Es war ein komischer Samstagabend in Sempach,
welcher nicht ganz alle meine hochgesteckten Erwartungen erfüllen
konnte und schliesslich mit einer unangenehmen Überraschung endete.
Woran das lag, weiss wohl nur der liebe Bon Scott im Himmel.
Einerseits waren die Voraussetzungen mit einem fast schon
märchenhaften Billing à la Tempesta, Crystal Ball, Destruction,
Primal Fear und drei Newcomern sehr gut. Anderseits gab es an diesem
Samstag schlicht zu viele Metalkonzerte, die sich gegenseitig die
Fans streitig machten. Diejenigen, die da waren, schienen
grösstenteils unter Depressionen zu leiden, welche der Nebel den
ganzen Tag verteilte, so dass man zu keinem Zeitpunkt von einer
tobenden Halle sprechen konnte. Diesem Umstand konnten selbst die
sehr professionelle Organisation und die damit verbundenen sehr
kurzen Umbaupausen nicht entgegen wirken. Was danach blieb ist ein
unangenehmes Gefühl und die Gewissheit, dass selbst ein perfekt
geplanter Konzertabend nicht so laufen kann, wie man es sich
eigentlich wünscht. (Rog)
Dryburn
Sempach rockte an diesem Samstag zuerst mit Dryburn. Oder besser, „röckelte“
ein bisschen. Denn was die Obwaldner um
16.00
Uhr boten, bestand aus ein paar strahlenden Kerzenlichtern am
Schluss, die den Schatten, der sich über die gesamte Auftrittsdauer
breit machte, nicht vertreiben konnten. Dryburn waren nervös,
bewegten sich nur wenig und wirkten auf der grossen Seepark-Bühne
ziemlich verloren. Es schien, als ob dieses Konzert ihr erstes
überhaupt war. Musikalisch bot man das, was die wenigen Anwesenden
wollten: Heavy Metal im Stile von Judas Priest, mit einer Stimme,
die an Dave Mustaine von Megadeth erinnerte. Eine Mischung, die
gegen Ende sogar ein-, zweimal aufhorchen liess, als Dryburn ein
paar nette Breakes einbauten. Insgesamt darf sich die Band aber
songwriterisch noch stark verbessern. Mir selber fehlte vor allem
das Feuer in den Augen der Musiker, welches oft anfängliche
Schwächen zu vertuschen mag. Insgesamt passte der Auftritt aber zu
der Zeit noch ziemlich kalten Halle, die gegen Ende der Show wärmer
wurde und nicht nur Dryburn gut tat. Die Obwaldner haben definitiv
noch viel Arbeit vor sich, wenn sie mal was reissen wollen. Mit dem
Publikum, welches nach vorne kam und nach dem finalen „Now Or Never“
verhaltenen aber aufmunternden Applaus spendete, dürfte es an
Motivation nicht fehlen. (Rog)
Grey
Monday
Als zweite Band des Abends spielten Grey Monday auf – und wie sie
das taten, war echt beeindruckend. Selbstsicher betraten die fünf
jungen Berner die Bühne und rockten los. Ob mit Stakkato-Riffing
während der Strophen, stampfenden Refrains oder groovigen, eher
rhythmusbetonten Stücken wie beispielsweise „Come Closer“. Die
Herren um die 20 Jahre rum wussten das noch etwas spärlich
erschienene Sempacher Publikum zu begeistern. Aber nicht nur
musikalisch, sondern auch visuell überzeugte die Band vollauf,
zeigte sie sich doch während des ganzen Gigs sehr bewegungs- und
spielfreudig, inklusive Gepose und Headbanging. Der einzige
Kritikpunkt des Auftritts waren die Songs, welche mit der Zeit etwas
eintönig wirkten, da sie fast alle im Midtempo-Bereich angesiedelt
waren. Hier dürften Grey Monday noch etwas mehr Tempo-Variation rein
bringen. Ansonsten war es aber eine tadellose Vorstellung, die von
den Zuschauern mit deutlich mehr als blossem Anstandsapplaus
gewürdigt wurde. (Nic)
Grinder
Was kommt Dir beim Stichwort Grinder in den Sinn? Etwa der Song von
Judas Priest? Dann liegst Du vollkommen richtig, denn bei der
Formation Grinder handelt es sich um eine Priest-Coverband. Als die
Herren die Bühne betraten, kam bei mir der erste Schock: Keine
Lederklamotten, keine Nieten, rein gar nix!
Jeans
und Shirts waren die Devise! Egal, schlussendlich ist ja die Musik
und nicht das Äussere entscheidend..., oder etwa doch? Losgelegt
wurde mit nicht ganz so bekannten Tracks wie „Electric Eye“, sodass
im Verlaufe des Sets eine Steigerung möglich war. Diese kam nach ein
paar Songs dann auch – glücklicherweise aber nicht nur in Form
bekannterer Lieder, sondern auch durch etwas Stimmung. Zu Beginn des
Auftritts versteckte sich nämlich die verflixte Stimmung irgendwo
hinter dem Berg und schielte nur gelegentlich für einen kurzen
Moment hervor. Irgendwie aber auch verständlich, denn zu fad,
uninspiriert und unmotiviert wirkte der Vierer auf der Bühne. Es
fehlte eindeutig an Spielfreude und Körpereinsatz, und wenn man in
die Gesichter der Truppe sah, fiel es auch nicht schwer dem Gerücht
zu glauben, Grinder würden sich auflösen. Auch wenn das viel zu
schnell gespielte „Breaking The Law“ noch eher einen Tiefpunkt des
Gigs darstellte, zeichnete sich danach mit dem wirklich geil
performten „Nightcrawler“ eine deutliche Aufwärtskurve ab. Die
Stimmung wagte sich nun auch hinter ihrem Schattendasein hervor, es
wurde geklatscht und mitgesungen. Nach „Living After Midnight“
verschwand die Truppe schlussendlich ohne grosse Zugabe-Rufe hinter
der Bühne. Zurück blieb ein durchwachsener Gig und die Frage, ob der
Auftritt wohl mit Lederkluft und Nietenbändern besser verlaufen
wäre?!! (Nic)
Tempesta
Irgendetwas stimmte heute beim Gig von Tempesta nicht. Zuerst wurde
der Anfang total versaut, in dem die Band noch bei voller
Hallenbeleuchtung auf die Bühne trat und anfing zu spielen. So
wusste man erst nicht, ob es sich noch immer um den Soundcheck
handelte. Als es dann alle kapiert hatten, ging es mit „Fulltime
Joker“ des gleichnamigen, neuen Albums rassig los und die Hard
Rocker wurden vom Publikum lautstark unterstützt. Eine erste Reihe
klammerte sich ans Fotograbengitter und headbangte, was das Zeug
hielt. Dahinter wurde es aber bald lichter. Trotzdem merkte man zu
Beginn, dass es sich hier um keine Unbekannten mehr handeln konnte.
Nach diesem guten Anfang flachte die Stimmung aber bald (wieder) ab.
Die Leute verzogen sich und der Platz vor der Bühne wurde immer
grösser. Woran das lag, weiss ich nicht. Vielleicht waren der Nebel
und Regen schuld, vielleicht die Band selber. Denn trotz der
Tourerfahrung, die sie letztes Jahr zusammen mit Crystal Ball und
Thunderstone sammeln konnten (und der dadurch gewonnen
Professionalität) fehlte das letzte Etwas, das den Funken von der
Bühne wegtragen konnte. Tempesta liessen sich dadurch jedoch nicht
entmutigen und zogen ihr Ding konsequent durch. Ihre Bemühungen
wurden dann auch bei den drei letzten Liedern belohnt. „F***“ weckte
die Metaller aus dem Halbschlaf mit frechen Publikumschören und
einem herrlichen „Fuck Me Baby!!!“. Daran konnte das Thin Lizzy/Metallica
Cover „Whiskey In The Jar“ anschliessen und mit „Opposite“ gewann
man dann endgültig. Betrachten wir den Auftritt aus der Sicht, dass
vor allem der erste und der letzte Eindruck entscheidend sind, so
konnten Tempesta tatsächlich punkten. (Rog)
Crystal
Ball
Als fünfte Band des Abends standen Crystal Ball auf dem Programm. Um
circa 20.15 Uhr bestiegen die gestandenen Rocker die Bretter und
schmetterten dem Publikum mit „Digital World“, dem Opener des immer
noch aktuellen Albums „Timewalker“, gleich einen hammermässigen
Metal-Kracher entgegen – mit Erfolg. Auch wenn die Stimmung in der
Meute anfangs noch etwas zurückhaltender war, so wurde doch
spätestens bei „Dance With The Devil“ klar, dass Crystal Ball bisher
die Band des Abends war, welche mit Abstand am
meisten reissen konnte. Das Geheimnis des Erfolgs lag vermutlich
einerseits an den zumeist einfachen und geradlinigen Hard Rock
Songs, andererseits aber wohl vielmehr an der durch und durch
positiven Ausstrahlung der Band. Wer Crystal Ball einmal live
gesehen hat, der hat sicherlich gemerkt, wie energiegeladen,
spielfreudig und voller Bewegungsdrang sich die Jungs auf der Bühne
präsentieren – da ist es kein Wunder, dass die Zuschauer zu
klatschen, bangen und tanzen begannen! Zudem besitzt gerade Sänger
Mark Sweeney ein erstaunlich theatralisches Talent, welches er in
Form seiner Mimik gekonnt einzusetzen versteht. Nach „Powerflight“
verliess die Band dann um 21.15 Uhr die Bühne, um wenig später für
die Zugabe „Hellvetia“ zurückzukehren. Sowohl das Publikum wie auch
die Band gaben nochmals alles, sodass nach dem Auftritt der
Kristallkugel alle rundum happy waren. (Nic)
Destruction
Man kann mit Sicherheit behaupten, dass Destruction nicht nur die
härteste Band des Abends war, sondern sie fielen auch optisch aus
dem Rahmen des Programms. Die süddeutschen Urgesteine des
Thrash-Metal legten wie gewohnt los. Schmier keifte mit seiner
unverkennbaren Stimme und Gitarrist Mike schwang dazu seine Mähne,
während die Finger an seiner Klapfe herumwirbelten. Viele Knaller
aus der Diskographie wurden zum Besten gegeben. Die Lightshow wurde
im Vergleich zu den restlichen Bands
eher düster gehalten, was optisch mit dem Outfit der Band
hervorragend passte. Als Fotograph an diesem Abend verfluchte ich
aber diese Beleuchtung, denn Rotlicht ist der Feind aller
Konzert-Fotographen. Es wäre ein phantastischer Gig gewesen, wenn da
nicht diverse technische Probleme geherrscht hätten. Ausserdem litt
darunter auch die Soundqualität, dass wirklich nur eingefleischte
Kenner der Destruction Songs die einzelnen Stücke heraushören
konnten. Für alle anderen Anwesenden im Saal tönte das Ganze eher
eintönig und monoton. So verblieben nur die wirklichen Fans vor der
Bühne, während sich diverse Melodic Metal und andere Fans an die Bar
verzogen. Trotz allem kann man behaupten, dass Destruction ihren
Part professionell durchgezogen haben. Ich für meinen Teil hoffe auf
einen bald besser abgemischten Destruction-Gig. (Rxx)
Primal Fear
Dieses Konzert wird wohl allen noch lange in Erinnerung bleiben.
Nur, ob wir daran gerne denken werden, wird auf einem anderen Blatt
stehen. Auf der einen Seite hatten wir da eine absolute Katastrophe
(siehe separaten Bericht), auf der anderen aber eine starke Band und
ein noch lauteres
Publikum.
Dass etwas nicht stimmte, merkte ich schon beim ersten Lied, als ich
versuchte, gute Fotos zu schiessen. Primal Fear wirkten
professionell, aber unmotiviert und unnatürlich. Schon die Art, wie
Sänger Ralf Scheepers die Bühne betrat, machte mir klar, dass etwas
nicht stimmte. Und so verliess ich bereits nach einem halben Lied
entnervt und enttäuscht den Fotograben. Etwas, was ich vorher noch
nie getan hatte. Ich beschloss wieder zurückzukehren, wenn das Ganze
besser würde. Aber es wurde nur noch schlimmer. In den hinteren
Publikumreihen erfuhr ich, dass man Ralf nicht hören konnte. Und
tatsächlich war keine Stimme zu hören. Trotzdem räkelte ich mich zum
Graben zurück, wo ich der Polizei begegnete. Dann ein paar weitere
Fotos, ein paar Eindrücke aus den Publikums und dann... - nichts!
Die Soundanlage wurde ausgeschaltet, es herrschte Stille! Nach ein
paar Minuten kamen Primal Fear zurück und spielten ihr Set fertig. „Battalions
Of Hate“ und „Seven Seals“ gefielen denen, die die Band bereits
gekannt hatten. Alle andern (Songs und Fans gleichermassen) litten
immer noch unter dem schlechten Sound. Die
Deutschen wirkten nach wie vor verkrampft und man sah ihnen an, wie
sie kämpften, nur durch das sehr laute Johlen der Fans angetrieben.
„Es hat hier nur zum Teil Spass gemacht, aber nur wegen euch“, lobte
dazu gegen Schluss ein erschöpfter Ralf Scheepers die Fans. Und
Recht hatte er, denn andere Metaller waren schon längst zu Hause.
Entweder durch die schlechten Umstände vertrieben oder durch des
Sängers Bühnenoutfit, das den Muskelprotz im supermanmässigen, aber
anstatt mit „S“ mit den Primal Fear-Initialen versehenen Leibchen
zeigte. Dies war definitiv nicht jedermanns Sache und erinnerte ein
bisschen an Disney-Land. Dass Primal Fear keine Trickfilm-Musik
machen, bewiesen sie mit dem finalen „Metal Is Forever“, welches
durch seine Kämpferstimmung ideal zum schwierigen Auftritt passte
und bei dem nochmals laut mitgeklatscht und gesungen wurde. Danach
war Schluss und ich war froh darum. Es macht schliesslich keinen
Spass einem Trauerspiel zuzusehen. Das Publikum wollte aber noch
mehr, und während Gitarrist Tom Naumann den Kopf schüttelte, fragte
Ralf Scheepers zustimmend: „Was sagt der Staat? – Der Staat sagt
nein!“ – Spiel aus! (Rog)
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