Seit Anette Olzon als Nachfolgerin von Tarja Turunen am 24.5.07
bekannt gegeben wurde, sind auch schon wieder zwei Jahre vergangen.
In dieser Zeit, das heisst seit der Veröffentlichung des letzten
Studio-Albums «Dark Passion Play» im September 2007, dem ersten nach
der Turunen-Ära, war die Band fleissig unterwegs und spielte dabei
in Israel, Nord- und Südamerika, Europa, Japan, China und
Australien. In unseren Breitengraden kamen dann noch einige
Festivals dazu, wie zum Beispiel auch in Wacken (D) als Headliner.
Das gab der sympathischen Schwedin somit während fast 180 Konzerten
(!) genügend Gelegenheit, ihren Gesang fortlaufend zu verbessern und
ihre Stellung innerhalb der Band zu festigen. Wie sich das anhört,
kann seit diesem März auf der Live-DVD/CD «Made in Hong Kong (And In
Various Other Places)» nachgeprüft werden. Bevor es diesen Sommer
wieder mit Festivals (heuer bei uns auf dem «Greenfield Festival»)
los geht, absolvierten Nightwish im Frühling eine Euro-Hallentour,
während man im Mai wieder für 10 Konzerte in den Staaten drüben war
und im September, gegen Ende der «Dark Passion Play»-Tour, auch
einmal in Moskau aufspielen wird. Der Schweizer Hallen-Termin war in
Basel und obwohl nicht ganz ausverkauft, war die Halle sehr gut
gefüllt (ca. 8'000 Fans). Als Support waren Indica erstmals und Pain
wiederum mit dabei.
Indica
Es hätte nicht viel gefehlt und die Sache wäre in die Hose gegangen!
Wie das? Da ich irrtümlicherweise davon ausging (weil es ja Samstag
war), dass das Konzert um 20.00 Uhr beginnt, hatte ich es nicht
gerade eilig, nach Basel zu fahren. Erst ein "Wo bist du?"-Anruf von
Chief Roxx liess mich aufschrecken und unvermittelt aufbrechen! Ich
hatte verkehrstechnisch Glück und stand (die einzelnen Details
erspare ich jetzt der Leserschaft) genau um Punkt 19.00 Uhr im
Fotograben der St. Jakobshalle, als das Licht ausging und die fünf
hübschen Mädels von Indica auf die Bühne kamen. Das bereits
zahlreich vorhandene Publikum spendete den Nordländerinnen aus
Finnland zuerst mal einen aufmunternden Willkommensapplaus. Dem
Vernehmen nach war das der erste Auftritt überhaupt in der Schweiz!
Mit einer Art Gothic Rock, verziert mit einigen, poppigen Anleihen,
konnte das weibliche Quintett zwar keine Beifallsstürme erzeugen,
kam aber insgesamt recht gut bei den in den ersten Reihen
überwiegend recht jungen Fans an. Dabei bekamen Indica als erster
Support ungewöhnlich gutes Licht serviert, was den ganzen Aufritt
zusätzlich aufwertete. Das Stageacting konnte sich ebenso sehen
lassen, denn Jonsu (v), Heini (b), Sirkku (keys) und Jenny (g)
bewegten sich unentwegt, während Laura ihre Beats dazu spielte. Jonsu präsentierte sich als souveräne Frontfrau und spielte auch
einmal auf einer Violine. Die Songs stammten vom letztjährigen Album
«Valoissa», das es zuerst nur auf finnisch gab. Spätestens bei der
gut interpretierten Cover-Version vom Kate Bush Hit «Wuthering
Heights» kam definitiv zum Vorschein, dass wohl alle Songs mit
englischen Texten vorgetragen wurden. Obwohl die poppigen Elemente
für meinen Geschmack langsam Überhand nahmen, fiel die Bilanz an
gleicher Stelle dennoch um Längen besser als noch bei Lauren Harris
(Support Iron Maiden). Trotzdem waren die nur 25 Minuten viel zu
schnell vorbei, und da hätte es ruhig noch etwas mehr Girlie-Sound
geben dürfen.
Pain
Die Band von Producer-Ikone Peter Tägtgren war schon im Februar 2008
im Zürcher Hallenstadion als Support des Headliners dabei. Die
neuerliche Berücksichtigung hatte sicher was damit zu tun, dass
Anette Olzon auf der aktuellen Scheibe «Cynic Paradise» ein paar
Guest-Vocals beigesteuert hat. Obwohl man musikalisch im Bereich von industrial angehauchtem Dark Rock/Electro Metal eher düsterer zur
Sache geht, brauchten Pain nur gerade ein paar wenige Minuten, um
das Publikum auf ihre Seite und in ihren Bann zu ziehen. Das war
wirklich interessant zu beobachten, wie die Masse schlagartig mit
der Anteilnahme zulegte. Zu eher schummrigem Licht und viel
Trockeneis legten sich die Jungs voll rein und stellten auch ein
paar Songs des letztjährigen, fünften Studio-Albums vor. Die
Keyboard-Parts kamen zwar allesamt vom Band, aber das kümmerte
niemanden und so ging die Show munter weiter. Master Tägtgren war
wohl selber etwas überrascht, welche Reaktionen heute Abend von den
Schweizer Fans entgegnet wurden. Diese bekamen aber auch die volle
Dröhnung um die Ohren gehauen, natürlich mit der entsprechenden
Dezibel-Limite versehen! Wir sind ja schliesslich in der Schweiz
hier..., wie dem auch sei..., der Sound war auf jeden Fall fett und
der Bass von Johan Husgafvel knarzte beinahe. Während Peter neben
dem variablen Gesang mehr für die Rhythmus-Gitarrenparts zuständig
war, fand Leadgitarrist Michael Bohlin immer wieder mal Zeit, seine
solistischen Einlagen mit der entsprechenden Pose zu zelebrieren.
Gemeinsam wurden die langhaarigen Rüben passend dazu im Takt von moshigen Riffs windmühlenmässig geschüttelt. Die Ansagen der Songs
waren relativ schlecht zu verstehen, aber zwischendurch drang mal
was an meine Lauscher: «Monkey Business» wurde angekündigt, also ein
neuer Track. Da es Pain nicht erst seit gestern gibt, gäbe es da
noch eine Menge mehr Material zu spielen. Da ich ziemlich schlecht
mit den Releases der Schweden vertraut bin, gab es dem entsprechend
leider nichts, was ich auf Anhieb gekannt hätte. Zum Schluss der
nicht viel längeren 35 Minuten als zuvor folgte mit «Shut Your Mouth»
(von «Nothing Remains The Same - 2002) sowas wie ein Hit, denn
plötzlich jumpten alle wie wild auf und ab! Somit war die Aufgabe
des Anheizens erfüllt und die Halle bereit für den Hauptact des
Abends.
Nightwish
Die Anweisung an die Fotographen, den Beginn der Show des Headliners
zuerst aus sicherer Distanz zu verfolgen, deutete unmissverständlich
darauf hin, dass das Element Feuer schon am Anfang zum Einsatz
gelangt. Punkt 20.30 Uhr war es dann soweit! Mit einem Intro, das
etwas ähnlich dem klang, was Nazareth immer verwenden, begann das
Konzert. Offenbar, wie zum Beispiel in Rotterdam am 15.3.09, gelangt
auf dieser Tour noch eine anderes zum Einsatz, das mehr im Stil von
«Fluch der Karibik» ist. Trockeneis und blaues Licht verwandelten
die üppig bestückte Bühne geradezu in eine Traumlandschaft. Auf der
linken Seite stand ein Schiff, in dem sich Tuomas Holopainen und
seine Keyboards befanden. Vorne rechts lag ein riesiger Anker und
zusätzliche Felselemente rundeten das Bild ab. Hinten hing ein
grosses Backdrop mit dem Schriftzug und Drummer Jukka Nevalainen
spielte erhöht auf einem Podest. Die Setliste wurde im Vergleich zur
letzten Tour ziemlich umgestellt, denn der Opener war
diesmal «7
Days To The Wolves», wozu die üppigen Gasflammen optimal passten und
die Show so richtig auf Touren brachten. Anette Olzon, inzwischen
mit blonden Haaren, traf die Töne ohne Mühe und auch die ersten,
hohen Screams kamen voll durch. Gleiches galt natürlich auch für
Bassist/Sänger Marco Hietala, der beim nachfolgenden «Dead To The
World» (von «Century Child» - 2002) und «The Siren» (von «Once» -
2004) gleich mal richtig Gas geben konnte. Die zweistimmigen Parts
hörten sich perfekt an und unterstrichen die Bedeutung beider
Gesangslinien auf's Neue. Spätestens bei «Amaranth» war dann der
berühmte Zapfen ab und die Halle tobte zur genialen Show, die von
Nightwish geboten wurde. Etwas von weiter hinten sahen die
verschiedensten Bühnenbilder einfach hammermässig aus. Immer wieder
wurden pyrotechnische Effekte eingeschleust, die gut zum Gesamtbild
passten. Hauptbestandteil war natürlich die üppig ausgelegte
Lightshow, ohne die so eine Band eher blass aussehen würde.
Soundmässig war's ok, aber je nach Standort oder Sitzplatz
unterschiedlich. Gitarrist Emppu Vuorinen, der insgesamt eigentlich
mehr rifft als soliert, bekam diesmal, wie bei «Romanticide» (von «Once»
- 2004) doch mal Gelegenheit zu zeigen, dass er es schon drauf hat!
Die gleiche Ernte konnte Anette bei «Dead Boy's Poem» einfahren,
einem Track der «Wishmaster»-Ära von 2000. Man merkte zunehmend,
dass es bald keinen Song mehr aus dem Turunen-Backkatalog geben
wird, denn die Schwedin nicht interpretieren wird können. Nicht
fehlen durfte mit «The Poet And The Pendulum» der grandiose Opener
von «Dark Passion Play» und ebenso wenig der Smasher «Nemo».
Persönliche Highlights waren aber einmal mehr «Sahara» und «The
Islander». Letzterer übrigens ein Track aus der Feder von Marco
Hietala und ursprünglich eigentlich für seine Band Tarot vorgesehen.
Neu im Set war «Ghost Love Score» (auch von Once») als erste Zugabe,
wo Anette abermals brillierte und so wohl den letzten Zweiflern den
Wind aus den Segeln nahm. Das obligate «I Wish I Had An Angel»
bildete den erwarteten Schlusspunkt eines sehr überzeugenden
Konzertes der finnischen Bombast-Metaller. Einzig «God Bless The
Child» fehlt halt immer noch und «Last Of The Wilds» steht manchmal,
wie in München (26.3.09), zusätzlich im Set. Doch auch so gab es
kaum jemand an diesem Abend, dem die 100 gebotenen Minuten nicht
gefallen hätten. Und jetzt können wir uns auf das nächste Album
freuen, auf dem Anette nun von Anfang an dabei sein wird!
Setlist: «Intro» - «7 Days To The Wolves» - «Dead To The World» - «The
Siren» - «Amaranth» - «Romanticide» - «Dead Boy's Poem» - «The Poet
And The Pendulum» - «Nemo» - «Sahara» - «The Islander» - «The
Escapist» - «Dark Chest Of Wonders» -- «Ghost Love Score» - «Wish I
Had An Angel» - «Outro».
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