Nach dem grandiosen Konzert im letzten Jahr um etwa die gleiche
Zeit war die Freude nach der Ankündigung gross, dass die dänischen
Power Melodic Hardrocker auch heuer wieder in Pratteln zu Gast sein
werden. Doch damit nicht genug, denn die zweite «Into The
Pandemonium» Tour meinte es gut mit uns Schweizer Fans! Es machte
nämlich schon bald einmal die Runde, dass im Z7 die erste Live-DVD
von Pretty Maids mitgeschnitten wird. Sowas haben andere, wie zum
Beispiel Shakra, Freedom Call oder Gamma Ray ja auch schon gemacht
und somit gebührt den Dänen nun die gleiche Ehre. Man konnte sich
also auf einen entsprechenden Streifzug durch 30 Jahre Karriere
einstellen, was sogleich Spekulationen um die Setliste aufkommen
liess. Was wird berücksichtigt und was nicht? Da hatte wohl jeder
Fan so seine eigenen Vorstellungen und die älteren darunter hofften
natürlich auf möglichst viele, alte Kult-Songs, von denen es genug
zur Auswahl hat. Anlassbedingt gab es heute Abend keine Support-Band
und so mussten gut 500 Leute bis etwa 21.15 Uhr ausharren, bis es
endlich losging!
Pretty Maids
Der grosse (persönliche) Wermutstropfen sei gleich zu Beginn
erwähnt: Im aktuellen Lineup fehlte Bassist Hal Patino (Ex-King
Diamond), der das letzte Mal einen tierisch guten Eindruck
hinterlassen hatte. Die vermeintliche Harmonie war leider nicht von
Dauer (die genauen Umstände lassen wir jetzt mal aussen vor) und
darum hatte sein Ersatz Rene Shades bei mir von vorne herein halt
einen schweren Stand. Der Fokus stand aber eh bei Ken Hammer (g/v)
und Ronnie Atkins (v). Letzterer wird wohl vor dem wichtigen
Auftritt seiner Stimme entsprechend Sorge getragen haben, denn auf
seine Stimmbänder sollten noch einige Herausforderungen zukommen.
Diese wurden zu einem Teil von den Fans bestimmt, die über die
offizielle Homepage abstimmen konnten, welche Songs (oder zumindest
einige davon) auf der Setliste für die DVD vertreten sein werden.
Als
Opener (nach dem Intro und ein paar Pyros) fungierten nicht
unerwartet «Pandemonium» und «I.N.V.U.» vom aktuellen Album. Das
passte auch sehr gut, keine Frage. «Hell On High Heels» vertrat
derweil die 99er Scheibe «Anything Worth Doing Is Worth Overdoing»,
während mit dem geilen Titel-Kracher «Wake Up To The Real World» das
vorletzte Album von 2006 bedacht wurde. Spätestens jetzt war das Pratteler Publikum wach gerüttelt und ging immer besser ab. Ronnie's
Stimme war zu diesem Zeitpunkt noch voll auf der Höhe seiner
gegenwärtigen Möglichkeiten. Dass dies auch weiterhin so blieb, war
der Verdienst von gemässigteren Klängen wie den Halbballaden «Another
Shot Of Your Love» und «Walk Away» (letztere vom Album «Scream»,
1994). Der erste und zugleich harte Prüfstein kam dann aber mit «Lethal
Heroes», dem Opener von «Jump The Gun» (1990). Da musste der gute
Ronnie die ersten paar Federn lassen, denn die oberen Gesangslinien
erreichte er nur knapp und mit einiger Mühe. Doch das trug ihm
niemand nach, denn alle freuten sich in erster Linie, dass dieser
Klassiker auch mit dabei war. Allerdings hatte ich im Hinblick auf
das letztjährige Gastspiel das Gefühl, dass die Band nicht ganz befreit
aufspielte, was möglicherweise mit der Konzentration bezüglich der
Aufnahmen zu tun hatte. Es fehlte der berühmte letzte Zwick, der
einen bei den entsprechenden Konzerten die Kinnlade runter klappen
lässt.
Weitere Hits der Marke «Savage Heart» oder «Rock The House» hielten
die überaus gute Stimmung jedoch locker aufrecht. Auch die
Mitsing-Parts fielen überraschend gut aus und das will in unseren
Breitengraden stets was heissen. Die Dänen stehen ja nicht nur für
treibende Kracher, sondern haben auch regelmässig ein gutes Händchen
für balladeskere Töne bewiesen. Dazu gehörte unter anderem das eher unbekanntere «Clay», das auf dem mittlerweile etwas vergessenen
«Carpe Diem» von 2000 steht. Dieses Album, wie auch ein paar der
90er-Releases, gilt es quasi wieder zu entdecken, wobei die Ausflüge
in etwas modernere und powermetallische Gefilde nicht allen munden
und halt nicht wirklich zu Pretty Maids passen. Nicht fehlen durfte
neben weiteren, unverzichtbaren Kalibern der Sorte «Rodeo» oder
«Love Games» natürlich die neue Hammer (Halb-) Ballade «Little Drops
Of Heaven», die den älteren Jahrgängen wie mir regelmässig mehr als
wohlige Schauer der guten, alten 80er über den Rücken jagt. Ich bin
mir sicher, dass dieser Glückstreffer fortan live immer gespielt
werden wird. Die hierzu gezündeten Pyros waren zwar nicht gerade
üppig, werden sich auf der audiovisuellen Nachlese aber bestimmt gut
machen. Hiermit befinden wir uns
bereits im Zugabenteil und die Uhr
zeigte inzwischen rund zwei Stunden Spielzeit an. Somit war der
Moment gekommen, das finale Feuer zu zünden. Dazu wurde zum letzten
Mal der musikalische Bogen gespannt, der diese zum Glück wieder
erstarkte Top-Band für die aktuelle Szene unverzichtbar macht. Das
wäre zum einen die zuckersüsse 93er Ballade «Please Don't Leave Me»
(von «Stripped») und zum andern der uralte 84er Heavy Rocker «Red
Hot And Heavy», der dem Z7 nochmals mit gutem Sound und fettem Licht
richtig Feuer unter dem Arsch machte. Nach satten 135 Minuten wurden
die Kameras wieder angehalten und alle waren sich eigentlich einig,
dass diese DVD, die anfangs 2012 erscheinen soll, richtig gut werden
wird. Daran zweifle auch ich nicht, obwohl es halt schon noch ein
paar Songs mehr gegeben hätte, die es ebenfalls verdient gehabt
hätten, verewigt zu sein. Wichtiger scheint mir allerdings der
Umstand, dass auch weiterhin mit den Dänen zu rechnen ist und damit
die Hoffnung einher geht, dass dem kongenialen Komponisten-Duo
Hammer/Atkins auch in Zukunft noch weitere, gute Songs gelingen
werden!
Setliste: «Intro» - «Pandemonium» - «I.N.V.U.» - «Hell On High Heels»
- «Wake Up The Real World» - «Destination Paradise» - «Another Shot
Of Your Love» - «Scream» - «Walk Away» - «Lethal Heroes» - «Nightmare
In The Neighborhood» - «It Comes At Night» - «Queen Of Dreams/Drum-Solo»
- «Spooked» - «Savage Heart» - «Clay» - «Yellow Rain» - «Rock The
House» - «Back To Back» - «Rodeo» - «Love Games» -- «Future World» -
«Little Drops Of Heaven» - «Please Don't Leave Me» - «Red Hot And
Heavy».
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