Livereview: Papa Roach - Filter - In This Moment
28. April 2009, Zürich X-Tra
By Toby S.
Nachdem ich mehr als nur positiv überrascht vom neuen Papa Roach-Album war, hielt ich die Gelegenheit, die Jungs auch mal live erleben zu können, für sehr interessant. Dazu kam noch, dass sich die Werten Herren von Filter endlich auch wieder mal in der Schweiz blicken liessen, nachdem sie ja längere Zeit nicht mehr auf Tour gewesen waren, was zusätzlich einen spannenden Abend versprach. An einem verregneten Dienstag war es dann endlich soweit, und die Show konnte beginnen.

In This Moment
Um ziemlich exakt Punkt acht Uhr legten dann auch schon die Jungs und das Mädel von In This Moment los, und ich muss ehrlich sagen: Rein von dem, was ich über MySpace von der Truppe gehört hatte, war ich ziemlich skeptisch, wie der Auftritt sein würde. Doch ich wurde eines Besseren belehrt, denn der Sound war deutlich metallischer, derber und mitreis-sender als die Soundschnipsel im Netz. Zudem war das Publikum sehr zahlreich vertreten, was für eine erste Vorband nicht zwingend die Regel ist. Zudem sind In This Moment offensichtlich sehr bekannt, was wiederum das grössere Publikumsaufgebot sowie die beachtliche Anzahl an Leuten mit dem Bandlogo auf dem Shirt erklärt. Die Sängerin, welche als Püppchen verkleidet immer wieder hin und her stolzierte, hatte ein dermassen kurzes Röckchen sowie ein tief sitzendes Oberteil an, dass man sehr tiefe Einblicke bekam, was zwar die Aufmerksamkeit garantierte, jedoch relativ schnell billig und schlampig wirkte. Gesangsmässig hatte es die werte Dame jedoch ziemlich gut im Griff, interagierte mit dem Publikum und hatte wie auch die restliche Band sichtlich Spass am Auftritt. Nach einem relativ abrupten Abgang wurde es dann aber langsam Zeit, den ersten Headliner des Abends standesgemäss zu begrüssen.

Filter
Nach einer kurzen Ruhepause (umgebaut musste eigentlich nicht wirklich viel, da In This Moment bereits vor dem Filter-Banner gespielt hatten) enterten die gestandeneren Herren die Bretter. Sänger Richard Patrick, standesgemäss mit Sonnenbrille und einem entwaffnenden Grinsen bewaffnet, freute sich wie ein kleines Kind und liess dies das Publikum auch spüren. Gleich zu Beginn meinte er, dass sie ihren Gitarristen nicht dabei hätten (weswegen dies passierte ist nicht ganz klar, soweit ich dies richtig verstanden habe meinte Richard, sie hätten ihn unterwegs ‚verloren’) und deswegen der Gitarrist von In This Moment aushalf. Einen Abbruch der Qualität der Show bewirkte dies keineswegs, Filter brachten ihre Hits unter die Leute, welche die Band beinahe schon frenetisch abfeierten. Richard posierte wie der Sisters Of Mercy-Sänger (wobei eine gewisse Ähnlichkeit wirklich frappant war), versteckte sich jedoch nicht hinter Kunstnebel-Schwaden sondern schüttelte auch die Hände der vordersten Konzertbesucher, hievte den Mikroständer in die Höhe und genoss definitiv die Show. Offenbar hat ihm sein damaliges Alkoholproblem aufgezeigt, was er alles verlieren könnte (was ja schlussendlich auch der Grund für den Ausfall jeglicher Shows gewesen war), und somit spielten sich Filter durch ihre Hits und gaben dem Publikum genau das, was es erwartete. Doch auch eine noch so gute Show musste mal enden, und so kündigte Richard schlussendlich Papa Roach an, wünschte viel Spass, bedankte sich noch artig bei den Fans und verliess mit seiner Truppe die Bühne.

Papa Roach
Obwohl es unmöglich erschien, drängelten sich immer mehr Leute vor die Bühne, der Saal inklusive Balkon war gerappelt voll. Eine Mischung von gestandenen Metallern, Rockern, sehr vielen Emo-Kiddies sowie extrem jungen Androgynen wartete begierig darauf, die Schaben auf der Bühne in Aktion zu erleben. Nach einer kurzen Verspätung kamen die Jungs einzeln hervor und legten sogleich mit „Change Or Die“ volle Kanne los, und das Publikum brüllte begeistert jede einzelne Zeile mit. Jacoby und seine Mannen hatten die Leute von Anfang an vollständig in ihren Bann gezogen, und spätestens mit „Broken Home“ pogte die Meute hin und her, als gäbe es kein Morgen mehr. Jacoby flitzte auf der Stage umher wie ein wildgewordenes Tier, blickte irre aus der Wäsche und stachelte sowohl sich als auch die Band und das Publikum auf, noch mehr in die Vollen zu gehen. Schlag auf Schlag folgten Hits wie „… To Be Loved“ oder „Getting Away With Murder“. Der Schwerpunkt lag klar auf dem neueren Material, klar wurden vereinzelt Lieder von älteren Alben gespielt, aber der prozentuale Anteil lag klar im Bereich von „Getting Away With Murder“, „The Paramour Sessions“ und logischerweise „Metamorphosis“ - Jacoby dirigierte immer wieder die Meute, forderte sie zum Klatschen und Mitsingen auf (was eigentlich unnötig war, da dies eh schon von sich aus geschah), und es war deutlich fühlbar: Die Jungs haben schwere Zeiten hinter sich, haben all dies so gut es geht verarbeitet und waren nun wie entfesselt, losgelöst von aller Vergangenheit und wollen nur noch die ganze Wut und Frustration von sich in die Musik übertragen und somit endgültig loslassen. Spätestens beim neuesten Gassenhauer „Holly-wood Whore“ dürfte dies auch der letzten Schnarchnase klar geworden sein, denn Jacoby ging an den Rand der Stage, beugte sich ins Publikum und fragte rhetorisch, ob hier jemand im Saal nicht auch genug von solchen hirnlosen Leuten wie Paris Hilton und ‚Shitney Spears’ (O-Ton) hätte. Nach einem ohrenbetäubenden Jubel hauten dann Papa Roach Zeile um Zeile in die Menge und feierten, als ob es kein Morgen gäbe. Jacoby liess es sich auch nicht nehmen, über die linke Bar auf den Balkon zu klettern, während er weitersang (der Bereich war natürlich vorher gesichert worden) und liess sich dann auch wieder über die Bar zu Boden. Wer an diesem Abend Papa Roach erlebt hatte, der konnte sich live davon überzeugen, dass die Jungs sich mehr als nur ein Stück entwickelt haben und zu einer ernstzunehmenden Grösse im Rock-Business geworden sind. Die alten Zeiten sind definitiv vorbei, moderne Elemente wurden mehrheitlich aus dem Repertoire gekippt und die Schaben rockten sich mit einer unglaublichen Energie die Wut aus der Seele. Da bleibt nur noch eines zu sagen: Viva la cucaracha!