Livereview: Psycroptic - Hour Of Penance - Dyscarnate
                        Exhumer - Virvum - Blunt Force Therapy

29. September 2013, Zürich - Planet 5
By Natalia N.
In diesem Herbst besuchte ich einen Event mit freiem Eintritt für alle Interessierten. Ich kann dazu gleich sagen, dass ich keinesfalls bedaure, es erlebt haben zu dürfen. Das Festival, das im Planet 5 in Zürich veranstaltet wurde, war wie ein richtiges Geschenk für Death Metal-Fans. Bands aus der Schweiz, Italien und England zeigten die besten Stücke dieses Genres. Als Headliner des Festivals waren Psycroptic anwesend – eine Technical/Death Metal-Gruppe aus Australien, die voriges Jahr ihr meiner Meinung nach bestes Album heraus gegeben hatte. Vor Psycroptic traten noch fünf Gruppen auf und zeigten allen ihre musikalische und technische Geschicklichkeit und bewiesen, dass sie alle profilierte Persönlichkeiten sind. Das ist einfach super, dass die Organisatoren den Zuschauern so eine tolle Möglichkeit gaben, an einem Abend Informationen über die Lage der Death Metal-Szene und über die Neuigkeiten zum Standpunkt des Endes des Jahres 2013 zu erfahren. Ausserdem kann ich mit Vergnügen sagen, dass noch eine gute Halle in Zürich für die Auftritte der Bands, die mehr oder weniger zum Underground gehören, gefunden ist! Das Planet 5 ist kein grosser, dafür aber sehr gemütlicher Club. Für eine Location solcher Grösse ist der Ton echt sehr gut.

Blunt Force Therapy
Ich möchte mich noch einmal bei den Organisatoren für den frühen Anfang des Festivals und dem entsprechend ziemlich frühen Ende bedanken. Gegen halb fünf Uhr am späten Nachmittag kam die erste Band nach Plan auf die Bühne. Man konnte aufatmen und musste sich nicht aufregen, dass man auf dem Bahnhof übernachten sollte. Als Erste machte uns die Band Blunt Force Therapy aus Zürich mit ihrer Vision des Death Metal-Genres bekannt. Die Band spielte eine halbe Stunde lang die Stücke, die etwas Gemeinsames mit der Musik der ersten Alben hatten. Lukas - der Gitarrist ist sehr begabt und spielte eine führende Rolle an diesem Konzert. Aber Bernardo - der Sänger - hatte ein elegantes Hemd an und machte damit alles Stereotype zum Outfit der Death Metal-Musiker kaputt. Uns bleibt nur, uns darüber zu freuen, dass es der Band zum Ende des Auftrittes gelang, die Mehrheit der in den Club Planet 5 Angekommenen anzulocken.


Virvum
Die zweite Band Virvum liess darauf nicht lange auf sich warten, und bereits kurz vor 18.00 Uhr kamen sie zu einem progressiven Intro auf die Bühne. Virvum ist auch eine Band aus Zürich, aber sie spielt Death Metal mit industriellem Flair, ähnlich wie Nile. Die Gruppe erfreute die Zuschauer nicht nur mit brutalem Stoff, sondern auch mit auffällig melodischen Riffs. Es fiel auf, dass im Zuschauerraum ein paar Freunde von der Band waren. Sie ermöglichten den Musikern eine tolle Unterstützung. Ausserdem schufen eine Atmosphäre des Drives und der Courage. Den anderen Zuschauern tat es bestimmt auch gut, und viele kamen nah an die Bühne heran. Einige fingen an, Blast Beat-Kaskaden aus Solidarität aktiv mit Gesten nachzuahmen. Schlagzeuger Diego machte eine „massive blast beats wall“ mit Hilfe nur einer Basstrommel. Nun wie gesagt, er machte fast Unmögliches nur mit einer Trommel!



Exhumer
Die Italiener Exhumer brauchten anschliessend mehr Zeit für die Vorbereitungen zum Auftritt als die Bands aus Zürich und fingen gegen 19.00 Uhr an. Im Oktober gab die Gruppe ihr letztes Album „Degraded By Sepsis“ heraus. Das Material überraschte die Fans des Death/Grind-Genres mit geschickter Einmischung von Ambient-Sounds. Während des Auftrittes nahm der Computer, der als gleichberechtigter Teilnehmer der Gruppe, genau wie der Gitarrist, Sänger und Bassist wahr genommen wurden, einen Ehrenplatz ein. Der Computer ersetzte den Trommler an diesem Abend: Aus irgendwelchen Gründen war dieser abwesend. Was kann man dazu sagen - im Leben kann Vieles passieren. Ausserdem schaltete der Sänger mit Hilfe dieses PCs interessante Ambient-Intros vor jedem Lied zu. Vielen Dank an die Band Exhumer, dass sie auch mit reduziertem Bestand auftraten und uns mit ihrem interessanten Schaffen bekannt machten.



Dyscarnate
Danach traten die Engländer von Dyscarnate auf. Das Material der Band unterscheidet sich von den anderen Bands durch Minimalismus und etwas Epischem. Sogar der Musikantenzustand ist minimal: Nur drei Jungen schufen so eine massive Soundwelle, welche auf die Zuschauer niederging. Der Drummer hinter seinem Arbeitsgerät spielte mit zwei Basstrommeln. Abwechselnd spielten der Gitarrist und der Bassist zudem die Rolle des Sängers der Band: Das ist absolut untypisch für Death Metal-Bands. Es schien mir, dass die Gruppe die Zuschauer mit ihrem unmenschlichen Drang sogar ein bisschen schockierte. Einige hielten es nicht aus und gingen in den Korridor, um sich ein bisschen auszuruhen und Tischfussball zu spielen. Im Raum neben der Bar konnte man CDs und Merchandise-Material von den Bands, die an diesem Abend auftraten (die Auswahl war ziemlich gross!), kaufen.

Hour Of Penance
Anfangs 21.00 Uhr erschienen die Italiener von Hour Of Penance, die als zweite unter den Headlinern waren, auf der Bühne. Anfang des Jahres 2000 wurde diese Gruppe in den dunklen Ecken der "Heiligen Stadt" Rom gegründet und gewann dank der geschickten Mischung aus Brutalität und Melodik gleich viele Sympathien bei den Fans dieses Genres. Aber 2010 wurde die Gruppe beinahe ruiniert: Gleichzeitig verliessen der Sänger und der Drummer die Band. Aber sie fanden glücklicherweise guten Ersatz. Zurzeit ist Paolo Pieri der Sänger der Gruppe und spielt zusätzliche Rhythm-Parts auf der Gitarre. Das Schlagzeug bedient der wunderbare Simone Piras. Es war eine tolle Überraschung, dass dank dieser neuen Mitglieder die Band noch populärer wurde. Die Musiker legten den Schwerpunkt auf das letzte Album, das 2012 erschienen ist. Aber wie es aussieht, erwartet uns schon bald der Release des neuen Albums von diesen wahrhaftigen Leadern der italienischen Death Metal-Szene.

Psycroptic
Um halb zehn Uhr abends kamen dann noch Psycroptic auf die Bühne. Vor eineinhalb Jahren war diese Band schon mal in der Schweiz auf einem ähnlichen Festival zu Gast, aber damals waren sie noch nicht die Headliner, sondern erst die Vorgruppe vor dem Auftritt verdienter Veteranen dieses Genres, wie zum Beispiel die Amis von Malevolent Creation und die Brasilianer Krisiun. Seitdem machten Psycroptic wesentliche Fortschritte; das letzte Album war sehr gut von der Presse aufgenommen worden, und das erste Lied aus dem Album „Carriers Of The Plague“ gilt als Technical/Death Metal-Hit. Auf der Bühne stand ein spezielles Psycroptic-Schlagzeug: eine weisse Basstrommel war mit stilvollen Zeichnungen, die dem Gruppenlogo ähnlich aussahen, geschmückt. Es sieht so aus, als dass der tschechische Frontmann Zdeněk „GTboy“ Šimeček zum Stammmitglied der Gruppe geworden war, denn auch dieses Mal nahm dieser "slawische Riese" den Platz am Mikrophon ein. Ohne Zweifel kam Gtboy mit den Vocal-Parts der australischen, technischen Death Metal-Musik bestens zurecht! Zum Schluss bleibt mir noch, den Organisatoren der Veranstaltung für diesen Cocktail, bestehend aus den interessantesten Bands aus verschiedenen Ländern, zu danken. Dieses Genre der Musik ist freilich bekannt dafür, dass sich die Musiker während des Auftrittes körperlich völlig verausgaben und danach fix und fertig sind. Sterben kann man dann später mal, aber spielt vorher bis zum Ende durch!