Livereview: Primal Fear - Destruction - Crystal Ball
                      Tempesta - Grinder - Grey Monday - Dryburn
9. Dezember 2006, Sempach Seeparksaal (LU)
By: Roger W. (Rog), Nicole (Nic) & Roxx (Rxx) - All Pics by: Roxx
Es war ein komischer Samstagabend in Sempach, welcher nicht ganz alle meine hochgesteckten Erwartungen erfüllen konnte und schliesslich mit einer unangenehmen Überraschung endete. Woran das lag, weiss wohl nur der liebe Bon Scott im Himmel. Einerseits waren die Voraussetzungen mit einem fast schon märchenhaften Billing à la Tempesta, Crystal Ball, Destruction, Primal Fear und drei Newcomern sehr gut. Anderseits gab es an diesem Samstag schlicht zu viele Metalkonzerte, die sich gegenseitig die Fans streitig machten. Diejenigen, die da waren, schienen grösstenteils unter Depressionen zu leiden, welche der Nebel den ganzen Tag verteilte, so dass man zu keinem Zeitpunkt von einer tobenden Halle sprechen konnte. Diesem Umstand konnten selbst die sehr professionelle Organisation und die damit verbundenen sehr kurzen Umbaupausen nicht entgegen wirken. Was danach blieb ist ein unangenehmes Gefühl und die Gewissheit, dass selbst ein perfekt geplanter Konzertabend nicht so laufen kann, wie man es sich eigentlich wünscht. (Rog)

Dryburn
Sempach rockte an diesem Samstag zuerst mit Dryburn. Oder besser, „röckelte“ ein bisschen. Denn was die Obwaldner um 16.00 Uhr boten, bestand aus ein paar strahlenden Kerzenlichtern am Schluss, die den Schatten, der sich über die gesamte Auftrittsdauer breit machte, nicht vertreiben konnten. Dryburn waren nervös, bewegten sich nur wenig und wirkten auf der grossen Seepark-Bühne ziemlich verloren. Es schien, als ob dieses Konzert ihr erstes überhaupt war. Musikalisch bot man das, was die wenigen Anwesenden wollten: Heavy Metal im Stile von Judas Priest, mit einer Stimme, die an Dave Mustaine von Megadeth erinnerte. Eine Mischung, die gegen Ende sogar ein-, zweimal aufhorchen liess, als Dryburn ein paar nette Breakes einbauten. Insgesamt darf sich die Band aber songwriterisch noch stark verbessern. Mir selber fehlte vor allem das Feuer in den Augen der Musiker, welches oft anfängliche Schwächen zu vertuschen mag. Insgesamt passte der Auftritt aber zu der Zeit noch ziemlich kalten Halle, die gegen Ende der Show wärmer wurde und nicht nur Dryburn gut tat. Die Obwaldner haben definitiv noch viel Arbeit vor sich, wenn sie mal was reissen wollen. Mit dem Publikum, welches nach vorne kam und nach dem finalen „Now Or Never“ verhaltenen aber aufmunternden Applaus spendete, dürfte es an Motivation nicht fehlen. (Rog)

Grey Monday
Als zweite Band des Abends spielten Grey Monday auf – und wie sie das taten, war echt beeindruckend. Selbstsicher betraten die fünf jungen Berner die Bühne und rockten los. Ob mit Stakkato-Riffing während der Strophen, stampfenden Refrains oder groovigen, eher rhythmusbetonten Stücken wie beispielsweise „Come Closer“. Die Herren um die 20 Jahre rum wussten das noch etwas spärlich erschienene Sempacher Publikum zu begeistern. Aber nicht nur musikalisch, sondern auch visuell überzeugte die Band vollauf, zeigte sie sich doch während des ganzen Gigs sehr bewegungs- und spielfreudig, inklusive Gepose und Headbanging. Der einzige Kritikpunkt des Auftritts waren die Songs, welche mit der Zeit etwas eintönig wirkten, da sie fast alle im Midtempo-Bereich angesiedelt waren. Hier dürften Grey Monday noch etwas mehr Tempo-Variation rein bringen. Ansonsten war es aber eine tadellose Vorstellung, die von den Zuschauern mit deutlich mehr als blossem Anstandsapplaus gewürdigt wurde. (Nic)

Grinder
Was kommt Dir beim Stichwort Grinder in den Sinn? Etwa der Song von Judas Priest? Dann liegst Du vollkommen richtig, denn bei der Formation Grinder handelt es sich um eine Priest-Coverband. Als die Herren die Bühne betraten, kam bei mir der erste Schock: Keine Lederklamotten, keine Nieten, rein gar nix! Jeans und Shirts waren die Devise! Egal, schlussendlich ist ja die Musik und nicht das Äussere entscheidend..., oder etwa doch? Losgelegt wurde mit nicht ganz so bekannten Tracks wie „Electric Eye“, sodass im Verlaufe des Sets eine Steigerung möglich war. Diese kam nach ein paar Songs dann auch – glücklicherweise aber nicht nur in Form bekannterer Lieder, sondern auch durch etwas Stimmung. Zu Beginn des Auftritts versteckte sich nämlich die verflixte Stimmung irgendwo hinter dem Berg und schielte nur gelegentlich für einen kurzen Moment hervor. Irgendwie aber auch verständlich, denn zu fad, uninspiriert und unmotiviert wirkte der Vierer auf der Bühne. Es fehlte eindeutig an Spielfreude und Körpereinsatz, und wenn man in die Gesichter der Truppe sah, fiel es auch nicht schwer dem Gerücht zu glauben, Grinder würden sich auflösen. Auch wenn das viel zu schnell gespielte „Breaking The Law“ noch eher einen Tiefpunkt des Gigs darstellte, zeichnete sich danach mit dem wirklich geil performten „Nightcrawler“ eine deutliche Aufwärtskurve ab. Die Stimmung wagte sich nun auch hinter ihrem Schattendasein hervor, es wurde geklatscht und mitgesungen. Nach „Living After Midnight“ verschwand die Truppe schlussendlich ohne grosse Zugabe-Rufe hinter der Bühne. Zurück blieb ein durchwachsener Gig und die Frage, ob der Auftritt wohl mit Lederkluft und Nietenbändern besser verlaufen wäre?!! (Nic)

Tempesta
Irgendetwas stimmte heute beim Gig von Tempesta nicht. Zuerst wurde der Anfang total versaut, in dem die Band noch bei voller Hallenbeleuchtung auf die Bühne trat und anfing zu spielen. So wusste man erst nicht, ob es sich noch immer um den Soundcheck handelte. Als es dann alle kapiert hatten, ging es mit „Fulltime Joker“ des gleichnamigen, neuen Albums rassig los und die Hard Rocker wurden vom Publikum lautstark unterstützt. Eine erste Reihe klammerte sich ans Fotograbengitter und headbangte, was das Zeug hielt. Dahinter wurde es aber bald lichter. Trotzdem merkte man zu Beginn, dass es sich hier um keine Unbekannten mehr handeln konnte. Nach diesem guten Anfang flachte die Stimmung aber bald (wieder) ab. Die Leute verzogen sich und der Platz vor der Bühne wurde immer grösser. Woran das lag, weiss ich nicht. Vielleicht waren der Nebel und Regen schuld, vielleicht die Band selber. Denn trotz der Tourerfahrung, die sie letztes Jahr zusammen mit Crystal Ball und Thunderstone sammeln konnten (und der dadurch gewonnen Professionalität) fehlte das letzte Etwas, das den Funken von der Bühne wegtragen konnte. Tempesta liessen sich dadurch jedoch nicht entmutigen und zogen ihr Ding konsequent durch. Ihre Bemühungen wurden dann auch bei den drei letzten Liedern belohnt. „F***“ weckte die Metaller aus dem Halbschlaf mit frechen Publikumschören und einem herrlichen „Fuck Me Baby!!!“. Daran konnte das Thin Lizzy/Metallica Cover „Whiskey In The Jar“ anschliessen und mit „Opposite“ gewann man dann endgültig. Betrachten wir den Auftritt aus der Sicht, dass vor allem der erste und der letzte Eindruck entscheidend sind, so konnten Tempesta tatsächlich punkten. (Rog)

Crystal Ball
Als fünfte Band des Abends standen Crystal Ball auf dem Programm. Um circa 20.15 Uhr bestiegen die gestandenen Rocker die Bretter und schmetterten dem Publikum mit „Digital World“, dem Opener des immer noch aktuellen Albums „Timewalker“, gleich einen hammermässigen Metal-Kracher entgegen – mit Erfolg. Auch wenn die Stimmung in der Meute anfangs noch etwas zurückhaltender war, so wurde doch spätestens bei „Dance With The Devil“ klar, dass Crystal Ball bisher die Band des Abends war, welche mit Abstand am meisten reissen konnte. Das Geheimnis des Erfolgs lag vermutlich einerseits an den zumeist einfachen und geradlinigen Hard Rock Songs, andererseits aber wohl vielmehr an der durch und durch positiven Ausstrahlung der Band. Wer Crystal Ball einmal live gesehen hat, der hat sicherlich gemerkt, wie energiegeladen, spielfreudig und voller Bewegungsdrang sich die Jungs auf der Bühne präsentieren – da ist es kein Wunder, dass die Zuschauer zu klatschen, bangen und tanzen begannen! Zudem besitzt gerade Sänger Mark Sweeney ein erstaunlich theatralisches Talent, welches er in Form seiner Mimik gekonnt einzusetzen versteht. Nach „Powerflight“ verliess die Band dann um 21.15 Uhr die Bühne, um wenig später für die Zugabe „Hellvetia“ zurückzukehren. Sowohl das Publikum wie auch die Band gaben nochmals alles, sodass nach dem Auftritt der Kristallkugel alle rundum happy waren. (Nic)

Destruction
Man kann mit Sicherheit behaupten, dass Destruction nicht nur die härteste Band des Abends war, sondern sie fielen auch optisch aus dem Rahmen des Programms. Die süddeutschen Urgesteine des Thrash-Metal legten wie gewohnt los. Schmier keifte mit seiner unverkennbaren Stimme und Gitarrist Mike schwang dazu seine Mähne, während die Finger an seiner Klapfe herumwirbelten. Viele Knaller aus der Diskographie wurden zum Besten gegeben. Die Lightshow wurde im Vergleich zu den restlichen Bands eher düster gehalten, was optisch mit dem Outfit der Band hervorragend passte. Als Fotograph an diesem Abend verfluchte ich aber diese Beleuchtung, denn Rotlicht ist der Feind aller Konzert-Fotographen. Es wäre ein phantastischer Gig gewesen, wenn da nicht diverse technische Probleme geherrscht hätten. Ausserdem litt darunter auch die Soundqualität, dass wirklich nur eingefleischte Kenner der Destruction Songs die einzelnen Stücke heraushören konnten. Für alle anderen Anwesenden im Saal tönte das Ganze eher eintönig und monoton. So verblieben nur die wirklichen Fans vor der Bühne, während sich diverse Melodic Metal und andere Fans an die Bar verzogen. Trotz allem kann man behaupten, dass Destruction ihren Part professionell durchgezogen haben. Ich für meinen Teil hoffe auf einen bald besser abgemischten Destruction-Gig. (Rxx)

Primal Fear
Dieses Konzert wird wohl allen noch lange in Erinnerung bleiben. Nur, ob wir daran gerne denken werden, wird auf einem anderen Blatt stehen. Auf der einen Seite hatten wir da eine absolute Katastrophe (siehe separaten Bericht), auf der anderen aber eine starke Band und ein noch lauteres Publikum. Dass etwas nicht stimmte, merkte ich schon beim ersten Lied, als ich versuchte, gute Fotos zu schiessen. Primal Fear wirkten professionell, aber unmotiviert und unnatürlich. Schon die Art, wie Sänger Ralf Scheepers die Bühne betrat, machte mir klar, dass etwas nicht stimmte. Und so verliess ich bereits nach einem halben Lied entnervt und enttäuscht den Fotograben. Etwas, was ich vorher noch nie getan hatte. Ich beschloss wieder zurückzukehren, wenn das Ganze besser würde. Aber es wurde nur noch schlimmer. In den hinteren Publikumreihen erfuhr ich, dass man Ralf nicht hören konnte. Und tatsächlich war keine Stimme zu hören. Trotzdem räkelte ich mich zum Graben zurück, wo ich der Polizei begegnete. Dann ein paar weitere Fotos, ein paar Eindrücke aus den Publikums und dann... - nichts! Die Soundanlage wurde ausgeschaltet, es herrschte Stille! Nach ein paar Minuten kamen Primal Fear zurück und spielten ihr Set fertig. „Battalions Of Hate“ und „Seven Seals“ gefielen denen, die die Band bereits gekannt hatten. Alle andern (Songs und Fans gleichermassen) litten immer noch unter dem schlechten Sound. Die Deutschen wirkten nach wie vor verkrampft und man sah ihnen an, wie sie kämpften, nur durch das sehr laute Johlen der Fans angetrieben. „Es hat hier nur zum Teil Spass gemacht, aber nur wegen euch“, lobte dazu gegen Schluss ein erschöpfter Ralf Scheepers die Fans. Und Recht hatte er, denn andere Metaller waren schon längst zu Hause. Entweder durch die schlechten Umstände vertrieben oder durch des Sängers Bühnenoutfit, das den Muskelprotz im supermanmässigen, aber anstatt mit „S“ mit den Primal Fear-Initialen versehenen Leibchen zeigte. Dies war definitiv nicht jedermanns Sache und erinnerte ein bisschen an Disney-Land. Dass Primal Fear keine Trickfilm-Musik machen, bewiesen sie mit dem finalen „Metal Is Forever“, welches durch seine Kämpferstimmung ideal zum schwierigen Auftritt passte und bei dem nochmals laut mitgeklatscht und gesungen wurde. Danach war Schluss und ich war froh darum. Es macht schliesslich keinen Spass einem Trauerspiel zuzusehen. Das Publikum wollte aber noch mehr, und während Gitarrist Tom Naumann den Kopf schüttelte, fragte Ralf Scheepers zustimmend: „Was sagt der Staat? – Der Staat sagt nein!“ – Spiel aus! (Rog)