Livereview: Paradise Lost - Samael
18. Februar 2010, Winterthur Salzhaus
By Toby S., all Pics by Corina S.
Eigentlich hätte diese Review mit dem dazugehörigen Interview schon letztes Jahr seinen Weg auf die MetalFactory-Page finden sollen, doch leider kam es nicht dazu: Paradise Lost mussten eine Zwangspause einlegen, nachdem Leadgitarrist Greg Mackintosh nach Hause zu seinem todkranken Vater gefahren ist und Milly Evans, seines Zeichens Tourtechniker bei den Briten und Keyboarder von Terrorvision, half zwar an der Gitarre aus, konnte aber vorerst nicht eingesetzt werden da er mit seiner Band vorerst noch selber auf Tour war. Nun, einige Monate später war es dann schliesslich soweit: Die Jungs vom verlorenen Paradies spielten zusammen mit den hiesigen Samael im Salzhaus in Winterthur und lockten die metallische Meute.

Samael

Um 20 Uhr gingen dann auch schon grösstenteils die Lichter aus, aus den Boxen erklang fremdartige Musik, nicht unähnlich rituellen Klängen, und es war sofort klar: Samael würden in den nächsten Momenten die Bretter, die die Welt bedeuten, betreten, um die Zuhörerschaft mit ihrem einzigartigen Sound zu fesseln, in unbekannte Welten zu entführen und in tranceähnliche Zustände zu versetzen. Nachdem die 4 Mannen gebührend empfangen wurden, legten sie auch sogleich mit ihrem Klassiker „Rain“ los, welcher ebenfalls sehr gut vom Publikum aufgenommen und abgefeiert wurde. Die Ansagen von Frontmann Vorph waren nicht sehr lange (er hätte ohnehin kaum Zeit gehabt, die Menge wollte keine Reden sondern Musik hören), er freute sich aber sichtlich, genauso wie seine Mitstreiter, und spielte professionell und ohne Patzer die Songs. Nach den eher neueren Stücken wie „Solar Soul“ und „Reign Of Light“ war es Zeit für den ersten Ausflug in die Vergangenheit: „Rebellion“ wurde seit langem wieder einmal krachend und deftig gespielt, was von der Menge überdeutlich gefeiert wurde. Nach dem ebenfalls schwarzen, schnellen und brutalen „Black Hole“ folgte ein echtes Stück vom Anfang der Band aus dem„Worship Him“-Album, „Into The Pentagram“. Neu interpretiert verlor dieses pechschwarze Stück Metal nichts an seiner düsteren Anziehungskraft, und man merkte, dass schon zu Anfangszeiten dieser Ausnahmetruppe nicht einfach nur Songs geschrieben wurden, nein, man kreierte rituelle Stücke vertonter Dunkelheit! Somit ging dann auch nach einer Kehrtwende in die Gegenwart, unter anderem mit dem Kracher „Slavocracy“, ein wirklich superber Auftritt seinem Ende entgegen. Vorph zelebrierte immer wieder seine spirituelle Verbindung und bedankte sich, wie auch seine Bandkollegen, für die entgegengebrachte Freude und tolle Stimmung.

Paradise Lost
Nach einer verhältnismässig kurzen Umbauphase (Samael hatten schon vor einigen Aufbauten von Paradise Lost gespielt) erloschen erneut die Beleuchtungen, um einer unheimlichen Mischung aus orchestraler Musik und Chören Platz zu machen. Nach und nach enterten die Briten die Bühne, um ohne Umschweife mit „The Rise Of Denial“ loszulegen. Der Sound war zwar ziemlich gut, hätte aber noch besser sein können (dies fiel im Gegensatz dazu bei Samael nicht so derb auf), doch die Herren liessen sich nicht beirren und bewiesen erneut, dass sie mit deutlich härteren Tönen wieder bereit sind, den Zuhörern zu zeigen, wer im Gothic Metal nach wie vor nicht zu Unrecht als Gründervater gilt. Einziger Schwachpunkt, der aber auf beinahe jedem Konzert bemängelt wird, war Nick’s Stimme. So kraftvoll, wie er auf „In Requiem“ und „Faith Divides Us – Death Unites Us“ wieder geklungen hat, so bemüht schienen seine Leistungen an diesem Abend zu sein. Dass er gewisse Passagen ausgelassen oder einfach neu interpretiert hat, das gehörte quasi schon dazu, es war einfach schade. Die Fans schien dies nicht zu stören, feierten sie doch ihre Helden ab, als gäbe es kein Morgen mehr. Klassiker wie „Pity The Sadness“, As I Die“, „Eternal“, „Enchantment“ oder „The Last Time“ wechselten sich mit neueren Stücken der Marke „The Enemy“, „First Light“, „Frailty“, „No Celebration“, „One Second“, „Requiem“, dem Titeltrack des neuen Albums, “Faith Divides Us – Death Unites Us” und “Say Just Words” ab. Die Rhythmussektion sowie die Gitarrenfraktion ergänzten sich perfekt, man merkte wieder einmal überdeutlich, dass die Band schon seit einer gefühlten Ewigkeiten zusammen spielt, und auch der neue im Team, Adrian Erlandsson, vollbrachte einen mehr als zufrieden stellenden Job hinter der Schiessbude. Nick taute nach eher schwächeren Leistungen, vor allem bei älteren Stücken, doch noch auf und liess auch mal seinen typisch britischen Humor durchblitzen, etwa dann, als er verkündete, bei „Eternal“ handle es sich um ein Stück aus dem 17. Jahrhundert, das von Mönchen erschaffen wurde. Generell lässt sich sagen, dass die Jungs einen guten Job ablieferten, etwas durchzogen seitens des Soundgewandes (wofür sie nichts konnten, daran war der Soundtechniker schuld) und des Gesanges, wobei man auch beachten muss: Auch wenn man schon seit Jahrzehnten Musik macht, so ist es nicht immer einfach, jeden Abend die selbe, hoch stehende Leistung zu erbringen, die man mit viel Arbeit und Geduld auf CD oder DVD hören kann. Bleibt nur zu hoffen, dass der nächste Auftritt mit ein wenig ausgeschlafeneren und vielleicht auch besser gelaunten Herren stattfinden wird. Aber nichts desto Trotz war es schön, die Jungs mal wieder live erleben zu können, mit allem, was dazugehört.