen Stücke dieser Band enthielten sehr
viele Geigepartien, die sehr fein klangen, besonders in Kombination
mit den
opernnahen Gesangpartien von Helena Haaparanta, die rauhe
Stimme von Mikko Häkkinen bewirkte einen interessanten Kontrast zu
Helenas Gesang. Helena und Mikko sahen auf der Bühne zusammen sehr
eindrucksvoll aus. Ab und zu war ihr Auftritt dramatischen
Theaterepisoden nahe, zum Beispiel: Während des Auftrittes näherte
sich Mikko hin und wieder Helena an und fasste recht aggressiv ihre
langen Haare von hinten, sodass sie ihren Kopf leidenschaftlich
zurückwerfen musste. Was die Posturen, die Gesten und die
durchbohrenden Blicke anbelangte, so konnte sich diese Band mit
einer dramatischen Theatertruppe messen. Ebenso aktiv war auch der
geistige Anreger der Band, Komponist und Autor von allen
Orchestrierungen, Gitarrenspieler Jakke Viitala, der ab und zu seine
Arme leidenschaftlich ausbreitete oder ein theatralisiertes Duo mit
dem Bassisten zusammen darbot. Es sei erwähnt, dass die
Bandteilnehmer wunderbare Theaterkostüme anhatten, die lederne
Lumpen alter Wanderer imitierten.
Setliste: «Neothera Awakening (Intro)» - «The Crown Of Treason»
- «Frost Upon Their Graves» - «Ascension Pyre» - «Wildfire Season»
- «Silver And Bones».
Týr
Ich glaube, dass ich den Auftritt von der Band Týr noch lange nicht
vergessen werde. Und zwar nicht nur weil sich die Musiker als
hochqualifizierte Gitarrenspieler zeigten, während ihres Auftrittes
sehr aufrichtig waren und gut aufeinander abgestimmt spielten,
sondern auch, weil sie für das Konzert ihre absoluten Hits
ausgewählt hatten, die nicht anders als Ohrwürmer zu nennen sind.
Manchmal schien es, als ob die Refrains von «Shadow of Swatstika»
und «Take Your Tyrant», aber auch die Melodie der langsamen
Metal-Ballade «Evening Star» immer noch in meinen Ohren klängen. Die
Set-Liste bestand halb aus den Liedern aus dem neuen Album «Flames
Of The Free», das dieses Jahr herausgegeben wurde, und halb aus den
Liedern aus dem Album "By The Light Of The Northern Star», das 2009
erschien und zum Wendepunkt für das Schaffen der Band geworden war.
Wie bekannt, eben seit diesem Album begannen Tyr, schnelle und sehr
melodische Lieder in den besten Power Metal-Traditionen zu
komponieren. Aus ihrer Vergangenheit spielten Týr nur «The Rage Of
The Skullgaffer» und «The Hunt», das zu ihrem früheren Album «Ragnarok»
gehört. Eines von diesen Liedern, und zwar das instrumentale «The
Rage Of The Skullgaffer», ist ein neoklassisches Gitarrensolo, in
dem sich Frontmann, Sänger und Gitarrenspieler Heri Joensen und
Solo-Gitarrenspieler Terji Skibenaes vereinigten. Dieses
Gitarrensolo ist dem Spiel von Yngwie Malmsteen ähnlich. Jedoch war
es eben der Gitarrenspieler Terji Skibenaes, dessen Auftritt
besonders stark beeindruckend war. Seine progressive Spielweise und
die freie Benutzung von Modulierungseffekten (was für den Prog Rock
typisch ist) waren und bleiben auch heute noch die Würze von Týr.
Trotz alledem haben alle Auftritte das höchste Lob verdient. Der
Bass in Kombination mit den Schlagpartien klang richtig überzeugend
und kontrastierte mit den wunderbaren Melodien. Der geistige Anreger
der Band, Frontman Heri Joensen, vereinigte alle und drückte alle
Wünsche der Wikinger von den färöer Inseln aus. Diese Wünsche sind
allen schon lange bekannt – sie wollen die christlichen Dogmen
loswerden, was Heri vor dem Lied «Trondur i gotu» auch mitteilte.
Aber die Stimme von Heri klang recht leise. Es war zu sehen, dass
sowohl das Singen als auch die Kommunikation ihm viel schwerer als
das Gitarrenspiel fiel. Vielleicht lag es an der gegenwärtigen
Jahreszeit oder an der Flasche Wodka, die Heri allen Anwesenden
demonstrierte und vor die Trommelanlage stellte, wo die Flasche gut
zu sehen war. Aber der Auftritt der Band wurde von der schwachen
Hauptgesangpartie nicht so sehr verdorben. Der Gitarrenspieler Terji
und der meisterhafte Bassist Gunnar sangen mit Heri fast ständig
mit. Ausserdem darf man den starken Zuhörerchor nicht vergessen, der
in die einfachen und leicht zu behaltenden Refrains fast sofort
einstimmte.
Setliste: «The Lay Of Thrym» - «ShadowOf Swatstika» - «Flames Of The
Free» - «By The Light Of The Northern Star» - «Trondur i gotu» - «Take
Your Tyrant» - «The Rage Of The Skullgaffer» - «The Hunt» - «Evening
Star» - «Northern Gate» - «Hall Of Freedom» - «Hold The Heathen Hammer
High» - «By The Sword In My Hand».
Moonsorrow
Die Konzert-Headliner Moonsorrow hatten das für sie typische Make-Up
aufgelegt – sie waren ‚mit Blut beschmiert’. Wahrscheinlich
symbolisiert solch ein Make-Up das Blut der christlichen Missionare,
die mit ihren Predigten die heidnischen Stämme zum Christentum zu
bekehren suchten. Eben von solch einer misslungenen
Missionserfahrung hatte der Band-Frontman, Bassist und Sänger Ville
Sorvali, lebhaft auf Englisch erzählt, bevor die Band «Köyliönjärven
jäällä» spielte. «Was machten die Bewohner mit dem Bischof?» rief
Ville am Ende seiner Erzählung. Und er gab selbst die Antwort in
einer leidenschaftlichen Stimme: «Sie ermordeten ihn!» Während des
Auftrittes hob Ville einige Male sein Amulett – Mjöllnir (Thors
Hammer), der an seinem Hals hing - nach oben, zahlreiche Helden der
skandinavischen Mythologie erwähnend. Ville schien in Schwung zu
sein, weil er viel sprach und oft lächelte. Zum Beispiel bemerkte er
patriotisch, dass die Band eines ihrer langsamsten Lieder – «Raunioilla»
– spielen wird, weil alle Finnen langsame Leute sind. Begonnen hat
die Band Moonsorrow mit dem neuen Lied «Tähdetön», welches das in
diesem Jahr herausgegebene Album eröffnete. Jedoch, nachdem dieses
frische Lied gespielt worden war, wurden darauffolgend eher alte
Alben akzentuiert, wie zum Beispiel «Suden Uni», «Voimasta ja
kunniasta» und «Kivenkantaja», die 2001 und 2003 erschienen waren.
Die Zuhörer unterstützten die Musiker heftig. Obwohl Moonsorrow ihre
Lieder auf
Finnisch sangen, gab es Stellen, wo man mit der Melodie mitschreien oder mitheulen konnte. Darum hatte Ville auch gebeten,
bevor die Band ihren Hit «Sankaritarina» spielte. Wahrscheinlich war
es für viele Zuhörer kein erstes Mal, dass sie ein Konzert von
Moonsorrow besuchten, denn sie unterstützten diese Idee
enthusiastisch. Das summende und mit der Musik schaukelnde Publikum
wurde zu einem einheitlichen Ganzen. Die Musiker waren gut
eingespielt und sangen fast in vollem Bestand. Von rechts und von
links sangen die beiden Lead und Rhythm-Gitarrenspieler mit Ville
mit. Der lange und magere Gitarrenspieler Mitja Harvilahti spielte
schöne Soli, und der andere Gitarrenspieler Janne Perttilä kam hin
und wieder ins Zentrum zum Mikrophon und sang Refrains mit
Clean-Stimme. Der charismatische, bärtige Janne spielte in den
Konzerten der Band schon lange statt des Vetters von Ville, Henri
Sorvali, der dazu auch noch bei Finntroll spielt. Es muss zugegeben
werden, dass der reiche Klang der rauen Atmosphäre der uralten Welt
ohne tasteninstrumentale Partien von Markus ‚Lord’ Euron nicht zu
erreichen ist. Moonsorrow haben mit diesem Auftritt wieder einmal
ihren Stand als extrem fähige und talentierte Musiker bewiesen!
Setliste: «Tähdetön» - «Sankarihauta» - «Raunioilla» - «Köyliönjärven
jäällä» - «Jotunheim» - «Sankaritarina» - «Kuolleiden maa» - «Matkan
lopussa».
|
|