In diesem Herbst besuchte ich einen Event mit freiem Eintritt für
alle Interessierten. Ich kann dazu gleich sagen, dass ich keinesfalls bedaure,
es erlebt haben zu dürfen. Das Festival, das im Planet 5 in Zürich
veranstaltet wurde, war wie ein richtiges Geschenk für Death
Metal-Fans. Bands aus der Schweiz, Italien und England zeigten die
besten Stücke dieses Genres. Als Headliner des Festivals waren
Psycroptic anwesend – eine Technical/Death Metal-Gruppe aus
Australien, die voriges Jahr ihr meiner Meinung nach bestes Album
heraus gegeben hatte. Vor Psycroptic traten noch fünf Gruppen auf und
zeigten allen ihre musikalische und technische Geschicklichkeit und
bewiesen, dass sie alle profilierte Persönlichkeiten sind. Das ist
einfach super, dass die Organisatoren den Zuschauern so eine tolle
Möglichkeit gaben, an einem Abend Informationen über die Lage der
Death Metal-Szene und über die Neuigkeiten zum Standpunkt des Endes
des Jahres 2013 zu erfahren. Ausserdem kann ich mit Vergnügen sagen,
dass noch eine gute Halle in Zürich für die Auftritte der Bands, die
mehr oder weniger zum Underground gehören, gefunden ist! Das Planet
5 ist kein grosser, dafür aber sehr gemütlicher Club. Für eine Location
solcher Grösse ist der Ton echt sehr gut.
Blunt Force Therapy
Ich möchte mich noch einmal bei den Organisatoren für den frühen
Anfang des Festivals und dem entsprechend ziemlich frühen Ende
bedanken. Gegen halb fünf Uhr am späten Nachmittag kam die erste
Band nach Plan auf die Bühne. Man konnte aufatmen und musste
sich nicht aufregen,
dass man auf dem Bahnhof übernachten sollte. Als Erste machte uns
die Band Blunt Force Therapy aus Zürich mit ihrer Vision des Death
Metal-Genres bekannt. Die Band spielte eine halbe Stunde lang die
Stücke, die etwas Gemeinsames mit der Musik der ersten Alben hatten.
Lukas - der Gitarrist ist sehr begabt und spielte eine führende
Rolle an diesem Konzert. Aber Bernardo - der Sänger - hatte ein
elegantes Hemd an und machte damit alles Stereotype zum Outfit
der Death Metal-Musiker kaputt. Uns bleibt nur, uns darüber zu
freuen, dass es der Band zum Ende des Auftrittes gelang, die
Mehrheit der in den Club Planet 5 Angekommenen anzulocken.
Virvum
Die zweite Band Virvum liess darauf nicht lange auf sich warten, und
bereits kurz vor 18.00 Uhr kamen sie zu einem progressiven Intro auf die Bühne.
Virvum ist auch eine Band aus Zürich, aber sie spielt Death
Metal mit
industriellem Flair, ähnlich wie Nile. Die Gruppe erfreute die
Zuschauer nicht nur mit brutalem Stoff, sondern auch mit auffällig
melodischen Riffs. Es fiel auf, dass im Zuschauerraum ein paar
Freunde von der Band waren. Sie ermöglichten den Musikern eine tolle
Unterstützung. Ausserdem schufen eine Atmosphäre des Drives und der
Courage. Den anderen Zuschauern tat es bestimmt auch gut, und viele
kamen nah an die Bühne heran. Einige fingen an, Blast Beat-Kaskaden
aus Solidarität aktiv mit Gesten nachzuahmen. Schlagzeuger Diego
machte eine „massive blast beats wall“ mit Hilfe nur einer
Basstrommel. Nun wie gesagt, er machte fast Unmögliches nur mit
einer Trommel!
Exhumer
Die Italiener Exhumer brauchten anschliessend mehr Zeit für die Vorbereitungen zum
Auftritt als die Bands aus Zürich und fingen gegen 19.00 Uhr an. Im
Oktober gab die Gruppe ihr letztes Album „Degraded By Sepsis“
heraus. Das Material überraschte die Fans des Death/Grind-Genres mit
geschickter Einmischung von Ambient-Sounds. Während des Auftrittes
nahm der Computer, der als gleichberechtigter Teilnehmer der Gruppe, genau wie
der Gitarrist, Sänger und Bassist wahr genommen wurden, einen
Ehrenplatz ein. Der Computer ersetzte den Trommler an diesem Abend:
Aus irgendwelchen Gründen war dieser abwesend. Was kann man dazu sagen -
im Leben kann Vieles passieren. Ausserdem schaltete der Sänger mit
Hilfe dieses PCs interessante Ambient-Intros vor jedem Lied zu.
Vielen Dank an die Band Exhumer, dass sie auch mit reduziertem Bestand
auftraten und uns mit ihrem interessanten Schaffen bekannt machten.
Dyscarnate
Danach traten die Engländer von Dyscarnate auf. Das Material der
Band unterscheidet sich von den anderen Bands durch Minimalismus und
etwas Epischem. Sogar der Musikantenzustand ist minimal: Nur drei
Jungen schufen so eine massive Soundwelle, welche auf die Zuschauer
niederging. Der Drummer hinter seinem Arbeitsgerät spielte mit zwei
Basstrommeln. Abwechselnd spielten der Gitarrist und der Bassist zudem die
Rolle des Sängers der Band: Das ist absolut untypisch für Death
Metal-Bands. Es schien mir, dass die Gruppe die Zuschauer mit ihrem
unmenschlichen Drang sogar ein bisschen schockierte. Einige hielten
es nicht aus und gingen in den Korridor, um sich ein bisschen
auszuruhen und Tischfussball zu spielen. Im Raum neben der Bar
konnte man CDs und Merchandise-Material von den Bands, die an diesem
Abend auftraten (die Auswahl war ziemlich gross!), kaufen.
Hour Of Penance
Anfangs 21.00 Uhr erschienen die Italiener von Hour Of Penance, die als zweite
unter den Headlinern waren, auf der Bühne. Anfang des Jahres 2000
wurde diese Gruppe in den dunklen Ecken der "Heiligen Stadt" Rom
gegründet und gewann dank der geschickten Mischung aus Brutalität
und Melodik gleich viele Sympathien bei den Fans dieses Genres. Aber
2010 wurde die Gruppe beinahe ruiniert: Gleichzeitig verliessen der
Sänger und der Drummer die Band. Aber sie fanden glücklicherweise
guten Ersatz. Zurzeit ist Paolo Pieri der Sänger der Gruppe und spielt
zusätzliche Rhythm-Parts auf der Gitarre. Das Schlagzeug bedient
der wunderbare Simone Piras. Es war eine tolle Überraschung, dass
dank dieser neuen Mitglieder die Band noch populärer wurde. Die
Musiker legten den Schwerpunkt auf das letzte Album, das 2012
erschienen ist. Aber wie es aussieht, erwartet uns schon bald
der Release des neuen Albums von diesen wahrhaftigen Leadern der
italienischen Death Metal-Szene.
Psycroptic
Um halb zehn Uhr abends kamen dann noch Psycroptic auf die Bühne. Vor eineinhalb
Jahren war diese Band schon mal in der Schweiz auf einem ähnlichen
Festival zu Gast, aber damals waren sie noch nicht die Headliner, sondern
erst die Vorgruppe vor dem Auftritt verdienter Veteranen dieses Genres,
wie zum Beispiel die Amis von Malevolent Creation und die Brasilianer Krisiun.
Seitdem machten Psycroptic wesentliche Fortschritte; das letzte
Album war sehr gut von der Presse aufgenommen worden, und das erste
Lied aus dem Album „Carriers Of The Plague“ gilt als Technical/Death
Metal-Hit. Auf der Bühne stand ein spezielles Psycroptic-Schlagzeug:
eine weisse Basstrommel war mit stilvollen Zeichnungen, die dem
Gruppenlogo ähnlich aussahen, geschmückt. Es sieht so aus, als dass
der tschechische Frontmann Zdeněk „GTboy“ Šimeček
zum Stammmitglied der Gruppe geworden war, denn auch dieses Mal nahm
dieser "slawische Riese" den Platz am Mikrophon ein. Ohne Zweifel kam
Gtboy mit den Vocal-Parts der australischen, technischen Death
Metal-Musik bestens zurecht! Zum Schluss bleibt mir noch,
den Organisatoren der Veranstaltung für diesen Cocktail, bestehend aus den
interessantesten Bands aus verschiedenen Ländern, zu danken. Dieses
Genre der Musik ist freilich bekannt dafür, dass sich die Musiker während
des Auftrittes körperlich völlig verausgaben und danach fix und fertig
sind. Sterben kann man dann später mal, aber spielt vorher bis zum Ende durch!
|
|