Vier lange Jahre mussten die Fans von Nightwish auf neue Songs
ihrer erklärten Lieblinge warten. Im letzten November war es dann
endlich soweit, dass die songwriterischen Ergüsse des Tuomas
Holopainen in Form von «Imaginaerum» den Weg an die Öffentlichkeit
fanden. Studio-Album Nummer sieben ist gleichzeitig das erste
"richtige" Album mit Tarja-Nachfolgerin Anette Olzon, die bei «Dark
Passion Play» (2007) lediglich den Karaoke-Part bekleiden durfte.
Was damals zum Umfeld oder besser gesagt noch zu den Nachwehen des
eher unrühmlichen Ausscheidens von Frau Turunen gehörte, ist nun
längst Vergangenheit. Gestählt durch unzählige Konzerte hat sich
Anette Olzon bestens in die Band integriert und das ist vorab das
auch grosse und deutlich hörbare Plus der neuen Scheibe. Diese
sorgte bei ihren Anhängern grundsätzlich abermals für Freude, doch
der deutliche Hang in Richtung Filmmusik und das Fehlen von Bombast
im Sinne von «God Bless The Child» gefällt nicht allen gleich gut.
Nichtsdestotrotz gaben sich die Finnen bei ihrem Schweizer Konzert
keine Blösse und knapp ziemlich gut gelaunte 11'000 Fans bekamen
genau das, was sie sich erhofft hatten, nämlich eine fette Show.
Eklipse und vor allem Battle Beast sorgten derweil für
abwechslungsreichen Support-Sound. (rsl)
Eklipse
Das weibliche Streichquartett Eklipse aus Deutschland eröffnete den
Abend um 18.50 Uhr und unterhielt das langsam eintrudelnde Publikum
eher mit optischen Reizen als mit musikalischer Virtuosität. Einige
Leute hatten sich bereits vor der Bühne versammelt, doch der grösste
Teil der Zuschauer befand sich zu dieser Zeit entweder noch im Stau
oder beim Bier trinken an den Bars des Hallenstadions. Ich finde,
gross verpasst hatten die nicht wirklich etwas. Wie auch bereits auf
ihrem ersten Album «A Night In Strings» bewiesen wurde: Die Musik
der vier Damen ist mittelmässig bis unspektakulär und bot auch
meiner Meinung nach live keinen grossen Höhepunkt. Bekannte Pop- und
Rocksongs wie zum Beispiel «Paparazzi» von Lady Gaga oder «Clocks»
von Coldplay wurden im kammermusikalischen Kleid präsentiert, dazu
trug man Strapse und kürze Röckchen. Mit den zwei Violinen, einer
Bratsche und einem Cello schafften die mysteriösen Ladys jedoch eine
besinnliche Einleitung zu der geballten Ladung an Energie, die
danach noch folgen sollte. Schwelgerisch und verträumt liessen sie
die zarten Finger über ihre Streichinstrumente gleiten und
verzauberten mit der instrumentalen Klassik vielleicht doch den
einen oder anderen Zuschauer in den ersten Reihen. Die artverwandten
Apocalyptica spielen da jedoch in einer ganz anderen Liga! Nun ja,
die Damen sind nebst ihrer offensichtlichen Jugendlichkeit ja noch
am Beginn ihres Wirkens. (lia)
Battle Beast
Die Dampfwalze aus Helsinki, Finnland hatte da wesentlich mehr zu
bieten: «Enter The Metal World» - was eine Hymne! Absolut stark! Battle Beast rissen das Publikum schneller wie der Blitz aus der
Frühjahresmüdigkeit und feuerten originalen 80er Heavy Metal direkt
in die Fresse! Flatsch! Ich behaupte Nitte Valo ist die
Reinkarnation von Ronnie James Dio in weiblicher Form. Ich kann mich
wirklich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal eine Frau am Gesang
erleben durfte, die mit solcher Wucht und solcher Power schon beim
allerersten Ton voll überzeugte. Die Stimmgewalt der kleinen
Finnin
regierte das Hallenstadion in kürzester Zeit und lockte das Volk
scharenweise aus den Löchern und schwubbs war die Halle plötzlich
voll! Nicht nur auf dem aktuellen Album, sondern auch live schaffte
sie es, ultra hohe wie auch tiefe Töne, punktgenau zu treffen und
wirbelte dabei wie ein Tornado über die grosse Bühne des
Hallenstadions. Ihre Screams waren schlicht die Sensation des Abends
für mich. Auch die fünf Herren, die sie um sich scharte, erbrachten
eine astreine Perfor-mance. Der Beweis für meine Euphorie lieferte
das nachträgliche Erlebnis an den Merchandising-Ständen: Battle
Beast CDs? Restlos Ausverkauft! Und die Anfrage war enorm, sie
hätten wahrscheinlich nochmals so viel verkaufen können. Was für ein
traumhafter Start für die erst 2008 gegründete Band, die mit «Steel»
in diesem Jahr ihr erstes Album veröffentlich hatte. Weltklasse!
Bisher DIE Neuentdeckung des Jahres 2012! (lia)
Setliste: «Justice And Metal» - «Armageddon Clan» - «Cyberspace» -
«Steel» - «Iron Hand» - «Victory» - «Enter The Metal World» - «Show
Me How To Die».
Nightwish
Auch meine Wenigkeit war immer noch ziemlich geplättet von dem, was
Battle Beast soeben aufgeführt, respektive abgeliefert hatten.
Einfach grandios und der Headliner des Abends konnte sich sicher
sein, dass nun auch sein Publikum bereit für die Hauptshow war. Noch
immer hinter einer Art Vorhang kam als Erster Bassist/Sänger Marco
Hietala auf die Bühne, setzte sich hin und sprach/sang das Intro,
ehe es dann vor allem lichtgewaltig mit «Storytime» bereits voll
abging. Die durchschnittlich eher jüngeren Fans antizipierten von
Anfang an und sorgten schon bald für eine tolle, bis zum Schluss hin
anhaltende Stimmung im Hallenstadion. Auch wenn es nicht ganz für ein "sold
out" gereicht hatte, bekam man dennoch das Gefühl, dass die Halle
sehr gut gefüllt war. «Wish I Had An Angel» und «Amaranth» kamen
schon früh im Set und sorgten für Begeisterung. Das Gegenteil im
Sinne von schon fast andächtigem Zuhören löste die unerwartet
gespielte Swing-Nummer «Slow, Love, Slow» aus, bevor das
stimmgewaltige und folkig gewürzte «I Want My Tears Back» (mit Troy
Donockley als Gastmusiker) sich als künftiger Hit
empfahl. Das
Bühnenbild war auf der letzten Tour opulenter, aber das Pfeifen- und
Röhrengebilde, auf dem Tuomas Holopainen mit seinen
Tastenins-trumenten thronte, sah echt geil aus. Das galt ebenso für die
diversen Pyro-Effekte, wovon rotfarbene Gassalven im Takt des
Keyboards ein besonders lebendiges Bild ablieferten. Ein grosse,
elektronische Bildwand lieferte derweil thematisch, also zum Cover
Artwork von «Imaginaerum» passende Einspielungen wie den Lunapark.
Die beiden Balladen «The Crow, The Owl And The Dove», «The Islander»
und die gelungene akustische Umsetzung von «Nemo» gehörten ebenso zu den
Highlights, wie typische Nightwish Rocker der Marke «Ghost River».
Die perfekt adaptierte Cover-Version vom Gary Moore Klassiker «Over
The Hills And Far Away» bekam durch eine kurze Würdigung des leider
viel zu früh verstorbenen Gitarren-Virtuosen noch mehr Gewicht.
Danach machten sich Nightwish erst mal vom Acker, um nochmals für
drei Zugaben zurück zu kehren, wobei das überlange «Song Of Myself»
und als Schlusssong «Last Ride Of The Day» (beide vom neuen Album)
aufzeigten, wie viel Selbstvertrauen die Band ihrem neuen Material
entgegen bringt. Dass bei gut 105 Minuten Spielzeit einige Hämmer
der Vergangenheit auf der Strecke blieben, war nicht zu verhindern.
Trotzdem vermochte dieser gelungene Auftritt von Nightwish sehr zu
gefallen und sorgte zumindest für meine Begriffe für
überdurchschnittlichen Zuspruch des Publikums, was an dieser Stelle
leider nicht sehr oft der Fall ist. (rsl)
Setliste: «Taikatalvi (Intro)» - «Storytime» - «Wish I Had An Angel»
- «Amaranth» - «Scaretale» - «Slow, Love, Slow» - «I Want My Tears
Back» - «Come Cover Me» - «The Crow, The Owl And The Dove» - «The
Islander» - «Nemo (acoustic)» - «Last Of The Wilds» - «Planet Hell»
- «Ghost River» - «Dead To The World» - «Over The Hills And Far Away
(Gary Moore Cover)» -- «Finlandia (Jean Sibelius Cover)» - «Song Of
Myself» - «Last Ride Of The Day».
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