Mit dem Begriff "Danish Dynamite" werden eigentlich die
Landskollegen von D.A.D betitelt, aber die Pretty Maids sind ebenso
eine Bank, vor allem live. Davon konnte man sich in den letzten
Jahren mehrmals überzeugen lassen. Nicht zu vergessen sind dabei
auch die weiteren Engagements von Frontmann Ronnie Atkins als
mittlerweile langjähriger Guest bei Avantasia und aktuell bei Nordic
Union. Diese Zusammenarbeit mit Sänger, Gitarrist und Producer Erik
Mårtensson (Eclipse, Ammunition) hat inzwischen zwei Alben hervor
gebracht, die vorzügliche Genre-Mucke bieten. Dem lieben Ronnie wird
es somit nicht langweilig, auch ausserhalb seiner Hauptband. Was nun
Ende März genau los war, als der heute Abend nachgeholte Gig nicht
stattfinden konnte, ist nicht bekannt. Nur so viel, dass Ronnie
dehydriert (warum auch immer) in ein Spital eingeliefert werden
musste. Noch vor Weihnachten kamen die Dänen jedoch zurück ins Z7
und lieferten nach einer eher mauen Vorstellung am Vorabend in
Karlsruhe beim "Knock Out"-Festival einen Killer-Set ab. Dies gelang
der Support-Band Vice nur bedingt, auch wenn dessen unerwartete
Bühnen-Rückkehr gewisse Hoffnungen schürte.
Vice Vor satten drei Dekaden hauten Vice ihr Debüt-Album
«Made For Pleasure» raus, dessen farbenfrohes Cover teilweise mehr
Gesprächsstoff als die Musik selber lieferte. "Party Rock" schrieb
man sich damals auf die Fahne, und die zu Beginn mit typischen
80er-Keyboards getränkte Mucke, wie zum Beispiel bei «Feel My Body»,
kam ein klein wenig zu spät daher. Anfangs bis Mitte der 80er hätte
die Spasstruppe mehr Aussicht auf Erfolg gehabt. So ging 1990 nach
dem zweiten Album «Second Excess» und Songs wie «Dance The Metal»
der Schnauf leider bereits aus. Ein Schicksal, das zu der Zeit noch
ganz viele andere Rock-Bands ereilen sollte, als sich plötzlich der
Grunge breit machte. Letztes Jahr, das heisst 27 Jahre nach dem
letzten Studiowerk, wollte es der ehemalige Gitarrist Chris „Yps“
Limburg (Ex-Bonfire) nochmals wissen, scharte Sänger Mario Michel
(Ex-Vanadine), Martin Dreher (b) und Pete Lautenschlager (d) um sich
und liess Vice mit dem dritten Dreher «Veni Vedi Vice» nach dem
Split von 1995 wieder aufleben. Dabei ist
die
Band dem einstigen Kern der Sache treu geblieben und hat mitunter
mit dem auf Malle gedrehten Video zum Song «Where Do I Belong»
bewiesen, dass sie es immer noch drauf hat. Zumindest auf Tonträger,
denn die Live-Performance von heute Abend war eine eher wacklige
Sache. Da passte nicht viel zusammen, obwohl Frontmann Mario (mit
Schweizer Wurzeln) natürlich ein alter Fuchs ist und genau wusste,
wie der Hase läuft. Seine stets aufmunternden Ansagen erreichten das
Publikum weitgehend, das artig mitzog und so immerhin etwas Stimmung
erzeugt werden konnte. Obwohl sich das neue Material auf Konserve
ganz ordentlich anhört, wollte der Funke jedoch nicht recht
überspringen. Mit etwas Geduld und besserer, sprich kompakterer
Performance könnte aber durchaus noch der Spätherbst-Abschnitt der
Karriere der Deutschen anbrechen. Das hinten auf dem grossen
Backdrop hinterlegte Motto "…are you ready to party?" enthielt auf
jeden Fall eine positive Message, auf der sich aufbauen lässt. Ich
für meinen Teil kam gar zur Live-Premiere mit Vice, was mein
mittelprächtiges Fazit allerdings nicht aufzuwerten vermochte.
Pretty Maids
Der Festival-Auftritt 24 Stunden zuvor (siehe Einleitung) war
erstens deutlich kürzer und zweitens die Setliste folglich mit
vielen Vakanzen versehen. Wer als Schweizer KonzertbesucherIn
deshalb den heutigen Abend ausliess, hatte, wie sich bald heraus
stellen sollte, offensichtlich die falsche Wahl getroffen. Pretty
Maids live im Z7 werden natürlich aufgrund der hier 2011 (huch, ist
das schon so lange her?!) mitgeschnittenen DVD/DCD immer eine eigene
Aura in dieser Location besitzen. Erfreulicherweise waren heute
Abend sogar einige Fans mehr als damals zugegen, was nur für die
Dänen spricht. Was seither geändert hat, betrifft inzwischen zwei
Musiker. Auf Drummer Allan Tschicaja (Ex-Royal Hunt live) folgte
Allan Sørensen (Ex-Royal Hunt), und an den Keyboards gab Morten
Sandager den Posten an Chris Laney ab. Das änderte freilich nichts
am Sound, denn wie Jagger/Richards oder Lennon/McCartney ist hier
das Gespann Atkins/Hammer unangefochten die antreibende Kraft.
Obwohl das letzte Studioalbum «Kingmaker» bereits zwei Jahre auf dem
Buckel trägt, können sich die "hübschen Mädels" lockerst aus dem
umfangreichen Backkatalog bedienen und ihre Fans so mit stets
abwechselnden Sets beglücken. Dazu stellen immerhin fünfzehn
Studioalben zur Verfügung, die man gut in die einzelnen Dekaden
einteilen kann. Nebst den aufbauenden 80ern und den vom
musikalischen Comeback geprägten Nuller-Jahren beinhalten vor allem
die 90er einige Perlen, die teils längere Zeit brach lagen und
berechtigt wieder zum Leben erweckt werden.
So
auch bei diesem gediegenen Konzertabend, wo mitunter die Alben «Jump
The Gun» (1990), «Sin-Decade» (1992) und «Spooked» (1997)
berücksichtigt wurden. Letzteres Album zauberte «Never Too Late» aus
dem Hut und vor dieser Tour ebenfalls noch nie live gespielt,
überraschte natürlich «Waitin' For The Time» (von «Red, Hot &
Heavy», 1984). Der Rest war, abgesehen von zwei «Kingmaker»-Tracks ,
praktisch nur mit Klassikern versehen und hier spielten Pretty Maids
ihre Trümpfe überragend aus. Angefangen beim stimmlich sackstark
agierenden Ronnie und der obertighten Performance seiner Sidekicks
und Hintermannschaft. Dass für «Savage Heart» in Pratteln das dafür
zwei Tage danach in Budapest gespielte «Clay» so zu sagen "geopfert"
wurde, zeigte auf, über welche Menge geile Songs diese Truppe
verfügt. Mir persönlich fehlten natürlich weitere Kracher von «Jump
The Gun» wie «Lethal Heroes» oder «Rock The House». Die Setliste
liess insgesamt aber keine Schwächen erkennen, und getragen durch
eine tolle Stimmung in der gut halb gefüllten Konzertfabrik, liess
der Headliner absolut nichts anbrennen und brillierte während gut
100 Minuten. Nach der obligaten Zugabe «Red, Hot And Heavy» gab es
datumsbedingt noch einen weihnachtlichen Nachschlag, der meine
diesjährige Konzert-Tour mehr als würdig abschloss. Solange diese
Genre-Kultband noch solche Gigs abzuliefern vermag, sieht es
weiterhin mehr als nur rosig aus! Allerdings steht und fällt das
Ganze nur mit Ronnie und Ken. Hoffen wir also, dass die Gesundheit
der Beiden weiterhin anhält!
Setliste: «Intro: Sin-Decade» -
«Sin-Decade» - «Running Out» - «We Came To Rock» - «Waitin' For The
Time» - «Never Too Late» - «Please Don't Leave Me (John Sykes
Cover)» - «Know It Ain't Easy» - «Rodeo» - «Pandemonium» - «Bull's
Eye» - «Savage Heart» - «Little Drops Of Heaven» - «Intro: Future
World» - «Future World» - «Back To Back» -- «Intro: Mother Of All
Lies» - «Mother Of All Lies» - «Kingmaker» - «Love Games» - «Red,
Hot And Heavy» - «A Merry Jingle (The Greedies Cover)» - «Sit On My
Face (Outro)».
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