Drei Tage vor dem Auftritt in Pratteln waren die Dänen zu Gast im
„Ländle“, also dem Fürstentum Liechtenstein. Als das Datum vom Z7
feststand, war für mich jedoch klar, wohin mich mein Weg zur «Motherland»-Tour
hinführen würde. Fast auf den Tag genau zwei Jahre waren seit der
Produktion der ersten Live-DVD/DCD vergangen und letztes Jahr waren
Pretty Maids neben Saxon und Magnum eine der drei Vorbands für Toto
in Sursee. Im Frühling dieses Jahres kam nun der mit einigen
Erwartungen verknüpfte Nachfolger «Motherland» heraus, der zwar
stilistisch an «Pandemonium» anschliessen konnte, mehr aber nicht.
Dennoch ist die wiedererstarkte Band erneut ein Garant für
mitreissende Live-Shows, und das sollte man sich als Genre-Fan
eigentlich nicht entgehen lassen. Etwas mehr als 700 Fans fanden
sich schliesslich im Z7 ein, die aber leider erst beim Headliner
„aufwachten“. Dank der Suchfunktion auf unserer Homepage konnte ich
ziemlich schnell eruieren, wann ich den heutigen Edel-Support Pink
Cream 69 das letzte Mal live gesehen hatte: 2009 am BYH!!!-Festival
in Balingen, als diese für Tesla einsprangen. Heute Abend waren sie
als Special Guest gesetzt.
Pink Cream 69
Ich habe mich, um es gleich vorweg zu nehmen, (und an dieser Stelle
nicht zum ersten Mal!) masslos darüber geärgert, wie lasch und
lethargisch sich die immerhin gut halb gefüllte Halle zum Auftritt
der Pinkies verhielt. Da hat man mit David Readman einen absoluten
Klasse-Sänger und haufenweise geile Songs am Start, doch praktisch
nichts geht vor der Bühne. Die mehrmaligen „Seidihrmüde?“ -Gesten
des Frontmannes bedurften keiner weiteren Erklärung. Anfangs Jahr
erschien mit «Ceremonial» das zwölfte Studio-Album nach einer Pause
von rund vier Jahren. Obwohl unüberhörbar, dass die ganz guten
Zeiten wohl vorbei sind, waren die sechzig Minuten als Special Guest
ausnahmslos mit guter Musik ausgefüllt! Die Band spielte tight auf
und präsentierte mit Chris Schmidt den Nachfolger von Kosta Zafiriou
(ist übrigens ein Schweizer!), weil Letzterer ja nebst anderen
Projekten (er spielte ja mitunter die aktuelle Krokus Studio-Scheibe
«Dirty Dynamite» ein und wirkt bekanntlich auch bei Unisonic mit)
vor allem als Manager (unter anderem von Helloween und Axxis) tätig
ist. Zudem nahm man nun den zweiten Gitarrist Uwe Reitenauer richtig
wahr, der seit 2007
den gesundheitlich handicapierten Ur-Gitarristen
Alfred Koffler kongenial unterstützt. Und wenn wir schon beim
Line-Up sind, darf natürlich Bassist Dennis Ward nicht fehlen. Sein
produktives wie kreatives Palmares ist mittlerweile so gross, dass
man es kaum fassen kann. Alle zusammen lieferten Pink Cream 69 einen
Hammer-Set ab, der sich vor allem mit den sackstark vorgetragenen
Vocals des Mr. Readman hervor tat. Die Setliste war, nebst den
obligaten paar neuen Songs wie «Special», «The Tide (Acoustic)» und
«Wasted Years» (kein Maiden-Cover!) ziemlich altlastig ausgelegt und
ging mit «Welcome The Night» sogar bis zum Debüt von 1989 zurück. So
kam es dann, dass zum Beispiel tatsächlich keinerlei Exponate von «Thunderdome»
(2004) oder «Endangered» (2001) berücksichtigt wurden.
Nichtsdestotrotz wurden jedoch Hits wie «Break The Silence» oder als
Schlusssong das geniale «Shame» aufgefahren. Der Schlussapplaus für
diese voll überzeugende ganze Stunde Melodic Rock vom Feinsten war
dann immerhin standesgemäss, aber die Resonanz insgesamt des wie
unter Schlaftabletten stehenden Z7-Publikums war, wie eingangs
bereits erwähnt, eine herbe wie unverständliche Enttäuschung.
Setliste: «Keep Your Eye On The Twisted» - «Hell's Gone Crazy» -
«Special» - «Lost In Illusions» - «Talk To The Moon» - «Break The
Silence» - «Do You Like It Like That» - «The Tide (Acoustic)» - «The
Spirit» - «No Way Out» - «Livin' My Life For You» - «Wasted Years» -
«Welcome The Night» - «Shame».
Pretty Maids
Nun war es am Headliner, die Kohlen aus dem Feuer zu holen, aber
davon ging nicht mal ich aus, dass dies nun ein Problem werden
sollte. Das war jedoch nicht immer so, denn die „hübschen Mädels“
aus dem hohen Norden haben einige karge Jahre nach den glorreichen
Zeiten der 80er und 2003 den Herzinfarkt von Gitarrist Ken Hammer
hinter sich lassen müssen, ehe es dann nach längerem Mittelmass
spätestens 2010 mit dem furiosen Comeback-Album «Pandemonium» wieder
richtig los ging. Seither sind Ken Atkins & Co. wieder in aller
Munde und konnten ihr 30-jähriges Jubiläum im richtigen Rahmen
feiern. Der dazu gehörende Höhepunkt einer ersten Live-DVD fand
genau hier im Pratteln vor ziemlich genau zwei Jahren statt. So
viele Leute wie damals (über 1000) waren heute nicht gekommen, doch
anzahlmässig standen dennoch einige Hundertschaften da, die die
Hauptband des Abends mit gebührendem Applaus empfingen. Mit im
Gepäck hatte man die neue Langrille «Motherland», die zwar nicht
ganz an den voran gegangenen Überflieger anknüpfen konnte, aber im
Rahmen dessen, was man grundsätzlich davon erwartet hatte, nicht
enttäuscht wurde. Dass dadurch die aktuelle Setliste im Gegensatz
zur letzten entsprechend aufgewirbelt wird, bestätigte sich von
Anfang an mit dem Opener
«Mother Of All Lies» und «I See Ghosts»,
einem weiteren neuen Song. Ersteren kam man dabei getrost als
weiteren Volltreffer für den Beginn eines Konzertes bezeichnen, da
dieser klar auf dem Level von «Pandemonium» als Gradmesser liegt.
Gleiches gilt für nachfolgenden „Geistersong“, der ebenfalls das
volle Riff-Brett auffährt. Mit «Needles In The Dark» als
Live-Rarität wurde darauf ein Rücksprung von mehr als 25 Jahren
vollzogen, genauer zurück zum Album «Future World» (1987), das in
der Setliste eh noch mehrmals gewürdigt werden sollte.
Die ganze Band war top drauf und dies übertrug sich glücklicherweise
umgehend auf die Fans, wo man sich so nun endlich an einem richtigen
Rock-Konzert wähnte. Nicht fehlen durften dabei auch die leiseren
Töne oder Parts wie bei «Yellow Rain», das auf der Live-Aufnahme von
2011 besonders unter die Haut geht. Das Drum-Solo von Allan
Tschicaja war ok, aber auch nur, weil es nicht zu lange dauerte.
Bemerkenswerter war die Tatsache, dass zum Glück noch einige
Kracher, sprich Hits wie «Rodeo» und «Red, Hot And Heavy» in den
Starlöchern standen. Mit immerhin drei Songs konnte ebenso der
bärenstarke Album-Vorgänger noch angemessen gewürdigt werden.
Aufgrund des Wegfallens von «Savage Heart» blieb allerdings der
90er-Classic «Jump The Gun» leider komplett aussen vor. Das zeugte
nun endgültig davon, dass das künftige Zusammenstellen einer
Setliste, die möglichst vielen Wünschen und Anträgen gerecht wird,
nicht einfacher werden wird. Was jedoch «Red, Hot And Heavy» angeht,
so wird dieser Alt-Klassiker bestimmt nie aus dem Set fallen, wie
zum Beispiel sich Accept sicher nicht ohne «Balls To The Wall» vom
Acker machen können. Im Zugabenteil bei «Little Drops Of Heaven» war
es dann aber augenscheinlich langsam vorbei mit dem Antizipieren und
es herrschte wieder zäher Müssiggang. Das Mitsingen fiel an dieser
Stelle ziemlich flach aus und da nützte alles Zureden und Anspornen
von Ronnie nichts mehr. Nichtsdestotrotz schlugen am Schluss etwas
über hundert erinnerungswürdige Konzert-Minuten zu Buche, die keinen
Zweifel darüber offen liessen, dass die Geschichte der sympathischen
Dänen hoffentlich noch eine ganze Weile weiter gehen wird. In diesem
Sinne wünschen wir ihnen und uns Fans natürlich eine entsprechend
ergiebige «Future World».
Setliste: «Mother Of All Lies» - «I See Ghosts» - «Needles In The
Dark» - «Love Games» - «Sad To See You Suffer» - «Why So Serious» -
«Walk Away» - «Yellow Rain» - «Queen Of Dreams» - «Drum Solo Allan
Tschicaja» - «It Comes At Night» - «Rodeo» - «Please Don't Leave Me
(John Sykes Cover)» - «I.N.V.U.» - «Red, Hot And Heavy» -- «Back To
Back» - «Little Drops Of Heaven» - «Future World».
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