Das Konzert wurde vom Volkshaus ins La Plaza verschoben und ehrlich
gesagt, war ich beim ersten Anblick dieses Clubs doch etwas
«überrascht». Das Ganze glich eher einem Schicki-Micki-Laden, denn
einem rauchigen Rock-Schuppen, der prädestiniert dazu wäre, die
Gitarren qualmen und die Kessel glühen zu lassen. Auch das Personal
am Eingang und an der Bar zeugte davon, dass sich hier in der Regel eher
«noblere» Gestalten die Hände reichen.
Anyway, Mr. Big spielten ohne Support. Einerseits schade,
andererseits absolut okay, denn zu oft habe ich mich in der
Vergangenheit mit durchschnittlichen Truppen abmühen müssen, bis
dann endlich der interessante Act zum Zuge kam. Die Jungs um Sänger
Eric Martin starteten furios mit «Daddy, Brother, Lover, Little
Boy», dem sogenannten «Electric Drill Song». Gewohnt wurde das Solo
von Bass und Gitarre mit dem Plektrum versehenen Akkuschrauber
gespielt, was bei den 500 Anwesenden schon mal zu Jubelstürmen
führte. Die Besucher waren gut durchmischt, denn neben älteren
Rockern, waren auch viele junge Leute anwesend, welche sich die
Ami-Band ansehen wollten. Und sie alle liessen sich vom grössten
Lausbuben auf der Bühne in den Bann ziehen. Was immer Eric an diesem
Abend tat, es war eine wahre Wohltat dem Sänger zuzusehen. Er
stachelte die Fans an, animierte sie zum Mitklatschen und Mitsingen
oder poste für die unzähligen «Fotografen» in den ersten Reihen.
Dabei kam er selbst dem Wunsche eines ganz enthusiastischen Fans
nach und streckte die «Pommesgabel» in die Höhe.
Neben Eric, der zwei Tage vor diesem Auftritt das Konzert in Prag
wegen Stimmproblemen absagen musste (man merkte Mister Martin davon
nichts an!), trumpften die Instrumentalisten gross auf. Ob dies nun
Schlagzeuger Pat Torpey, Bassist Billy Sheehan oder Gitarrist Paul
Gilbert war, sie untermauerten ihren Sonderstatus in der Musikwelt
mit ihren Leistungen und dem unglaublichen, technischen Flair. Dabei
fiel besonders das Gitarrensolo von Paul positiv ins Gewicht. Ob
gefühlvoll oder schnell, was der mit einem grossen Pamir versehene
Saitenderwisch spielte, es war nicht von dieser Welt. Und dies mit
einem Ausdruck, als gäbe es nichts Leichteres… Das Bass-Solo von
Billy, so genial es auch war und so eindrucksvoll es unterstrich,
dass Joey DeMaio im Vergleich zu Sheehan kaum den Hauch einer Chance
hat, man hätte es besser gegen einen weiteren Song eingetauscht.
Denn schon alleine mit seinen Läufen in den gespielten Hits, bewies
Mister Sheehan, dass er keine Konkurrenz zu scheuen braucht.
Nach dem Einstieg mit «Daddy, Brother, Lover, Little Boy» folgten
mit «Alive And Kickin'» (Paul spielte die Gitarre wie Hendrix mit
der Zunge) und «Green-Tinted Sixties Mind» zwei weitere bekannte
Hits aus dem erfolgreichen Werk «Lean Into It», welche die Stimmung
nochmals anheizten und den Club langsam zum Dampfen brachten. Dass
das Quartett seinen zweiten Frühling nicht nur als neuerlicher
Versuch viel Geld zu verdienen sieht, bewies es mit dem
Studiowerk «What If» aus dem Jahre 2010. Aus diesem Album wurden
nicht weniger als sechs Songs gespielt, die sich nahtlos bei den
anderen Klassikern einreihen konnten. Speziell «Undertow» und «Around
The World» entpuppten sich als kommende Kracher, die nicht mehr aus
der Setliste weg zu denken sind. So spielten sich die Herren in
einen wahren Rausch. Den Musikern war die Spielfreude richtiggehend
ins Gesicht gemeisselt und neben einem breiten Grinsen, welches die
Häupter der auf der Bühne stehenden Mucker zierte, waren es auch
viele dicke und hart erarbeitete Schweisstropfen, die auf den
Bühnenboden plumpsten.
Nach «Addicted To That Rush» folgten mit der Millionen-Ballade «To
Be With You» (wurde aus 500 Kehlen laut mitgesungen) und dem
schnellen «Colorado Bulldog» (nur) noch zwei Lieder als Zugabe. Die
Setliste wurde im Vergleich zu den anderen Konzerten um drei Songs
gekürzt. Doch auch so schafften es die nicht alt werdenden Jungs auf
eine Spielzeit von über 1 Stunde und 50 Minuten und verabschiedeten
sich mit den Worten «Mr. Big loves you!». In dieser Form sind Mr.
Big nicht zu schlagen, denn keine andere Band vermischt Spielfreude,
technische Finessen und packende Songs dermassen gekonnt wie Eric,
Paul, Billy und Pat! – Bitte mehr davon!!!
Setliste: «Daddy» - «Brother» - «Lover» - «Little Boy (The Electric
Drill Song)» - «Alive And Kickin'» - «Green-Tinted Sixties Mind» - «Undertow»
- «American Beauty» - «Just Take My Heart» - «Once Upon A Time» - «It's For You»
- «A Little Too Loose» - «Road To Ruin» - «Temperamental» - «Guitar Solo (Paul
Gilbert)» - «Still Ain't Enough For Me» - «Price You Gotta Pay» - «Take A
Walk» - «Around The World» - «As Far As I Can See» - «Bass Solo (Billy
Sheehan)» - «Addicted To That Rush» -- «To Be With You» - «Colorado Bulldog».
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