Livereview: Paradise Lost - Eys Of Eden - Neurosonic
24. September 2007, Salzhaus Winterthur
By Toby S., all pics by Phil D.
Nach einem langen und ermüdenden Tag in der Weiterbildungsanstalt verlieh die Vorfreude auf das kommende düstere Highlight diesem Montag doch wieder einen gewissen Reiz. In Winterthur war reichlich was los, immer wieder frequentierten zahlreiche schwarzgekleidete Metalheads den Blickbereich, was sonst eher unüblich ist. Nachdem Paradise Lost ja mit gesamter Entourage Solothurn vergangenen Samstag in Grund und Boden gerockt hatten, war es nun an der Zeit, Winterthur ebenfalls in majestätische Düsternis zu hüllen und den Kings Of Sorrow den gebührenden Respekt engegenzubringen. Nach und nach füllte sich das Salzhaus mit der einbrechenden Dunkelheit, die Spiele konnten beginnen!

Neurosonic
Die Kanadier hatten die Aufgabe als Aufwärmer nicht wirklich wahrgenommen, eher als Hintergrundmusik fungierte ihre Mucke und lockte dementsprechend kaum interessierte Leute an den Bühnenrand. Wobei dies auch kein grösserer Verlust ist, denn mit einer Mischung aus Nu Metal, Kiddie-Emo sowie teilweise Screamo spielten sich die Jungs zwar reichlich den Allerwertesten ab, verschossen aber die aufkeimende Sympathie mit elendem Gepose und stellenweise lächerlichen Ansagen. Kein grosser Verlust also, wenn man da noch nicht anwesend war, aber es darf die Frage gestellt werden, wie um alles in der Welt eine solche Band, die noch mehr als nur in den Kinderschuhen steckt, den Vorsupport einer der geschichtsträchtigsten Kultbands werden konnte.

Eyes Of Eden
Nach einer kurzen Wartepause warteten wir dann gespannt auf die Deutschen, und wir wurden mit einem glasklaren Sound, gut gelaunten Musikern sowie hammermässigen Stücken belohnt. Dass die Frontdame erst knappe 21 Lenze zählt mag erstaunen, zumal sie ihre Stimme wirklich sehr gut im Griff hatte und absolut kein Lampenfieber zu haben schien. Selbstsicher präsentierten die Jungs und Mädels ihr Debut-Album (!) und rockten sich durch gothisch angehauchte, metallisch veredelte Tracks wie „Winter Night“ oder „Dancing Fire“. Franziska Huth genoss ihren Auftritt sichtlich, grinste von einem Ohr zum anderen und war ständig in Bewegung, aber auch ihre Mitstreiter waren absolut in Topform und freuten sich mit dem Publikum, das jetzt schon zahlreicher vor der Bühne stand und jedes Stück mit Applaus und Pfiffen kommentierte. Dafür, dass Eyes Of Eden trotz noch nicht so vieler absolvierter Auftritte dermassen selbstsicher und routiniert daherkamen, gebührt ihnen Respekt und Anerkennung.

Paradise Lost
Mit gedimmten Lichtern und schaurig-schönen Klängen im Hintergrund betraten die Urväter des Gothic Metal die Bretter des Salzhauses und legten mit „The Enemy“, der Single-Auskopplung des neuen Albums „In Requiem“, einen gepflegten Start hin. Die Spielfreude, welche sie mit den letzten beiden Alben wieder entdeckt zu haben scheinen, war auch wieder deutlich zu spüren: Glatzkopf Aaron trug ein seliges Grinsen im Gesicht und schüttelte seine imaginären Haare, Steve verdrosch den Bass so gekonnt wie schon lange nicht mehr, Jeff trieb als neuestes Mitglied die Truppe gehörig voran und Riffmeister Greg malträtierte seine Axt so souverän wie eh und je. Und Nick? Der Kopf der Band schien sich an diesem Abend irgendwie nicht wirklich wohl in seiner Haut zu fühlen, er guckte noch gequälter und abwesender als sonst aus der Wäsche (was auch die mehrfachen Patzer bei den Texten erklärte, die aber dank spontaner Improvisation nicht so sehr ins Gewicht fielen). Was die Stimme jedoch betrifft... Nun, um ganz offen und ehrlich zu sein: Grösstenteils, vor allem bei den cleaneren Parts, konnte sie überzeugen, klang jedoch arg hervorgepresst, so als hätte der Sänger keinen Bock mehr und würde sich am liebsten schnell verziehen. Die älteren Stücke, die neu interpretiert wurden (unter anderem „Gothic“), konnten zwar im neuen Soundkleid überzeugen, stimmlich gesehen war die Chose jedoch gewöhnungsbedürftig. Nicht schlecht, aber irgendwie nicht so ganz stimmig. Was aber der Grundstimmung im Publikum keinen Abbruch tat, die Leute waren absolut aus dem Häuschen und in definitiver Feierlaune, was an den Mitsingparts und dem Klatschen/Pfeifen sowie lautstarken Wunschäusserungen unübersehbar resp. -hörbar war. Nick schien dies denn auch zu rühren, mehrmals bedankte er sich artig und steigerte seine Leistungen von Song zu Song, was bei „Praise Lamented Shade“ und „Enchantment“ deutlich zu hören war (leider beschränkte sich die Songauswahl auf dieses eine Stück aus der „Draconian Times“-Ära). Ein kurzer Patzer bei „As I Die“ seitens des Bassisten war zwar auffällig, aber nicht weiter schlimm. Nach „One Second“ verliess die Band zum ersten Mal die Bühne, um sich durch heftige Publikumsbezeugungen durch Mitsingchöre und Geklatsche (was beides nach einer kurzen Zeit im Dunkeln auf der Gitarre angeführt wurde) wieder zurückholen zu lassen. Nicks Stimme schien jedoch arg strapaziert zu sein, sie klang schwach und nicht wirklich in Topform, was bei „Never For The Damned“ deutlich hörbar war, und so verabschiedeten sich Paradise Lost nach „Erased“ und dem obligaten Überhit „Say Just Words“ vom frenetisch applaudierenden Publikum. Was bleibt nun noch anzumerken? Nicht viel im Grunde genommen, es war ein absolut solider Abend mit einer schlechten sowie einer guten Vorband und den einzigartigen, aber irgendwie ziemlich müden Sorgenkönigen sowie einem Sänger, dem es sehr gut täte, sich wieder mehr für die Sache motivieren zu können. Auch das totale Fehlen mindestens eines Stückes der „Believe In Nothing“-Scheibe war irgendwie seltsam. Nichtsdestotrotz: Die Jungs kamen, spielten und gingen wieder und hinterliessen ein glückliches Publikum, aber einen nachdenklichen Schreiberling.

Setlist: “The Enemy“ - “Gothic“ - “Ash And Debris“ - “No Celebration“ - “So Much Is Lost” - “Pity The Sadness” - “Praise Lamented Shade” - “Enchantment” - “Requiem” - “Grey” - “Unreachable” - “As I Die” - “One Second”
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“Never For The Damned” - “Erased” - “Say Just Words”