Nachdem ich mehr als nur positiv überrascht vom neuen Papa
Roach-Album war, hielt ich die Gelegenheit, die Jungs auch mal live
erleben zu können, für sehr interessant. Dazu kam noch, dass sich
die Werten Herren von Filter endlich auch wieder mal in der Schweiz
blicken liessen, nachdem sie ja längere Zeit nicht mehr auf Tour
gewesen waren, was zusätzlich einen spannenden Abend versprach. An
einem verregneten Dienstag war es dann endlich soweit, und die Show
konnte beginnen.
In This Moment
Um ziemlich exakt Punkt acht Uhr legten dann auch schon die Jungs
und das Mädel von In This Moment los, und ich muss ehrlich sagen:
Rein von dem, was ich über MySpace von der Truppe gehört hatte, war
ich ziemlich skeptisch, wie der Auftritt sein würde. Doch ich wurde
eines Besseren belehrt, denn der Sound war deutlich metallischer,
derber und mitreis-sender als die Soundschnipsel im Netz. Zudem war
das Publikum sehr zahlreich vertreten, was für eine erste Vorband
nicht zwingend die Regel ist. Zudem sind In This Moment
offensichtlich sehr bekannt, was wiederum das grössere
Publikumsaufgebot sowie die beachtliche Anzahl an Leuten mit dem
Bandlogo auf dem Shirt erklärt. Die Sängerin, welche als Püppchen
verkleidet immer wieder hin und her stolzierte, hatte ein dermassen
kurzes Röckchen sowie ein tief sitzendes Oberteil an, dass man sehr
tiefe Einblicke bekam, was zwar die Aufmerksamkeit garantierte,
jedoch relativ schnell billig und schlampig wirkte. Gesangsmässig
hatte es die werte Dame jedoch ziemlich gut im Griff, interagierte
mit dem Publikum und hatte wie auch die restliche Band sichtlich
Spass am Auftritt. Nach einem relativ abrupten Abgang wurde es dann
aber langsam Zeit, den ersten Headliner des Abends standesgemäss zu
begrüssen.
Filter
Nach einer kurzen Ruhepause (umgebaut musste eigentlich nicht
wirklich viel, da In This Moment bereits vor dem Filter-Banner
gespielt hatten) enterten die gestandeneren Herren die Bretter.
Sänger
Richard Patrick, standesgemäss mit Sonnenbrille und einem entwaffnenden Grinsen bewaffnet, freute sich wie ein kleines Kind
und liess dies das Publikum auch spüren. Gleich zu Beginn meinte er,
dass sie ihren Gitarristen nicht dabei hätten (weswegen dies
passierte ist nicht ganz klar, soweit ich dies richtig verstanden
habe meinte Richard, sie hätten ihn unterwegs ‚verloren’) und
deswegen der Gitarrist von In This Moment aushalf. Einen Abbruch der
Qualität der Show bewirkte dies keineswegs, Filter brachten ihre
Hits unter die Leute, welche die Band beinahe schon frenetisch
abfeierten. Richard posierte wie der Sisters Of Mercy-Sänger (wobei
eine gewisse Ähnlichkeit wirklich frappant war), versteckte sich
jedoch nicht hinter Kunstnebel-Schwaden sondern schüttelte auch die
Hände der vordersten Konzertbesucher, hievte den Mikroständer in die
Höhe und genoss definitiv die Show. Offenbar hat ihm sein damaliges
Alkoholproblem aufgezeigt, was er alles verlieren könnte (was ja
schlussendlich auch der Grund für den Ausfall jeglicher Shows
gewesen war), und somit spielten sich Filter durch ihre Hits und
gaben dem Publikum genau das, was es erwartete. Doch auch eine noch
so gute Show musste mal enden, und so kündigte Richard
schlussendlich Papa Roach an, wünschte viel Spass, bedankte sich
noch artig bei den Fans und verliess mit seiner Truppe die Bühne.
Papa Roach
Obwohl es unmöglich erschien, drängelten sich immer mehr Leute vor
die Bühne, der Saal inklusive Balkon war gerappelt voll. Eine
Mischung von gestandenen Metallern, Rockern, sehr vielen Emo-Kiddies
sowie extrem jungen Androgynen wartete begierig darauf, die Schaben
auf der Bühne in Aktion zu erleben. Nach einer kurzen Verspätung
kamen die Jungs einzeln hervor und legten sogleich mit „Change Or
Die“ volle Kanne los, und das Publikum brüllte begeistert jede
einzelne Zeile mit. Jacoby und seine Mannen hatten die Leute von
Anfang an vollständig in ihren Bann gezogen, und spätestens mit
„Broken Home“ pogte die Meute hin und her, als gäbe es kein Morgen
mehr. Jacoby flitzte auf der Stage umher wie ein wildgewordenes
Tier, blickte irre aus der Wäsche und stachelte sowohl sich als auch
die Band und das Publikum auf, noch mehr in die Vollen zu gehen.
Schlag auf Schlag folgten Hits wie „… To Be Loved“ oder „Getting
Away With Murder“. Der Schwerpunkt lag klar auf dem neueren
Material, klar wurden vereinzelt Lieder von älteren Alben gespielt,
aber der prozentuale Anteil lag klar im Bereich von „Getting Away
With Murder“, „The Paramour Sessions“ und logischerweise „Metamorphosis“ -
Jacoby dirigierte immer wieder die Meute, forderte sie zum Klatschen
und Mitsingen auf (was eigentlich unnötig war, da dies eh schon von
sich aus geschah), und es war deutlich fühlbar: Die Jungs haben
schwere Zeiten hinter sich, haben all dies so gut es geht
verarbeitet und waren nun wie entfesselt, losgelöst von aller
Vergangenheit und wollen nur noch die ganze Wut und Frustration von
sich in die Musik übertragen und somit endgültig loslassen.
Spätestens beim neuesten Gassenhauer „Holly-wood Whore“ dürfte dies
auch der letzten Schnarchnase klar geworden sein, denn Jacoby ging
an den Rand der Stage, beugte sich ins Publikum und fragte
rhetorisch, ob hier jemand im Saal nicht auch genug von solchen
hirnlosen Leuten wie Paris Hilton und ‚Shitney Spears’ (O-Ton)
hätte. Nach einem ohrenbetäubenden Jubel hauten dann Papa Roach
Zeile um Zeile in die Menge und feierten, als ob es kein Morgen
gäbe. Jacoby liess es sich auch nicht nehmen, über die linke Bar auf
den Balkon zu klettern, während er weitersang (der Bereich war
natürlich vorher gesichert worden) und liess sich dann auch wieder
über die Bar zu Boden. Wer an diesem Abend Papa Roach erlebt hatte,
der konnte sich live davon überzeugen, dass die Jungs sich mehr als
nur ein Stück entwickelt haben und zu einer ernstzunehmenden Grösse
im Rock-Business geworden sind. Die alten Zeiten sind definitiv
vorbei, moderne Elemente wurden mehrheitlich aus dem Repertoire
gekippt und die Schaben rockten sich mit einer unglaublichen Energie
die Wut aus der Seele. Da bleibt nur noch eines zu sagen: Viva la
cucaracha!
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