Es war in den frühen Achtzigerjahren und meine erste Jeansjacke
musste mit Aufnähern bestückt werden. Bloss, was sollte als
Hauptmotiv herhalten? Von Kiss gab es leider nichts Geeignetes und
Maiden, Priest und Saxon trugen eh schon alle. Guter Rat war teuer,
als ich damals beim Versand meines Vertrauens auf etwas
Unglaubliches stiess. Eine weisse Flying-V und drum herum drei
Buchstaben. MSG! Keine Ahnung wer oder was das war, aber genau
dieses Motiv sollte zukünftig meine Jacke zieren. Recht schnell
konnte ich dann die Initialen MSG auch deuten. Es war die Michael
Schenker Group und der Hauptakteur und Namensgeber, der Bruder von
Scorpions-Rudolf, der nach seiner Zeit bei UFO und einem erneuten
kurzweiligen Zeitpunkt bei den Scorps seine eigene Truppe gründete.
Schnell wurden die ersten beiden Alben und «Built To Destroy» zu
Rundlingen, die sich regelmässig auf meinem Plattenteller drehten.
Michael wurde zu einem Gitarristen, den ich als extrem gefühlvollen
Saitenakrobat schätzen lernte.
Knappe 30 Jahre später darf ich nun Michael zusammen mit den beiden
ehemaligen Scorpions-Musikern Francis Buchholz (b) und Herman
Rarebell (d) in Zürich bewundern. Zusammen mit seinem jahrelangen
Gefährten Wayne Findlay (g, key) und Neusänger Doogie White, der
früher bei Rainbow, Cornerstone oder Malmsteen das Mikrofon schwang.
Eine Zusammenstellung, die man einfach sehen musste.
Fury UK
Entsetzt nahm ich aber zur Kenntnis, dass diese ultimative
Konstellation wohl nur ganz Wenige als fantastisches Ereignis
ansahen, denn als die Jungs von Fury UK die Bühne betraten, sah das
Ganze mehr wie eine Grillparty unter sehr guten Freunden aus, denn
als Event, dem Viele Folge leisten würden. Die englische Band
versuchte ihr Bestes. Dass sie kein unbeschriebenes Blatt ist,
bewiesen viele Band-Shirts, welche ihre Untergebenen stolz trugen.
Das Trio war bemüht und haute talentiert und bewegungsfreudig ihre
Songs dem Publikum um die Ohren. Allerdings blieb vom eigentlich
interessanten Songmaterial nur sehr wenig hängen. Auch wenn die
Combo ideenreiches und in die Beine gehendes Material präsentierte
wie «Taste The Blood». Bassist Luke Appleton entpuppte sich zum
Dauerbanger, konnte aber auch mit seinem Spiel nicht darüber
hinwegtäuschen, dass hier dringendst eine zweite Gitarre von Nöten
ist. Alleine der Umstand, dass der Sound sehr britisch erklingt,
schreit förmlich danach! Alles in Allem ein solider Auftritt,
welcher das Publikum gut anheizen konnte. Ich befürchte aber, dass
sich die Nicht-Fury-Fans nicht nur annähernd an einen Song erinnern
werden…
Setliste: «I See Red» - «Fall From Grave» - «Alien Skies» -
«Taste The Blood»» - «Athena»» - «Manslaughter» - «Call To Arms» -
«Death By Lightning».
MSG
Wie würde sich Mister Michael präsentieren? Eine heiss diskutierte
Frage. Zumindest entpuppte sich der blonde Gitarrenheld auch schon
als launische Diva, die mit dem Rücken zum Publikum spielte. Doch an
diesem Abend sollte alles anders werden. Mit einem breiten Grinsen
betrat der sehr schlanke Deutsche die Bühne und stieg nach einem
kleinen Solo in die Mutter aller Instrumentalsongs «Into The Arena»
ein und beglückte das Gott sei Dank mittlerweile den sehr gut gefüllten
Plaza Club. Das Fazit vorneweggenommen: Es war kurz gesagt ein
hammergeiler Gig! Der klare Sound trug ebenso dazu bei, wie auch die
Spielfreude der Herren auf der Bühne. Eine, die speziell durch
improvisiertes Spielen des Meisters selber immer
wieder
für Gänsehautmomente sorgte. Wie zum Beispiel als Einleitung zu «Armed
And Ready». Zudem wurde der Auftrittsort zum «most dangerous place
in Zurich», wie Doogie zu erzählen wusste, gekürt, da man «three
Scorpions with Michael, Herman and Francis» in den eigenen Reihen
hatte. Aus diesem Grund wurden auch einige Lieder («Holiday», «Coast
To Coast», «Lovedrive», «Another Piece Of Meat») der
hannoveranischen Hitmaschine gespielt. Logischerweise Solche aus der
Michael-Schenker-Phase. Interessanterweise fanden auch «Blackout»
und «Rock You Like A Hurricane» den Weg in die Setliste. Hier wurde
allerdings klar, dass man besser auf diese Klassiker verzichtet
hätte. Michael überliess bei diesen Evergreens Wayne das Solo, da er
sie in der Urfassung selber nicht eingespielt hatte. Alleine dies
aber als Grund zu nennen, dass diese beiden Tracks sicherlich gut
gespielt wurden, aber nie an das Flair von Klaus Meine, Rudolf
Schenker und Co. heran reichten… Die Tracks passten einfach
nicht zu MSG.
Doogie White präsentierte sich als agiler, freundlicher und stets
das Publikum anfeuernder Frontmann. Gesanglich muss man über den
Schotten nicht viel sagen, denn er ist und bleibt einer der Besten
seiner Zunft. An diesem Abend passten die Lieder von UFO bedeutend
besser zu seiner Stimmlage, als die von den Scorpions oder das
Material von MSG. Was nicht bedeuten soll, dass er die Songs in
Grund und Boden geschrien hätte, aber in meinen Ohren klang alles
ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Hermann und Francis absolvierten
einen souveränen Job! Als hätten die beiden nie aufgehört zusammen
zu spielen, lieferten sie einen soliden Grundteppich. Auch wenn man
Mister Rarebell die 63 Lenze ansieht, so hatte er noch immer genügend
Wumms in seinen Trommelstöcken, um damit seinen Vorderleuten in den
Allerwertesten zu treten.
Mit «Lights Out» war das Eis, sofern es dann jemals da war, an
diesem Abend gebrochen. Die Musiker, welche Mister Schenker
konsequent auf die Finger schauten oder die Fans, welche sich von
dem sensationellen Spiel hypnotisieren liessen, alle waren von
diesem Abend begeistert. Die super gefühlvolle Einleitung zu «On And
On» und das dazugehörende Solo sind nach wie vor von einer anderen
Welt! Nach dem offiziellen Part und «Rock Bottom» fotografierte
Michael das Publikum und verabschiedete sich zum ersten Mal an
diesem Abend. Mit den Zugaben «Holiday», bei dem alle den Text laut
mitsangen, «Blackout» (Hermann wurde nochmals gefordert) und dem
typischen Abschluss in Form von «Doctor Doctor» wurde ein
Montagabend beendet, der sicherlich zu den besten Konzertabenden von
MSG gehört. Selbst wenn sich Michael bei «Coast To Coast» kurz
verspielte, für die Anwesenden war dies die Genialität des Meisters,
der frei interpretierte!
Setliste: «Intro/Into The Arena» - «Armed And Ready» -
«Lovedrive» - «Another Piece Of Meat» - «Cry For The Nations» -
«Let Sleeping Dogs Lie» - «Coast To Coast» - «Assault Attack» -
«Before The Devil Knows You're Dead» - «Lights Out» - «On And On» -
«Let It Roll» - «Shoot Shoot» - «Rock You Like A Hurricane» -
«Rock Bottom» -- «Holiday» - «Blackout» - «Doctor Doctor».
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