Livereview: Mystic Circle - Lunatic Dictator - Parazide
4. September 2004, Gaswerk Winterthur
By R.K.
Zum ersten Mal machte ich mich auf den Weg zum Gaswerk in Winterthur. Doch bevor ich mich in die "Höhle des Löwen" wagte, erfreute ich mich erst mal an den kulinarischen Köstlichkeiten eines asiatischen Lokals in der Nähe des Geschehens. Mit vollem Bauche war ich dann gespannt auf die kulturelle Speisekarte im Gaswerk. Angekündigt waren Parazide, Lunatic Dictator, Discreation und natürlich Mystic Circle. Wie ich dann im Verlaufe des Abends erfahren habe, waren Discreation gar nicht erschienen. Grund war eine zusätzlich geforderte Gage, welche wohl zu hoch war für Parazide, die als Band den Konzertabend mit Mut und Fleiss organisiert hatten.

Parazide
Als "Vorspeise" enterten als Erste die lokal ansässigen Parazide die Bühne. Ohne grosse Worte legten sie gleich los mit ihrem Death- Grindcore Metal, welcher sehr schnell das Eis zwischen ihrer Musik und den circa 100 Anwesenden zum Schmelzen brachte. Die vier morbiden Seelen, welche dennoch alle sehr freundlich waren, schmetterten ganz nach ihrem Motto "Axe in blood out!" ihre Kracher unters Volk, aus dem ich Rufe wie "buahh..., die sind geil!" vernahm und Zeuge wurde, wie sich die ersten Meter vor der Bühne in ein wahres Schlachtfeld verwandelten. Haare und Körper flogen durch die Lüfte, krachten zusammen oder lagen auch mal auf dem Boden. Röchelte Sänger "Domi" einen Liedtitel ins Mikro, kam auch sogleich ein röchelndes Echo aus den vorderen Reihen zurück. Es war wirklich sehr erstaunlich, wie gewaltig es abging bei Parazide. Vielleicht lag es auch an dem "lokalen Bonus", den die Truppe in Winterthur genoss. Jedenfalls machten sie ihre Sache sehr gut, wenn man bedenkt, dass es eigentlich erst das zweite Konzert dieser Formation war. Leider war das Klanggewand, welches sich um die Besucher schlang, nicht immer über jeden Zweifel erhaben. Zwar war eine enorme Wucht vorhanden, aber vielfach ging alles in einem Brei unter. Bei der gewaltigen Energie, welche die Masse der Band entgegen brachte, wirkten Parazide fast etwas "schüchtern"..., es fehlte ein wenig die Kommunikation von der Band zum Publikum hin, was etwas schade war, da der "wütende Mob" richtig gut drauf war und nur so nach dem Sound fletschte.


Lunatic Dictator

Nach einer kurzen Umbauphase erklommen die Süd-Deutschen Lunatic Dictator die Bühne. Da die Truppe erst am Abend eingetroffen war, musste noch kurz ein Soundcheck durchgeführt werden. Das Ganze ging recht flott voran, sodass die fünf Jungs gleich volles Brett ihre erste Death-Thrash-Granate unters Volk mischen konnten. Doch die Zuschauer waren im Vergleich zu Parazide erst mal sehr zurückhaltend und warteten in zweiter Reihe der Dinge, die da noch kommen sollten. Was sehr auffallend zu Parazide war, dass Lunatic Dictator mehr Thrash-Riff orientiert zu Werke gingen und mit zwei Gitarristen von Anfang an mehr Druck und Power aufsetzten. Sänger "Tommel" machte den Anwesenden klar, dass es keinen Grund zur Schüchternheit gäbe und noch viel zu viel Platz direkt vor der Bühne frei sei. Doch erst nach einem weiteren Song rückten die Leute zur Bühne hin auf, nachdem "Tommel" nochmals darauf hinwies, den freien Raum vor der Bühne zu füllen. Darauf geschah das Wunderbare: Nachdem einige Jungs mutvoll durch die hinteren Reihen nach vorne strömten und zu den treibenden Riffs, welche Lunatic Dictator verströmten, ihre Haarpracht in der Luft verteilten, rückte das übrige Volk nach und nach auf. Song für Song schafften Lunatic Dictator die Leute auf ihre Seite zu ziehen. Man spürte förmlich die gute Laune und Spielfreude, welche von den Jungs ausging. Dies griff über und brachte nun die ersten Reihen in ein munteres Gepoge, wie es schon zuvor bei Parazide der Fall war. Sänger "Tommel" brachte gekonnt das Publikum mit ein und lies den einen oder anderen mal ins Mikro grunzen. Höhepunkt war, als von den Fans versucht wurde, "Tommel" hoch zu heben, doch es blieb beim Versuch, da der gewichtige Frontmann doch klar die physikalischen Gesetzte der Erdanziehung widerspiegelte. Bei einem kurzen Schwatz nach dem Konzert versprach er mir, für das nächste Mal abzunehmen..., die Fans werden es ihm danken. Das Gaswerk kochte zum Schluss unter der Live-Performance von Lunatic Dictator, die zurecht Applaus und Zugabe-Rufe ernteten. "Wir sind halt 'ne Live Band..." erklärte mir "Tommel" und ich kann dazu nur sagen: Recht hat er!!

Mystic Circle
Eine weitere Umbaupause und den entsprechenden Soundcheck später, standen dann die drei Mannen des mystischen Kreises auf der Bühne und legten unter klirrendem Gitarren-Sound los mit ihrer Show. Obwohl als Headliner des Abends angepriesen, war ich sehr erstaunt, als ich den Blick über den Raum schweifen liess und nur noch wenige Leute anwesend waren. "Habe ich was verpasst?" dachte ich mir nur, doch im Verlauf des gesamten Konzertes kamen kaum mehr Zuschauer hinzu, um den Jungs Tribut zu zollen, was etwas komisch war, da sie doch die Bekanntesten im Reigen der drei Bands waren. Der Gig von Mystic Circle dauerte gerade mal drei viertel Stunden. Viel Spektakuläres ist nicht passiert in dieser Zeit. Die Band spulte ein Lied nach dem anderen runter, ohne gross auf die Fans einzugehen. Die wütende Meute vor der Bühne hatte sich im Vergleich zu Lunatic Dictator auf ein paar Unentwegte dezimiert und es reichte nicht, um auch nur einen Jünger auf den Händen über die Massen zu heben. Mystic Circle boten zwar eine solide Leistung, doch es fehlte der mystische Ansatz, etwas Spezielles. Einige Funken waren da, aber ein Feuer loderte zu keiner Zeit. Einzig bei "God is dead" brach der kühle Schleier um die Band etwas auf. Es wurde ein kurzes Drum-Solo geboten, doch kaum hatte es angefangen, war es auch schon wieder vorüber. Aber sonst gab es absolut nichts an Einlagen, nicht mal einen brennenden Dornenbusch. Zu seelenlos lief das Ganze ab, was doch sehr schade war, bei der Vorlage, welche Parazide und Lunatic Dicator zuvor abgeliefert hatten. Nach der Show von Mystic Circle war eines klar: Winner des Abends waren eindeutig Lunatic Dictator, welche auch einige von ihren CDs unters Volk bringen konnten und wohl dem einen oder anderen als tolle Live-Band im Gedächtnis verbleiben werden.

Abschliessend möchte ich erwähnen, dass man Parazide dafür loben muss, auf dass sie Mut zeigten und solch einen Anlass organisiert haben. Die ganze Atmosphäre war sehr freundlich und irgendwie "familiär", ein sehr angenehmer Abend. Ich denke, dies sollte ein gutes Beispiel sein für all die Schweizer Bands, welche auf Auftritts-Möglichkeiten hoffen. Wartet nicht, bis euch die Decke auf den Kopf fällt..., sondern tut was!