Es war heiss an diesem Pfingst-Sonntag Abend!
Heiss nicht nur aufgrund der Temperaturen, sondern auch wegen der
Bands, die an diesem Abend aufspielen durften. Zudem förderte die
Nachricht eines ausverkauften Volkshauses weiter die Vorfreude, die
letztendlich auch nicht enttäuscht wurde. Doch verwundert hat mich
das nicht. Und selbst wenn da "nur" Motörhead gespielt hätten, wäre
das Grund genug gewesen, nach Zürich zu pilgern. Diese Band um
Chef-Jack-Daniels Vernichter Lemmy Kilmister ist Kult! Und obwohl
ich die Band jetzt zum dritten Mal erleben durfte, geht mir immer
noch dieses kleine nette Schaudern durch die Gedärme, wenn es wieder
heisst: "Hello! We are Motörhead and we play Rock'n'roll!"
Sideburn
Als Erstes starteten um Punkt 20.00 Uhr die Blues-Hardrocker
Sideburn. Die Band ist zwar noch nicht ganz so lange im Geschäft wie
Motörhead, feiert aber in diesem Jahr doch schon ihr 20-jähriges
Jubiläum! Und diese lange Erfahrung merkte man den Schweizern auch
an, als sie mit "Hell on wheels" los rockten. Sehr bewegungsfreudig
nutzte die gesamte Band den beachtlichen Platz auf der Bühne und bot
so einen Anblick, den man sich von einem Support-Act wünscht, und
der klar macht, dass auch diese Band die Professionalität eines
Headliners mitbringen würde. Nur schienen Sideburn beim Publikum
noch zu wenig bekannt zu sein. Jedenfalls bewegten sich die
wenigsten zu den an AC/DC und Rose-Tattoo erinnernden Stücke, die
sicher an jeder Biker-Party eine gute Figur abgeben würden. Sideburn
waren dann auch die sanfteste Band des Abends und packten gegen Ende
des 30-minütigen Konzerts sogar die Mundharmonika aus. Songs, wie
zum Beipspiel "Dany and the devil" brachten Sideburn aber schon ab
dem dritten Song mehr als nur Höflichkeitsapplaus. Ich selber kannte
die Band vorher nicht, werde sie mir aber merken, wie so manch
andere Besucher wohl auch. Wer die Band in den letzten Jahren als
Support von Kiss, Shakra, Ted Nugent, Dio, Thin Lizzy, Rose Tattoo
oder Def Leppard gesehen hat, weiss wovon ich spreche.
Pure Inc.
Etwas weniger lang als Sideburn sind die Basler Pure Inc. am Rocken,
die jetzt diesen Frühling mit "A new days dawn" ihr zweites Album
über das deutsche AFM-Label raus gebracht haben. Aber auch hier
bemerkte man die bereits beachtliche Live-Erfahrung, die diese mit
Bands wie Michael Schenker Group, Masterplan oder Doro auf zum Teil
ausgedehnten Europa-Tourneen sammeln konnte. Ohne Intro legten Pure
Inc. mit "Saviour" vom neuen Album gleich mächtig los. Danach
begrüsste Sänger
Gianni das Publikum mit den Worten, dass er zwar
aus Basel komme, dem FCZ seinen Cup-Titel aber gönne. Damit war auch
das Eis mit den Zürchern gebrochen. Bei Liedern wie "I'm a rolling
stone", "Next to you" oder "Fear my eyes" konnte ich sogar ein paar
Headbanger ausfindig machen. Insgesamt scheint die Band aber auch
hier noch um einiges bekannter werden zu können. Denn auch bei Pure
Inc. fand die Bewegung vor allem auf der Bühne und nicht im Publikum
statt. Im Vergleich zu Sideburn wirkte man dabei aggressiver und
schneller, was aber auch an der Musik selber lag. Vielleicht lag es
jedoch auch an der schlechten Luft und der Schweinehitze, die das
Volkshaus lähmten. Singen konnten die Konzertbesucher aber. Dies
bewiesen sie, als Sänger Gianni im Zwischenteil anstatt den normalen
"Aaa's" oder "Ohoho's" schlicht das Wort "Motörhead" nachsingen
liess. Überhaupt wirkte er heute sehr sympathisch und warf immer
wieder 5 dl-Mineral-Pet-Flaschen ins Publikum. Mit dem Led
Zeppelin-Cover "Immigrant Song" beschlossen Pure Inc. nach 40
Minuten ihren Gig und bewiesen noch einmal die Stärke der Band. Hier
fand man dann auch den Direktvergleich zwischen Gianni's und Steve
Lee's (Gotthard) Stimme. Und tatsächlich, Pure Inc. müssen sich auch
in diesem Punkt nicht verstecken. Klar hätte ich anstatt einer
Cover-Version noch lieber ein weiteres, eigenes Stück gehört, aber
bei einer solchen Band geniesst man schlicht jeden Ton, jede Mimik
und jeden Schritt auf der Bühne, als dass man sich an so was stört.
Auch Pure Inc. haben an diesem Abend definitiv einen bleibenden
Eindruck hinterlassen, und so gab es nach dem Ende neben einem
euphorischen Applaus auch einige "Zugabe"-Rufe, die aufgrund des
engen Zeitplans aber leider nicht beachtet werden konnten.
Motörhead
Das Volkshaus war also bestens aufgewärmt, als um 22.00 Uhr die
Kultband die Bühne betrat. Somit war ein erster Teil meiner
Vorfreude schon mal berechtigt gewesen und es stellte sich jetzt nur
noch die Frage, ob Motörhead dies fortsetzen können. Aber wer seit
30 Jahren Erfolgsgeschichte schreibt, der lässt sich so schnell
nicht aus der Ruhe bringen. Ebenso ruhig betraten Lemmy, Mikkey Dee
und Philip Campbell die Bühne. Das Publikum wartete, bis Lemmy die
berühmten Worte aussprach, und weil's so schön ist, hier nochmals: "Hello!
We are Motörhead! And we play Rock'n'Roll!!!". Danach folgte mit "Stay
clean" gleich der erste Klassiker. Im Vokshaus standen zumindest die
ersten zehn Reihen Kopf und im Fotograben fand man sich zwischen
fliegenden langen Haaren und der Bühne wieder. "Killer" vom immer
noch aktuellen Album "Inferno" und "Metropolis" folgten. Dazwischen
erzählte Lemmy immer wieder kleine Geschichten und widmete die
einzelnen Songs seinen musikalischen Weggefährten. Welche das genau
waren, kann ich nicht sagen, weil ich einerseits nicht alle der fast
20 Studioalben besitze, und andererseits immer wieder Mühe hatte,
Lemmy's Whiskey-Stimme zu verstehen. Die Stimmung indes blieb auf
einem kochend heissen Niveau. "In the name of tragedy" heizte ebenso
ein,
wie "Sacrifice", das durch ein Schlagzeug-Solo unterbrochen
wurde. Wie man es von Mikkey Dee gewohnt ist, bangte der sympatische
Schwede das ganze Konzert durch. Die Securitas im Fotograben hatten
an diesem Abend ebenfalls viel zu tun und fischten all die
Crowdsurfer sicher aus dem Publikum. Nur einmal rutschte einer
schmerzhaft zu Boden. Durch die hohe Feuchtigkeit konnten ihn die
Sicherheitsleute nicht richtig fassen. Nach 75 Minuten verliessen
Motörhead dann zum ersten Mal die Bühne, um unter tosendem Applaus
die ruhige, aber arschgeile Blues-Nummer "Whorehouse Blues"
vorzutragen. Lemmy bewies bei diesem Song, dass er durchaus auch bei
geringerer Lautstärke überzeugen kann. Mehr noch, durch das Fehlen
von Verzerrern gewann sein Organ sogar noch an Charakter. Das danach
noch nicht Schluss war, war natürlich allen klar. Und so bekam das
hungrige Publikum mit "Ace of spades" und dem finalen "Overkill"
noch das gewünschte Lärmfutter. Wobei nach eineinhalb Stunden
Konzert oder "Lärm" für mich der eigentliche "Overkill" noch nicht
erreicht war. Gerne hätte ich der Band noch ein halbes Stündchen
länger zugehört. Trotzdem war ich auch hier mit der Leistung mehr
als zufrieden. Und wer, wie ich, noch nicht genug von Motörhead hat,
kann sie bald am 16. Juni am Open Air Scharans wieder bewundern.
Eine der schönen Sachen an dieser Band ist nämlich, dass sie
ausgesprochen Tour- und spielfreudig ist und fast jedes Jahr ein bis
zwei Mal die Schweiz beehrt. Wer Lemmy & Co. also noch nie live
gesehen hat, sollte also eine der nächsten Gelegenheiten ergreifen.
Es lohnt sich!
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