Als ich erfuhr, dass «Meh Suff!» das Festival «Obscura – Omnivium
Europe 2012» organisiert, entschied ich mich sofort, dass ich diesen
Event unbedingt besuchen werde. Die deutsche Band Obscura, das
schwedische Kollektiv Spawn Of Possession und die Franzosen von
Gorod sind Leader im europäischen Progressive/Technical/Death Metal.
Ausserdem war ich dadurch angenehm überrascht, dass die holländischen
Experimentatoren Exivious, die Jazz/Fusion Metal spielen, an jenem
Abend als aufwärmende Band auftraten. Wenn man solch einen Event zu
besuchen plant, braucht man keinen Zweifel daran zu haben, dass man
ins Epizentrum von progressiver und epischer Musik geraten wird.
Höchstgeschwindigkeit, schwierige Gitarren- und Basspartien und ein
komplizierter Rhythmus — das sind alles integrierte Besonderheiten
dieses Genres. Selbstverständlich waren dort auch viele interessante
Gitarrenmodelle und verschieden-artige 5- und 6-saitige Bassgitarren
zu sehen. Danke sehr, Meh Suff! Trotzdem schien die "Halle" für
solch einen Event etwas zu klein zu sein.
Exivious
Als die Musiker von Exivious die Bühne betraten, klatschten die
Zuschauer Beifall. Schon vor dem Konzert war es klar, dass die Band
ihre treuen Fans hat, die von der neuen Ära im Leben der Band seit
Januar 2012 inspiriert sind. Ich habe keine Ahnung, warum man
beschloss, die Band ins Leben zurückzurufen, aber es scheint mir,
dass das Ankommen des Schlagzeugers Yuma Van Eekelen von Pestilence
eine wichtige Rolle dabei spielte. Ich freute mich sehr, als ich
diesen talentierten
Musiker
bei Exivious spielen sah. Er spielte seine Jazz-Partien ebenso
grossartig wie auch die Blast Beat-Kaskaden, die er noch im Herbst
beim Konzert von Pestilence auf der Doppelbasstrommel spielte.
Diesmal hatte er nur eine Basstrommel. Die Zuschauer genossen sein
wunderbares Spiel auf den kleinen Trommeln und Tschinellen. Im
Grossen und Ganzen ist die Musik aus dem einzigen Album von Exivious
«Ripple Of A Tear» so kompliziert wie der Weltraum, aber die Musiker
verstehen es, die Aufmerksamkeit der Zuschauer zu fesseln, obwohl
der musikalische Stoff kompliziert und hochintellektuell ist und
obwohl nicht gesungen wird. Der Band gehören zwei Ex-Teilnehmer der
Band Cynic an, und zwar Bassist Robin Zielhorst und Gitarrenspieler
Tymon Kruidenier, der meisterhafte Modulationseffekte darbot. Eben
Tymon, der seine Gitarre fest fasste, ging gut mit dem Publikum um,
indem er eine kurze Dankesrede hielt. Eine meisterhafte
Mischung von komplizierten Basspartien und Gitarrensoli prägte am
meisten das Lied «Waves of Thought» und die Komposition «Time And
Its Changes», die als vorletzte gespielt wurde. Bevor «Asurim»
gespielt wurde, erklärte Tymon, dass es die trübste Komposition bei
diesem Auftritt sei. Beim Spielen liess der Gitarrenspieler Michel
Nienhuis sein Musikinstrument ungewöhnlich klingen: Dank dem
speziellen elektrischen Handbogen Ebow klang die Gitarre einer Geige
ähnlich. In einer halben Stunde spielten die Musiker fünf Lieder.
Gorod
Dann traten die Musiker von Gorod auf die Bühne, begleitet von einem
Intro aus ihrem neuen Album «A Perfect Absolution». Und was weiter
passierte, bezeichnen die Journalisten gewöhnlich als «eine echte
Explosion», indem sie die stürmische Reaktion des Publikums auf den
Auftritt der Band beschreiben. Und das ist keinesfalls eine
Übertreibung! Die starke Energie und der grenzenlose Enthusiasmus
von den Musikern stimmte jeden heiter. Das Publikum reagierte aktiv
nicht nur auf jedes neue Lied, sondern auch auf jede Gitarren- oder
Basspartie, und auch immer, wenn der Sänger vom Guttural oder
Grunting zum Screamo wechselte. Im Jahre 2012 liess diese Band ihr
bestes Album veröffentlichen, das mehrere Elemente von den besten
Progressive Metal-Releases mit einbezieht. Der Komponist und
Gitarrenspieler Mathieu Pascal gewährte jedem Track nicht nur einen
einzigartigen Klang, sondern auch eine profilierte Melodik. An jenem
Abend wurden die besten Kompositionen aus diesem Album gespielt,
z.B. «Birds Of Sulphur», «The Axe Of God» und «Carved In The Wind»,
zu welcher die Zuschauer stürmischen Beifall klatschten. Wenn sie
diesen erstklassigen musikalischen Stoff mit dem Djent-ähnlichen
Klang von den siebensaitigen Gitarren von Mathieu und dem zweiten
Gitarrenspieler Nicolas Alberny sowie mit den ausdrucksvollen und
starken Basspartien von Benoit Claus multiplizieren, dann ergibt
sich ein
tätiger
Vulkan, der ständig mit neuen Hits ausbricht. Ich kann genau sagen,
dass der neue Sänger Julien «Nutz» Deyres das Schaffen der Band mit
originellen lyrischen Ideen bereicherte. Nachdem sich dieser Sänger
der Band angeschlossen hatte, erwarb sich die Band einen echt
wunderbaren Showman für ihre Live-Auftritte. Nutz ist artistisch,
dynamisch und sehr charmant. Aber auch die anderen Musiker dieser
Band besitzen ein starkes Charisma. Die Mimik und die Basstechnik
von Benoit Claus sind nicht zu beschreiben – in seiner Leidenschaft
schlug er die Saiten mit seiner Faust und tastete sie sogar mit
seiner Zunge! Supertechnisch spielt auch der Schlagzeuger Samuel
Santiago, der das Core-Trommeln mit dem sinkopierten Rhythmus
kombiniert, was für Progressive Metal so typisch ist. In einer
halben Stunde spielte diese Band auch die besten Lieder aus den zwei
vorigen Alben «Process Of A New Decline» und «Leading Vision».
Spawn Of Possession
Nach einer kurzen Pause betraten die legendären Schweden Spawn Of
Possession die Bühne. Die Hauptintrige bestand darin, dass der
talentierte deutsche Gitarrenspieler Christian Muenzner, der in drei
Bands spielte, im Rahmen von dieser Tournee sowohl bei Spawn Of
Possession, als auch bei Obscura spielen musste. Aber wegen der
Diagnose Focal Dystonia beschloss er seine linke Hand nicht zu
belästigen und trat deswegen nur bei Obscura auf. Stattdessen
beteiligte sich am Konzert Danny Tunker. Der Sänger Dennis Röndum
stellte ihn dem Publikum als ersten vor, bevor das Lied «Cabinet»
aus dem Debutalbum 2003 gespielt wurde. Meiner Meinung nach schaffte
er die ihm gestellte schwierige Aufgabe ganz erfolgreich. Die Band
konzentrierte sich auf die Tracks aus den Alben «Cabinet» (2003) und
«Noctambulant» (2006), das äusserst schnellen Brutal/Death
repräsentiert. Aus dem neuen Album wurde nur die Komposition «Where
Angels Go Demons Follow» gespielt, vor welchem Dennis mitteilte,
dass die Band nach einer sechsjährigen Unterbrechung endlich neuen
musikalischen Stoff geschaffen hat. Es war zu sehen, dass Dennis
eben alte Lieder mit grossem Vergnügen spielt. Vor «Lash By Lash»
erklärte er, dass er dieses Lied nach den Bitten von einigen treuen
Fans spielen wird, die die Band in dieser Tournee begleiten und von
Stadt zu Stadt Spawn Of Possession folgen. Einige begeisterte
Stimmen aus dem Publikum bestätigten seine Worte.
Setliste: «Swarm Of The Formless» - «Hidden In Flesh» - «Where Angels
Go Demons Follow» - «Spawn Of Possession» - «Dead Grotesque» - «Lash
By Lash» - «Church Of Deviance».
Obscura
Die Festival-Headliner Obscura erschienen auf der Bühne in
Begleitung des akustischen Gitarrenintros aus dem neuen Album «Omnivium».
Die Zuschauer vertieften sich in die Atmosphäre des finsteren,
endlosen, jedoch schönen Weltraums. Es ist nicht zu bezweifeln, dass
Obscura echt meisterhaften musikalischen Stoff zu schaffen wissen,
deswegen war ihr Auftritt sehr festlich! Trotzdem konnte sogar solch
eine erfolgreiche Band wie Obscura in der letzten Zeit einige
Änderungen im Bandbestand nicht vermeiden. Der berühmte Bassist
Jeroen Paul Thesseling, der zum Schaffen vom neuen Album viel
beigetragen hatte, verliess in diesem Herbst sowohl Obscura als auch
seine zweite Band Pestilence. Wer hat denn diesen meisterhaften
Bassisten ersetzt? Der junge Bassist Linus Klausenitzer ist jetzt
ein Vollmitglied der Band. Seine Basspartien klangen sehr sicher und
deutlich. Aber der Bass schien mir sehr ungewöhnlich zu sein - er
hatte einen massiven Körper mit sechs Saiten, aber es war nicht
fretless. Der Gitarrenspieler Christian Muenzner hat das höchste Lob
verdient. Trotz der Diagnose Focal Dystonia (teilweiser Verlust des
Muskeltonus) wurden seine komplizierten, epischen Soli grossartig
gespielt. Auch vom Schlagzeuger Hannes Grossmann war ich total
begeistert. Er war der Erste, der die Bühne betrat, und er prüfte
die komplizierte
Trommelanlage während einer langen Zeit, bevor die anderen Musiker
auf der Bühne erschienen. So viele verschiedene Trommeln und
Tschinellen in einer Anlage habe ich noch nie gesehen! Vor kurzem
liess er eine DVD herausgeben, die ‘Progressive Concepts For The
Modern Metal Drummer’ heisst und Lernmaterialien enthält. Besonders
schön wurde das Programm dank seinem längeren Drum-Solo, das
stürmischen Beifall verdient hat. Einen positiven Eindruck machte
auf mich auch der Leader und der geistige Anreger der Band, Sänger
und Gitarrenspieler Steffen Kummerer, der harsch singt, was für
Death Metal sehr untypisch ist. Er erfüllte auch die Funktion von
einem Conferencier und erklärte fast jedes nächste Lied. Die
Set-Liste bestand aus den Liedern aus dem letzten Album sowie aus
dem vorigen Album «Cosmogenesis» (2009). Es ist kein Geheimnis, dass
die Musiker von Obscura Nachfolger des späteren Schaffens von den
legendären Death-Bands sind.
Setliste: «Septuagint» - «Vortex Omnivium» - «Incarnated» - «Orbital
Elements» - «Universe Momentum» - «Ocean Gateways» - Drum Solo, «Noospheres»
- «The Anticosmic Overload» - «Centric Flow» - «Flesh And The Power It
Holds (Death Cover)».
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