Livereview: Motörhead - Doro
13. Dezember 2010, Winterthur - Eishalle Deutweg
By Tinu

Was für eine tolle Kombination sollte uns da in Winterthur serviert werden? Hammer! Motörhead spielen zusammen mit der einzig wahren Metal-Lady Doro Pesch. Banger-Herz, was willst du mehr? Anhand dieser Zusammenstellung erwartete ich ganz einfach nur eins: Eine riesengrosse Partystimmung, bei der beide Truppen als Sieger vom Platz gehen sollten. Das Wunschdenken pulverisierte sich allerdings recht schnell, da das Verhalten der «zurückhaltenden» Meute bei Doro schon fast als ignorant angesehen werden musste. Es ist ja bekannt, dass Bands wie AC/DC, Slayer, oder auch Motörhead ihre ganz Getreuen haben, aber schiebt doch einfach mal eure Scheuklappen auf die Seite und quittiert die ausgesprochen gute Leistung des Supports. Doch der Reihe nach.

Doro
betrat um 19:30 Uhr die Bühne in der Eishalle und machte von Beginn weg klar, dass sie um jeden Fan kämpfen wollte. Nicht nur die blonde Sängerin, sondern auch ihre Begleitband nutzte die zur Verfügung stehende Bühne mit allen erdenklichen Nuancen aus. So wechselten die beiden Gitarristen Baz Maas und Luca Princiotta sowie Bassist Nick Douglas immer wieder ihre Positionen, bangten wild und gönnten sich kaum eine Ruhezeit. Von hinten kontrollierte der ehemalige Britny Fox-Trommler Johnny Dee (Mister Dee Nummer 1) das geschehen und als optischer Mittelpunkt zog Frau Pesch alle Register, um das lethargische Verhalten des sehr gut gefüllten Deutwegs zu brechen. Doch selbst 25 Jahre Bühnenerfahrung und über 2'500 Konzerte schienen ihr dabei nicht zu helfen, mehr als nur die ersten paar Reihen zum Mitklatschen und Mitsingen zu animieren. In den 30 Minuten brannte die Combo ein musikalisches, intensives Feuerwerk ab. Dass dabei auch eine Nummer wie «Touch Of Evil» gespielte wurde, die lange Zeit nicht mehr zum Standardrepertoire von Doro gehörte, verlieh dem Konzert einen zusätzlichen Bonuspunkt. Selbst Hits wie die gefühlvolle Ballade «Für Immer», wer kennt diese Nummer nicht, oder die schmissige Judas Priest-Coverversion von «Breaking The Law» schien nur langsam das Eis in der Halle zum Schmelzen zu bringen. Doro bedankte sich bei Motörhead für die «best tour ever» und verabschiedete sich mit der ultimativen Hymne «All We Are». Die Band hatte alles gegeben, bloss wurde dies von den Wenigsten wahrgenommen und mit dem dafür würdigen Applaus verdankt.

Setliste Doro: «Earthshaker Rock» - «I Rule The Ruins» - «Running From The Devil» - «Burning The Witches» - «Touch Of Evil» - «Night Of The Warlock» - «We Are The Metalheads» - «Für Immer», «Breaking The Law» - «All We Are»

Motörhead
Die Stimmung war dann bei Motörhead ganz anders. Wie man es sich von den unzähligen Live-Scheiben des Trios gewohnt ist, herrschte zwischen den Songs lautes Gekreische, Gebrüll und Gejohle. Die Herren um Mastermind Lemmy Kilmister machten auch alles richtig. Die Setliste bot kaum Angriffsfläche, ausser dass wie zu erwarten nur zwei neue Songs gespielt und «Iron Fist» vernachlässigt wurden. Ansonsten war es wie gehabt. Okay, dieser Gig gehört sicherlich zu den besseren, die ich von Lemmy, Gitarrist Phil Campbell und Mikkey Dee (Mister Dee Nummer 2) gesehen habe. Dabei war die Ansprache zu Beginn des Konzertes («Good evening! We are Motörhead and play some rock'n roll!») ebenso vertraut, wie das spartanische Bühnenbild, mit den Marshallboxen und dem Bewegungsradius von Lemmy und Phil. Speziell Lemmy verdrückte sich noch etwas mehr hinter seinem herabgesenkten Mikrofon als früher. Aber mit seinen 65 Jahren sei ihm das vergönnt, denn andere kämen ohne Rollstuhl schon gar nicht mehr auf die Bühne. So röhrte der Engländer souverän vom ersten Lied «We Are Motörhead» bis zu den Schlussklängen von «Overkill» und verkrümelte sich nur von der Bühne, als seine langjährigen Sidekicks mit ihren solistischen Einlagen glänzten. Dabei tat sich speziell Mister Campbell hervor, der mit seiner sehr gefühlvollen Art, kurz mal bewies, dass er zu den unterbewertetsten Gitarristen gehört. Über Mikkey noch gross was zu sagen, würde bedeuten Wasser ins Meer zu tragen. Ihm könnte ich während der ganze Show zusehen, weil es einfach eine Freude ist, seinen wehenden, blonden Haaren, seinen sich drehenden Sticks und den knallharten Schlägen zu folgen. Er ist eine verdammte Rhythmusmaschine, die keinen Sekundenbruchteil zu spät alles niedermäht, was sich ihm in den Weg stellt. Er ist der Motor dieser Band, der Startschuss zum musikalischen Inferno und der unermüdliche Antreiber. Dabei ist Mister Dee ebenso Kult, wie das Umherlaufen, oder besser gesagt umherirren von Phil und die trotz allem coole Bühnenpräsentation vom singenden Bassisten. Dass Motörhead mit ihren Hits den Nerv der Fans trafen war klar. Vielleicht ging man ein bisschen auf Nummer zu sicher, aber bei all den tollen Alben wird es auch nicht einfacher sich die Songs für die entsprechende Setliste auszusuchen. Das Geschrei des Publikums war gross, einzelne Crowdsurfer flogen über die Köpfe und als bei der ersten Zugabe «Born To Raise Hell» Doro mitsingen durfte, bemerkten auch die vorher so Stillen, dass man bei der Sängerin aus sich rausgehen darf. Das abschliessende «Overkill» beendete einen tollen Motörhead-Auftritt und lässt hoffen, dass uns Lemmy noch einige Male musikalisch was um die Ohren hauen wird.

Setliste Motörhead: «We Are Motörhead» - «Get Back In Line» - «Metropolis» - «Over The Top» - «One Night Stand» - «Rock Out» - «Phil Campbell Guitar Solo» - «The Thousand Names Of God» - «I Got Mine» - «I Know How To Die» - «The Chase Is Better Than The Catch» - «In The Name Of Tragedy» (with Mikkey Dee Drum Solo) - «Just 'Cos You Got The Power» - «Going To Brazil» - «Killed By Death» - «Ace Of Spades» - «Born To Raise Hell» (with Doro) - «Overkill»