Die schottischen Kult-Rocker standen plattendealmässig einige
Jahre auf dem Trockenen und hielten sich in der Zeit trotzdem im
Gespräch, weil sie unermüdlich auf Achse waren. Mit ihrem imposanten
Backkatalog hatten sie eh nie Mühe, genügend Songs für ihr
jeweiliges Set zusammen zu stellen. Zehn Jahre nach dem Album «Boogaloo»
von 1998 und der Tragödie des plötzlichen Todes von Drummer Darrell
Sweet kam just zum 40. Bandjubiläum mit «The Newz» eine tolle, neue
Studio-Scheibe heraus. Darauf bewiesen die zwei Altmeister Dan
Cafferty (v) und Pete Agnew (b) sowie dessen Sohn Lee Agnew als
Drummer und Gitarrist Jimmy Murrison, dass sie es immer noch drauf
haben. Auch wenn nicht alle Songs gleich gut bei den Fans angekommen
sind, kann man getrost von bestem Naz-Sound sprechen. In die gleiche
Kerbe schlägt nun die aktuelle CD «Big Dogz», die teilweise noch
kontroverser aufgenommen wurde, mir persönlich aber eher noch besser
mundet als der überzeugende Vorgänger. Begleitet wurden Nazareth von
Tri State Corner, die interessanten "Bouzuki-Rock" spielten!
Tri State Corner
Der Bandname ist Programm, denn bei dieser interessanten Truppe
vereinen sich mit Griechenland, Polen sowie Deutschland eben drei
Länder, und dies im Verhältnis 3:1:1. Dazu kommt mit Ex-Rage
Trommler Christos Efthimiadis ein nicht gerade unbekannter Name mit
ins Spiel. Tri State Corner spielen grundsätzlich Rock, der mit
verschiedenen Ausprägungen zwischen alternativ, polternd, groovend
und lieblich angesetzt ist. Für letzteres Attribut ist an dieser
Stelle mit der Bouzuki ein ziemlich ungewöhnliches und zuvor so noch
nie gesehenes Instrument verantwortlich! Im ersten Moment waren die
Klänge, gespielt von Gitarrist Janni, schon etwas
gewöhnungsbedürftig, doch schon bald
konnte man dies als exotisch
anmutende Ergänzung zum knackigen Rocksound taxieren und wurde ja
nicht dauernd damit beschallt. Die Kunst bestand darin, die
entsprechenden Töne im richtigen Moment zu bringen, und das gelang
ziemlich gut. Zwischendurch schimmerten auch Faith No More durch,
will heissen funkige Vibes. Dies war unter anderem auch der
Verdienst vom jugendlich aussehenden Bassisten Markuz, dessen
Tiefton-Läufe gut zu hören waren. Sänger Lucky konnte sich derweil
mit seiner ausdrucksstarken Stimme auch locker auf dem Parkett
behaupten und animierte die Fans zum kollektiven Mitklatschen. Gut
aufgestellt in Sachen Groove und Rhythmus war auch Drummer Chris,
der sehr straight und filigran zugleich spielte und trotzdem nie in
progressiv anmutendes Gedöns abdriftete. Obwohl das Z7 an diesem
Abend nur etwa 300 Fans beherbergte, würdigten diese die tighte
Darbeitung immerhin jeweils am Ende der Songs mit zunehmendem
Applaus. Den hatten sich Tri State Corner, die offziell als Band aus
Deutschland stammen, auch redlich verdient. Trotzdem war dann die
Freude meinerseits nicht so überschwänglich, als dass ich dann
gerade eine CD erstehen wollte. Dennoch fiel das Fazit nach
inzwischen eher selten gewordenen 45 Support-Minuten grundsätzlich
gut aus.
Nazareth
Während ich dem neuen Naz-Album «Big Dogz» einiges abgewinnen
kann, urteilte mein Kollege und Chauffeur des heutigen Abends
weitaus kritischer. Uns gemeinsam war jedoch eine entsprechende
Erwartungshaltung an das Konzert. Diese ging heuer über die
Standard-Frage hinaus, was McCafferty's Stimmbänder noch hergeben.
Vielmehr zählten die gewählten Songs und wie das frische Material
auf der Bühne klingt. Doch es sollte sich bald heraus stellen, dass
ein anderer Musiker die zentrale Figur am heutigen Abend sein würde.
Doch bevor man das mitbekam, startete der Headliner mit dem
bekannten Intro, ehe dann mit «Silver Dollar Forger» vom 74er Album
«Rampant» ein für zumindest meine Begriffe eher unerwarteter Opener
das Konzert eröffnete. Natürlich galt die erste Aufmerksamkeit
zunächst doch der Stimme von Herrn McCafferty und die schien heute
Abend soweit gut beieinander zu sein. Es folgte «Big Dogs Gonna Howl»,
der erste Song vom neuen Werk und legte so den beträchtlichen
Abstand von 37 Jahren dazwischen. Der einlullende Loop zu Beginn und
das grundsätzlich eher schleppende Tempo kamen dem offensichtlich
benebelten Jimmy Murrison nicht entgegen, im Gegenteil!
Wiederholte Tempi-Rempler und gar leicht unsauberes Solo-Spiel liessen
schon bald einmal Böses für den weiteren Fortgang des Abends
erahnen. Die Bestätigung dessen liess dann nicht lange auf sich
warten und gipfelte in einer der desaströsesten Interpretationen von
«This Flight Tonight», die ich je von Nazareth gehört habe. Jimmy
langte schlicht mehrfach daneben und schluderte sich durch diesen
Band-Klassiker, dass sich einem die Zehennägel nach oben rollten!
Das entfachte so natürlich keine überschwengliche Stimmung und ich
war eigentlich überrascht, dass nicht noch Pfiffe aus dem
Publikum
kamen. Obwohl die beiden Veteranen (McCafferty/Agnew) ja auch keine
Kinder von Traurigkeit sind und vor allem früher nichts ausliessen,
ist es eigentlich unakzeptabel, dass Kollege Murrison, den ich schon
ganz anders erlebt habe, so zugedröhnt auf die Bühne steigt. Das ist
schlicht unwürdig und letztlich nichts anderes als Betrug am
zahlenden Fan. So schlimm wie bei Amy Winehouse jeweilen war es
schon nicht, aber der gute Jimmy stand heute Abend einfach total
neben den Schuhen und das beeinflusste leider die Performance der
ganzen Band. Immerhin, auch wenn man hierzu eine Stecknadel hätte zu
Boden fallen hören, kam der über weite Strecken getragene Song «When
Jesus Comes To Save The World Again» dennoch recht gut rüber. Ein
von der Art her eher ungewöhnliches Liedgut von Nazareth, das mir aber
sehr gefällt. Gerade davor bewies der airplaytaugliche Track
«Radio», dass das Hitgespür nach wie vor vorhanden ist. Eine schöne
Gute Laune Nummer, die im Mittelteil gar etwas U2-Flair (vom
Gitarrenspiel her) versprüht und bei dem Titel hoffentlich dort auch
gespielt wird. Nachdem «Dream On» die Abteilung Monster-Hit schon
früh im Set befriedigt hatte, standen nun einige, weitere Perlen der
Vergangenheit an, darunter «Whisky Drinkin' Woman», «Hair Of The
Dog» und «Razamanaz». Bei letzterem Lied hinterliess Jimmy Murrison
erneut ein ziemlich trauriges Bild als Musiker und die etwas mehr
als 400 Leute konnten sich deswegen nicht wirklich am eigentlich
überraschend langen, fast 110-minütigen Gig ergötzen. Schlimmer war
an gleicher Stelle nur noch Phil Moog von UFO, aber das ist eine
andere Geschichte!
Setliste: «Intro» - «Silver Dollar Forger» - «Big Dogs Gonna Howl» -
«This Month's Messiah» - «Dream On» - «This Flight Tonight» - «See
Me» - «Bad Bad Boy» - «Radio» - «When Jesus Comes To Save The World
Again» - «Love Leads To Madness» - «Whisky Drinkin' Woman» -
«Changing Times» - «Hair Of The Dog» -- «Razamanaz» - «Love Hurts» -
«Morning Dew».
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