Die Mundart-Punker QL auf einer Metal-Page?
Das werden sich wohl jetzt einige Fragen. Und ich gebe zu, dass es
auch für mich anfänglich nicht klar war, ob QL auf diese Seiten
gehören. Dagegen sprach einiges, dafür aber auch. Einerseits haftet
der Band der Ruf an, Pseudopunks zu sein, die mit Major-Plattendeal
auf der Mundartwelle mitreiten, anderseits haben mir die vier Jungs,
die mir bei einem Interview mit J.B.O. empfohlen wurden, auf ihren
drei CDs einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Und so fuhr ich mit
gemischten Gefühlen ins solothurnische Biberist. Dort angekommen gab
es erstmals eine Entwarnung, denn aus den Boxen dröhnte fröhlich
AC/DC und Krokus, als ich den Konzertsaal betrat. Nur das Publikum
war nicht ganz so hardrockig und bestand aus einem vorwiegend bunten
Mix aus Normalos, vielen jungen Frauen und ein paar älteren
Semestern. Aber egal ob ich als Metaller nun auffiel, was zählte war
schliesslich die Musik und das dazugehörige Konzert. Beides konnte
sich an diesem Abend mehr als nur hören und sehen lassen.
Für die, die es nicht wissen oder schon wieder verdrängt haben: QL
verrocken Schweizer Popliedchen, spielen ein paar wenige
Mundartversionen alter Metal-Klassiker und haben daneben einige
eigene Nümmerchen am Start. QL sind also eine ganz typische
Schweizer Hausfrauen-Band... Oder doch nicht? Als der Konzertsaal
sich verdunkelte, erklang erstmal eine Jodlerversion von Mash's „Ewigi
Liebi“. Wobei plötzlich QL auf die Bühne stürmten, und dann –
Stromausfall! Die Gitarren hätten wohl die Jodlerversion weg
gebraten, aber stattdessen herrschte erstmal Stille. Da das Problem
aber sehr schnell behoben werden konnte, ging es danach trotzdem los
mit lauten Gitarren, brummendem Bass, lärmendem Schlagzeug und der
rockigen Version der Florian Ast-Ballade „Ängu“. Sofort waren die
ersten Reihen am Mitklatschen und Mitsingen. Dabei fiel auf, dass QL
live noch einen Gang härter wirkten als auf CD. Dies unterstrichen
sie mit einer sympathischen, engergiegeladenen Rock’n’Roll-Show.
Überhaupt scheinen QL mehr eine harte Rock’n’Roll- als eine
Punk-Band zu sein. Die Eigenkomposition „Fuzzi“ setzte den Reigen
fort, worauf zu Göläs „I hätt no viu blöder ta“ zum ersten Mal
geheadbangt wurde. Ihr lest richtig, das Publikum aus Normalos und
anderen bangte fröhlich zu den harten Riffs der QL-Version.
Allerdings nicht zu lange, denn mitten im Refrain gab es einen
erneuten Stromausfall, den das Publikum erst gar nicht merkte. Es
sang einfach weiter. QL liessen sich davon aber nicht beirren und
unterhielten das Publikum in bester J.B.O.-Manier mit improvisiertem
Gelaber. J.B.O. scheinen auch sonst eine wichtige Band für QL zu
sein. Einerseits tourten die beiden Bands bereits zusammen, und den
J.B.O.-Hit „Ein guter Tag zum Sterben“ gibt’s als Mudartadaption,
anderseits erinnert QL’s Schlachtruf „Do you feel alright?“, bei dem
das Publikum mit „Fuzzyband!“ antworten soll, an das
J.B.O.-Spielchen „Danke Pratteln!“ – „Bitte Vito“!
Nach dieser Panne gab es aber keine Unterbrüche mehr, und die
Eigenkomposition „7 Siech“ lenkte das Konzert wieder in geregelte
bahnen. Florian Asts „Sex“ überzeugte auch in der punkigen Version,
und auch das wiederum eigene Stück „Gstorbe“ hielt die Stimmung, die
mittlerweile nicht mehr nur die ersten Reihen, sondern den ganzen
Saal erfasst hatte. Wie bei verschiedenen Stücken übernahm auch hier
QL-Neuzugang und Gitarrist Stämpf den Gesang und entlaste so Bassist
und Sänger Pät, der beim anschliessenden „Alperose“ wieder das
Mikrofon übernahm. Stämpf selbst sorgte mit seinen irrsinnigen
Grimassen auch sonst für weitere Farbtupfer in dieser gelungenen
Show. Für Metaller gab es darauf die schon fast doomige
Hartstahl-Adaption der Patent Ochsner-Ballade „Venus vo Bümpliz“.
„Arschloch“ und „So oder so“, letzteres mit Ooho-Spielchen, konnten
das schnelle und dichte Tempo halten, bevor man sich bei
Rumpelstilzs „Rote Wy“ als Karibik-Version mit Bläsern ab Band
erstmal entspannen angesagt war. Der Stilbruch, der darauf folgte,
hätte kaum krasser sein können. „Oh läck du mer“ ist bei QL eine
schnelle, aggressive Nummer, die erste Pogo-Zellen hervorrief und
nahtlos in „Alles fahrt Ski“ überging. Und nochmals gab es einen
Bruch: Wenn nach dem verrockten Schlagerstück „Cindy“ die
Motörhead-Nummer „Ace Of Spades“ folgt, muss man einfach headbangen.
Naja, zumindest sahen ich und meine Begleiter das so. Der restliche
Saal schien Motörhead allerdings nicht zu kennen und freute sich
dafür umso mehr über die QL-Ballade „Tröime“, die wirklich auch als
ruhiges Stück gespielt wurde. Anders wiederum bei der eingangs
erwähnten Schmuse-Nummer „Ewigi Liebi“. Wer gedacht hatte, dass man
zu dieser nicht pogen könne, ist definitiv noch nie an einem
QL-Konzert gewesen! „Ds Berner Oberland isch schön“ und zum Schluss
„Buure Büebli“ mit altbekannten Tanzfiguren folgten, sorgten weiter
für viel Energie und liessen die Zeit wie im Flug vergehen. Dann war
erstmal Schluss, womit das Publikum natürlich gar nicht
einverstanden war. Und so folgten „Italiano“, Göläs „Schwan“ und
„Heimweh“, alle wiederum als „voll in die Fresse“-Versionen, die das
Konzert nun endgültig abgeschlossen hätten. Nicht so im Rockpalast:
Das Publikum tobte einfach euphorisch weiter, so dass QL für eine
anscheinend ungeplante letzte Zugabe auf die Bühne kamen. Sänger Päd
war fast sprachlos und strahlte zusammen mit dem Rest der Band auch
beim nun wirklich finalen „Swiss Lady“ um die Wette. Als der Saal
wieder hell wurde, staunte ich nicht schlecht, als ich feststellte,
dass bereits 1 ¾ Stunden um waren - So kurzweilig war das Konzert
von QL, die früher unter dem Namen Fishnet Stocking Punk Rock
spielten.
Für mich ist der Fall klar: Wer auf solchem Niveau Rock’n’Roll
spielt, dabei neben vielen anderen Stilen auch Heavy Metal-Elemente
einbaut und live voll überzeugt, gehört definitiv auf diese
Metal-Page. Der Ausflug hat sich gelohnt und wird sich für jeden
Rocker ebenfalls lohnen! Obwohl nicht mal eine Vorband am Start war,
kann man bei dieser gebotenen Show sogar über die Tatsache
hinwegsehen, dass 30 Fr. Eintritt an der obersten tolerierbaren
Grenze liegt.
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