Vor etwas mehr als einem Jahr waren Pristine als Support der
Blues Pills auf Tour, und mir war es vergönnt, die Hammer-Band aus
Norwegen als Support des mittlerweile etablierten Headliners das
erste Mal live zu erleben. Die Vorfreude war gross, weil ich für
einmal rechtzeitig über einen aktuellen YouTube-Clip («Bootie Call»)
gestolpert war, der meine musikalischen Sinne umgehend erreichte,
nein geradezu elektrisierte, als ich mir den Rest des Albums auch
angehört hatte. Dafür verantwortlich waren in erster Linie die
psychedelischen Songs auf «Reboot», dem dritten Album. Was da an
Hammond-Orgel geschwängertem Retrosound aufgefahren wird, ist
schlicht und einfach genial. Doch Pristine sind vielseitig und loten
ihre Musik im gesetzten Genre ohne Scheuklappen aus. Auf den ersten
beiden Alben «Detoxing»(2011) und «No Regret» (2013) wird nämlich
noch deutlich mehr dem Blues Rock gefrönt, und wo der Weg in die
Zukunft hinführen könnte, blitzte beim heutigen Konzert bereits auf!
Nebst der klassischen Retro-Mucke überraschten neben den bewährten
Roots mitunter ein paar funkige Elemente, die dieser exzellenten
Live-Band jedoch bestens zu Gesicht standen.
The Konincks Als Support für Pristine konnte die
Schweizer Band The Konincks aus der Region Luzern/Zofingen
verpflichtet werden. Mir bisher völlig unbekannt, nahm ich zur
Kenntnis, dass die vierköpfige Gruppe mit Frontfrau Julia Herzog
(v), Mike Wegmüller (g), Marc Wermelinger (b) und Philipp Kost (d)
unter anderem mal mit Richie Kotzen (Ex-Poison, The Winery Dogs) auf
Tour war. Das ist ja schon mal was und weitere solche Gelegenheiten
werden sicher noch folgen. Mit der EP «Electric Brew» (2014) und dem
full lenght Debüt «While I’m Listening To My Breath» (2015) wurden
erste Duftmarken gesetzt. Aktuell ist mit «Daytime/Nighttiime» eine
neue (Digital-) Single am Start, die mehr für das steht, was die
junge Band in naher Zukunft zu machen gedenkt: lautere Musik! Bisher
waren die Stücke getragener und bluesiger aufgebaut, mitunter auch
tief in den 70ern angesiedelt. Ein Vergleich mit (der jüngeren)
Patti Smith, wie auf der offiziellen Band-Homepage genannt, ist
dabei durchaus
zulässig.
Im Mittelpunkt steht klar Julia, die über eine tolle Ausstrahlung
und ausdrucksstarke Stimme zugleich verfügt. Weiterer Aktivposten
ist Gitarrist Mike, der sich zu Beginn noch etwas zugeknöpft gab,
aber in der Folge richtiggehend aufwachte und immer ungestümer
aufspielte. Dann und wann kamen mir dabei Jimi Hendix und vor allem
Pete Townsend (The Who) in den Sinn. Der Junge zog wirklich geil von
Leder, während die Rhythm-Section zwar unauffälliger, aber nicht
minder effektiv war und The Konincks als eingespielte Einheit
auftrumpfen konnten. Unter dem Strich fehlte es trotz
unbestreitbarer Attitude noch etwas an griffigeren Songs. Teils
plätscherte die Mucke eher blass vor sich hin, aber dank der starken
Leadsängerin wurde dies weitgehend wettgemacht. Bleibt nun also
abzuwarten, wie die dereinst neue Scheibe, von der man heute Abend
bereits was live serviert bekam, mal klingen wird. Der talentierte
CH-Vierer ist auf jeden Fall ein roher Diamant, der, wenn er den
richtigen Schliff erhält, auch international was reissen könnte.
Setliste: «Daytime/Nighttime» - «Backwards» - «Rain» - «Better»
- «Lied To You» - «Bad Timing» - «Doing Fine» - «Willow Creek» -
«Shot Down».
Pristine Der Headliner ist da schon ein paar
Fjorde weiter, und im Vorfeld der vierten Scheibe mit dem Titel
«Ninja», die anfangs März zumindest mal fertig aufgenommen wurde,
sind Pristine nochmals auf einer kleinen Tour unterwegs. Nachdem ich
die Show in der Kufa in Lyss im letzten November ausliess, musste
ich nun zwingend wieder einmal ins Böröm nach Oberentfelden. Der
letzte Besuch lag eh schon eine Weile zurück. Da traf es sich
natürlich prima, dass sich eine meiner jüngeren Lieblingsbands dort
die Ehre gab. Was ich bezüglich dem Publikumsaufmarsch vermutete,
aber natürlich nicht bestätigt sehen wollte, trat dennoch ein. Nur
gerade mal so um die vierzig bis vielleicht knapp fünfzig Nasen
herum fanden an diesem Freitagabend den Weg in den Aargau. Nachdem
sich schon The Konincks von dieser vergleichsweise spärlichen
Fankulisse nicht beirren liessen, stellte das auch für Pristine
natürlich keine Hürde dar, im Gegenteil! Kaum auf der Bühne stehend,
versprühten Heidi
Sohlheim
und ihre Jungs sogleich ein Feuerwerk an Freude und Leidenschaft,
was sich umgehend auf die vorgetragene Mucke übertrug. Im Zuge
dessen, dass weder Begleitmusiker Benjamin Mørk noch seine Hammond
Orgel zu sehen waren, hatte ich bald die Gewissheit, dass meine
beiden Lieblingssongs der Nordländer, nämlich «All I Want Is You»
und «The Middleman» nicht gespielt werden…, und so kam es dann
schliesslich auch. Der kleine Missmut darüber wich aber bald, und ob
dieser energiegeladenen Performance konnte sich meine Laune ja nur
zum Besseren hinwenden.
Auch ohne die psychedelischen
Album-Tracks, zu denen der Titeltrack «Reboot» eigentlich ebenso
gehört, wurden dennoch fünf Songs daraus gespielt und vier von «No
Regret», während das Debüt diesmal gar nicht bedacht wurde. Damit
wurde Platz für Neues geschaffen, und dazu gehörte erstmalig «Ninja»
als kommender Titelsong, ergänzt um zwei weitere Tracks, die eher
wieder rockiger als psychedelisch daher kamen. Mehr noch
verblüfften, wie bereits im Vorwort erwähnt, ein paar fetzige
Funk-Rhythmen. Das anwesende Publikum liess sich schon bald in
beste Stimmung versetzen, was Heidi mehr als einmal lobend erwähnte.
Dies dürfte auch der Grund dafür gewesen sein, dass mit «Bootie
Call» noch eine Zugabe angehängt wurde, die ursprünglich nicht auf
der Setliste aufgeführt war. Mein Fazit am Schluss fiel durchaus
positiv aus, auch wenn mir persönlich noch das psychedelische
Sahnehäubchen im Geiste von Jim Morrison & Co. gefehlt hat. Zu
meiner Verwunderung grüsste mich Drummer Kim Karlsen umgehend nach
dem Konzert im Vorbeigehen und schien sich offensichtlich an das
Zusammentreffen im Kofmehl, respektive das gemeinsame Foto zu
erinnern. Während dem Konzert gab Heidi zudem zu verstehen, dass die
Norweger ein herzliches Volk seien, das stets den nahen Kontakt zu
den Menschen suche. Dass dem wirklich so ist, bewies die
sympathische Powerfrau bald darauf, als sie mich beim Verabschieden
am Merchstand spontan umarmte! Eine unerwartete Geste die zeigt,
dass diese bodenständige Top-Band ohne jegliche Egos auskommt.
Setliste: «Carry Your Own Weight» - «California» - «Don't Save
My Soul» - «Ninja» - «No Regret» - «Louis Lane» - «She Won» - «You
Are The One» - «Tell Me» - «Derek» - «Rebel Song» -- «Bootie Call.
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