Livereview: Michael Schenker's Temple Of Rock - Fury UK
07. Mai 2012, Zürich - Plaza
By Tinu – All Pics by Rockslave

Es war in den frühen Achtzigerjahren und meine erste Jeansjacke musste mit Aufnähern bestückt werden. Bloss, was sollte als Hauptmotiv herhalten? Von Kiss gab es leider nichts Geeignetes und Maiden, Priest und Saxon trugen eh schon alle. Guter Rat war teuer, als ich damals beim Versand meines Vertrauens auf etwas Unglaubliches stiess. Eine weisse Flying-V und drum herum drei Buchstaben. MSG! Keine Ahnung wer oder was das war, aber genau dieses Motiv sollte zukünftig meine Jacke zieren. Recht schnell konnte ich dann die Initialen MSG auch deuten. Es war die Michael Schenker Group und der Hauptakteur und Namensgeber, der Bruder von Scorpions-Rudolf, der nach seiner Zeit bei UFO und einem erneuten kurzweiligen Zeitpunkt bei den Scorps seine eigene Truppe gründete. Schnell wurden die ersten beiden Alben und «Built To Destroy» zu Rundlingen, die sich regelmässig auf meinem Plattenteller drehten. Michael wurde zu einem Gitarristen, den ich als extrem gefühlvollen Saitenakrobat schätzen lernte.


Knappe 30 Jahre später darf ich nun Michael zusammen mit den beiden ehemaligen Scorpions-Musikern Francis Buchholz (b) und Herman Rarebell (d) in Zürich bewundern. Zusammen mit seinem jahrelangen Gefährten Wayne Findlay (g, key) und Neusänger Doogie White, der früher bei Rainbow, Cornerstone oder Malmsteen das Mikrofon schwang. Eine Zusammenstellung, die man einfach sehen musste.

Fury UK
Entsetzt nahm ich aber zur Kenntnis, dass diese ultimative Konstellation wohl nur ganz Wenige als fantastisches Ereignis ansahen, denn als die Jungs von Fury UK die Bühne betraten, sah das Ganze mehr wie eine Grillparty unter sehr guten Freunden aus, denn als Event, dem Viele Folge leisten würden. Die englische Band versuchte ihr Bestes. Dass sie kein unbeschriebenes Blatt ist, bewiesen viele Band-Shirts, welche ihre Untergebenen stolz trugen. Das Trio war bemüht und haute talentiert und bewegungsfreudig ihre Songs dem Publikum um die Ohren. Allerdings blieb vom eigentlich interessanten Songmaterial nur sehr wenig hängen. Auch wenn die Combo ideenreiches und in die Beine gehendes Material präsentierte wie «Taste The Blood». Bassist Luke Appleton entpuppte sich zum Dauerbanger, konnte aber auch mit seinem Spiel nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier dringendst eine zweite Gitarre von Nöten ist. Alleine der Umstand, dass der Sound sehr britisch erklingt, schreit förmlich danach! Alles in Allem ein solider Auftritt, welcher das Publikum gut anheizen konnte. Ich befürchte aber, dass sich die Nicht-Fury-Fans nicht nur annähernd an einen Song erinnern werden…

Setliste: «I See Red» - «Fall From Grave» - «Alien Skies» - «Taste The Blood»» - «Athena»» - «Manslaughter» - «Call To Arms» - «Death By Lightning».

MSG
Wie würde sich Mister Michael präsentieren? Eine heiss diskutierte Frage. Zumindest entpuppte sich der blonde Gitarrenheld auch schon als launische Diva, die mit dem Rücken zum Publikum spielte. Doch an diesem Abend sollte alles anders werden. Mit einem breiten Grinsen betrat der sehr schlanke Deutsche die Bühne und stieg nach einem kleinen Solo in die Mutter aller Instrumentalsongs «Into The Arena» ein und beglückte das Gott sei Dank mittlerweile den sehr gut gefüllten Plaza Club. Das Fazit vorneweggenommen: Es war kurz gesagt ein hammergeiler Gig! Der klare Sound trug ebenso dazu bei, wie auch die Spielfreude der Herren auf der Bühne. Eine, die speziell durch improvisiertes Spielen des Meisters selber immer wieder für Gänsehautmomente sorgte. Wie zum Beispiel als Einleitung zu «Armed And Ready». Zudem wurde der Auftrittsort zum «most dangerous place in Zurich», wie Doogie zu erzählen wusste, gekürt, da man «three Scorpions with Michael, Herman and Francis» in den eigenen Reihen hatte. Aus diesem Grund wurden auch einige Lieder («Holiday», «Coast To Coast», «Lovedrive», «Another Piece Of Meat») der hannoveranischen Hitmaschine gespielt. Logischerweise Solche aus der Michael-Schenker-Phase. Interessanterweise fanden auch «Blackout» und «Rock You Like A Hurricane» den Weg in die Setliste. Hier wurde allerdings klar, dass man besser auf diese Klassiker verzichtet hätte. Michael überliess bei diesen Evergreens Wayne das Solo, da er sie in der Urfassung selber nicht eingespielt hatte. Alleine dies aber als Grund zu nennen, dass diese beiden Tracks sicherlich gut gespielt wurden, aber nie an das Flair von Klaus Meine, Rudolf Schenker und Co. heran reichten… Die Tracks passten einfach nicht zu MSG.

Doogie White präsentierte sich als agiler, freundlicher und stets das Publikum anfeuernder Frontmann. Gesanglich muss man über den Schotten nicht viel sagen, denn er ist und bleibt einer der Besten seiner Zunft. An diesem Abend passten die Lieder von UFO bedeutend besser zu seiner Stimmlage, als die von den Scorpions oder das Material von MSG. Was nicht bedeuten soll, dass er die Songs in Grund und Boden geschrien hätte, aber in meinen Ohren klang alles ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Hermann und Francis absolvierten einen souveränen Job! Als hätten die beiden nie aufgehört zusammen zu spielen, lieferten sie einen soliden Grundteppich. Auch wenn man Mister Rarebell die 63 Lenze ansieht, so hatte er noch immer genügend Wumms in seinen Trommelstöcken, um damit seinen Vorderleuten in den Allerwertesten zu treten.

Mit «Lights Out» war das Eis, sofern es dann jemals da war, an diesem Abend gebrochen. Die Musiker, welche Mister Schenker konsequent auf die Finger schauten oder die Fans, welche sich von dem sensationellen Spiel hypnotisieren liessen, alle waren von diesem Abend begeistert. Die super gefühlvolle Einleitung zu «On And On» und das dazugehörende Solo sind nach wie vor von einer anderen Welt! Nach dem offiziellen Part und «Rock Bottom» fotografierte Michael das Publikum und verabschiedete sich zum ersten Mal an diesem Abend. Mit den Zugaben «Holiday», bei dem alle den Text laut mitsangen, «Blackout» (Hermann wurde nochmals gefordert) und dem typischen Abschluss in Form von «Doctor Doctor» wurde ein Montagabend beendet, der sicherlich zu den besten Konzertabenden von MSG gehört. Selbst wenn sich Michael bei «Coast To Coast» kurz verspielte, für die Anwesenden war dies die Genialität des Meisters, der frei interpretierte!



Setliste: «Intro/Into The Arena» - «Armed And Ready» - «Lovedrive» - «Another Piece Of Meat» - «Cry For The Nations» - «Let Sleeping Dogs Lie» - «Coast To Coast» - «Assault Attack» - «Before The Devil Knows You're Dead» - «Lights Out» - «On And On» - «Let It Roll» - «Shoot Shoot» - «Rock You Like A Hurricane» - «Rock Bottom» -- «Holiday» - «Blackout» - «Doctor Doctor».