Zum 36. Mal fanden sie nun schon statt, die Winterthurer Musikfestwochen.
An 12 Tagen wurden, verteilt auf 3 Bühnen und die umliegenden Clubs,
über 80 Veranstaltungen geboten. Das Zentrum des Geschehens war wie
immer die Steinberggasse, die aufgrund der Atmosphäre und der
unglaublich schönen Kulisse der Piazza Grande in Locarno ähnelt. Die
Bewohner der umliegenden Häuschen rund um die Bühne und den Platz
feierten den Abend auf ihre Weise und schmückten Fenster und Zimmer
mit individueller Beleuchtung sowie Lichteffekten, was einen
wunderschönen Gesamteindruck hinterliess.
Die Auswahl war wie immer enorm und das Festival beglückte wirklich
jeden, egal ob Alt, egal ob Jung, ganz gleich welche Art von Musik
man bevorzugte oder ob man eher eine Vorliebe für das Theater oder
den Film hatte. Wir konzentrierten uns natürlich auf den einen
Freitag, der mit Folk Metal (Eluveitie) bis Glam Rock (The Darkness)
und dann am Ende mit Cello Metal (Apocalyptica) brillierte. Auch das
Wetter hielt dieses Mal mit Hängen und Würgen sein Versprechen, zum Glück!
Hagel, Donnerwetter und Potzblitz blieben aus, dafür
kühlte die Temperatur von gefühlten +30°C auf -30°C ab, was den
Verkauf der Eluveitie Hoodies enorm ankurbelte. Pech für
Apocalyptica! Die kamen ohne Merchandising in die Schweiz. War man
da etwa zu faul an der Grenze die Artikel zu versteuern oder gar zu
zählen? Schade durfte man auch hier nur immer während den ersten 3
Liedern fotografieren. Die Emotionen und Eindrücke, die ich von der
kleinen Tribüne aus aufnehmen konnte, bleiben somit leider nur in
meinem Kopf verewigt.
Eluveitie
Während Eluveitie um circa 19:30 Uhr die heimische Bühne betraten,
standen noch massenhaft Leute am Eingang an und hatten somit einen
Teil der Show verpassen müssen. Sicher kamen viele Anhänger der
Winterthurer Senkrechtstarter extra um die erfolgreichen Schweizer
zu feiern. Die Art, traditionelle keltische Volksmusik mit modernem
Metal zu kombinieren, ist einzigartig. Das Publikum hatten sie sofort
im Griff und überzeugten mich ebenfalls bereits mit dem dritten Song. Für
mich war es das erste Konzert von Eluveitie, da ich diese Art von
Musik nicht unbedingt verfolge. Beeindruckt hat mich jedoch die
Vielseitigkeit der acht talentierten Musiker und die Anzahl der
Instrumente, die dort zum Einsatz kamen. Neben den regulären
Instrumenten wurden Gaita, diverse Flöten, Krummhorn und Akkordeon
gekonnt gezückt. Das Publikum stieg sofort ein und die erste Hälfte
der Bühne verwandelte sich schlagartig in einen überdimensionalen,
wilden Moshpit. Es flogen Füsse, Hände, Arme und Beine durch die
Gegend und eine junge Besucherin verlor sogar ihren Stöckelschuh.
Vielleicht wäre es beim nächsten Mal geschickter, ein alternatives
Schuhwerk zu wählen! Am Ende wurden die Rufe und die Bitte
nach einer Zugabe leider ignoriert, denn der Zeitplan musste streng
eingehalten werden. Der Moderator hatte vergeblich versucht, die
nächste Band anzusagen, da er von den Eluveitie Fans hemmungslos
niedergeschrien wurde. Geniale Stimmung schon beim ersten Auftritt
an diesem Tag!
The Darkness
Diese Band bietet definitiv Diskussionspotenzial. Als sie um knapp
21:00 Uhr auf die Bühne kamen, hielt ich erst mal kurz inne.
Irgendwie hatte ich vergessen, welch abgefahrene Band The Darkness
sind. Und überhaupt, hatte ich sie vergessen. 2006 löste sich die
Band auf. Wegen Drogen- und Alkoholproblemen versteht sich. Doch jetzt sind
sie zurück und feierten an diesem Abend ihr schweizexklusives Comeback.
Ob man die Band wirklich braucht, ist allerdings Ansichtssache. Ob gewollt
oder nicht gewollt: Die Falsett-Stimme von Justin Hawkins brennt
einem in den Ohren und bereits beim Opener hat man auch schon genug
davon. Sich die Hände an die Ohren im Fotograben zu heben, fand ich
dann doch eher unpassend. Aber vielleicht sollte man das einfach
nicht so ernst nehmen. Das hatte ich versucht zu tun und plötzlich
war ich nur noch am Grinsen. Ich liess mich dann einfach unterhalten
und amüsierte mich über die bunten Kostüme im Look des 80er-Glams. Das
Publikum schien ebenfalls getrennter Meinung zu sein und
stellenweise sah man leicht irritierte Blicke, die das Geschehen auf
der Bühne verfolgten. The Darkness waren gekommen, um auf das
kommende Album aufmerksam zu machen, denn dieses soll noch dieses
Jahr veröffentlicht werden. Nun ehrlich gesagt, ich kann The
Darkness musikalisch zwar nicht wirklich ernst nehmen, aber als
Pausenfüller zwischen Eluveitie und Apocalyptica waren sie optisch
jedoch eine Klasse für sich.
Apocalyptica
Die Cello-Helden aus Finnland machten natürlich speziell in dieser
königlichen Atmosphäre eine gute Figur und brachten den mittlerweile
voll gepackten Platz gleich zu Beginn zum Kochen. Mittlerweile war
es bereits 22:30 Uhr und bei Dunkelheit kam die tolle Bühne noch
besser zur Geltung. Diese Band könnte ich 100 Mal anschauen, ohne
dass Langweile aufkommen würde. Die Faszination und die Ausstrahlung
der vier Finnen auf der Bühne ist enorm. Noch mehr Freude hätte ich,
wenn sie mal auf die Suche nach einer neuen Unterstützung am Gesang
gehen würden. Im Gepäck hatten sie, wie auch schon bei den letzten
Schweiz Besuchen, Tipe Johnson von den Leningrad Cowboys. Eigentlich
benötigt es keinen Gesang. Alle Stücke instrumental vorzutragen wäre
für mich sogar perfekt. Neben den üblichen Metallica Covers spielten
sie auch eine Auswahl der eigenen Songs wie «End Of Me», «On The
Rooftop With Quasimodo» oder «Hall Of The Mountain King». Perttu
machte wieder Mätzchen und unterhielt die Leute vor der Bühne mit
Sprüchen und Geschichten, welche er in typischem «Finnisch-Englisch»
vortrug. Nach jedem Wort das er sagte, machte er erst mal eine lange
Denkpause. Apocalyptica verzaubern mich jedes Mal aufs Neue mit
ihrer Cello-Kunst und ich freue mich jetzt schon auf das nächste
Konzert.
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