Es war ein Abend, bei dem das Konzept aufgegangen ist. Denn
obwohl die deutschen Powerwolf bereits diverse Male als Vorband von
Gamma Ray oder Brainstorm im Z7 für Furore sorgten, war ein grosser
Publikumsaufmarsch bei ihrer ersten Headliner-Show in der Schweiz
alles andere als sicher. Da hilft es auch nicht, dass die Wölfe mit
„Bible Of The Beast“ bereits ihr drittes, famoses Werk im Gepäck
haben. Was ist also zu tun, damit sich das Sounddock trotzdem füllt?
Ganz einfach. Man nehme mit Charing Cross und Crown Of Glory zwei
hochkarätige lokale Bands, die selber Publikum ziehen. Allerdings
wurden damit die Erwartungen an den Abend ins Unermessliche
gesteigert und – erfüllt! Denn alle drei Gruppen zeigten sich
motiviert und hatten jede für sich ihre Stärken. Und dies obwohl die
beiden Schweizer Acts aufgrund der engen Bühnenverhältnisse
bewegungstechnisch eingeschränkt waren. Jetzt aber Licht an für
einen Rückblick auf diesen gelungenen Abend.
Crown Of Glory
Wie neugeboren wirkten die Innerschweizer Powermetaller Crown Of
Glory im Sounddock. Die Suche nach einem fähigen Schlagzeuger ist
abgeschlossen. Marcel Burgener heisst der Glückliche, der den Crowns
wieder mächtig in die Ärsche tritt. Der sympathische
Schlagzeug-verdrescher knüppelte bereits als Vor-Vorgänger von Ruedi
Halter bei Charing Cross. Er bedankte sich gegen Ende des Sets beim
Charing Cross Gitarristen Andy, dass er ihn auf diesen Job
aufmerksam gemacht hat. Wo soviel Friede, Freude und Eierkuchen
herrscht, werden auch tolle Songs zum Besten gegeben. Und die gab’s
von Crown Of Glory in Form von „Spirit“, „Raven’s Flight“ und der
Feuerzeugorgie „Save Me“. Sänger Hene lockte das Publikum nicht nur
mit seiner grandiosen Stimme vor die Bühne, sondern auch mit
imaginärem Tamiflu gegen die Schweinegrippe. Der Saal folgte der
Aufforderung gerne und so wurde gebangt, mitgesungen und die Fäuste
in Höhe gestreckt. Wer vor lauter Feiern nicht vergass genau
hinzuhören, stellte schnell fest, dass mit Keyboarder Philipp eine
mehr als fähige Backing-Stimme vorhanden war. Viel zu früh wurde mit
„The Prophecy“ bereits der drittletzte Song des Sets angekündigt und
damit beim Publikum Enttäuschung in Form von „Buh-Rufen“ provoziert.
„Pathfinder“ setzte dem noch einen drauf, bevor nach „Keep The
Flame“ endgültig Schluss war. Viel zu früh, wie die Wellen und
Zugaberufe der Fans bestätigten.
Charing Cross
Charing Cross schafften es danach sofort, die von Crown Of Glory
angeheizte Stimmung wieder aufflammen zu lassen. Und dies obwohl der
Soundcheck fliessend in den Auftritt überging und das Intro zweimal
angespielt wurde. „Final Day“ hiess der erste Hard Rocker, den
Charing Cross zum Besten gaben. Dieser glänzte mit einem feinen
Bohrmaschinen-Gitarrensolo und spannte den Bogen zu „Rumble“, „Ain’t
Got No Time“ und „Voices“. Sänger Peter Hochuli
entpuppte sich
erneut als wahres Goldkehlchen. Gut gelaunt, wies er immer wieder auf
den Merchstand hin, und dass die CD „We Are Charing Cross“ dort für
nur 25 Mäuse zu ergattern sei. „Kick Ass Rock’n’Roll“ funktionierte
dann trotz schwierigen Platzverhältnissen, und das Publikum sang die
„Ohohos“ ohne grosse Aufforderung gern und laut mit. Als Zugabe gab
es mit „Shadow“ den zweiten Track der EP „Back For Attack“, die der
heutige Crown Of Glory-Schlagzeuger eingetrommelt hatte. So schloss
sich ein Kreis und das Zepter konnte getrost in deutsche Hand gelegt
werden.
Powerwolf
„Heulen mit den Wölfen“ war bei Powerwolf angesagt. Die Deutschen
kamen wie immer blass geschminkt auf die Bühne und zündeten ihre
ironischen Heavy Metal-Granaten gekonnt ins Sounddock. Sänger Attila Dorn
brauchte zwar ein, zwei Lieder um seine Stimme in die richtigen
Schwingungen zu bringen, liess aber bei den Ansagen von Anfang an
nichts anbrennen. „Ich segne euch gegen Schweinegrippe! Obwohl – wir
Metaller sind stark und kriegen diese Pest nicht!“ Er wirkte dabei
wie ein Oberpriester, der zu seinen treuen Schäfchen in gebrochenem
Deutsch predigt. Überhaupt wird bei Powerwolf neben der Musik viel
Wert auf eine anständige Show gelegt. Das machten nicht nur die vier
Banner und der Bandschriftzug aus, sondern auch die Einheitskleidung
und das wilde Gepose der beiden Brüder und Gitarristen Greywolf.
Keyboarder Falk M. Schlegel nutzte jede Arbeitspause aus, um an den
Bühnenrand zu rennen und die Meute anzufeuern. Das kam so gut an,
dass man sich in einen Sog gezogen fühlte, bei dem die Zeit viel zu
schnell vorbei raste. Dabei störte es nicht einmal, dass sämtliche Backing-Vocals und der Bass ab Band eingespielt wurden. Powerwolf
boten einen guten Querschnitt durch ihren drei Alben umfassenden
Katalog, wobei sie den Fokus aber vor allem auf die beiden letzten
Werke „Bible Of The Beast“ und „Lupus Dei“ legten. „Sorry, liebe
Frauen. Dieser Song ist nur für Männer“, verkündete Attila und
stimmte „Resurection By Erection“ an. Die Meute vor der Bühne nahm
es dankbar entgegen und sang und lachte mit. Somit war das selbst
ernannte Ziel längst erreicht, als der Sänger mit der Stimme eines
Predigers verkündete: „Wir sind gekommen, um mit euch ein wenig
Spass zu haben“. Nach „Lupus Dei“ war erstmals Schluss, bevor der
Sänger aus der Bibel vorlas und in „Mr. Sinister“ überleitete. Mit „Moscow
After Dark“ verabschiedeten sich die Wölfe, die an diesem Abend nach
eigener Aussage wohl ihr bestes Konzert in der Schweiz gespielt
hatten. Wer danach noch Lust hatte, konnte sich von der Band alles
Mögliche signieren lassen und zusammen mit ihr ein Bierchen trinken.
Bleibt nur zu hoffen, dass wir bald wieder in den Genuss einer
Headliner-Show von Powerwolf kommen werden. Dann bitte wieder mit
einem ähnlich starken Band-Package.
Setliste: We Take It From The Living, Prayer In The Dark,
Raise Your Fist Evangelist, We Came To Take Your Souls, Panic In The
Pentagram, In Blood We Trust, Catholic In The Morning ...Satanist At
Night, Werewolves Of Armenia, Vampires Don't Die, Resurection By
Erection, Saturday Satan, Kiss Of The Cobra King, Lupus Dei, Mr.
Sinister, Moscow After Dark.
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