Die Ära Queensrÿche 2.0 mit Todd La Torre als Frontmann
dauert mittlerweile auch schon sieben Jahre an, und mit dem Album
«The Verdict», das heuer im Frühling erschienen ist, haben die
Progressive Metal Ikonen aus den Staaten schon das dritte Werk in
diesem Line-up auf die Menschheit losgelassen. Wer nach dem
geräuschvollen Abgang von Ur-Sänger Geoff Tate gedacht hatte, dass
die Band erledigt sei, wurde längst eines Besseren gelehrt. Obwohl
die kompositorischen Glanzzeiten schon eine Weile zurück liegen, was
mitunter auch mit dem Fehlen von Gitarrist Chris de Garmo zu tun
hat, konnten sich Queensrÿche in dieser Zeit im Gespräch wie auch
auf der Bühne halten. Das aktuelle Tour-Package mit Firewind liess
gar ein paar Vibes der guten alten Zeiten wieder aufleben, als
Konzerte mit unterschiedlichen Stilen den Fans die Möglichkeit
gaben, neben der jeweiligen Lieblingsband womöglich was Neues zu
entdecken. In meinem Fall galt das für den Opener Mirrorplain, von
dem ich zuvor noch nie was gehört oder gesehen hatte.
Mirrorplain
Das deutsche Sextett aus dem Sauerland eröffnete den Abend vor noch
vor einer ziemlich überschaubaren Kulisse, dafür pünktlich um 20:00
Uhr. Angesagt war "Independent Hardrock" inklusive Keyboards, der
laut eigenen Aussagen eine explosive Mischung aus harten Riffs,
eingängigen Melodien und epischen Synthi-Einflüssen sei. Das
explosive Element erschloss sich mir dann aber schon beim Opener
«No. 1-0-7» nicht wirklich, obwohl sich Frontmann Christian Döring
gesanglich keine Blösse gab. Das Eingangsriff von «Northstar» klang
dann zuerst schwer nach Shakra vor ein paar Jährchen, dann wurde es
hinten raus getragener und klang letztlich wieder etwa gleich wie
vorher. Spätestens bei «Lost in Paradise» wurde mir die Mucke von
Mirrorplain jedoch zu dröge, da alles ohne erkennbare Varianz
vorgetragen wurde. Man hatte das Gefühl, dass immer der gleiche Song
läuft. Auch der Synthie, gespielt von Kevin Ax, säuselte ohne
Variation wie völlig belanglos vor sich hin. Das Einzige, was mich
überzeugte, waren der Leadgesang und die Backing Vocals. Den Rest
konnte man sich eigentlich schenken. Die halbe Stunde Spielzeit
wurde ausnahmslos mit neuen Songs ab dem aktuellen, im Mai
erschienenen Album «Northstar» bestückt, und ganz ohne Resonanz des
Publikums musizierten die Jungs natürlich nicht. Aber dieser in der
Tat independente wie auch etwas alternativ anmutende Sound war
absolut kein Genuss für meine Geschmacksnerven, und somit führte
dieser Auftritt zwangsläufig nicht zu einem neuen Fan von
Mirrorplain, was meine Wenigkeit angeht.
Setliste: «No.
1-0-7» - «Northstar» - «Judgement Day» - «Lost in Paradise» -
«Sealed Off» - «Drown».
Firewind
Es dürften einige Monde ins Land gezogen sein, seit ich Firewind
live…, keine Ahnung mehr wo…, vielleicht hier (als Headliner)
gesehen habe? Stimmt, "sagt unser Archiv", aber das ist geschlagene
elf Jahre her! Allerdings gilt dies nicht für Mastermind Gus G.
himself, der ja im Januar am "ICE ROCK" Festival in Wasen im
Emmental einen absoluten Killer-Gig als Solo-Artist hinlegte. Mit
seiner Hauptband Firewind, und viele Jahre bevor er eine ganze Weile
Klampfenhexer bei Ozzy Osbourne sein durfte (2009 bis 2017), spielte
er mit seiner Truppe bis 2012 sieben full lenght Alben ein. Davon
waren die ersten drei essentiell und danach kam etwas Sand ins
kompositorische Getriebe. Vor zwei Jahren knüpften die griechischen
Power Metaller mit dem bislang letzten Werk «Immortals» wieder an
ihre guten frühen Jahre an. Trotzdem war bei dem umfangreichen
Backkatalog davon auszugehen, dass eine entsprechende Auswahl
getroffen wird, und so kam es dann auch. Unterstützt durch den
Live-Gitarristen und Keyboarder Bob Katsionis (Warrior Path), der
Rhythm-Section mit Petros Christo (b) und Joe Nunez (d) sowie
Ex-Metalium Shouter Henning Basse spannte Gus
den
Bogen in der zu Verfügung stehenden Dreiviertelstunde zwischen der
zweiten Scheibe «Burning Earth» (2003) mit «The Fire And The Fury»
und dem aktuellen Langeisen «Immortals» (2017) mit dem Opener «Ode
To Leonidas» und dem anschliessenden «We Defy» einen maximalen
Zeitstrahl von vierzehn Jahren. Leider geriet das Ganze nicht zu
einem neuerlichen Siegeszug auf ganzer Linie, im Gegenteil! Obwohl
sich der Chef abermals keine Blösse gab, wirkte die Performance
erstaunlich zahnlos und entwickelte keinen Druck nach vorne. Zudem
erkannte ich den guten Henning nicht wieder, da seine einst so
kraftvolle Gesangsstimme merklich nachgelassen hat. Das Beste war
dann noch der «Flashdance»-Hit «Maniac», der ja offiziell auf dem
Album «The Premonition» (2008) gecovert wurde. Unter dem Strich war
das letztlich deutlich zu wenig, und auch wenn sich das Publikum
stimmungsmässig gnädig zeigte, war dieser Auftritt im Gegensatz zum
Exploit am "ICE ROCK" bloss ein laues Lüftchen.
Setliste:
«Ode To Leonidas» - «We Defy» - «Head Up High» - «Few Against Many»
- «World On Fire» - «The Fire And The Fury» - «Mercenary Man» -
«Maniac (Cover Michael Sembello)» - «Falling To Pieces».
Queensrÿche
Nun musste aber eine deutliche Steigerung her, denn der bisherige
Konzertabend gefiel mir bisher überhaupt nicht! Was könnte es dazu
Besseres geben, als einen Auftritt von Queensrÿche?! Mit dem neuen
Album «The Verdict» unterstrich die Band, dass die Ära mit Todd La
Torre definitiv zukunftsgerichtet ist. «Blood Of The Levant»
entpuppte sich nach dem Intro als würdiger Opener und der
nachfolgende Track «I Am I» zeigte auf, dass das teils geschmähte
Album «Promised Land» (1994) kein Totalausfall war und diese Songs,
die vor einem Vierteljahrhundert (!) entstanden sind, eben doch
ihren eigenen Reiz besitzen. Was die Fans aber hören wollen, sind
die Songs aus der Frühzeit, und dazu gehörte mitunter auch «NM 156»
von der 84er «The Warning»-EP. Dass Queensrÿche jedoch klar auch
hinter ihrem jüngeren Material stehen, zeigte der Umstand, dass vier
Tracks von «The Verdict» im aktuellen Set stehen. Frontmann Todd
brauchte eh nicht lange, bis der das immer besser antizierende
Publikum auf seine Seite ziehen konnte. Der Sound, den seine
Kollegen dazu erzeugten, war stellenweise aber zu leise und legte,
wie zuvor schon bei Firewind, erneut zu wenig Druck hin! Der heutige
Abend versetzte der mehrheitlich guten Arbeit der Mischer im Z7
einen Dämpfer.
Nichtsdestotrotz
holten dann die beiden «Mindcrime»-Klassiker «Operation: Mindcrime»
und «Eyes Of A Stranger» wieder einige Kohlen aus dem Feuer und
wurden in der etwa halbvollen Halle lautstark abgefeiert. Gleiches
widerfuhr dann natürlich auch den drei Perlen ab dem Kult-Album
«Empire» (1990), wovon die bald 30-jährige Jahrhundertballade
«Silent Lucidity» den Anfang machte. Besonders da zeigt Todd immer
wieder, wie verblüffend nahe er hierbei seinem Vorgänger Geoff Tate
kommt. Das galt zu Beginn ebenso für die "Reifeprüfung" «Queen Of
The Reich», die gesanglich brutal viel abverlangt und der in der
letzten Zeit etwas Tribut gezollt werden musste. Logo nennt man das
dann halt affektiertes Jammern auf allerhöchstem Niveau, aber
Queensrÿche haben sich diese Messlatte selber gesetzt. Mit einer
Spielzeit um 85 Minuten herum wurden ausserdem nicht alle anwesenden
Fans im Z7 gleich zufrieden gestellt, mich eingeschlossen. Darüber
hinaus ist immer noch die Live-Vakanz von Ur-Drummer Scott
Rockenfield zu beklagen, der zwar technisch durch Ex-Kamelot
Schlagwerker Casey Grillo durchaus würdig vertreten wurde. Unter dem
Strich konnte die Chose mit dem agilen Axt-Duo Wilton/Lundgren trotz
der einzelnen Mängel dennoch überzeugen, was heuer allerdings auch
für Ex-Shouter Geoff Tate gilt, der zusammen mit der Italo Prog
Metal Band Sweet Oblivion ein absolutes Killer-Teil raus gehauen
hat!
Setliste: «Intro» - «Blood Of The Levant» - «I Am I» -
«NM 156» - «Man The Machine» - «Walk In The Shadows» - «Condition
Hüman» - «Queen Of The Reich» - «Silent Lucidity» - «Operation:
Mindcrime» - «Propaganda Fashion» - «Screaming In Digital» - «Take
Hold Of The Flame» - «Eyes Of A Stranger» - - «Light-Years» - «Jet
City Woman» - «Empire».
|
|