Livereview: Pretty Maids - Pink Cream 69

30. September 2013, Pratteln – Z7
By Rockslave
Drei Tage vor dem Auftritt in Pratteln waren die Dänen zu Gast im „Ländle“, also dem Fürstentum Liechtenstein. Als das Datum vom Z7 feststand, war für mich jedoch klar, wohin mich mein Weg zur «Motherland»-Tour hinführen würde. Fast auf den Tag genau zwei Jahre waren seit der Produktion der ersten Live-DVD/DCD vergangen und letztes Jahr waren Pretty Maids neben Saxon und Magnum eine der drei Vorbands für Toto in Sursee. Im Frühling dieses Jahres kam nun der mit einigen Erwartungen verknüpfte Nachfolger «Motherland» heraus, der zwar stilistisch an «Pandemonium» anschliessen konnte, mehr aber nicht. Dennoch ist die wiedererstarkte Band erneut ein Garant für mitreissende Live-Shows, und das sollte man sich als Genre-Fan eigentlich nicht entgehen lassen. Etwas mehr als 700 Fans fanden sich schliesslich im Z7 ein, die aber leider erst beim Headliner „aufwachten“. Dank der Suchfunktion auf unserer Homepage konnte ich ziemlich schnell eruieren, wann ich den heutigen Edel-Support Pink Cream 69 das letzte Mal live gesehen hatte: 2009 am BYH!!!-Festival in Balingen, als diese für Tesla einsprangen. Heute Abend waren sie als Special Guest gesetzt.

Pink Cream 69

Ich habe mich, um es gleich vorweg zu nehmen, (und an dieser Stelle nicht zum ersten Mal!) masslos darüber geärgert, wie lasch und lethargisch sich die immerhin gut halb gefüllte Halle zum Auftritt der Pinkies verhielt. Da hat man mit David Readman einen absoluten Klasse-Sänger und haufenweise geile Songs am Start, doch praktisch nichts geht vor der Bühne. Die mehrmaligen „Seidihrmüde?“ -Gesten des Frontmannes bedurften keiner weiteren Erklärung. Anfangs Jahr erschien mit «Ceremonial» das zwölfte Studio-Album nach einer Pause von rund vier Jahren. Obwohl unüberhörbar, dass die ganz guten Zeiten wohl vorbei sind, waren die sechzig Minuten als Special Guest ausnahmslos mit guter Musik ausgefüllt! Die Band spielte tight auf und präsentierte mit Chris Schmidt den Nachfolger von Kosta Zafiriou (ist übrigens ein Schweizer!), weil Letzterer ja nebst anderen Projekten (er spielte ja mitunter die aktuelle Krokus Studio-Scheibe «Dirty Dynamite» ein und wirkt bekanntlich auch bei Unisonic mit) vor allem als Manager (unter anderem von Helloween und Axxis) tätig ist. Zudem nahm man nun den zweiten Gitarrist Uwe Reitenauer richtig wahr, der seit 2007 den gesundheitlich handicapierten Ur-Gitarristen Alfred Koffler kongenial unterstützt. Und wenn wir schon beim Line-Up sind, darf natürlich Bassist Dennis Ward nicht fehlen. Sein produktives wie kreatives Palmares ist mittlerweile so gross, dass man es kaum fassen kann. Alle zusammen lieferten Pink Cream 69 einen Hammer-Set ab, der sich vor allem mit den sackstark vorgetragenen Vocals des Mr. Readman hervor tat. Die Setliste war, nebst den obligaten paar neuen Songs wie «Special», «The Tide (Acoustic)» und «Wasted Years» (kein Maiden-Cover!) ziemlich altlastig ausgelegt und ging mit «Welcome The Night» sogar bis zum Debüt von 1989 zurück. So kam es dann, dass zum Beispiel tatsächlich keinerlei Exponate von «Thunderdome» (2004) oder «Endangered» (2001) berücksichtigt wurden. Nichtsdestotrotz wurden jedoch Hits wie «Break The Silence» oder als Schlusssong das geniale «Shame» aufgefahren. Der Schlussapplaus für diese voll überzeugende ganze Stunde Melodic Rock vom Feinsten war dann immerhin standesgemäss, aber die Resonanz insgesamt des wie unter Schlaftabletten stehenden Z7-Publikums war, wie eingangs bereits erwähnt, eine herbe wie unverständliche Enttäuschung.

Setliste: «Keep Your Eye On The Twisted» - «Hell's Gone Crazy» - «Special» - «Lost In Illusions» - «Talk To The Moon» - «Break The Silence» - «Do You Like It Like That» - «The Tide (Acoustic)» - «The Spirit» - «No Way Out» - «Livin' My Life For You» - «Wasted Years» - «Welcome The Night» - «Shame».


Pretty Maids
Nun war es am Headliner, die Kohlen aus dem Feuer zu holen, aber davon ging nicht mal ich aus, dass dies nun ein Problem werden sollte. Das war jedoch nicht immer so, denn die „hübschen Mädels“ aus dem hohen Norden haben einige karge Jahre nach den glorreichen Zeiten der 80er und 2003 den Herzinfarkt von Gitarrist Ken Hammer hinter sich lassen müssen, ehe es dann nach längerem Mittelmass spätestens 2010 mit dem furiosen Comeback-Album «Pandemonium» wieder richtig los ging. Seither sind Ken Atkins & Co. wieder in aller Munde und konnten ihr 30-jähriges Jubiläum im richtigen Rahmen feiern. Der dazu gehörende Höhepunkt einer ersten Live-DVD fand genau hier im Pratteln vor ziemlich genau zwei Jahren statt. So viele Leute wie damals (über 1000) waren heute nicht gekommen, doch anzahlmässig standen dennoch einige Hundertschaften da, die die Hauptband des Abends mit gebührendem Applaus empfingen. Mit im Gepäck hatte man die neue Langrille «Motherland», die zwar nicht ganz an den voran gegangenen Überflieger anknüpfen konnte, aber im Rahmen dessen, was man grundsätzlich davon erwartet hatte, nicht enttäuscht wurde. Dass dadurch die aktuelle Setliste im Gegensatz zur letzten entsprechend aufgewirbelt wird, bestätigte sich von Anfang an mit dem Opener «Mother Of All Lies» und «I See Ghosts», einem weiteren neuen Song. Ersteren kam man dabei getrost als weiteren Volltreffer für den Beginn eines Konzertes bezeichnen, da dieser klar auf dem Level von «Pandemonium» als Gradmesser liegt. Gleiches gilt für nachfolgenden „Geistersong“, der ebenfalls das volle Riff-Brett auffährt. Mit «Needles In The Dark» als Live-Rarität wurde darauf ein Rücksprung von mehr als 25 Jahren vollzogen, genauer zurück zum Album «Future World» (1987), das in der Setliste eh noch mehrmals gewürdigt werden sollte.

Die ganze Band war top drauf und dies übertrug sich glücklicherweise umgehend auf die Fans, wo man sich so nun endlich an einem richtigen Rock-Konzert wähnte. Nicht fehlen durften dabei auch die leiseren Töne oder Parts wie bei «Yellow Rain», das auf der Live-Aufnahme von 2011 besonders unter die Haut geht. Das Drum-Solo von Allan Tschicaja war ok, aber auch nur, weil es nicht zu lange dauerte. Bemerkenswerter war die Tatsache, dass zum Glück noch einige Kracher, sprich Hits wie «Rodeo» und «Red, Hot And Heavy» in den Starlöchern standen. Mit immerhin drei Songs konnte ebenso der bärenstarke Album-Vorgänger noch angemessen gewürdigt werden. Aufgrund des Wegfallens von «Savage Heart» blieb allerdings der 90er-Classic «Jump The Gun» leider komplett aussen vor. Das zeugte nun endgültig davon, dass das künftige Zusammenstellen einer Setliste, die möglichst vielen Wünschen und Anträgen gerecht wird, nicht einfacher werden wird. Was jedoch «Red, Hot And Heavy» angeht, so wird dieser Alt-Klassiker bestimmt nie aus dem Set fallen, wie zum Beispiel sich Accept sicher nicht ohne «Balls To The Wall» vom Acker machen können. Im Zugabenteil bei «Little Drops Of Heaven» war es dann aber augenscheinlich langsam vorbei mit dem Antizipieren und es herrschte wieder zäher Müssiggang. Das Mitsingen fiel an dieser Stelle ziemlich flach aus und da nützte alles Zureden und Anspornen von Ronnie nichts mehr. Nichtsdestotrotz schlugen am Schluss etwas über hundert erinnerungswürdige Konzert-Minuten zu Buche, die keinen Zweifel darüber offen liessen, dass die Geschichte der sympathischen Dänen hoffentlich noch eine ganze Weile weiter gehen wird. In diesem Sinne wünschen wir ihnen und uns Fans natürlich eine entsprechend ergiebige «Future World».


Setliste: «Mother Of All Lies» - «I See Ghosts» - «Needles In The Dark» - «Love Games» - «Sad To See You Suffer» - «Why So Serious» - «Walk Away» - «Yellow Rain» - «Queen Of Dreams» - «Drum Solo Allan Tschicaja» - «It Comes At Night» - «Rodeo» - «Please Don't Leave Me (John Sykes Cover)» - «I.N.V.U.» - «Red, Hot And Heavy» -- «Back To Back» - «Little Drops Of Heaven» - «Future World».