Livereview: Pendragon - Soul Secret
20. Oktober 2008, Pratteln Z7
By Rockslave
Wer in Sachen Progressive Rock und Metal was auf sich hält, kommt an Pendragon eigentlich nicht vorbei! Obwohl längst nicht so berühmt wie zum Beispiel Marillion oder Threshold, gehören sie nebst anderen Britischen Szene-Vertretern wie IQ, Pallas, Jadis oder Arena auf jeden Fall auch dazu. Vom ersten Lineup, das vor drei Dekaden noch unter dem Namen Zeuz Pendragon firmierte, ist bloss Gitarrist und Sänger Nick Barrett übrig geblieben. Im Verlauf der Karriere bis in die Gegenwart gab es unzählige Besetzungswechsel, wovon vor allem die Zugehörigkeit von Keyboarder Clive Nolan (u. a. Arena und Shadowland) von zentraler Bedeutung ist. Unter den eingefleischten Fans geniessen Pendragon aber seit je her absoluten Kult-Status, da sie sich nie irgend einem Trend anbiederten und sich bis heute von niemandem in die Suppe spucken lassen, sprich ihre Releases bisher alle selber produziert und unter die Leute gebracht haben. Die bisherigen Gastspiele im Z7 habe ich (Schande über mich!) bisher stets ausgelassen. Zum Glück siegte diesmal die Neugier und sie sollte fürstlich belohnt werden. Von der Italienischen Vorband konnte man das allerdings nicht behaupten...

Soul Secret
Als die Band auf die Bühne kam, ahnte ich noch nicht, was da Schauerliches auf mich zukommen würde! Kaum hatten Soul Secret angefangen zu spielen, vermittelte Sänger Francesco Sorriento den Eindruck, in einer eigenen Welt daheim zu sein. Nebst einer inexistenten Präsenz auf der Bühne, lagen die Töne nach dem Intro derart schief in der Landschaft, dass es einem richtig weh tat! Mein Gott Walter..., wie kann man das nicht hören? Ich konnte es kaum fassen..., und das spätere Aufarbeiten der Italiener aus Neapel brachte in der Tat hervor, dass wir es hier mit einem Gastsänger zu tun hatten, der eigentlich nicht zum festen Lineup gehört. Das war umso ärgerlicher, alsdass die Musik ansich gar nicht mal so schlecht war. Klar bedienten sich die Jungs zahlreicher Einflüsse aus der Prog-Ecke, aber immerhin schienen sie ihre Instrumente zu beherrschen. Was die Songs selber anging, so sollte es eigentlich so sein, dass man der Welt zeigen müsste, was in einem steckt, sprich dass eigenes Material präsentiert wird. Das erste Fragezeichen setzte Keyboarder Luca di Gennaro, als er bei «Tears Of Kalliroe» noch den ganzen Part von Pink Floyd's «On The Run» einbaute, das heisst das original abgespielte Material noch etwas ausschmückte. Das war für meine Ohren ziemlich grenzwertig, doch die etwa 100 Leute spendierten dazu immerhin einen Höflichkeits-Applaus. Danach ging es Dream Theater mässig weiter, ehe dann der Super-Gau eintrat: «Burn» von Deep Purple! Mir wurde speiübel und ich lief fast aus der Halle hinaus! Obwohl es Gitarrist Antonio Vittozzi soweit noch gut drauf hatte, verhunzten Soul Secret diesen unsterblichen Klassiker auf der ganzen Linie und erst noch in ganzer Länge! Au weia..., so was Übles hatte ich schon lange nicht mehr gehört!! Der dazu total überforderte Sänger stapfte überdies derart unprofessionell auf der Bühne rum, dass ich echt froh war, als diese Qual endlich ein Ende fand. Das Stamm-Quartett sollte sich umgehend einen neuen Frontmann besorgen und wenn möglich keine Covers mehr spielen, und sich schon gar nicht an so ein unerreichbares Niveau heran wagen!

Setlist: «Intro Tears Of Kalliroe» - «Tears Of Kalliroe (& On The Run)» - «First Creature» - «Burn» - «Inner War» - «Learning To Lose».

Pendragon
Nach diesem zumindest halben Schock musste eine Steigerung her und die trat dann auch ein..., und zwar mit einem Klassenunterschied, der grösser nicht hätte sein können. Im musikalischen Schmelztiegel von vor allem (den alten) Marillion und Pink Floyd wurden auch Zitate von (natürlich den alten) Genesis oder sogar vereinzelt auch Frankie Goes To Hollywood vorgetragen. Zentrale Figuren der Band waren Sänger und Gitarrist Nick Barrett und Keyboarder Clive Nolan. Während Nick die grosszügigen Platz-verhältnisse sichtlich genoss, zauberte der etatmässige Tastenmann von Arena seine virtuosen Sounds aus dem Stand hervor. Mitunter kam der Guitar-Sound bretthart daher und ging über in herrlich schmachtende Sound-und üppigen Trockeneis-Wolken. Bereits der Opener «Walls Of Babylon» liess mehr als zehn Minuten wie im Flug verstreichen. Während Bassist Pete Gee schon seit dem Debüt «The Jewel» von 1984 mit dabei ist, erinnert Drummer und Neuzugang Scott Higham mit seinem wuchtigen Spiel an Russell Gilbrook, der bei Uriah Heep nach Lee Kerslake für mächtig Dampf sorgt. Das zu diesem Konzert erwartete Ausbleiben der grossen Fanmassen hinderte die anwesende Hundertschaft freilich nicht daran, ihren Helden lauten Beifall zu spenden. Das von wegen Helden ist in der ansich pingelig ausgerichteten Prog-Szene jedoch so eine Sache. Es gibt auch das Lager derjenigen Leute, die Pendragon als meist uninspiriertes Plagiat der drei Haupteinflüsse (Marillion, Pink Floyd und Genesis) bezeichnen. Wer genau hinhört und die alten Sachen aus dieser Stil-Ecke (gut) kennt, muss umunwunden zugeben, dass Pendragon schon in fremden Gewässern eine Art Raubfischen zelebrieren. Für meine Begriffe sind es vor allem die Frühwerke von Peter Gabriel & Co., die auch auf dem neuen Album "Pure" immer wieder auftauchen. Trotzdem konnte ich dem ersten Konzert, das ich jetzt sah, dennoch Einiges abgewinnen. Wer sich dann allerdings zum Beispiel mal Porcupine Tree zur Brust nimmt, wird entsprechende Unterschiede ausmachen können, ganz zu schweigen von all den Untergrund Kult-Bands wie M!ndgames, Sensitive To Light oder Sandstone. Etwas geläufiger wären da Arena, womit ja der Bogen zu Clive Nolan gespannt werden kann. Nichtsdestotrotz hinterliess das Quartett einen überzeugenden Eindruck, der wiegesagt von viel Trockeneis, andauernd brennenden Räucherstäbchen und Filmeinspielungen umrahmt wurde. Tastenmeister Nolan vermittelte derweil zu Beginn der Show eine ziemlich mürrische Gemütslage, die sich aber zusehends (Räucherstäbchen und Rotwein sei Dank!) wandelte und seine Parts etwas lebendiger machte. Die Bandbreite zwischen alten und neuen Songs war in Ordnung, obwohl sie von der ersten Scheibe nichts spielten. Nach der genialen Zweit-Zugabe «Paintbox» befanden sich die Uhrzeiger ziemlich genau auf Geisterstunden-Kurs, woraus eine totale Konzertdauer von erfreulichen 140 Minuten (!) resultierte. Was sagt man hierzu auch schon wieder? Ahh..., ja: «Value for money»!

Setlist: «Walls Of Babylon» - «Nomad» - «Wishing Well» - «Eraserhead» - «Nostradamus» - «Learning Curve» -« Breaking The Spell» - «The Shadow» - «The Freak Show - «The Voyager - «It's Only me -- «Masters Of Illusion --- «2 AM» - «Paintbox».