Livereview: Moonspell - Rotting Christ - Silver Dust

12. Dezember 2019, Pratteln - Z7
By Monika M.
Ein starker und abwechslungsreicher Dreier an interessanten Bands erwartet das Metal Mekka - hingehen ist Pflicht. Drei Nationen, drei komplett unterschiedliche Bands die, so scheint es, ein perfekt harmonisches Gesamtbild ergeben werden. Der Donnerstagabend steht fest!

Silver Dust

Der Abend wird von der aus dem Kanton Jura stammenden, ästhetischen Band eröffnet. Deren spezielle Mischung von Dark Rock, Gothic und Metal präsentiert sich mit dem ansprechenden Bühnenbild und den sorgfältig ausgewählten Kostümen fabelhaft. Das noch spärliche Publikum scheint den Opener bestens zu kennen (na hoffentlich!) und nimmt aktiv an der Show teil. Dies ist natürlich sehr erfreulich, denn bei recht vielen Shows ist die Atmosphäre am Anfang noch nicht so toll, meist ist die Vorband schlicht uninteressant. Doch Vorband ist nicht das richtige Wort in diesem Fall, denn Silver Dust ist kein unbekannter Name in unserer hiesigen Metalszene und die Show ist Qualität. Mit viel guter Laune und unheimlich grossem Charisma bringen uns Silver Dust durch den ersten Drittel des Abends und, die Konzert-Extase setzt bereits ein. Die Wahl des Openers ist eben schon verdammt wichtig, und ich bin überzeugt, dass mit den Herren aus Porrentruy die richtige Wahl getroffen wurde. Zwischen den einzelnen Songs gibts ein wenig sympathisches Gequatsche und sogar schon recht am Anfang ihrer Show beglückt uns Lord Campbell mit einem Gitarrensolo. Der überzeugende Einstieg prophezeit einen verdammt gelungenen Abend. Wie wir es uns von Silver Dust bereits gewohnt sind, schmückt ein grosser Spiegel mit Projektionen die Bühne. Wir haben dekorative Bühnenelemente, die uns die düstere Ästhetik eines Kellers oder dunklen, gotischen Raumes vermitteln. Als wäre dies – nebst den wundervollen Kostümen – nicht schon geil genug, haben eine Tänzerin in Weiss und eine Frau in Schwarz auf der Bühne. Die meisten kennen es. Dazu leidenschaftliches Instrumenten-spiel und es ist sternenklar, dass die Band die Inszenierung versteht. Die Musik geht darin aber keinesfalls runter. Die Shows sind eher abgespaced, die Alben wirken dagegen fast zahm. Von Song zu Song variieren die Vocals und mal härter, mal eher eine metallische Trance, ist jeder Song ein wahrer Schatz. Elemente verschiedener Genres verschmelzen gekonnt. So viel Abwechslung und trotzdem eine Harmonie, ein organisiertes Chaos, welches wir von den Alben kennen. Nur wirkt es auf der Bühne noch viel imposanter. Für alle, die das Vergnügen noch nicht hatten, denen kann ich nur von Herzen empfehlen, sich bei der nächsten Tour einen Termin zu organisieren und das Ticket zu kaufen. Ein jeder Metalfan wird mehr als zufrieden gestellt. Ich glaube, man darf hier durchaus den Begriff "Swiss Quality" benutzen. Mein Abend ist hier schon geil, so darf für jedes Konzert aussehen.


Rotting Christ
Obschon Moonspell der eigentliche Headliner dieser Tour sind, so scheint es mir, sind die meisten Metalheads heute wegen der griechischen Black Metal Grösse ins Z7 gepilgert. Im Gegensatz zu Silver Dust, aber vor allem auch anderen Black Metal Bands, setzt die Truppe um Mastermind Sakis Tolis nicht auf Bühnenästhetik oder Show. Schwarz, Leder, Instrumente. Kein Schnickschnack, keine rituellen Elemente, keine Uniform oder gar Kostüme. Ein Banner – That’s it. Hier zählt die Musik. Die Bühne wirkt zwar im ersten Moment etwas kahl, nachdem Silver Dust gekonnt unsere Augen verwöhnt haben, doch die Musik ist nicht weniger qualitativ, und schnell ist die fehlende Bühnendeko vergessen. Sakis Tolis mag auf den ersten Blick bescheiden aussehen, doch steht er vor einem da, wird einem auf einen Schlag klar, wer hier das Sagen hat. Seine natürliche Autorität ausstrahlend, zieht er das Publikum in seinen Bann und Headbangen ist angesagt. Ich frage mich ein wenig, ob Moonspell dies toppen werden und überhaupt wollen. Der Special Guest des Headliners setzt die Messlatte sehr hoch an. Eine wohlige, etwas schaurige Atmosphäre und eine angenehme Gänsehaut begleiten mich die ganze Show hindurch. Es gibt keine Black Metal Messe und dennoch fühlt man sich wie in Trance, als wäre es eine Art Messe. Dies ist einerseits der Musik zu verdanken, aber auch der starken Persönlichkeit auf der Bühne. Der exotische Hauch der uns nicht geläufigen griechischen Sprache verstärkt das Gefühl, die Sprache wirkt so mystisch. Natürlich gibt’s auch Songs auf Englisch, doch die Mischung zaubert den Effekt. Die teils sehr brachial technischen Instrumentals lassen den Zuschauer abdriften. Eine Trance im wahrsten Sinne des Wortes. Im Vordergrund steht das letzte Album der Band, «Heretics», aber ich misse keinesfalls die alten Perlen wie «Demonon Vrosis», ein Song, welcher die bereits unbeschreiblich geile Atmosphäre nochmal erhitzt. Der lange unbenutzte Nacken spürt es schon, doch der Kopf hört nicht auf zu bangen. So muss das sein! Rotting Christ ist eine der besten Livebands, und es wirkt auf mich, als käme dies ohne grossen Aufwand. Diese Typen scheinen es im Blut zu haben. Und da besteht ganz klar Wiederholungsbedarf.


Moonspell
Zwei geile Auftritte hatten wir heute, meine Befürchtung: Moonspell können es nicht toppen. Das Bühnenbild verändert sich. Wenn auch nicht so krass wie bei den Herren von Silver Dust, so gibt es einen Hauch Mystik. Ein Kruzifix, mit Schnur an den Mikrofonständer gebunden, eine Röhrendekoration am Keyboard und der Sänger betritt die Bühne mit Laterne in der Hand, grossem Hut auf dem Kopf und in einen stylischen Ledermantel gehüllt. Der Van Helsing-Vibe passt zur Musik, die mich live um einiges mehr überzeugt als ab Studio-aufnahme. Ob dies nun daran liegt, dass mir die beiden vorherigen Auftritte die Laune dermassen nach oben gekurbelt haben oder ob die Band live einfach besser ist, kann ich nicht beurteilen. Die portugiesische Gruppe um Fernando Ribeiro zieht den Zuschauer gekonnt in den Bann, wobei ich mir sicher bin, dass gut die Hälfte des Publikums immer noch eher an Rotting Christ hängt. Eine weitere Kostümeinlage mit hübscher, am Steampunk orientierter Pestmaske, fügt dem Gesamten ein weiteres Bild hinzu. Bald aber präsentiert sich der Frontmann ohne Kopfbedeckung und gibt einfach nur Gas. Die Gothic Metal Band erweist sich als starker Live-Act, welcher die Qualität des heutigen Konzertabends konstant weit oben behält. Die Laune des Publikums scheint unverändert, der Enthusiasmus wirkt aber zu unrecht etwas abgeflaut. Rotting Christ waren definitiv der wahre Star des Abends, nichtsdestotrotz schaffen auch Moonspell eine Art Trance hervor zu rufen. Einfach auf die andere Art und Weise, denn der Sound ist nicht so hart wie der der Griechen. Texte über dunkle Folklore und das Makabre passen aber perfekt zum Mysteriösen. Auch bei Moonspell wird ordentlich geheadbangt, und der Nacken dankt es bereits am Tag später. Erstaunlich ist für mich die Tatsache, dass drei so grosse Player nur so wenige Fans anziehen konnten. Das Z7 ist nicht gerade leer, gefüllt sieht aber anders aus. Donnerstag hin oder her. Nun, shit happens. Für mich persönlich war der Abend eines der Konzerthighlights des Jahres, denn von A bis Z war alles top, und das Konzerterlebnis als Gesamtes, über alle drei Bands hinweg, war eines der besten im Jahr 2019 war. Möge das Jahr 2020 genau so geile Shows bringen!