Heavy Metallern eilt der Ruf voraus, sie seien konservativ und an
Veränderungen nicht interessiert. Dieses Vorurteil mag oft falsch
sein, trifft aber sicher in einem Punkt zu: Sie lieben Bands, welche
zuverlässig geile Konzerte spielen. Rage ist so eine. Wie oft habe
ich die Band um Scheffschreier und Bassist Peavy Wagner in den
letzten Jahren schon gesehen? Ich weiss es nicht. Aber mir ist
bewusst, dass auch dieser Auftritt im Rahmen der „Carved In The
Road“-Tour zum fast gleichnamigen neuen Album schlicht geil war. Und
im Vergleich zum letzten Mal mussten Rage diesmal nicht gegen eine
übermächtige Vorgruppe à la Freedom Call ankämpfen, obwohl mit den
Wüsten-Metallern Dezperadoz und den österreichischen Symphoniker
Edenbridge Gruppen am Start waren, welche an Spielfreude nur knapp
den Anschluss an den Headliner verpassten. Edenbridge schienen an
diesem Abend gar zu polarisieren. Konnten viele dem Sound nur ein
müdes Gähnen abgewinnen, hoben andere, wie z.B. unser Rockslave, in
höhere Sphären ab. (rowe)
Dezperadoz
Einigkeit herrschte dafür bei der ersten Truppe. Die Cowboys hatten
mit fast 50 Minuten eine mehr als grosszügige Spielzeit und nutzten
diese auch ausgiebig… zum Quatschen! Neben
den ernst zu nehmenden, mehrfach pointierten Aufrufen zu mehr
Zivil-Courage war sich Sänger Alex Kalf auch nicht zu schade,
einfach mal Nettes und ganz Belangloses zu erzählen. Dazwischen
spielte die Band guten Heavy Rock, welcher gespickt mit
Western-Elementen war und damit eine gewisse Eigenständigkeit
aufweisen konnte. Der erst dritte Auftritt in dieser Formation
zeigte dieses Trio in Höchstform und liess keine Zweifel daran, dass
es sich hier um keine Anfänger handelte. Ein nachträglicher Blick
auf Wikipedia bestätigte den Eindruck. Denn Alex Kalf ist kein
Geringerer als der Gitarrist von Onkel Tom, der Nebenband von
Sodom-Bassist und Sänger Tom Angelripper. Das Einzige, was mich an
diesem Auftritt störte, waren die vielen Keyboardeinspielungen ab
Band, welche dem staubtrockenen und gefährlichen Western-Metal ein
wenig die Zähne zogen. Mit „Ghostriders In The Sky“ und dem The
Doors-Covers „Riders On The Storm“ trumpften die drei Banditen auch
mit bekannten Songs auf. Und wenn eine Band fast aus dem Takt fällt,
nur weil der Sänger spontan dem Roadie aufträgt, ihm eine Flasche
Wasser über den Kopf zu leeren, hat sie eh gewonnen. (rowe)
Edenbridge
Das letzte Konzert der sympathischen Band aus Österreich im Z7 ist
schon über drei Jahre her (6.2.05), als man zusammen mit Angra (Headliner)
und Manticora unterwegs war, um das letzte Album «The Grand Design»
vorzustellen. Danach wurde es ziemlich ruhig um Edenbridge, das
heisst bis auf ein paar Konzerte in den letzten zwei Jahren, wovon
der letztjährige Abstecher zu drei Konzerten in China alles war in
Sachen Live-Auftritte. Diese Durststrecke ist nun offenbar vorbei,
denn Lanvall & Co. haben mit ihrem neusten Werk «MyEarthDream»
wieder klar Fuss gefasst, auch in
Sachen
Label-Wechsel. Somit war ich echt gespannt, wie sich das Ganze nun
live anhören würde. Unterstützt durch üppiges Licht legten die Gäste
aus dem Land unseres Euro '08-Partners mit vollem Brett los.
Gitarrist und Mainman Lanvall schmiss sich sogleich in seine
bekannten Posen, während Sängerin Sabine Edelsbacher ihre Stimme
zuerst noch etwas warm singen musste. Dieser Vorgang dauerte zum
Glück aber nicht sehr lange und ab diesem Moment passte alles. In
der Tat kommen Edenbridge in der Ausgabe 2008, wie schon auf dem
Album zu hören ist, einen ganzen Tick härter daher. Die bisherige
Keyboard-Dominanz (leider an Band) wurde spürbar zurück gefahren und
machte einem lauteren Gitarren-Sound Platz. Da bewusst ein wenig
tiefer gestimmt, entstand dadurch zusätzlicher Druck. Überhaupt und
nicht nur durch den Gastauftritt (auf der CD) von Karl Groom (Threshold)
erinnert die Musik nun teilweise an die Briten. Das Publikum tobte
zwar nicht gerade, aber mit zunehmender Spieldauer konnte auch der
Zuspruch gesteigert und gehalten werden. Als Support standen
Edenbridge natürlich nur 45 Minuten zur Verfügung, die sie aber gut
auszufüllen wussten. Zu den Highlights gehörte mit «Shine» einer der
älteren Songs, der mit seinem griffigen Refrain nicht aus der
Setlist wegzudenken ist. Wie üblich, gab es jedoch auch ein paar
Leute, die dieser Band heute Abend nichts abgewinnen konnten. Soweit
so gut, aber spätestens mit dem etwas rauer getrimmten Sound ist der
Kitsch-Effekt weitestgehend weg und ich persönlich höre heute (wie
damals schon) lieber der Sabine Edelsbacher als Madame Turunen zu.
Insgesamt also ein durch und durch überzeugendes Comeback zurück auf
den Brettern, die die Welt bedeuten. In naher Zukunft wäre es
überdies schön, Edenbridge eines Tages wieder als Headliner (wie in
Zürich 2004) erleben zu dürfen. (rsl)
Setliste Edenbridge: The Force Within (Intro), Shadowplay, Remember
Me, Wild Chase, Shine, Evermore, The Undiscovered Land, Fallen From
Grace, My Earthdream
Rage
Obwohl diese Tour bereits einen Monat dauerte, wirkten Rage heute
richtig entspannt und voller Energie. Dies lag neben den tollen
Publikumsreaktionen sicher auch am Day Off, welchen die Band am Tag
zuvor eingelegt und laut Homepage mit einem gemütlichen Grillfest
bei Z7-Chef Norbert gekrönt hatte. Wie auch immer, Rage waren
hungrig und überraschten mit einer Setliste, die neben den
obligatorischen Klassikern und einigen neuen Songs auch Lieder wie
z.B. „Days Of December“ beinhaltete, die ich nicht erwartet hätte.
Neutrommler André Hilgers drängte sich im Vergleich zu seinem
Vorgänger Mike Terrana zwar nicht so in den Vordergrund, integrierte
sich dafür aber
umso besser ins Gesamtbild. Rage wirkten dadurch zwar ganz anders,
aber überhaupt nicht schlechter. Laut Peavy Wagner ist Hilgers ein
grosser Rage-Fan. Und darum spielten sie extra für ihn mit „Refuge“
einen seiner Lieblingssongs. Aber nicht nur der Schlagzeuger wurde
grosszügig beschenkt, auch das Publikum bekam mit „Lord Of The
Flies“ des aktuellen und „Dies Irae“ des Unity-Album ein Präsent in
Form von Sängerin Jen Majura. Unglaublich, welches Volumen diese
Dame aus ihrem zierlichen Körper herauskitzelt und mit welcher
Sicherheit sie mit Peavy Wagners Stimme harmoniert. Ein weiterer
Höhepunkt folgte mit dem Suite Lingua Mortis Song „No Regret“, der
eindrücklich Unterstrich, wie man Härte und Harmonie effektvoll
verbindet. Spezielle Klänge begleiteten bald darauf Viktor
Smolskis-Gitarren-Solo, welches nahtlos in das Instrumental „Unity“
überging. Wer bis jetzt nicht begriffen hatte, welch versierte
Musiker vor ihm standen, ging spätestens jetzt ein Licht auf. Ein
Medley aus „Long Hard Road“ und den beiden Klassikern „Higher Than
The Sky“ und „Don’t You Fear The Winter“ setzte den vorläufigen
Schlusspunkt dieses Siegeszugs. Eine Zugabe musste her und folgte
mit „Open Grave“ und dem aus dem „Schuh des Manitu“ bekannten
kongenialen „Straight To Hell“. Nach beachtlichen 1¾ Stunden war
danach Schluss und garantiert niemand unglücklich. Habe ich damit
Rage schon zu oft erlebt? In dieser Form niemals! (rowe)
Setliste Rage: Carved In Stone, Drop Dead, Under Control,
Soundchaser, Days Of December, Refuge, Lord Of The Flies, Dies Irae,
Beauty, One More Time, Lost In Void, No Regrets, Gitarrensolo, Unity
(Instrumental), Down, Set This World On Fire, Medley Long Hard Road/Higher
Than The Sky/Don’t You Fear The Winter, Open Grave, Straight To Hell
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