Sie kehrten wieder ins Z7 zurück. Sänger Eric Martin,
Gitarrist Paul Gilbert, Bassist Billy Sheehan und Schlagzeuger Pat
Torpey. Besser bekannt unter dem Namen Mr. Big mit ihrem Welthit «To
Be With You». Bedingt durch die Parkinson-Erkrankung von Pat sass
an diesem Abend Matt Starr (Ace Frehley) hinter der Schiessbude. Pat
liess es sich aber nicht nehmen, bei drei Songs selber in die Felle
zu hauen und verlieh so «Just Take My Heart», «Fragile» und «Mr.
Big» den Groove, wie man ihn von der Band kannte. Matt hinterliess
einen vorzüglichen Eindruck, spielte vielleicht etwas weniger
filigran, dafür mit mehr Power. Schön aber, dass die Band, Pat nach
wie vor auf der Bühne dabei haben wollte und ihm auch eine grosse
Plattform bot. Mit seinem kleinen Schlagzeug, der stetigen
Unterstützung mit dem Tamburin und seinen Chorgesängen war er immer
Präsent auf der Stage. Trotzdem sah man Mister Torpey an, dass er
sicher schon gesündere Tage erleben durfte.
LionMinds
Bevor uns aber Mr. Big einen musikalisch tollen Abend boten, stand
ein einheimisches Duo auf der Bühne. LionMinds versuchten, das
Publikum in den kommenden dreissig Minuten aus der Reserve zu locken. Dazu
standen der Sänger und der Akustikgitarrist an ihren Mikrophonen und
boten schöne Hintergrundmusik. Solche, die niemandem weh tut, aber
auch solche, die niemanden vom Hocker reisst. Hätten die Zwei in
einem Pub gespielt, würde man sich an Sounds erinnern, die passend
den Abend abrundeten. Als Vorband von Mr. Big gerieten die Beiden ab
dem ersten Ton des Headliners total in Vergessenheit und die Frage:
«Wie hiess nochmals der Support?», wurde nicht nur während des
Konzerts des Duos immer wieder gestellt. Ob sich LionMinds damit
einen Gefallen taten, wage ich zu bezweifeln. Zu mächtig war der
Schatten von Mister Martin und Co., so dass der Akustiksound schnell
vergessen war.
Mr. Big Das grosse
Backdrop mit dem Mr. Big-Schriftzug kündigte es von Beginn weg an.
An diesem Abend wurde mit technischen Fähigkeiten nicht gegeizt. Der
Fünfer bot eine ganz andere Qualität als der Support. Dies wurde
schon mit dem Eröffnungstrack «Daddy, Brother, Lover, Little Boy
(The Electric Drill Song)» klar. Einmal mehr wurde das Solo von Bass
und Gitarre mit je einem Akkuschrauber gespielt, an denen vorne am
Bohrkopf mehrere Plektren montiert sind. Mit der
enormen
Drehzahl der Maschine konnte eine wahnwitzige Geschwindigkeit
erzeugt werden, die zu einem coolen Solo führte. Der heutige Abend
stand mehr im Zeichen der technischen Fähigkeiten, als noch beim
letzten Konzert 2011 im Zürcher Plaza Club. Billy und Paul
duellierten sich fast bei jedem Song, spielten sich die Licks zu und
tauchten in einen wahren Rausch an solistischen Gottesgaben ein.
Alleine das Gitarren- und Bass-Duell überzeugte mit kleinen Finessen und
handwerklichem Geschick. Eric stand wie immer wie ein kleiner
Lausbub auf der Bühne, traf jeden Ton und sang sich nicht nur in
die Herzen der weiblichen Fans. Und davon gab es an diesem Abend
sehr viele. Dabei wusste Eric immer, wenn er seinen beiden
Saitenderwischen den Platz freigeben musste. Von einem Balzgehabe,
wie man es sonst bei anderen Bands sieht, keine Spur! Dass die neuen
Tracks eher wieder von den Fähigkeiten der einzelnen Musiker leben
und weniger das Hitpotenzial eines «To Be With You», «Just Take My
Heart» oder «Take Cover» beinhalten, weiss man seit dem Erscheinen
von «…The Stories We Could Tell». Mit sechs neuen Liedern in der
Setliste öffnete man somit auch der eher verspielteren Version von
Mr. Big die Türe.
Erstaunlich waren einmal mehr die Chorgesänge der Truppe. Auch wenn
sicher nicht jeder Ton passte, über die gesamte Spielzeit gesehen,
waren die Gesänge von Pat, Billy und Paul die passende Ergänzung zum
Leadgesang von Eric. Alleine bei «Green-Tinted Sixties Mind» bekam
jeder Besucher eine ordentliche Gänsehaut. Schön auch mitanzuhören, wenn
Paul sich den Leadgesang mit Eric bei «Out Of The Underground»
teilt. Oder sich Paul bei seinem Solopart mal kurz «Back In Black»
für eine sehr eigenwillige Interpretation von AC/DC auslehnt.
Gewöhnungsbedürftig waren allerdings die Soli bei «Take Cover». Ein
Lied, das man so spielen muss, wie es auf Konserve zu hören ist. Alles
andere beraubt das Flair des Tracks. Dieses kleine Manko wurde durch
die von Eric an der Akustikgitarre unterstützten «Wild World» und
«East/West» wieder ausgebügelt. Das grosse Finale wurde durch einen
lauten Fanchor bei «Just Take My Heart» eingeläutet. Mit dem
Basssolo von Billy wurde schliesslich das wilde «Addicted To That Rush» als
letzter offizieller Song gespielt. Nach einer kurzen Verschnaufpause
stand der Fünfer wieder auf der Bühne und gewohnt stellte Eric seine
Bandmembers vor, um dann in den millionenfach verkauften Welthit «To
Be With You» einzusteigen. Dass das Publikum lauthals mitsang,
erübrigt sich
zu
erwähnen. Grundsätzlich war die Stimmung extrem gut im Z7. Wo es was
zum Singen gab, standen die Pratteler ihren Mann wie ihre Frau und
wo andächtig zugeschaute wurde, überbrachte man den Solisten die
ehrfürchtige Huldigung. Laut wurde es wieder, als sich Paul ans
Schlagzeug setzte, Billy sich die Gitarre und Eric den Bass
schnappten, Matt sich die zweite Gitarre umhängte und Pat ans
Mikrofon trat. «Breaking the what…?», liess vermuten, dass nun der
Judas Priest-Klassiker «Breaking The Law» gespielt werden sollte,
doch weit gefehlt! Mit «Living After Midnight» wurde der Spasspegel
an diesem Abend nochmals erhöht und zeigte Musiker, die locker auch
ein anderes Instrument spielen können. Speziell Paul entpuppte sich
dabei als grandioser Trommler. Nach diesem Angriff wurde der Abend
mit «Mr. Big» ausgeläutet und Pat durfte sich nochmal ans Schlagzeug
setzen.
Es war ein musikalisch denkwürdiger Abend, auch wenn
die Konzerte im Plaza Club und der Reunion-Gig im Z7 vor einigen
Jahren vom Spassfaktor her nicht erreicht wurden. Aber selbst so
überzeugten die Amis auf der ganzen Strecke und hinterliessen eine
total erschöpfte Fangemeinde, die glückselig den Nachhauseweg
antrat.
Setliste: «Daddy, Brother, Lover, Little Boy
(The Electric Drill Song» - «Gotta Love The Ride» - «American Beauty» -
«Undertow» - «Guitar/Bass Duell» - «Alive And Kickin'» - «I Forget To
Breath» - «Take Cover» - «Green-Tinted Sixties Mind» - «Out Of The
Underground» - «Guitar Solo – Paul Gilbert» - «The Monster In Me» -
«Rock & Roll Over» - «As Far As I Can See» - «Wild World» -
«East/West» - «Just Take My Heart» - «Fragile» - «Around The World» -
«Bass Solo Billy Sheehan» - «Addicted To That Rush» -- «To Be With
You» - «Colorado Bulldog» - «Living After Midnight» - «Mr. Big».
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