Luzern bezeichnet sich gerne als Rock City! Allerdings, so wird
nach dem Konzert von Pure Inc. und Tempesta klar, gilt dies nicht
für alle Spielarten des Rocks. Denn der Publikumsaufmarsch an diesem
Abend war doch eher mager. Umso mehr freute es, dass sich sowohl
Tempesta und vor allem Pure Inc. nicht beirren liessen, und grosse
Spielfreude zeigten. Gerade letztere waren durch die kurz vorher
absolvierte Europa-Tournee im Vorprogramm von Jorn Lande bestens
eingespielt, und machten klar, dass sie es eigentlich verdienen
würden, vor frenetischen Massen abgefeiert zu werden. An diesem
Abend, mussten sie aber den Umständen entsprechend deutlich kleinere
Brötchen backen.
Tempesta
Dank einem Autonavigationsgerät hatten Tempesta den Sedel sicher
gefunden und standen pünktlich auf der Bühne. Mitten in den
Aufnahmen zum neuen Album, schien die Band das Abrocken richtig zu
geniessen. Vom künftigen Silberling wurde aber noch nichts gespielt.
Dafür konzentrierten sich Tempesta lieber auf den aktuellen Longplayer „Fulltime Joker“ und bauten hie und da eine Coverversion
ein. „Pain“ eröffnete den Reigen und machte gleich klar in welche
Richtung der Auftritt gehen würde. Modern-Rock war angesagt, mal
rhythmisch hard rockig, dann wieder groovig und meist mit einer
Lead-Gitarre, welche einem in einem warmen Ton Geschichten erzählen
wollte. Sänger Reto Thalmann führte durch die Songs und sang
zusammen mit Gitarrist Pascal Fuchs und Bassist Ruedi Kälin die
Backing Vocals so überzeugend, dass mancher das Gefühl hatte, das
Gehörte käme direkt ab Band bzw. CD. Eine kurze Rückfrage nach dem
Auftritt schaffte aber Klarheit. Der besagte Bassist bestand heute
seine Feuertaufe mit bravour und dürfte den Tempestas in dieser Form
wohl noch lange erhalten bleiben. Als Höhepunkt stellte sich
schliesslich „Opposite“ heraus. Der Song wird schon seit der selbst
produzierten Platinum-CD immer wieder in verschiedenen Versionen
aufgenommen und gespielt. Am heutigen Abend flechtete Pascal Fuchs
gekonnt das göttliche Gitarren Solo vom Pink Floyd-Klassiker „Comfortably
Numb“ ein. Einfach grandios! Anschliessend konnte nur noch der
obligate „Whiskey In The Jair“ in der Metallica-Version folgen.
Insgesamt war es ein ordentlicher Auftritt, der allerdings durch die
nun folgenden Pure Inc. deutlich in den Schatten gestellt wurde.
Pure Inc.
Eigentlich braucht es ja nicht viel, um auch vor wenig Leutchen zu
überzeugen. Eine Handvoll guter bis genialer Songs, einen Bass- und
eine Gitarre inklusiv Verstärker, ein Schlagzeug, ein Mikrofon und
ein paar Menschen, die nicht nur diese Instrumente beherrschen,
sonder auch gut miteinander
auskommen. Natürlich hilft es, wenn man
bereits ein paar Konzerte hinter sich gebracht hat und somit
eingespielt ist. Eine der grössten Stärken von Pure Inc. an diesem
Abend war aber, dass das ganze nicht nur ordentlich klang, sondern
auch sehr unterhaltsam und spontan aussah. Wenn Sänger Gianni seine
Faxen mit Gitarrist Sandro trieb, ihn bei den Ansagen leicht
provozierte oder eine kurze Bierpause einlegte, dann vergas man
wirklich den Alltag. Das Set konzentrierte sich auf das neue Album „Parasites
And Worms“ und brachte Aggressoren wie „The End“ oder „Serenade Of
Aggression“ neben ruhigeren Songs à la „Home“. Das Publikum nahm die
Musik zurückhaltend aber trotzdem wohlwollend auf. Auch ältere
Lieder wie „I’m A Rolling Stone“ und vor allem „Fear My Eyes“
schafften es bis nach Luzern. Über Giannis übermenschliches Organ
muss sowieso nicht mehr diskutiert werden. Und als die Band zum
Schluss noch den Led Zeppelin-Klassiker „Immigrand Song“ zum Besten
gab, wurde eindrücklich klar, dass man so was nur von wenigen
Schweizer-Sängern so überzeugend vorgetragen bekommt. Natürlich war
das Publikum auch bei Pure Inc. eher prüde und verhalf dem Konzert
damit nicht zu einem Jahreshighlight zu werden. Nimmt man aber das
Bühnengeschehen für sich alleine, so schäme ich mich nicht dieses
rare Prädikat zu vergeben. Fürs nächste Mal wünsche ich mir wieder
eine Bombenstimmung, wie sie im 2006 im Vorgprogramm von Motörhead
im Volkshaus war. Man darf ja träumen.
Playlist: The End, Evenmore, Saviour, BLVD. Jam, I’m A Rolling
Stone, Carrie’s Alone, Home, Darkened Glow, Raise Hell, Drowning In
Your Blood, … Serenade Of Aggression, The Last Remaining Song, Fear
My Eyes, Immigrant Song
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