Tribute- oder Coverbands der Rock-Legende Deep Purple sind
ein Thema, das bei mir schon seit je her nicht auf viel bis gar
keine Gegenliebe stösst. Trotzdem und wenn wir der Einfachheit
halber zuerst mal in der Schweiz bleiben, gab es mit der seit einer
Weile aufgelösten Band Lies und gibt es mit den aktiven Shades Of
Purple dennoch zwei Combos, die mich zumindest dazu brachten oder
aktuell nicht davon abhielten, sie mir zwischendurch mal live
anzuhören. Bei Purpendicular sieht die Sache jedoch etwas anders
aus, und wenn sich generell Original-Mitglieder gelegentlich bei
einer guten Tribute-Band blicken lassen oder gar mitspielen, wird es
natürlich plötzlich interessant. An Purpendicular, die seit 2007
aktiv sind und vom irischen Sänger Robby Thomas Walsh ins Leben
gerufen wurden, fand Purple-Urgestein Ian Paice aufgrund der
Qualität bald Gefallen und war umgehend bei einzelnen Gigs in Europa
mit dabei. Das wiederholte sich in den folgenden Jahren dann und
wann wieder und 2012 resultierte, nebst gut fünfzig gespielten
Konzerten (!), auch der legendäre Auftritt im Z7 vom 21.03.2012, wo
nebst Ian Paice auch noch Roger Glover spontan auftauchte und
«Highway Star» veredelte.
Purpendicular
Im Wissen darum, dass es einen speziellen Set geben wird,
verzichtete man auf eine Support-Band, was an diesem Abend im
Mini-Z7 keinesfalls störte. Nebst Frontmann Robby und Guest Ian
Paice besteht die Band seit 2013 aktuell aus Gitarrist Frank Pané,
der sonst bei Bonfire in die Saiten haut, Bassist Malte Frederik
Burkert (ein guter Kollege von Robby) und dem Italiener Corrado
Solarino, der zwar keine echte Hammond spielt, leider, aber den
nötigen Sound halt auf digitale Weise erzeugt. Und wenn Paicey mit
Deep Purple beschäftigt ist, tritt der etatmässige Drummer Berci
Hirleman an seine Stelle. Heute Abend kam das für Mini-Z7
Verhältnisse ordentlich aufmarschierte Schweizer Publikum (so um die
200 Leute herum dürften es schon gewesen sein) in den Genuss der
letzten, sprich siebten Show mit dem prominenten Gast hinter
(s)einem Arbeitsgerät der Marke Pearl. Die Vorfreude war also
entsprechend gross und die Erwartungen noch höher. Ein erster Blick
auf die Setliste liess einen dann bereits mit der Zunge schnalzen!
Selbst «Child In Time» und «The Battle Rages On» waren darauf zu
finden, und «Ted The Mechanic» als Opener gab es auf der 96er
«Purpendicular»-Tour der Originale so nicht, respektive erst etwas
später im Set zu hören. Dass die Protagonisten des heutigen Abends
angesichts des namengebenden Albums auch gerade einen Song daraus
wählten, um ihre Show zu beginnen, machte durchaus Sinn und passte
bestens. Weiter ging es mit «Demon’s Eye», und schon ab hier klang
es einfach nur grossartig, was einem da geboten wurde. «Living
Wreck»
ab
dem Kult-Album «Deep Purple In Rock» (1970) versprühte auch 46 Jahre
nach seinem Release immer noch den fetten Groove der alten Tage.
Während sich Robby mächtig ins Zeug legte, wirkte Gitarrist Frank
insgesamt etwas gar selbstverliebt. Sein Spiel, obwohl sich keine
Fender Stratocaster (oder 'ne sonst übliche Ibanez), sondern eine
recht ähnlich aussehende Thorndal Styx im Einsatz befand, gab
allerdings kaum Anlass zur Kritik, auch wenn es nach wie vor Ritchie
Blackmore vorbehalten bleibt, mit vermeintlich schludrigem Spiel
aufzufallen.
Ein erster stimmlicher Prüfstein stand dann für
Mr. Walsh mit dem Alltime-Classic «Child In Time» an, der aber
wohlweislich schon als fünfter Track auf der Setliste stand und in voller
Länge gespielt wurde. Die dritte Oktave kam ganz ordentlich und
Purpendicular als Ganzes, inklusive dem berühmten Gast, liessen echt
nichts anbrennen. Das freute natürlich auch das mehrheitlich
entzückte Publikum, das mit jedem Lied lauteren Applaus beisteuerte.
Die aktuelle Besetzung überzeugte mit tightem Spiel und massig
Freude. Dieses Level blieb dann erhalten und fand einen weiteren
Höhepunkt bei «Mistreated», ehe mit «Somebody Done It» der einzige
eigene Song ab der aktuellen CD «This Is The Thing No.1» vorgetragen
wurde und sich nicht vor dem geschichtsträchtigen Material verstecken
musste! Auch «The Battle Rages On» liess keine Wünsche offen und
versetzte mich gedanklich ins Zürcher Hallenstadion, wo
Deep Purple am 21.10.93 das letzte Mal mit Ritchie auf Tour waren.
Nach einer feinen Solo-Einlage von Frank und dem fliessenden
Übergang zum stimmigen «Cascades I’m Not Your Lover» hinterliess das
pfundig vorgetragene «Black Night» nur noch verbrannte Erde. Je
länger Purpendicular spielten, desto
mehr näherten sie sich dem Original an. Nicht fehlen durfte
natürlich auch das erwartete Drum-Solo des Maestro, das bei
«Speed King» entsprechend eingebettet wurde. Der bald 68-jährige
Weltklasse-Drummer liess dabei immer noch seine Genialität
aufblitzen und hinterliess sein Können dank der Mini-Z7 Bühne in
unmittelbarer Nähe der Fans. Ich musste dabei ehrfürchtig daran
denken, dass dieser stets bescheiden wirkende Brite mit seinen
Kollegen auf den grössten Bühnen der Welt gestanden ist und seit den
Aufnahmen zu «Made In Japan» fast unfassbare 44 Jahre (!!) vergangen
sind. Und nun spielte diese Legende vor unseren Augen, was für ein
erhebender Moment. Dass bei dem gigantischen Backkatalog von Deep
Purple heute Abend viele weitere Klassiker auf der Strecke blieben, war klar,
aber einer durfte keinesfalls ausgelassen werden: «Smoke On The
Water»! Gitarrist Frank Pané, der das Spiel von Herrn Blackmore
erstaunlich gut adaptiert hat, spielte das legendäre Eingangsriff
natürlich mit zwei Fingern und nicht nur mit dem Plektrum. Dass Pacey am
Schluss der gut 2-stündigen Hammer-Show noch genug Dampf für die
Zugabe mit «Highway Star» aufbringen konnte, unterstrich die Freude,
die mit Purpendicular ausserhalb des Purple-Trosses ausgelebt werden
kann.
Setliste: «Ted The Mechanic» - «Demon's EyeLiving» -
«Wreck» - «No, No, No / Fireball» - «Child In Time» - «Sometimes I
Feel Like Screaming» - «Mistreated» - «Somebody Done It» - «The
Battle Rages On» - «Guitar Solo / Cascades I'm Not Your Lover» -
«Black Night» - «Speed King / Drum Solo» - «Space Truckin'» - «Smoke
On The Water» - «Highway Star».
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