Ursprünglich war das leckere Thrash-Quartett ja im Zürcher
Volkshaus angesagt gewesen. Weil sich vom Vorverkauf jedoch bald
einmal abzeichnete, dass der Zuspruch nicht so gross werden würde
wie erwartet, verlegte man den Gig ins soundDock 14 nach Dietikon.
Dass dies eine ziemlich gute Idee war, sollte sich schon bald heraus
stellen, denn nebst der idealen Location an sich, fühlte sich der
Laden, da natürlich kleiner als in Zürich, deutlich gefüllter an.
Und genau das braucht es, um eine amtliche Thrash-Party vom Zaun
reissen zu können. Die Zutaten dazu hätten nicht besser sein
können..., ok..., mit Exodus oder Death Angel wäre es natürlich noch
geiler gewesen. Doch mit After All aus Belgien standen neben den
Kult-Amis von Heathen und den hochkarätigen Headlinern beileibe
keine Anfänger auf der Bühne, im Gegenteil. Wer aber schon mal
Destruction live gesehen hat, weiss um das Inferno, das da jedes Mal
entfacht wird und zu Overkill noch gross was anmerken zu müssen,
hiesse Eulen nach Athen tragen. Bobby "Blitz" Ellsworth zeigte
dabei einmal mehr, wo der Bartli den Most holt! (rsl)
After All
Den ersten Kontakt mit den belgischen Thrashern hatte ich eher
zufällig, nämlich als Jens Häfner (ein alter Szene-Kumpel von mir
und Betreiber vom Kleinlabel «Killer Metal Records») das Album «The
Vermin Breed» von 2005 in einer limitierten Auflage von 500 Stück in
königsblauem Vinyl auflegte. Dabei überzeugte nicht nur die Optik
der LP, sondern auch die ziemlich groovig ausgelegte Mucke, die
einerseits einige Vibes von Hetfiled & Co. beinhaltet und
andererseits noch den einen oder anderen Happen Slayer und etwas
Metalcore aufblitzen lässt. Das Lineup, das heute Abend in Dietikon
auf die Bühne stieg, präsentierte zwei Neuerungen, die erst letztes
Jahr Tatsache wurden. Zum einen hat der mittlerweile ehemalige
Sänger Piet Focroul After All nach fast zwanzig Jahren Zugehörigkeit
verlassen und zudem seinen Bass offenbar definitiv weggelegt hat
auch Erwin Casier. Diese beiden Vakanzen wurden inzwischen durch
Sammy Peleman (v) und Frederik Vanmassenhove (b) gleichwertig
geschlossen. Gesanglich machte das keinen wirklich hörbaren
Unterschied zu vorher und die neue
Besetzung vermittelte wiederum
eine bemerkenswerte Geschlossenheit. Punkt 19.30 Uhr betrat die Opener-Band des Abends die Bühne des soundDock 14 und knüppelte
gleich mal voll drauf los. Damit war das «Killfest» 2011 offiziell
eröffnet und die anwesenden Fans machten nach einer kurzen
Anwärmphase schon anständig mit. Der Opener «My Own Sacrifice» und
weitere zwei Abschädler stammten vom letzten Album «Cult of Sin»
(2009), das übrigens Dan Swanö produziert hat. «Becoming The Martyr»
stammte hingegen ab der brandneuen, gleichnamigen EP, wo unter
anderem zwei Tracks des letzten Albums (die auch im Set standen) von
der neuen Besetzung neu aufgenommen wurden. Somit beschränkten sich
die Belgier nur auf neuere Songs und drückten damit wohl aus, dass
der Blick jetzt mehr nach vorne als in die Vergangenheit geht. Ich
sah After All zum ersten Mal live und mir gefiel dieser Auftritt
eigentlich ganz gut. Gleicher Meinung war auch das insgesamt eher
jüngere Publikum, das nach den ersten 30 Minuten Thrash-Beschallung
nun bereit für Heathen war. (rsl)
Setliste: «My Own Sacrifice» - «Devastation Done» - «End Of Your
World» - «Becoming The Martyr» - «Demolition Course» - «Betrayed By
The Gods» - «Timeless Machine».
Heathen
Ich wage an dieser Stelle zu behaupten, dass Heathen ihre Rückkehr
auf die Bühne eindeutig dem nun schon einige Zeit grassierenden
Thrash-Revival zu verdanken haben. Allerdings sind bereits auch
schon wieder zehn Jahre vergangen, seit es Heathen nach dem Split in
den 90ern wieder offiziell gibt. Angeführt durch die grossen Namen
der Szene, leckten nun auch einige kleinere Bands, wie zum Beispiel Forbidden, wieder Blut und bereichern seither die nicht kleine
Auswahl in dieser Stilecke. Nebst den Live-Aktivitäten braucht es
aber mit Vorteil neue Songs, um auch weiter im Haifischbecken des
Musikzirkus mitzumischen und da blieben Heathen die Antwort darauf
nicht schuldig. 2010 wurde nämlich mit «The Evolution Of Chaos» ein
bärenstarkes Comeback Album abgeliefert, das die Band um den Exodus
Klampfer Lee Altus in bestechender Form zeigt. Der letztjährige
Headliner-Gig im Kiff in Aarau dürfte wohl noch einigen Maniacs in
bester Erinnerung sein. Tragende Stütze ist dabei natürlich Sänger
David White, dessen Stimmbänder noch ziemlich auf der Höhe sind und
kaum was von der Güte der früheren Jahre eingebüsst haben. Darüber
hinaus gelten die Amerikaner als sehr fannah und haben keinerlei
Berührungsängste. Wo andere sich vielleicht im Gewühl nicht so wohl
fühlen, kommen die Amis erst recht auf Touren. Da erstaunte es
nicht, dass eigentlich von der ersten Sekunde an der Teufel im soundDock 14 los war. Mit nicht von der Hand zu weisenden, aber
verständlichen wie hörbaren Vibes von Exodus legten David White und
seine Mannen
einen Mörder-Set aufs Parkett! Die insgesamt nur vier
gespielten Songs stammten alle von der neuen Scheibe und Höhepunkt
war dabei der Longrunner «No Stone Unturned», der schon auf dem
Album über elf Minuten lang ist. Mittler-weile war der Mob
angestachelt genug, dass dem Wunsch von David, einen ordentlichen
Circle Pit zu veranstalten, noch so gerne nachgekommen wurde. Meine
Wenigkeit beobachtete das Ganze derweil auf der Empore und das
ermöglichte trotz ziemlich bescheidenem Licht einige gute Pix. Zudem
mutete der Pit zu gefährlich an, weil es leider immer ein paar
Dünnbrettbohrer darunter hat, die meinen, sie seien gerade im Karate
oder Kung-Fu Training. Nichtsdestotrotz blieb das Ganze aber
friedlich und nach weiteren, schweisstreibenden gut 35 Minuten war
bereits zum zweiten Mal Schicht im Schacht. Es bleibt schwer zu
hoffen, dass man die hochkarätige Thrash-Combo, die seit dieser Tour
übrigens wieder auf die Dienste von Bassist und Rückkehrer Jason
VieBrooks (Ex-Grip Inc.) zählt, bald wieder auf Schweizer Boden
erleben kann! Thrash 'til death... (rsl)
Setliste: «Dying Season» - «Control By Chaos» - «Arrows Of Agony» -
«No Stone Unturned».
Destruction
Nach dem tollen Auftritt von Heathen musste nun das germanische
Thrash-Trio Destruction beweisen, dass sie nicht zu Unrecht zu den
Besten ihres Faches gehören. Und um es vorneweg zu nehmen, Schmier
und seine Mannen killten. Mit «Hopp Schwiiz» begrüsste der singende
Bassist die Anwesenden und liess mit einem breiten Grinsen beim
zweiten Track «Mad Butcher» gleich mal den Moshpit aktiv werden. Die
Körper flogen durch die Luft und die damit verbundenen Bierduschen
taten ihr Übriges dazu, dass die Luft förmlich brennte. Destruction
spielten eine «Best Of»-Setliste, die nicht zu toppen war. Keiner
der grossen Hits fehlte und die Mischung aus Klassikern, neuerem und
topaktuellem Material verfehlte zu keiner Sekunde seine Wirkung. Die
spitzen, legendären Schreie von Schmier, die gnadenlosen Riffs von
Mike und das mechanische, brutale Drumming vom neuen Schlagzeuger
Vaaver versenkten alles in Grund und Boden. Da flog «Tears Of Blood»
ebenso wie eine Abrissbirne durch den sich mit Schweiss füllenden
Saal, wie «Thrash till Death» bei dem der Titel Programm war. Die
fliegenden Bodies vermehrten sich. «Schön wieder in der Schweiz zu
sein. Schade, dass wir nicht im Volkshaus spielen, die wollten uns
wohl nicht?», verkündete Schmier und stachelte das Publikum immer
wieder an. «Beim Mischpult sehe ich einige Herren, die mit uns alt
geworden sind. Die kenne ich noch vom ersten Gig, den wir bei euch
gespielt haben, das muss zusammen mit Slayer gewesen sein! Kommt
nach vorne, die Jungen werden euch schon nicht die Knochen brechen».
«Bestial Invasion» entpuppte sich als DIE Destruction-Hymne an
diesem Abend. Die Alten bangten und die Jungen tobten sich im Pit
aus. Sogar ein Stagediver verirrte sich kurz auf der Bühne, hüpfte
zurück ins Publikum und wurde vom selbigen im wahrsten Sinne des
Wortes auf Händen getragen. Auch wenn einiges bei den Pit-Jüngern
nach roher Gewalt aussah, es wurde keiner verletzt. «Good violent
fun». Schmier genoss den Auftritt, auch wenn er grosse Probleme mit
dem Monitorsound hatte. Er schrie und sang sich durch die Hits und
bangte sich die Halswirbel warm. Ebenso wie Mike. Was dieser Mann an
diesem Abend wieder alles aus seiner Gitarre zauberte war der
Hammer. Statt auf sein Griffbrett zu schauen, bangte der Lockenkopf
von der ersten Sekunde an und spielte traumhaft. Als wäre es das
Leichteste auf der Welt. Vaaver spielt nicht nur mit einer
unglaublichen Präzision, sondern war auch für die Backingvocals
verantwortlich. In meinen Augen war es einer der besten, wenn nicht
sogar der kraftvollste Gig, den ich von diesem Trio sah. Destruction
schraubten nochmals die Leistungskurve in die Höhe und der
nachfolgende Headliner musste sich nach dieser geilen Performance
verdammt warm anziehen. (tin)
Setliste: «Curse The Gods» «Mad Butcher» «Armageddonizer» «Tears Of
Blood» «Thrash 'till Death» «D.E.V.O.L.U.T.I.O.N.» «Bestial
Invasion» «Hate Is My Fuel» «Nailed To The Cross» «The Butcher
Strikes Back».
Overkill
Das Schlagzeug von Ron Lipnicki war auf einem Podest erhöht.
Dahinter thronte das Backdrop des Covers der letzten Scheibe «Ironbound».
Overkill hatten bedeutend mehr Platz als die anderen Bands. Das
Sounddock war voll, die Stimmung sensationell und die Truppe der
absolute Hammer. Es ist einfach göttlich mitanzusehen, wie sich die
Amis immer wieder steigern können und garantiert keinen schlechten
Gig spielen. Das liegt auch am unermesslichen Charisma von Sänger
Bobby «Blitz» Ellsworth. Auch wenn der Gute mit einem gefährlichen
Lapsus sein Konzert startete. Wie immer verschwindet «Blitz» bei den
Gitarrensoli von den Fans aus gesehen auf der linken Seite der
Bühne. Was bis anhin nie ein Problem war, wurde Bobby zum
Verhängnis. Ein grosser Vorhang ver-deckte blöderweise die Sicht für
den nach hinten rennenden Sänger, von dem man plötzlich nichts mehr
sah, da er neben der Bühne hinfiel. Für einen Moment stockte mir der
Atem, als ich aber sah, dass der Drumroadie Mister Ellsworth wieder
auf die Beine half, konnte man sicher sein, dass ausser ein paar
Schmerzen alles glimpflich abgelaufen war. Wie schon Destruction,
spielten auch die Amis eine «Best Of»-Setliste, die kaum zu toppen
war. Mit «The Green And Black» startete der Fünfer, um dann mit
einem Klassiker-Regen die Anwesenden zu duschen. «Rrrrrrrrrrrrrrrrotten
To The Core» und «Wrecking Crew» brachte das Sounddock zum Beben.
Speziell beim Mitsingpart von «Rotten To The Core» erschallte «TO;
THE; CORE» mit einer unglaublichen Aggressivität, dass einem Angst
und Bange werden konnte. Mit den mechanischen Armbewegungen
dirigierte Bobby das Publikum nach Belieben. Es war diese Mischung
aus bedrohlicher Aggressivität und mitreissendem Spass, welcher der
Sänger von der Bühne aus versprühte und Overkill durch einen wahren
Siegeszug führte. «We never fucking finished, welcome to the gutter
of Zurich!», was will man mehr? Der gleiche Stagediver, der schon
bei Destruction auf die Bühne kletterte, versucht sein Glück
nochmals und blieb erfolgreich, auch wenn sich langsam aber sicher
der Zorn der Security gegen ihn grösser wurde. Und die Pit-Jungs?
Die stachelten sich immer wieder aufs Neue an. Neben Bobby spielten
sich die beiden Gitarristen Derek Tailer und Dave Linsk in einen
wahren Rausch. Die Riffs zerschnitten alles und die solistischen
Einlagen waren definitiv nicht von dieser Welt. Für den Groove und
die Rhythmik waren neben Ron auch das einzige Urmitglied neben
Bobby, D.D. Verni verantwortlich. Speziell D.D. mit seiner äusserst
coolen Bühnenpräsentation war einmal mehr ein Performer, der nicht
durch wildes Herumhüpfen auffiel, sondern durch seine alles
durchdringenden Blicke und seiner unglaublichen Körpersprache. Diese
hatte auch Bobby. Speziell nachdem er sich seines Shirts entledigte
sah man immer wieder, welche Spannung durch den ganzen Körper geht
und mit welcher Hingabe der Sänger dieses Konzert bestritt.
Besonders vor dem letzten Song «Fuck You» bebte mehr als nur einmal
der komplette Brustkorb und der durchtrainierte Bauchbereich.
Overkill spielten eines dieser Konzerte, von denen ich meinen
Enkelkindern erzählen werde. Denn an diesem Abend spielten die
Amerikaner alle Trümpfe aus. Alle? Nein, denn ich bin mir sicher,
dass beim nächsten Konzert, die Jungs locker noch eins drauflegen
können. (tin)
Setliste: «The Green And Black» «Rotten To The Core» «Wrecking Crew»
«Infectious» «Bring Me The Night» «Bastard Nation» «Hammerhead» «Ironbound»
«Blood Money» «Endless War» «Hello From The Gutter» «Give A Little»
«Old School» «Deny The Cross» «Elimination» - «Fuck You».
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