Livereview: Primal Fear - Brainstorm
29. Oktober 2009, Pratteln Z7
By André G.
Auch wenn der Tourname „Viva La Swabia“ auf den ersten Blick nicht gerade Deutsch klingt, sollte man ihn übersetzen, dann steht da nämlich „Es Lebe Schwaben“. Diese Double-Headliner-Tour steht voll und ganz unter dem Schwarz/Rot/Goldenen Banner. Die Mannen um Mastermind Mat Sinner und Ralf Scheepers sowie die Jungs von Brainstorm sind seit mehr als zwei Dekaden schon feste Konstanten im Business, wenn es um guten, mit Melodien versetzten Power Metal der ersten Liga geht. Primal Fear haben mit „16.6 (Before The Devil Knows You’re Dead)“ ein wirklich starkes Album am Start. Aber auch Brainstorm können mit einem neuen Release aufwarten - das Kind hört auf den Namen “Memorial Roots“, und beide Releases haben gute Kritiken einheimsen können. Man darf sich wirklich auf einen druckvollen, abwechslungsreichen Power Metal-Abend freuen. Leider haben Jaded Heart, den Support Slot der Tour gecancelt, bis jetzt noch ohne Begründung. Aber wir lassen uns die Freude nicht verderben, es ist trotzdem ein tolles Package.

Brainstorm

Mit einer verzeihbaren Viertelstunde Verspätung gingen endlich die Lichter aus und der erste Headliner des Abend betrat die Bretter, die die Welt bedeuten. Brainstorm stiegen etwas Verhalten ins Gefecht, und ausser Vocalist Andy B. Franck blieben alle relativ stoisch auf ihrem Platz stehen. Andy fegte derweil über die Bühne, als würde er nach Kilometern bezahlt. Keine Ahnung, ob er auch schon mal als Ferienanimateur gearbeitet hat, aber falls es mal mit Brainstorm zu Ende sein sollte (wollen wir nicht hoffen), könnte er in diesem Arbeitsbereich sicher gross raus-kommen. Aber trotz aller Bemühungen von seiner Seite her waren die doch in guter Anzahl erschienenen Zuschauer nicht wirklich aus der Reserve zu locken. Andy machte sich danach noch etwas lustig über die Reaktion des Publikums. Er meinte, dass die Leute wohl dachten, sie hätten noch einige Minuten mit der Band, da müsse man das Beste zum Schluss aufbewahren. Die Schwaben gaben alles und legten sich mit voller Kraft ins Zeug. Auf musikalischer Ebene gibt es einfach keine Schwachpunkte zu vermelden. Nach ein paar Songs taute die Band immer mehr auf, und auch bei den Zuschauern konnten einige Reaktionen gesichtet werden. Die Formation liess sich aber keineswegs aus dem Konzept bringen und rockte mit super Spielfreude durch ihr wirklich abwechslungsreiches Set. Die Songauswahl war ein Potpourri aus ihren diversen Alben, und auch das neue Werk „Memorial Roots“ wurde prächtig beworben. Gerade die neuen Tracks wurden vom Publikum akzeptabel abgefeiert. Gegen Mitte des Auftritts wurde dem Vocalakrobaten ein Stuhl gereicht, so konnte er die darauf folgende Powerballade im Sitzen zelebrieren. Gerade auch in den ruhigeren Elementen ist die Band zuhause, da entsteht eine Kraft, die mitreisst. Mit dem Track „Fallin’ Spiral Down“ wurden die Fans doch noch geweckt und machten mit. Der Groove des Songs ist einfach ein Killer und reisst einen in einem Strudel aus Freude und Power mit sich mit. In der zweiten Hälfte des Sets wurde vermehrt auf die etwas härtere Gang-art gesetzt, was meiner Meinung nach beim Publikum auch gut ankam. Mit solchen Songs wurde es immer mal wieder, wenn auch nur für kurze Zeit, aus ihrer Lethargie gerissen. Klar, die Songs der Schwaben sind kein einfaches Futter fürs Gehör, da sind viele komplexe und verschachtelte Elemente, die ineinander greifen. Bei der Lightshow wurde auch nicht gekleckert, sondern wirklich fett geklotzt. Nachdem sich die Band für den Auftritt bedankt hatte und das Feld räumen wollte, meinte Andy, dass alle, die dabei gewesen waren, beim nächsten Mal mit all ihren Verwandten wiederkommen sollen. Brainstorm sind eine unglaublich perfekt eingespielte Combo, die schlicht und einfach gesagt ein Genuss fürs Gehör ist.

Setlist: «Intro/Falling Spiral Down» - «Blind Suffering» - «World's Are Coming Through» - «Shiva's Tears» - «Fire Walk With Me» - «End In Sorrow» - «Highs Without Lows» - «Shadowland» - «Hollow Hideaway» - «Doorway To Survive» - «Painside» - «Inside A Monster» - «How Do You Feel» -- «Redemption In Your Eyes» - «Under Lights» --- «All Those Words».

Primal Fear
Die Jungs rocken unter dem Schwarz/Rot/Goldenen Banner, obwohl sie nur zu drei Fünftel aus deutschen Landen kommen. Unter anderem haben sie noch einen Kanadier hinter der Schiessbude und (auf dem Album) einen Schweden an der einen der beiden Äxte zu bieten. Aber die beiden Hauptakteure der Band sind Mat Sinner (am Bass und Mikro) und Mister Ralf Scheepers hinter dem Mikro. Der Fünfer zeichnet die Konzerte der laufenden Tour auf, um später eine DVD auf den Markt werfen zu können. Deswegen wurden die Ansagen, meistens jedenfalls, in Englisch gemacht, da der Output ja international veröffentlicht werden soll. Als sie die Bühne um 22 Uhr enterten, sah man ihnen die Freude richtig an. Sie legten gleich richtig amtlich los, Ralf erschien in einem langen, schwarzen Mantel. So gekleidet wirkte er wie der Zeremonienmeister himself. Er ähnelt auch unheimlich dem Metal God Rob Halford, sei es von der Mimik und Gestik her wie auch optisch und stimmlich. Es war ja auch sein Wunsch, nachdem er bei Gamma Ray ausgestiegen war, der Nachfolger von Rob bei Judas Priest zu werden. Daraus wurde leider nichts - oder zum Glück, denn somit kommen wir in den Genuss, seine Sangeskünste in Verbindung mit den Liedern von Primal Fear zu erleben. Jeder einzelne Musiker ist ein Talent für sich, aber als Team könnten sie nicht besser harmonieren. Sie knallten und drückten, dass einem die Nackenmuskeln von selbst zu zucken begannen. Die Zuschauer hatten wohl einfach ihren lethargischen Abend, sie kamen nicht richtig in die Gänge. Trotz einem wahren Best Of-Programm der Schwaben. Mat am Bass und Drummer Randy wussten genau, wie der Soundteppich zu verlegen war, damit die beiden Klampfer Alex Beyrodt (vertrat Magnus Karlsson auf der Tour) und Henny Wolter so richtig brillieren konnten. Die Zwei boten brutal harte Riffs, um dann in wirklich genialen Soli ihr Können zu demonstrieren, wobei auch Gitarrenzweikämpfe dargeboten wurden. Gerade die zweistimmigen Läufe faszinieren bei Primal Fear immer wieder aufs Neue. Drei Äxte, die sich in der Spielweise so einig sind, da kann nur eine überzeugende und hoch stehende Leistung rauskommen. Mat jagte mit seinem Bass von einem Bühnenrand zum anderen, um nochmals auf den Mann mit den Oberarmen so gross wie ich Oberschenkel habe, zurück zu kommen. Seine Sangesleistung war wirklich einzigartig und sehr abwechslungsreich, von tiefen Sequenzen zu ganz hohen Elementen bot er alles ohne Mühe. Bei der Leistung war auch klar, dass er immer mal wieder einen Break brauchte. Das waren die Momente für die Mitmusiker, ihr Können zur Schau zu stellen. Aber man sollte doch darauf achten, dass es, auch wenn sie sehr hoch stehend waren, nicht zu viele Soli werden. Gegen Ende des Hauptsets wurde dem Metal songtechnisch gehuldigt - der Hit „Metal Is Forever“ wurde von der Formation mit viel Freude aus den Boxen gejagt, und das Publikum kam doch noch aus der Reserve raus und rockte den Song ab. Im Zugabenteil began-nen die Jungs ganz ruhig und balladesk, sitzend, um sich dann Song um Song zu steigern. Gerade die Balladen waren unheimlich mitreissend. Sie boten emotionale Power und Kraft und versprühten eine extreme Energie. Zum Schluss wurde dann die Keule nochmals hervorgeholt. Diese Steigerung zog einen mit und kam richtig gut an. Nach 90 Minuten war dann der Abend leider auch schon zu Ende, und die Band entliess die Zuschauer in die Kälte hinaus.

Setlist: «Intro» - «Under The Radar» - «Battalions Of Hate» - «Killbound» - «Nuclear Fire» - «Six Times Dead (16.6)» - «Angel In Black»- «Guitar Solo Henny & Alex» - «Sign Of The Fear» - «Fighting The Darkness» - «Riding The Eagle» - «Final Embrace» - «Band Introduction» - «Metal Is Forever» -- «Hands Of Time» - «Seven Seals - «Chainbreaker».