Ich stehe dazu, dass mir «In The Midst Of Beauty», also die
letzte, sprich neue Langrille von MSG nicht wirklich mundet, mit
Gary Barden als definitiver Rückkehrer hin oder her. Insgesamt zu
belanglos plätschern die Songs an einem vorbei. Da präsentierte sich
der Vorgänger «Twenty-Five Years Celebration - Tales Of Rock'n'Roll»
um einiges stärker! Was aber nie an Qualität einbüssen wird, sind
die goldenen 80er Jahre, in denen MSG unsterbliches Material
geschrieben haben. Der Namensgeber und Bruder von Scorpions Axeman
Rudolf Schenker hat allerdings in der Vergangenheit immer wieder
auch durch sein suchtbedingtes Verhalten (leider negativ) von sich
reden gemacht. Aus diesem Grund gerieten Konzerte in den letzten
Jahren zu einer Art Roulette. Man wusste nie genau, in welcher
Verfassung sich der Meister gerade befand und welcher Sänger zudem
gerade im Lineup stand. Unvergessen indes der Auftritt von 2004 in
Luzern, wo die alte Klasse in erfreulicher Art und Weise aufblitzte.
Dies wünschten sich natürlich insgeheim alle Besucher des Z7 für dem
heutigen Abend. Das Vorprogramm bestritten Chucks, eine junge Band
aus Ludwigsburg (D).
Chucks
Als die vier Jungs die Bühne betraten, war(en) ich (und andere wohl
auch) zuerst etwas überrascht, wie jung sie waren! In der Tat
brachte es Gitarrist Marco als Küken der Truppe gerade mal auf 16
Jahre, während der Range bei den anderen, sprich Alain (v & g),
Bruder Steve (d & v) und Amine (b) noch bis auf 20 Lenze rauf ging.
Mit jugendlicher Unbekümmertheit legten Chucks (der Bandname geht
auf die entsprechenden Schuhe zurück) dann gleich mal mit dem Opener
«Turn Away» rockig los. Während Alain sogleich eine gute Figur
ablieferte, das heisst ordentlich solierte und gleichzeitig
überzeugend sang, wirkte der jüngste Mann an der zweiten Klampfe
eher unsicher. Das besserte sich beim zweiten Song nicht wesentlich,
denn der hiess zu meiner Verwunderung «Live Wire»..., und ja..., es
war ein (altes) Mötley Crüe Cover! Dazu habe ich bekanntlich eine
dezidierte Meinung und darum gehe ich nicht weiter darauf ein. Das
sah das Publikum auch mehrheitlich so und verharrte in totaler
Lethargie. Es folgte «I Want You», dass dann besser rüber kam.
Zwischendurch hörte man die (Rhythm-) Guitar auf Grund einer Störung
überhaupt nicht mehr. Das brachte die Truppe freilich nicht aus der
Fassung, denn diese spielten munter weiter drauf los. Weniger munter
zeigten sich hingegen die paar Dutzend Fans vor der Bühne, die nur
gerade etwas Höflichkeitsapplaus spendierten. Stimmung kam da
absolut keine auf, was vielleicht auch etwas daran gelegen haben
könnte, dass der eine oder andere Spielfehler auftrat. Dennoch
merkte man, dass mindestens ein gewisses Potenzial da war. Und dann
kam (wieder einmal) das, was mir einfach nicht in den Schädel will.
Wieso Cover-Versionen bei nur circa 35 Minuten Auftrittszeit? Einer
ginge ja, aber nicht zwei..., und dann erst noch «Fear Of The Dark»
von Maiden!! Das konnte nicht gut ausgehen und so kam es
schliesslich: Der Rohrkrepierer schlechthin! Dieses Monument der
Briten war mindestens zwei Schuhnummern zu gross und wurde mit
totaler Nichtbeachtung regelrecht bestraft. So hatten sich das
Chucks wahrscheinlich nicht vorgestellt, aber da waren sie selber
schuld daran. Zep's «Rock'n'Roll» war zwar vorgesehen, kam dann aber
doch nicht..., zum Glück! Da müssen doch einfach eigene Songs her!
Nun ja..., unter dem Strich war's bei eher einem dünnen Sound soweit
passabel, aber hier wartet noch einige Arbeit auf die Youngsters, um
wirklich weiter zu kommen. Vor allem muss man alles heraus holen,
wenn man schon für MSG, Manfred Mann's Earth Band und Pretty Maids
eröffnen darf, oder?!! Ein paar Hände gingen am Schluss dennoch nach
oben und wenigstens blieben (ungerechtfertigte) Pfiffe aus!
Setlist: «Turn Away» - «Live Wire» - «I Want You» - «Black Night» -
«Tomorrow» - «Don't Get Mad» - «Fear Of The Dark» - «Reason To Try»
- «Rock'n'Roll» (nicht gespiel!).
MSG
Und nun war ich gespannt wie ein Flitzebogen! In welcher
Verfassung/Laune würde sich Herr Schenker heute Abend zeigen und was
würde Altrecke Gary Barden nach all den Jahren noch reissen
können?!! Die Antwort folgte auf dem Fusse und ging über in eines
der Konzert-Highlights des ganzen Jahres! Weggefegt die Schmach von
London im letzten Jahr, wo Michael, voll zugedröhnt, gescheiter
nicht auf die Bühne hätte gehen sollen. Wie dem auch sei..., schon
nur die Optik liess darauf schliessen, dass es anders werden würde.
Und in der Tat..., ausser dem passablen Opener und weiteren zwei
Songs von neuen Album bestand der ganze Rest vom Set nur aus Perlen
der Vergangenheit! «Cry For The Nations» und «Let Sleeping Dogs Lie»
setzten gleich mal die erste Duftmarke, gefolgt vom unverwüstlichen
Smasher «Armed & Ready». Der gute Michel liess die Saiten seiner
Flying-V zu meiner grossen Freude in der erhofften Art und Weise
qualmen, während sich auch Gary Barden in blendender Form zeigte. In
der Folge konnte nichts mehr schief gehen und ältere wie jüngere
Fans wurden daran erinnert, welche Musiker wirklich was zu sagen
haben und noch Jahre später über sie gesprochen werden wird. Und,
obwohl das natürlich auch ein Weg zu langanhaltendem Ruhm ist,
braucht man zuerst nicht zwingend ins Gras beissen zu müssen, um in
der «Hall Of Fame» ein verdientes Plätzchen zu kriegen. Was den
Sängerposten angeht, so gaben sich in der Michael Schenker Group
unzählige Leute die Klinke in die Hand. Darunter war zum Beispiel
auch Graham Bonnett (Ex-Rainbow), der nur auf «Assault Attack» von
1982 zu hören ist und meiner Meinung nach (nebst dem massgebenden
zweiten Album) mitunter zum Besten gehört, was Schenker je
geschrieben hat. Wer sich mal den kompletten Überblick verschaffen
will, ist bei Wikipedia gut aufgehoben. Ebenso erwähnenswert war
natürlich ein Herr mit Glatze..., seines Zeichens hinter den Kesseln
sitzend und nicht minder prominent: Chris Slade! Ja..., genau der,
der nämlich ein Album namens «The Razors Edge» eingespielt und auch
die darauf folgende Tour mitgemacht hatte. Die Rede ist natürlich
von AC/DC! Weitere Stationen waren Manfred Mann's Earth Band und
Asia. Und dieser werte Herr bearbeitete seine Felle mit gnadenloser
Power, was den eh schon glasklaren Sound zusätzlich mit mächtig
Dampf ausstattete. Vervollständigt wurde das auf der Bühne stehende
Quintett durch Wayne Findlay (g/keys/v) und Chris Glen (b).
Letzterer auch kein Unbekannter, denn der ehemalige Bassist der
Sensational Alex Harvey Band zierte das MSG Lineup zwischen 1981 und
1985. So kam nun offensichtlich wieder zusammen, was zusammen
gehört. Wie lange das freilich anhalten wird, steht in den Sternen
und wie man weiss, dreht sich das Musiker-Karussell im Umfeld von
Herrn Schenker mitunter ziemlich schnell. Doch dieser 27. Oktober
2008 wird in die (Schweizer) Musik-Geschichte eingehen...,
mindestens was mein Musikverständnis angeht, denn die Performance,
und zwar von der ganzen Band, war einfach nur göttlich! Bei «On And
On» schwebte ich geistig, einem Guru gleich, über dem Boden und
genoss jede einzelne Sekunde. Das konnte man (leider) vom über weite
Strecken ziemlich passiv wirkenden Publikum nicht sagen. Keine
Ahnung, woran es lag..., vielleicht waren all die alten Hämmer zu
alt und deshalb nicht präsent. Egal..., am Schluss nach der
obligaten UFO-Doublette «Doctor Doctor» und «Rock Bottom» konnte
sich jeder dennoch glücklich schätzen, Zeuge dieses Konzert
Leckerbissens geworden zu sein.
Setlist: «Ride On My Way» - «Cry For The Nations» - «Let Sleeping
Dogs Lie» - «Armed & Ready» - «I Want You/Night To Remember» - «Into
The Arena» - «Intro Michael/Lost Horizons» - «Rock My Nights Away» -
«On And On» - «Attack Of The Mad Axeman» -- «Doctor Doctor» - «Rock
Bottom».
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