Livereview: Nashville Pussy - Supersuckers
29. März 2009, Ebullition, Bulle (FR)
By André G.
Seit ich den Ami-Vierer letztes Jahr auf dem Wacken Open Air erleben durfte, hat mich ihre Mucke in seinen Bann gezogen. Die zwei Ladys am Bass und an der Gitarre sowie die zwei Herren hinter dem Mikro und den Drums wissen, wie man ordentlichen Southern Rock mit Country-Einflüssen fabriziert. Auf der Bühne bieten sie genau das, was das Volk will: schweisstreibende Beats, erdige Rockriffs, Highway-Flair und dazu was fürs (wahrscheinlich eher männliche) Auge, that’s Rock’n’Roll!

Supersuckers
Ein beschaulicher Sonntag in der Eidgenossenschaft wurde mit der Bekanntgabe, dass AC/DC ihr Konzert absagen, verdunkelt. Aber alle, die sich trotzdem die volle Rockdröhnung holen wollten, brauchten nur über den Röstigraben ins schöne Städtchen Bulle zu pilgern, denn dort schmissen die beiden Amicombos Supersuckers und Nashville Pussy eine echte Highway-Rockparty. Die kleine Location namens Ebullition ist der ideale Ort für so einen Event: klein, dunkel und abgefuckt, aber trotzdem mit viel Charme. Aufgrund des beschränkten Raums wirkte es sehr schnell überfüllt. Als dann die Supersuckers in Shirts und Jeans sowie mit Cowboy-Hüten und Sonnenbrillen bewaffnet die Bühne bestiegen, ging schon ein Freudenschrei durch die Menge. Sie selbst bezeichnen sich ganz ohne Grössenwahn als ‚the best Rock’n’Roll-Band in the world’. Das ist vielleicht ein kleines Bisschen hochgegriffen, aber ich muss zugeben, sie haben es schon drauf: Mit viel Freude am Handwerk und guten Country-beeinflussten Songs rockten sie das Haus. Am Anfang gab es ein, zwei Probleme mit dem Gitarrenmonitor, der nicht wirklich in Arbeitslaune war, aber die wurden schnellstens behoben und dann ging es erst richtig los: Straighte Rocknummern mit Punkeinschlag wurden von ruhigeren Countryrockern abgelöst. Vom musikalischen Feeling her fühlte man sich in einen Tarantino-Film versetzt: Wenn man nach einer endlosen Highway-Fahrt an die einzige Raststätte weit und breit fährt, erwartet man genau diesen Sound in der Kneipe zu hören. Das Ebullition fing langsam aber sicher auch zu kochen an, und gegen Ende des Sets kamen auch die etwas rockigeren und schnelleren Nummern, welche die Anwesenden zu den ersten Mosh- und Pogo-Pits bewegten. Glücklich und verschwitzt überliessen die Vier Jungs danach die Zuschauer den Nashville Pussys.

Nashville Pussy
Nach der Umbaupause, die man sich mit Bier Holen oder Merchandise Shoppen verkürzen konnte, war ein ähnliches Bild auf der Stage wie bei der ersten Band. Alte Amps, zerbeult und zerkratzt, und eine Bühne ohne Dekor oder Backdrop. Halt einfach Rock’n’Roll. Dann stapften Karen Cuda, die mit ihrem Bass bewaffnet war, Jeremy Thompson, der sich gleich hinter der Schiessbude platzierte, und das Ehepaar an den Klampfen, Blaine Cartwright und Ruyter Suys auf die Bühne. Es mussten noch ein paar Einstellungen an den alten Marshalls getätigt werden, dann war es an der Zeit für Sex, Bier und Rock’n’Roll, also Pussy-Time! Das Gedränge im Zuschauerraum wurde noch grösser, und die Temperatur stieg schon ohne Musik auf ein beachtliches Niveau an. Fotos hinzukriegen war schon fast unmöglich, da es vom ersten Akkord an mit amtlichem Gepoge losging. Die Pussys starteten auch gleich voll durch und legten mit den straighteren Songs ihrer Karriere los. Sie boten viele ältere Songs, aber immer auch was vom neuen Silberling „From Hell To Texas“. Riff um Riff schepperte aus den Marshalls. Was leider unterging, war Blaines Gesang: Die Gitarren waren so im Vordergrund, dass er mit seiner von Whiskey geschwängerten Stimme nicht immer mithalten konnte. Zum Pogo kamen sogar noch Stagediver hinzu, im unteren Raum war Chaos und Anarchie angesagt. Also retteten ich und meine Begleitung uns ins obere Stockwerk, sprich den Balkon, von dort aus konnte man das Konzert ruhiger und gut beobachten und besser geniessen. Die Nashville Pussys trafen in dieser passenden Location perfekt den Nerv der Zuschauer in einer dreckigen Lokation mit ebensolchen Riffs. Whisky, Bier und Rock’n’Roll, das ist authentische, musikalische Unterhaltung für das gemeine Rockerherz. Pussy-Rock as it’s best. Ruyter ist einfach eine richtige Rampensau. Sie rockte das Haus eigentlich im Alleingang, sie ist die weibliche Angus Young-Version: Sie rutschte während ihrer Soli auf den Knien über die Bretter oder enterte die Monitore und spielte von dort ihre mit Leidenschaft dargebotenen Riffs. Mister Cartwright hatte auch deutlich Spass am Konzert. Er machte Spässe und vermochte dadurch, die Leute für die Band zu begeistern. Karen am Bass war auch eine Augenweide: Sexy und eng bekleidet rockte sie ihren Bass und zeigte, dass auch in ihr eine echte Rockerbraut steckt. Die Band lebt eigentlich von den beiden Ladies und ihren optischen Vorzügen. Klar, Blaine hat auch das gewisse Etwas an Ausstrahlung, ich denke, das kommt daher, dass er einfach authentisch rüberkommt. Man nimmt ihm den Southern-Rocker einfach ab. Live haben die Songs einfach mehr Punkattitude zu bieten als auf Tonträger, und von daher kam der Sound schon recht hart und wild daher, während die Temperatur langsam in bedrohliche Höhen stieg. Von der Qualität des Sounds her war es nicht unbedingt das absolut Beste. Die Gitarren waren einfach so dominierend, dass sie den Gesang zeitweise gänzlich wegputzten. Auch hatte Leadgitarristin Ruyter gegen Ende des Sets Probleme mit ihrem Marshall-Amp. Aber der Roadie war gleich zur Stelle und wusste das Problem mit ein paar Handgriffen zu lösen. Danach ging es flott weiter, und die Band wie auch die Fans holten nochmals die letzten Kraftreserven raus und liessen den Saal kochen. Es war ein guter Rock’n’Roll-Abend, obschon ich sagen muss: Von der Soundqualität her gibt es schon Besseres.