Lange, wirklich verdammt lange habe ich mich
auf diesen Tag gefreut, denn wenn jemand Negura Bunget vergöttert,
dann wohl ich. Zum ersten Mal wanderten die Rumänen von
Transilvanien in Richtung Schweiz und brachten zur grossen Freude
auch noch ein sehr interessantes Dreiergespann mit: Die
atmosphärischen Schwarzmetaller Klabautamann, die Schweizer
Black-Brigade Tribes Of Cain und die epischen Doom-Metaller Morrigu
beehrten uns mit ihrer Klangwelt. Das ziemlich gut versteckte Alpina
in Burgdorf konnte mit etwas Hilfe der sehr freundlichen Bewohner
dann doch noch gefunden werden. Eine relativ kleine Bühne und ein
ziemlich tiefer Raum machten mir anfangs ein wenig Sorgen, da der
Sound eventuell zu abgedroschen klingen würde. Ich wurde aber bald
des Besseren belehrt.
Morrigu
Die Zürcher Doom Metal-Band Morrigu hatte die schwierige Aufgabe,
das Publikum auf Trab zu bringen. Die Band hat trotz ihres bereits
8jährigen Bestehens erst ein Album herausgebracht, welches 2002
erschienen ist, und hätten jetzt ein weiteres Album, das sie
veröffentlichen könnten, aber momentan fehlt ihnen, völlig
unverständlich, ein Label. Man merkte, wie sehr sich die Band
entwickelt hat, die noch relativ unausgereiften epischen Parts auf
dem Debütalbum wurden ausgemerzt und die neue Musik von Morrigu geht
wirklich wunderbar ins Ohr. Feine Doompassagen, welche zwar
schleppend, aber dennoch bombastisch daherkommen. Die Epik spielt
bei Morrigu eine grosse Rolle, was den Klängen noch mehr Tiefe
schenkt. Die Schweizer kann man nicht brauchen, wenn es darum geht,
eine Halle zum Toben zu bringen, Morrigu machen Musik für die Seele
und das Herz, und dies machten sie vorzüglich. Die Zuschauer
lauschten behutsam zu und machten einen eher ruhigeren Eindruck, was
sich aber leider den ganzen Abend kaum änderte. Morrigu’s
Entwicklung ist gewaltig, und ich kann nicht verstehen, weshalb die
Zürcher noch keine Möglichkeit bekommen haben ihr zweites Werk zu
veröffentlichen.
Tribes Of Cain
Nach dem sagenhaften Auftritt von Morrigu betrat die nächste Zürcher
Band die Bühne: Tribes of Cain. Melodischer Black Metal mit einem
kleinen Todesmetallanteil sollte es dann sein, und das Publikum
freute sich. Der Sänger mit obligater Brille, welche das Corpsepaint
locker in den Schatten stellte, legte los und zeigte gleich mal, wo
der Hammer hängt. Aus der Schönheit und Melancholie von Morrigu in
die verkohlte, dreckige Hölle von Tribes Of Cain, ein Wechsel der
extremer und besser nicht hätte sein können. Die Zuschauer erwachten
ein wenig aus dem Tiefschlaf und wenige kreisten ‚sogar’ ihre Köpfe.
Die Schweizer spielten Song für Song, aber mich konnten sie nie
richtig mitreissen, zu durchschaubare Drumparts, keine Abwechslung
in der Stimme und die Gitarren versuchten eine Tiefe zu erreichen,
die sie nie erreicht haben. Im Ansatz war die Musik sicherlich in
Ordnung, aber Tribes Of Cain haben meiner Meinung einfach nicht mehr
als durchschnittlichen Black Metal mit relativ schwachen
Death-Elementen geboten. Auf der CD machen Tribes Of Cain einiges
mehr her. Der Auftritt war nicht schlecht, aber vom Hocker hat er
mich auch nicht gehauen.
Klabautamann
Die Klabautamänner hüpften auf die Bühne, und wer dort ‚korpiklaanimässigen’
Folk Metal erwartete, der hat sich komplett vertan. Die Deutschen
spielen nämlich atmosphärischen, sehr naturbezogenen Black Metal.
Trotz Soundproblemen legten Klabautamann einen überzeugenden Start
hin: Songs von ihren Alben „Der Ort“ und „Our Journey Through The
Woods“ packten mich sofort und es umgab mich der Geschmack des
Waldes. Das Publikum, wie immer unbekümmert, stand grösstenteils da
und schaute sich das Konzert an, aber dies war es dann auch schon.
Verdient hatten das die Deutschen aber mit Bestimmtheit nicht, denn
diese zeigten eine fantastische Leistung. Klar, ihre Black
Metal-Parts waren monoton und auch nicht meisterlich, aber sobald
sie die Natur mitspielen liessen entstand eine Ruhe, eine
Atmosphäre, die mich an ganz grosse Bands wie eben die nachfolgenden
Negura Bunget erinnerte. Wer die Band auf CD kennt, der kann sich
live eine noch bessere Band vorstellen, Klabautamann haben mich
trotz der ziemlich krassen Soundschwierigkeiten überzeugt, und ohne
diese Probleme könnte sich die Band wohl noch lautere Jubelschreie
von mir anhören. Ich bin sehr gespannt, was man zukünftig noch von
Klabautamann hören wird, denn Potential haben sie ebenfalls noch
immens.
Negura Bunget
Der grosse Moment war gekommen, mein Moment, der Moment von Negura
Bunget. Die Rumänen waren ausgerüstet und kamen mit Holzplatte,
Hammer, einem etwas komischen langen Blashorn, einer Art Xylophon
und der natürlichen Standartausrüstung auf die Bühne. Wer die Band
bereits gehört hat, weiss genau, aus welchem
Grund sie solch
komisches Equipment auf die Bühne mitnahmen. Als die Rumänen ihren
ersten Ton gespielt hatten, war ich weg, weg in einer anderen Welt,
verzaubert und vollkommen in Trance. So etwas habe ich noch nie in
meinem Leben gehört, jeder Ton, jeder Riff, jeder Schlag ein ewiger
Moment. Ich schüttelte meinen Kopf, die Augen geschlossen, erlebte
die Musik bis tief in meine Seele und wollte, dass Negura Bunget nie
mehr aufhörten zu spielen. Die Leadgitarren von Tesarul de Lumini
beispielsweise liessen mich beinahe in Tränen ausbrechen, so
wunderschön wurden sie gespielt. Negura Bunget fabrizieren Musik der
Extraklasse, Negru und Huppo-grammos, die beiden Hauptmember, sind
die Spitze des Berges, und was atmosphärische Klänge anbelangt in
keiner Weise zu toppen. Das Publikum war ruhig und lauschte die
göttlichen Kompositionen der Rumänen, scheinbar gefiel das Negura
Bunget aber nicht, denn Huppogrammos regte sich auf der Bühne
relativ rasch auf. Auf der einen Seite war mir klar, dass die
Zuschauer diese gewaltige Schönheit, diese grenzenlose Atmosphäre
zuerst verarbeiten mussten, denn ich bin mir sicher, nicht viele
haben jemals solch gigantische Klangwelten erleben dürfen, aber auf
der anderen Seite hätte ich mir ebenfalls ein etwas anderes Publikum
gewünscht wenn ich auf der Bühne gestanden hätte. Negura Bunget
spielten vor allem Songs von ihrem neuen Werk „Om“, welches für mich
eines der besten Alben überhaupt darstellt und ich jedem, wirklich
jedem, der etwas Metalgeschichte hören will, empfehlen würde.
Ansonsten brachten sie auch ein paar ältere Stücke, die aber nicht
weniger grandios waren. Die Transilvanier schlagen mit zwei Hammer
auf eine Holzplatte, dazu benützen sie sorgfältig ihr Blashorn und
lassen Xylophontöne (oder sicherlich was in der Art) sagenhaft in
die Gehörgänge leiten und erzeugen so eine Atmosphäre, die absolut
alles in den Schatten stellt. Ich bin hin und weg und gestehe, dass
mich dieses Konzert auf dem weiteren Lebensweg begleiten wird, denn
es war meiner Meinung nach nicht nur mein schönstes und bestes
Konzert, sondern ein Meilenstein, ein Meilenstein in der Kunst der
Musik. Ein grosses Dankeschön an die Veranstalter, die es überhaupt
erst möglich gemacht haben, diese Band in die Schweiz zu holen.
|
|