Eigentlich hätte diese Review mit dem dazugehörigen Interview
schon letztes Jahr seinen Weg auf die MetalFactory-Page finden
sollen, doch leider kam es nicht dazu: Paradise Lost mussten eine
Zwangspause einlegen, nachdem Leadgitarrist Greg Mackintosh nach
Hause zu seinem todkranken Vater gefahren ist und Milly Evans,
seines Zeichens Tourtechniker bei den Briten und Keyboarder von
Terrorvision, half zwar an der Gitarre aus, konnte aber vorerst
nicht eingesetzt werden da er mit seiner Band vorerst noch selber
auf Tour war. Nun, einige Monate später war es dann schliesslich
soweit: Die Jungs vom verlorenen Paradies spielten zusammen mit den
hiesigen Samael im Salzhaus in Winterthur und lockten die
metallische Meute.
Samael
Um 20 Uhr gingen dann auch schon grösstenteils die Lichter aus, aus
den Boxen erklang fremdartige Musik, nicht unähnlich rituellen
Klängen, und es war sofort klar: Samael würden in den nächsten
Momenten die Bretter, die die Welt bedeuten, betreten, um die
Zuhörerschaft mit ihrem einzigartigen Sound zu fesseln, in
unbekannte Welten zu entführen und in tranceähnliche Zustände zu
versetzen. Nachdem die 4 Mannen gebührend empfangen wurden, legten
sie auch sogleich mit ihrem Klassiker „Rain“ los, welcher ebenfalls
sehr gut vom Publikum aufgenommen und abgefeiert wurde. Die Ansagen
von Frontmann Vorph waren nicht sehr lange (er hätte ohnehin kaum
Zeit gehabt, die Menge wollte keine Reden sondern Musik hören), er
freute sich aber sichtlich, genauso wie seine Mitstreiter, und
spielte professionell und ohne Patzer die Songs. Nach den eher
neueren Stücken wie „Solar Soul“ und „Reign Of Light“ war es Zeit
für den ersten Ausflug in die Vergangenheit: „Rebellion“ wurde seit
langem wieder einmal krachend und deftig gespielt, was von der Menge
überdeutlich gefeiert wurde. Nach dem ebenfalls schwarzen, schnellen
und brutalen „Black Hole“ folgte ein echtes Stück vom Anfang der
Band aus dem„Worship Him“-Album, „Into The Pentagram“. Neu
interpretiert verlor dieses pechschwarze Stück Metal nichts an
seiner düsteren Anziehungskraft, und man merkte, dass schon zu
Anfangszeiten dieser Ausnahmetruppe nicht einfach nur Songs
geschrieben wurden, nein, man kreierte rituelle Stücke vertonter
Dunkelheit! Somit ging dann auch nach einer Kehrtwende in die
Gegenwart, unter anderem mit dem Kracher „Slavocracy“, ein wirklich
superber Auftritt seinem Ende entgegen. Vorph zelebrierte immer
wieder seine spirituelle Verbindung und bedankte sich, wie auch
seine Bandkollegen, für die entgegengebrachte Freude und tolle
Stimmung.
Paradise Lost
Nach einer verhältnismässig kurzen Umbauphase (Samael hatten schon
vor einigen Aufbauten von Paradise Lost gespielt) erloschen erneut
die Beleuchtungen, um einer unheimlichen Mischung aus orchestraler
Musik und Chören Platz zu machen. Nach und nach enterten die Briten
die Bühne, um ohne Umschweife mit „The Rise Of Denial“ loszulegen.
Der Sound war zwar ziemlich gut, hätte aber
noch besser sein können
(dies fiel im Gegensatz dazu bei Samael nicht so derb auf), doch die
Herren liessen sich nicht beirren und bewiesen erneut, dass sie mit
deutlich härteren Tönen wieder bereit sind, den Zuhörern zu zeigen,
wer im Gothic Metal nach wie vor nicht zu Unrecht als Gründervater
gilt. Einziger Schwachpunkt, der aber auf beinahe jedem Konzert
bemängelt wird, war Nick’s Stimme. So kraftvoll, wie er auf „In
Requiem“ und „Faith Divides Us – Death Unites Us“ wieder geklungen
hat, so bemüht schienen seine Leistungen an diesem Abend zu sein.
Dass er gewisse Passagen ausgelassen oder einfach neu interpretiert
hat, das gehörte quasi schon dazu, es war einfach schade. Die Fans
schien dies nicht zu stören, feierten sie doch ihre Helden ab, als
gäbe es kein Morgen mehr. Klassiker wie „Pity The Sadness“, As I
Die“, „Eternal“, „Enchantment“ oder „The Last Time“ wechselten sich
mit neueren Stücken der Marke „The Enemy“, „First Light“, „Frailty“,
„No Celebration“, „One Second“, „Requiem“, dem Titeltrack des neuen
Albums, “Faith Divides Us – Death Unites Us” und “Say Just Words”
ab. Die Rhythmussektion sowie die Gitarrenfraktion ergänzten sich
perfekt, man merkte wieder einmal überdeutlich, dass die Band schon
seit einer gefühlten Ewigkeiten zusammen spielt, und auch der neue
im Team, Adrian Erlandsson, vollbrachte einen mehr als zufrieden
stellenden Job hinter der Schiessbude. Nick taute nach eher
schwächeren Leistungen, vor allem bei älteren Stücken, doch noch auf
und liess auch mal seinen typisch britischen Humor durchblitzen,
etwa dann, als er verkündete, bei „Eternal“ handle es sich um ein
Stück aus dem 17. Jahrhundert, das von Mönchen erschaffen wurde.
Generell lässt sich sagen, dass die Jungs einen guten Job
ablieferten, etwas durchzogen seitens des Soundgewandes (wofür sie
nichts konnten, daran war der Soundtechniker schuld) und des
Gesanges, wobei man auch beachten muss: Auch wenn man schon seit
Jahrzehnten Musik macht, so ist es nicht immer einfach, jeden Abend
die selbe, hoch stehende Leistung zu erbringen, die man mit viel
Arbeit und Geduld auf CD oder DVD hören kann. Bleibt nur zu hoffen,
dass der nächste Auftritt mit ein wenig ausgeschlafeneren und
vielleicht auch besser gelaunten Herren stattfinden wird. Aber
nichts desto Trotz war es schön, die Jungs mal wieder live erleben
zu können, mit allem, was dazugehört.
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