Gut gelaunt steuerte ich an diesem Dienstagabend auf das
Gelände des Z7 zu. Nanu?! Ein Krankenwagen direkt vor dem
Backstage-Eingang?! Das konnte ja nichts Gutes bedeuten. Und es tat
es auch nicht, denn wenig später wurde von den Notfallleuten ein
Rollstuhl durch die Türe geschoben, auf welchem Sänger Ronnie Atkins
sass. Und dies nicht unbedingt in guter Verfassung. Was war
passiert? Was war los? Niemand schien die Antworten zu kennen.
Irgendwie sickerte durch, dass Ronnie einen Tag zuvor umgefallen war
und sich dabei den Kopf auf einem Steinboden aufgeschlagen hatte.
Was aber wirklich die Ursache des Übels war, liess uns der
Sänger ein paar Tage später über Facebook wissen: "Eine
Gehirnerschütterung in Verbindung mit einem zu hohen Blutdruck und
offensichtlichem Austrocknen hat mein System einfach zum Einsturz
gebracht". - Von unserer Seite her wünschen wir Ronnie nur das Beste
und dass er schon bald wieder die Bühnen der Welt mit seiner Stimme
und seinem Charme verzaubern kann! - Was war an diesem Abend nun zu
tun, sprich sollte man das Konzert absagen? Die getroffene Entscheidung war
sicherlich die Fanfreundlichste. Pink Cream 69 spielten einen
längeren Gig, die Tickets behalten ihre Gültigkeit und können
beim Ersatzkonzert nochmals verwendet werden. Dies verkündeten Pretty
Maids direkt nach dem Konzert von PC69. Auch wenn die Band sich sehr
fanfreundlich gab, am Merch-Stand noch signierte und für Fotos
posierte, der Schock sass den Herren offensichtlich noch immer im Nacken!
Pink Cream 69 So war es dann an den Karlsruhern
von Pink Cream 69, sich der Aufgabe zu stellen, einen eigentlich
unter schlechten Grundvoraussetzungen stehenden Konzertabend zu retten.
Und die Jungs um Sänger David Readman lösten diese Aufgabe mit
Bravour. Von Beginn weg spielte sich die Truppe in einen Rausch und
profitierte dabei von der unglaublichen Schlagkraft von Trommler
Chris Schmidt. Es ist Freude pur, dem Schlagzeuger zuzusehen,
mit welcher Wucht, Hingabe und Energie er auf sein Arbeitswerkzeug
eindrischt und dabei einen unglaublichen Rhythmus vorgibt. Auf
diesem konnte sich Bassist Dennis Ward (neuerdings mit Bart) optimal
austoben. Die Beiden legten somit einen perfekten Teppich, auf dem
sich Alfred Koffler und Uwe Reitenauer mit ihren sechs Saiten
blindlings stellen konnten. Es ist immer wieder beeindruckend, wie
Alfred mit seiner Fokalen Dystonie umgeht und noch immer seine tollen
Solos spielt. Mit Uwe steht seit 2003 ein sehr talentierter
Gitarrist in den Reihen von Pink Cream 69, und das macht den Sound noch
fetter, was speziell bei den Soloparts immer wieder für mehr Druck
sorgt.
Mit dem Opener («We Bow The None») des aktuellen
Studioalbums «Headstrong» startete der Fünfer in den Abend und machte
gleich keine Gefangenen. Von der ersten Sekunde war der Groove
spürbar, wie auch die Spielfreude. Der Zeremonienmeister war
logischerweise David, der auf sehr sympathische Art das Publikum in
seinen Bann zog und dabei wie ein Gott sang. "We need your hands!",
war eine der vielen Ansagen, bei der man sich durchaus fragen
konnte, wieso sie nicht in Deutsch getätigt wurden. "Ich fühle mich
wohler, wenn ich die Ansagen auf Englisch machen kann, als auf
Deutsch, selbst wenn ich nun schon über zwanzig Jahre in Deutschland
lebe", erklärte mir der gebürtige Engländer nach der Show. Mit den
beiden Althits aus der
Andi
Deris-Ära, «Welcome The Night» und «Keep Your Eyes On The Twisted»,
ging es weiter, und schon da wurde klar, dass die Pinkies nichts
anbrennen lassen. Die Mischung in der Setliste war nahezu perfekt,
bedenkt man, dass nach fast dreissig Jahren doch einiges an tollem
Material geschrieben wurde und die Herren somit locker einen
dreistündigen Gig spielen müssten. Vom neuen Werk wurden fünf Tracks
gespielt, die sich locker mit den Klassikern messen lassen können.
Zudem stammten vom Debüt «Welcome The Night», von «One Size Fits
All» wurden «Livin' My Life For You», «Do You Like It Like That» und
«Talk To The Moon» gespielt, während aus «Games People Play» mit dem
schon erwähnten «Keep Your Eyes On The Twisted» die Stimmung
angeheizt wurde. Die restlichen Lieder, stammten aus der
Readman-Phase. So wurden aus «Electrified», «Shame» und «Break The
Silence», aus «Sonic Dynamite», «Lost In Illusion» und «The Spirit»
vorgetragen und vom vorletzten Werk «Ceremonial» erklang «Special».
Klar hätten sich viele auch Lieder von «In10sity», «Thunderdome»,
oder «Endangared» gewünscht. Aber dann hätte man tatsächlich die
drei Stunden geknackt.
Als Special-Effects feuerten PC69 unzählige Pyros ab, die aber
grundsätzlich für den Headliner Pretty Maids gedacht waren. Ein
schöner Zusatzbonus, bei dem es sich David nicht nehmen liess, ab
und an im Funkenregen zu stehen. Von Lied zu Lied stieg die Stimmung,
und das gut gefühlte Z7 bedankte sich lautstark bei Pink Cream 69
für eine wirklich tolle Vorstellung. Da stellt sich einem die Frage, wieso
die Pinkies in all den Jahren doch nie den ganz so grossen
Durchbruch schafften, den sie verdient gehabt hätten. Auch wenn die
Herren ihren Stil, nach dem Ausstieg von Andi Deris (1994), ziemlich
an die damalige Grunge-Phase anpassten, feierten sie mit
«Electrified» (1998) ein sensationelles Comeback.
Der Abend
wurde trotz der Hiobsbotschaft mehr als zufriedenstellend beendet. Dies dank den
Deutschen, die sich auf das konzentrierten, was sie am besten
können. Rocken! Rocken und nochmals rocken! Mit grossem Applaus
wurde das Quintett verabschiedet, und ich bin mir sicher, dass sich
die Truppe mit diesem Auftritt nochmals Zusatzpunkte erspielen
konnte. Hoffentlich sehen wir Pink Cream 69 schon bald wieder auf
einer eigenen «Headstrong»-Headliner-Tour. Gerüchten zu Folge soll
dies in diesem Herbst soweit sein.
Setliste: «We Bow The
None», «Welcome The Night», «Keep Your Eyes On The Twisted», «Path
Of Destiny», «Talk To The Moon», «Lost In Illusions», «Special»,
«Man Of Sorrow», «The Spirit», «Walls Come Down», «Livin’ My Life
For You», «Bloodsucker», «Do You Like It Like That», «Break The
Silence», «Shame»
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