Voraus zu sehen war das nicht zwingend, dass die dänischen Heavy
Melodic Rocker die Kurve nach ein paar mittelmässigen Alben der
letzten Jahre wieder kriegen würden. Spätestens mit dem aktuellen
Longplayer «Pandemonium» hat das Songwriter- und Gründer-Duo Ronnie
Aktins (v) und Ken Hammer (g) aber eindrücklich bewiesen, dass der
Ofen offenbar doch noch nicht aus ist. Dabei orientierte man sich an
den erfolgreichen Anfangsjahren und fand wieder zurück zu griffigen
Melody-Lines und catchy Riffs, die zusammen mit Ronnie's
Reibeisenstimme eben wieder genau das ausmachen, wofür der Name
Pretty Maids eigentlich mal stand. Diese erfreuliche Tatsache ging
zudem einher mit einem anderen freudigen Ereignis, denn meine
Wenigkeit kehrte nach genau elf Monaten Abstinenz endlich wieder
zurück in die heilige Halle des Z7. Der Grund dafür ist mittlerweile
einigen Leuten bekannt und wen es jetzt noch interessiert, kann mich
ja fragen. Als Support dabei waren die deutschen Sleazer Pussy
Sisster, die ordentlich einheizten und dennoch etwas altbacken rüber
kamen.
Pussy Sisster
Rein optisch wirkten die Pussies, die seit 2005 immerhin drei
Studio-Alben und eine EP rausgehauen haben, nicht etwa tuntig, wie
es der Bandname hätte vermuten lassen. Sänger Alex Sex (wow!)
brachte die entsprechende Attitüde noch am ehesten rüber, während
Gitarrist Marc O. mit seinem Cowboy-Hut zumindest vom Look her aus
der Reihe tanzte. Musikalisch liess man jedoch nichts anbrennen und
legte mit «Today», dem Opener des aktuellen Albums, gleich mit viel
Energie los. In der Schnittmenge von Mötley Crüe (zur «Girls Girls
Girls» oder «Theatre Of Pain»-Phase), White Lion und Danger Danger
powerte die Band (bei der offenbar der zweite Gitarrist Ray Crewl
heute Abend nicht mit dabei war) munter drauf los. Als Markenzeichen
waren unter anderem bald einmal die töften Backing-Vocals
auszumachen, die schon auf der Studio-Scheibe den Unterschied
markieren. Auch Drummer Vital Roxx (cool!) hinterliess mit seinem
aktiven Spiel einen guten Eindruck und servierte weit mehr als nur
straighte Grundrhythmen. Trotzdem schlich sich (bei mir) bald einmal
eine gewisse Langeweile in den Set rein, da die Stimme von Mr. Sex
oft nach Vince Neil
und halt auch die Musik immer wieder mal nach
den Amis klang. Erst «Back Again» mit etwas Touch von Axl Rose & Co.
untermauerte die Tatsache, dass einfach nur Rockbands imstande sind,
geile Balladen zu schreiben. Wenn es dann, wie bei «Leader Of The
Gang» mehr nach White Lion zu «Mane Attraction» Zeiten (1991) klang,
gefielen mir Pussy Sisster eigentlich am besten. Allerdings konnte
hierzu keine Geiss wegschlecken, dass dieser Sound vor 20 bis 25
Jahren bedeutend angesagter war als heute. Unter dem Strich klang
das Ganze einfach zu belanglos, obwohl technisch einwandfrei. Ich
habe aber schon klar schwächere Combos aus dieser Ecke gesehen, wie
zum Beispiel die teils überbewerteten Fatal Smile. Besser gefallen
mir da H.E.A.T, aber das ist letztlich auch immer eine Frage des
individuellen Geschmacks. Das anwesende Publikum wurde von Pussy
Sisster zwar nicht gerade in Ekstase versetzt, spendete aber während
rund einer halben Stunde klar mehr als nur einen
Höflichkeitsapplaus.
Setliste: «Today» - «Hold Us Down» - «Angel Dust» - «Way To Nowhere»
- «In Your Arms» - «Back Again» - «Leader Of The Gang» - «Pussy
Sisster» - «Vampires Of Death».
Pretty Maids
Die Freude über dieses Konzert war zweifach gestrickt! Nebst der im
Vorwort erwähnten, persönlichen Situation war es natürlich die
(musikalische) Rückkehr von Pretty Maids, die ich schon seit ihrer
kultigen, ersten 83-er EP kenne. Vor allem der Hammer-Song «Fantasy»,
der schwer nach den alten Whitesnake klingt, hatte es mir dabei
besonders angetan. Die darauf folgenden drei Longplayer «Red, Hot
And Heavy» (1984), «Future World» (1987) und «Jump The Gun» (1990)
gehörten dann lange zum Besten, was diese Stilecke damals hergab.
Alles was danach kam, war grösstenteils uninspiriert bis unbrauchbar
und natürlich hochgradig grungegeschädigt. Einzelne Songs liessen in
den folgenden Jahren zwar noch knapp erkennen, was da einmal war. Es
sollte nun aber bis 2010 und «Pandemonium» dauern, bis das Gespann
Atkins/Hammer endlich wieder Nägel mit Köpfen machte. Wenn man sich
das neue Material anhört, wähnt man sich mitten in einer
Frischzellenkur! Bezüglich der Umsetzung auf die Bühne verstärkt
sich dieser Eindruck mit dem Neuzugang am Tieftöner (Vorgänger Kenn
Jackson spielte «Pandemonium» allerdings noch komplett ein!)
wesentlich und das ist kein Geringerer als Hal Patino! Der ehemalige
Mitstreiter und Weggefährte von King Diamond passt perfekt zu Pretty
Maids und verleiht mit seinem wilden und bewegungsaktiven Spiel
genau den Arschtritt, den die Band jetzt braucht, um das ganze
Potenzial der Rückkehr ausschöpfen zu können. Daher erstaunte es
natürlich nicht, dass der Einstieg mit dem Intro und den ersten zwei
Songs vom neuen Meisterwerk nicht zu toppen war, fliessend in «We
Came To Rock» überging und damit weit mehr als nur ein Songtitel
war, sondern schlicht das Motto des Abends! Darob gerieten ein paar
Hundertschaften im Z7 lautstark aus dem Häuschen und liessen der
Rock-Party ihren Lauf. Allerdings kannten die alten Fans unter
anderem den Text von «Savage Heart» offenbar nicht mehr und die
Jüngeren erst recht nicht.
Ronnie konnte sich da noch so verausgaben und zum Mitsingen
aufmuntern. Der guten Laune konnte das jedoch nichts anhaben und so
ballerte der Headliner einen Hit nach dem andern raus. Songs der
90er wie «Walk Away» oder «Please Don't Leave Me» gehörten zu den
Ausnahmen. Der Rest bestand nur aus alten Krachern und nicht weniger
als sechs Neuzugängen in der Setliste! Das zeugte von grossem
Selbstvertrauen ins neue Material und dem gleichzeitigen Bekenntnis
zur glorreichen Vergangenheit. Selbst dem Zeitalter der Drum-Soli
(inklusive Keyboard- und Bass-Part) wurde durch Allan Tschicaja in
zeitlich vernünftigem Rahmen gehuldigt und das erst noch kurzweilig.
Und auch wenn Ronnies Stimme über die Jahre hinweg etwas gelitten
hat, so wurde dieses Manko im Verlauf des Konzertes immer geringer
und fiel gegen Ende überhaupt nicht mehr auf. Nebst dem unentwegt
zappeligen, ganz in Weiss gekleideten Bassisten als Eyecatcher liess
Gitarrist Ken Hammer an der Seite von Herrn Atkins keine Zweifel
darüber aufkommen, wer massgeblich für den Pretty Maids Sound
verantwortlich ist. Nach «Love Games» war der Hauptteil des
Auftrittes leider schon vorbei, aber die Fans schrien die Band bald
wieder auf die Bühne zurück, wo mit dem Nackenbrecher «Future World»
als erste Zugabe nochmals das volle Brett aufgefahren wurde, einfach
nur schweinegeil! Anschliessend folgte mit «Little Drops Of Heaven»
der künftige Halbballaden-Killer, der bestimmt noch lange im
Live-Set verbleiben wird. Nach dem Ausklingen von «Red, Hot And
Heavy», wo es dann besser ging mit der aktiven Singbeteiligung,
zeigte die Uhr just 90 Minuten Spielzeit an. Klar hätte man da noch
den einen oder anderen Klassiker wie «Lethal Heroes» oder «Rock The
House» zusätzlich auspacken können, aber das Gezeigte hat heute
Abend im Z7 restlos überzeugt und hoffentlich hält der frisch
gewonnene Schwung noch möglichst lange an!
Setliste: «Pandemonium» - «I.N.V.U» - «We Came To Rock» - «Final Day
Of Innocence» - «Walk Away» - «Savage Heart» - «It Comes At Night» -
«Queen Of Dreams» - «Drum Solo» - «Cielo Drive» - «Back To Back» -
«Rodeo» - «Please Don't Leave Me» - «Love Games» -- «Future World» -
«Little Drops Of Heaven» - «Red, Hot And Heavy».
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