Was für eine tolle Kombination sollte uns da in Winterthur serviert
werden? Hammer! Motörhead spielen zusammen mit der einzig wahren
Metal-Lady Doro Pesch. Banger-Herz, was willst du mehr? Anhand
dieser Zusammenstellung erwartete ich ganz einfach nur eins: Eine
riesengrosse Partystimmung, bei der beide Truppen als Sieger vom
Platz gehen sollten. Das Wunschdenken pulverisierte sich allerdings
recht schnell, da das Verhalten der «zurückhaltenden» Meute bei Doro
schon fast als ignorant angesehen werden musste. Es ist ja bekannt,
dass Bands wie AC/DC, Slayer, oder auch Motörhead ihre ganz Getreuen
haben, aber schiebt doch einfach mal eure Scheuklappen auf die Seite
und quittiert die ausgesprochen gute Leistung des Supports. Doch der
Reihe nach.
Doro betrat um 19:30 Uhr die Bühne in der Eishalle und machte
von Beginn weg klar, dass sie um jeden Fan kämpfen wollte. Nicht nur
die blonde Sängerin, sondern auch ihre Begleitband nutzte die zur
Verfügung stehende Bühne mit allen erdenklichen Nuancen aus. So
wechselten die beiden Gitarristen Baz Maas und Luca Princiotta sowie
Bassist Nick Douglas immer wieder ihre Positionen, bangten wild und
gönnten sich kaum eine Ruhezeit. Von hinten kontrollierte der
ehemalige Britny Fox-Trommler Johnny Dee (Mister Dee Nummer 1) das
geschehen und als optischer Mittelpunkt zog Frau Pesch alle
Register, um das lethargische Verhalten des sehr gut gefüllten
Deutwegs zu brechen. Doch selbst 25 Jahre Bühnenerfahrung und über
2'500 Konzerte schienen ihr dabei nicht zu helfen, mehr als nur die
ersten paar Reihen zum Mitklatschen und Mitsingen zu animieren. In
den 30 Minuten brannte die Combo ein musikalisches, intensives
Feuerwerk ab. Dass dabei auch eine Nummer wie «Touch Of Evil»
gespielte wurde, die lange Zeit nicht mehr zum Standardrepertoire
von Doro gehörte, verlieh dem Konzert einen zusätzlichen Bonuspunkt.
Selbst Hits wie die gefühlvolle Ballade «Für Immer», wer kennt diese
Nummer nicht, oder die schmissige Judas Priest-Coverversion von «Breaking
The Law» schien nur langsam das Eis in der Halle zum Schmelzen zu
bringen. Doro bedankte sich bei Motörhead für die «best tour ever»
und verabschiedete sich mit der ultimativen Hymne «All We Are». Die
Band hatte alles gegeben, bloss wurde dies von den Wenigsten
wahrgenommen und mit dem dafür würdigen Applaus verdankt.
Setliste Doro: «Earthshaker Rock» - «I Rule The Ruins» - «Running
From The Devil» - «Burning The Witches» - «Touch Of Evil» - «Night
Of The Warlock» - «We Are The Metalheads» - «Für Immer», «Breaking
The Law» - «All We Are»
Motörhead
Die Stimmung war dann bei Motörhead ganz anders. Wie man es sich
von den unzähligen Live-Scheiben des Trios gewohnt ist, herrschte
zwischen den Songs lautes Gekreische, Gebrüll und Gejohle. Die
Herren um Mastermind Lemmy Kilmister machten auch alles richtig. Die
Setliste bot kaum Angriffsfläche, ausser dass wie zu erwarten nur
zwei neue Songs gespielt und «Iron Fist» vernachlässigt wurden.
Ansonsten war es wie gehabt. Okay, dieser Gig gehört sicherlich zu
den besseren, die ich von Lemmy, Gitarrist Phil Campbell und Mikkey
Dee (Mister Dee Nummer 2) gesehen habe. Dabei war die Ansprache zu
Beginn des Konzertes («Good evening! We are Motörhead and play some
rock'n roll!») ebenso vertraut, wie das spartanische Bühnenbild, mit
den Marshallboxen und dem Bewegungsradius von Lemmy und Phil.
Speziell Lemmy verdrückte sich noch etwas mehr hinter seinem
herabgesenkten Mikrofon als früher. Aber mit seinen 65 Jahren sei
ihm das vergönnt, denn andere kämen ohne Rollstuhl schon gar nicht
mehr auf die Bühne. So röhrte der Engländer souverän vom ersten Lied
«We Are Motörhead» bis zu den Schlussklängen von «Overkill» und
verkrümelte sich nur von der Bühne, als seine langjährigen Sidekicks
mit ihren solistischen Einlagen glänzten. Dabei tat sich speziell
Mister Campbell hervor, der mit seiner sehr gefühlvollen Art, kurz
mal bewies, dass er zu den unterbewertetsten Gitarristen gehört.
Über Mikkey noch gross was zu sagen, würde bedeuten Wasser ins Meer
zu tragen. Ihm könnte ich während der ganze Show zusehen, weil es
einfach eine Freude ist, seinen wehenden, blonden Haaren, seinen
sich drehenden Sticks und den knallharten Schlägen zu folgen. Er ist
eine verdammte Rhythmusmaschine, die keinen Sekundenbruchteil zu
spät alles niedermäht, was sich ihm in den Weg stellt. Er ist der
Motor dieser Band, der Startschuss zum musikalischen Inferno und der
unermüdliche Antreiber. Dabei ist Mister Dee ebenso Kult, wie das
Umherlaufen, oder besser gesagt umherirren von Phil und die trotz
allem coole Bühnenpräsentation vom singenden Bassisten. Dass
Motörhead mit ihren Hits den Nerv der Fans trafen war klar.
Vielleicht ging man ein bisschen auf Nummer zu sicher, aber bei all
den tollen Alben wird es auch nicht einfacher sich die Songs für die
entsprechende Setliste auszusuchen. Das Geschrei des Publikums war
gross, einzelne Crowdsurfer flogen über die Köpfe und als bei der
ersten Zugabe «Born To Raise Hell» Doro mitsingen durfte, bemerkten
auch die vorher so Stillen, dass man bei der Sängerin aus sich
rausgehen darf. Das abschliessende «Overkill» beendete einen tollen
Motörhead-Auftritt und lässt hoffen, dass uns Lemmy noch einige Male
musikalisch was um die Ohren hauen wird.
Setliste Motörhead: «We Are Motörhead» - «Get Back In Line» -
«Metropolis» - «Over The Top» - «One Night Stand» - «Rock Out» -
«Phil Campbell Guitar Solo» - «The Thousand Names Of God» - «I Got
Mine» - «I Know How To Die» - «The Chase Is Better Than The Catch» -
«In The Name Of Tragedy» (with Mikkey Dee Drum Solo) - «Just 'Cos
You Got The Power» - «Going To Brazil» - «Killed By Death» - «Ace Of
Spades» - «Born To Raise Hell» (with Doro) - «Overkill»
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