Zum ersten Mal
machte ich mich auf den Weg zum Gaswerk in Winterthur. Doch bevor ich mich in die
"Höhle des Löwen" wagte, erfreute ich mich erst mal an den kulinarischen
Köstlichkeiten eines asiatischen Lokals in der Nähe des Geschehens. Mit vollem Bauche
war ich dann gespannt auf die kulturelle Speisekarte im Gaswerk. Angekündigt waren
Parazide, Lunatic Dictator, Discreation und natürlich Mystic Circle. Wie ich dann im
Verlaufe des Abends erfahren habe, waren Discreation gar nicht erschienen. Grund war eine
zusätzlich geforderte Gage, welche wohl zu hoch war für Parazide, die als Band den
Konzertabend mit Mut und Fleiss organisiert hatten.
Parazide
Als "Vorspeise" enterten als Erste die lokal ansässigen Parazide die Bühne.
Ohne grosse Worte legten sie gleich los mit ihrem Death- Grindcore Metal, welcher sehr
schnell das Eis zwischen ihrer Musik und den circa 100 Anwesenden zum Schmelzen brachte.
Die vier morbiden Seelen, welche dennoch alle sehr freundlich waren, schmetterten ganz
nach ihrem Motto "Axe in blood out!" ihre Kracher unters Volk, aus dem ich Rufe
wie "buahh..., die sind geil!" vernahm und Zeuge wurde, wie sich die ersten
Meter vor der Bühne in ein wahres Schlachtfeld verwandelten. Haare und Körper flogen
durch die Lüfte, krachten zusammen oder lagen auch mal auf dem Boden. Röchelte Sänger
"Domi" einen Liedtitel ins Mikro, kam auch sogleich ein röchelndes Echo aus den
vorderen Reihen zurück. Es war wirklich sehr erstaunlich, wie gewaltig es abging bei
Parazide. Vielleicht lag es auch an dem "lokalen Bonus", den die Truppe in
Winterthur genoss. Jedenfalls machten sie ihre Sache sehr gut, wenn man
bedenkt, dass es eigentlich erst das zweite Konzert dieser Formation war. Leider war das
Klanggewand, welches sich um die Besucher schlang, nicht immer über jeden Zweifel
erhaben. Zwar war eine enorme Wucht vorhanden, aber vielfach ging alles in einem Brei
unter. Bei der gewaltigen Energie, welche die Masse der Band entgegen brachte, wirkten
Parazide fast etwas "schüchtern"..., es fehlte ein wenig die Kommunikation von
der Band zum Publikum hin, was etwas schade war, da der "wütende Mob" richtig
gut drauf war und nur so nach dem Sound fletschte.
Lunatic Dictator
Nach einer kurzen Umbauphase erklommen die Süd-Deutschen Lunatic Dictator die Bühne. Da
die Truppe erst am Abend eingetroffen war, musste noch kurz ein Soundcheck durchgeführt
werden. Das Ganze ging recht flott voran, sodass die fünf Jungs gleich volles Brett ihre
erste Death-Thrash-Granate unters Volk mischen konnten. Doch die
Zuschauer waren im Vergleich zu Parazide erst mal sehr zurückhaltend und warteten in
zweiter Reihe der Dinge, die da noch kommen sollten. Was sehr auffallend zu Parazide war,
dass Lunatic Dictator mehr Thrash-Riff orientiert zu Werke gingen und mit zwei Gitarristen
von Anfang an mehr Druck und Power aufsetzten. Sänger "Tommel" machte den
Anwesenden klar, dass es keinen Grund zur Schüchternheit gäbe und noch viel zu viel
Platz direkt vor der Bühne frei sei. Doch erst nach einem weiteren Song rückten die
Leute zur Bühne hin auf, nachdem "Tommel" nochmals darauf hinwies, den freien
Raum vor der Bühne zu füllen. Darauf geschah das Wunderbare: Nachdem einige Jungs
mutvoll durch die hinteren Reihen nach vorne strömten und zu den treibenden Riffs, welche
Lunatic Dictator verströmten, ihre Haarpracht in der Luft verteilten, rückte das übrige
Volk nach und nach auf. Song für Song schafften Lunatic Dictator die Leute auf ihre Seite
zu ziehen. Man spürte förmlich die gute Laune und Spielfreude, welche von den Jungs ausging. Dies griff über und brachte nun
die ersten Reihen in ein munteres Gepoge, wie es schon zuvor bei Parazide der Fall war.
Sänger "Tommel" brachte gekonnt das Publikum mit ein und lies den einen oder
anderen mal ins Mikro grunzen. Höhepunkt war, als von den Fans versucht wurde,
"Tommel" hoch zu heben, doch es blieb beim Versuch, da der gewichtige Frontmann
doch klar die physikalischen Gesetzte der Erdanziehung widerspiegelte. Bei einem kurzen
Schwatz nach dem Konzert versprach er mir, für das nächste Mal abzunehmen..., die Fans
werden es ihm danken. Das Gaswerk kochte zum Schluss unter der Live-Performance von
Lunatic Dictator, die zurecht Applaus und Zugabe-Rufe ernteten. "Wir sind halt 'ne
Live Band..." erklärte mir "Tommel" und ich kann dazu nur sagen: Recht hat
er!!
Mystic Circle
Eine weitere Umbaupause und den entsprechenden Soundcheck später, standen dann die drei
Mannen des mystischen Kreises auf der Bühne und legten unter klirrendem Gitarren-Sound
los mit ihrer Show. Obwohl als Headliner des Abends angepriesen, war ich sehr erstaunt,
als ich den Blick über den Raum schweifen liess und nur noch wenige Leute anwesend waren.
"Habe ich was verpasst?" dachte ich mir nur, doch im Verlauf des gesamten
Konzertes kamen kaum mehr Zuschauer hinzu, um den Jungs Tribut zu zollen, was etwas
komisch war, da sie doch die Bekanntesten im Reigen der drei Bands waren. Der Gig von
Mystic Circle dauerte gerade mal drei viertel Stunden. Viel Spektakuläres ist nicht
passiert in dieser Zeit. Die Band spulte ein Lied nach dem anderen runter, ohne gross auf
die Fans einzugehen. Die wütende Meute vor der Bühne hatte sich im Vergleich zu Lunatic
Dictator auf ein paar Unentwegte dezimiert und es reichte nicht, um auch nur einen Jünger
auf den Händen über die Massen zu heben. Mystic Circle boten zwar eine solide Leistung,
doch es fehlte der mystische Ansatz, etwas Spezielles. Einige Funken waren da, aber ein
Feuer loderte zu keiner Zeit. Einzig bei "God is dead" brach der kühle Schleier
um die Band etwas auf. Es wurde ein kurzes Drum-Solo geboten, doch kaum
hatte es angefangen, war es auch schon wieder vorüber. Aber sonst gab es absolut nichts
an Einlagen, nicht mal einen brennenden Dornenbusch. Zu seelenlos lief das Ganze ab, was
doch sehr schade war, bei der Vorlage, welche Parazide und Lunatic Dicator zuvor
abgeliefert hatten. Nach der Show von Mystic Circle war eines klar: Winner des Abends
waren eindeutig Lunatic Dictator, welche auch einige von ihren CDs unters Volk bringen
konnten und wohl dem einen oder anderen als tolle Live-Band im Gedächtnis verbleiben
werden.
Abschliessend möchte ich erwähnen, dass man Parazide dafür loben muss, auf dass sie Mut
zeigten und solch einen Anlass organisiert haben. Die ganze Atmosphäre war sehr
freundlich und irgendwie "familiär", ein sehr angenehmer Abend. Ich denke, dies
sollte ein gutes Beispiel sein für all die Schweizer Bands, welche auf
Auftritts-Möglichkeiten hoffen. Wartet nicht, bis euch die Decke auf den Kopf fällt...,
sondern tut was!
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