Rage ohne Victor Smolski..., würde das ohne den Weissrussen,
der in den letzten Jahren das musikalische Geschehen von Rage
diktierte, gehen? Oh ja, und wie das geht! Was Mastermind Peavy schon beim
Refuge-Auftritt in Balingen zeigte, passierte auch an diesem Abend
vor bedeutend mehr Leuten als an den letzten Rage-Konzerten im Z7. Peavy
und sein runderneuertes Trio spielten gross auf, hatten sichtlich
Spass am Auftritt und genossen den Applaus in vollen Zügen. Es war
die Wiederauferstehung einer von mir einst mal geliebten Band, die
ich seit dem Alben «Speak Of The Dead» (2003) abgeschrieben hatte.
Im Vorfeld kündigten Peavy, Neugitarrist Marcos Rodriguez und
Neutrommler Vassilios «Lucky» Maniatopoulos bereits an, dass diese
Tour ganz im Zeichen des 20-jährigen Bestehens ihres erfolgreichsten
Albums «Black In Mind» steht. So stammte die Mehrheit der Lieder aus
diesem Werk und der Fan kam endlich wieder in den Genuss, die alten
Perlen geniessen zu können. Die wurden mit lang nicht mehr
gespielten Tracks aus den Alben «End Of All Days», «13», «Ghosts»
und ein paar weiteren Alltime-Hits vereint. Somit kam der Freund
guter und hingebungsvoller Musik ganz auf seine Kosten,
während die Noten-Doktoren sich wohl endgültig von Rage
verabschieden werden, da wieder der Song und nicht der Künstler im
Mittelpunkt steht…
Maxxwell
eröffneten den Abend. Die Innerschweizer boten vielleicht nicht den
besten Gig ihrer Karriere, aber zumindest einen, der die Zuschauer
bestens auf den Headliner aufwärmte. «Mir si Mäxwel vu Luzärn»
verkündete Sänger Gilberto Meléndez, der mit seinen Ansagen nicht
immer ins Schwarze traf, dafür umso besser sang. Zeitweise erinnerte
der Gute an die rockigere Stimme von Steve Lee (Gotthard). Die Band
spielte verdammt tight und dabei trumpfte Basser Kusi Durrer gross auf
Er legte einen fetten Groove vor, auf dem sich der Rest der Band
austoben konnte. «Boogey Man» und speziell der Oberhit «Slapshot»
liessen das Z7
an
diesem Abend kräftig in den Grundmauern erschüttern. So dass auch
ein kleines Mitsingspiel inszeniert wurde, bei welchem das Publikum
sehr gut mitmachte. Es rockte und rollte aus allen Rohren. Ähnlich
wie man es von Shakra oder Krokus und den alten Gotthard kennt.
Maxxwell sind aber weit davon entfernt, eine blosse Kopie der drei
Truppen zu sein. Dazu klingt das Ganze viel zu eigenständig, auch
dank den beiden Gitarristen Cyril und Hef. Mit «Ihr dörft gärn echli
nöcher cho. Nid du, du bisch scho zvorderscht…», versuchte Gilberto
die Besucher näher an das Absperrgitter vor der Bühne zu locken und
tatsächlich wurde der Abstand zwischen Band und Publikum kleiner.
Maxxwell boten einmal mehr eine coole Show, die vom Publikum völlig
zurecht honoriert wurde.
Rage Mit
«Schön wieder ein paar Leute mehr zu sehen» begrüsste Peavy seine
«Freunde» im Z7. Der singende Bassist hatte keine Ahnung, wie oft er
und seine Truppe schon im Z7 spielten, zumindest wurde ihm vor
Jahren symbolisch der Schlüssel vom Z7 ausgehändigt, aber dieser
Abend gehörte definitiv zu den besten, wenn nicht sogar zum besten
Auftritt, welchen Rage an diesem Ort spielten. Auch wenn Peavy mit
Cortison vollgepumpt war und ihm eine schwere Kehlkopfentzündung
ihm zu schaffen machte («…ich wollte es mir nicht nehmen lassen für euch zu
spielen!»), versuchte er so gut es ging zu singen. Dass dabei die
hohen Passagen
eher tiefer gesungen wurden, war klar. Mit Marcos hat Peter «Peavy»
Wagner aber einen vorzüglichen Shouter in den eigenen Reihen, der
die hohen Parts mühelos sang. Die Vermischung aus der eher tieferen Stimme
von Peavy und der hohen von Marcos klang sehr interessant, und ich
denke, da lässt sich zukünftig im Chor-Bereich noch einiges machen.
Es stand wieder eine Band auf der Bühne und keine Zusammenstellung
von Einzelmusikern, wie dies in den letzten Jahren leider immer der
Fall war. Mit Lucky hat Peavy einen Trommler verpflichtet, der an
Chris Efthimiadis erinnerte (sass zwischen 1988 und 1999 hinter
den Kesseln). Was auch nicht überraschte, denn Lucky ist ein
ehemaliger Drumschüler von Chris und auch lange Jahre der Drumroadie
von Rage. Lucky, der ansonsten bei Tri State Corner singt, erledigte einen
hingebungsvollen und energiereichen Job. Es war schön zu sehen und
zu hören, mit welcher Wucht er auf die Drums einschlug und mit
welcher Freude er hinter seinem Kit sass. Marcos spielte die Solos
seiner Vorgänger auf seine eigene, faszinierende Art. Der Typ kann
alles spielen und dies immer mit einem breiten Grinsen auf den
Lippen. Die Mischung aus Gefühl und Technik ist grandios und es wird
sich zeigen, was innerhalb dieser Besetzung noch alles möglich ist.
Selten
sah ich eine so geile Stimmung bei einem Rage-Konzert im Z7. Ob dies
an der neuen Band lag, oder daran, dass sich Peavy wieder auf seine
(alten) Hits konzentrierte, spielt keine Rolle. Alleine die Energie,
welche von der Bühne kam, steckte die Besucher an. Unterstützt wurde
das Trio bei den «Black In Mind»-Tracks vom Tri State
Corner-Bassisten Markus an der zweiten Gitarre. Es war endlich
wieder an der Zeit, dass man die Hits «Black In Mind», «The Crawling
Chaos», «Sent By The Devil» und «Alive But Dead» hörte. Ganz
abgesehen davon, dass der Speedkracher «Until I Die», die Hymne
«Shadow Out Of Time», das interessante und packende «In A Nameless
Time» und die ultimative Ballade «All This Time» den Weg in den Set
fanden. Nicht nur den Fans gefiel, was ihnen da serviert wurde und
was sie mit einem grossen Applaus und Jubel abfeierten, sondern auch
Peavy sah ich mit Rage lange nicht mehr so glücklich. So müssen Rage
klingen. Ehrlich, authentisch und mit kleinen Dingen, welche die
Musik zu Musik machen. «Danke meine Freunde», hörte man den
Bandleader nach jedem Song sagen, und dies kam von Herzen. Marcos und
Peavy posten viel zusammen auf der Bühne, etwas das in den letzten
Jahren immer weniger wurde. Ich bin mir sicher, wenn die Truppe
vollends eingespielt ist, werden Rage immer als Sieger vom Platz
gehen. Darum sollten sich Helloween im Januar 2016 sehr warm anziehen,
wollen sie im direkten Vergleich nicht als Verlierer von der Bühne runter gehen.
Nach den «Black In Mind»-Songs verliess Markus die Bühne und mit dem
Intro zu «From The Cradle To The Grave» wurde der zweite Block des
Sets eingeläutet. «Over And Over» vom «13»-Album hatten die Fans
kaum auf dem Plan. Der Track klang aber verdammt frisch und machte
Spass. Ebenso wie (endlich wieder!) «End Of All Days» und die beiden
«Ghosts»-Tracks «Back In Time» und «Love And Fear Unite», den Peavy
unbedingt wieder im Set haben wollte. Was man durchaus versteht,
wenn man sich diese Knallernummer anhört. "Den nächsten Song habe ich persönlich
ausgesucht. Ich fand es immer schade, dass wir den in den letzten
Jahren nicht spielten. Scheiss drauf, ob ihr in hören wollt oder
nicht!» Mit «Down» wurde der offizielle Set beendet, der eigentlich
nur einen kleinen Schwachpunkt hatte. «Suite Lingua Mortis V – No
Regrets» mit seinen zu modernen Tunes wollte so gar nicht in den
sonst mit Metal beladenen Abend passen. Hier wäre es sicherlich
besser gewesen, hätte man «Under Control», «Deep In The Blackest
Hole», oder «The Mirror In Your Eyes» ausgegraben. Es war klar, dass
man keine Lieder aus der Epoche vor 1995 spielen würde. Diese Zeit
bleibt Refuge vorbehalten, der Band, in welcher Peavy zusammen mit
Manni Schmidt und Chris Efthimiadis die Ur-Rage Trio-Zeit
wiederbelebte.
«Fantastisch Pratteln, danke», hörte man
Peavy immer wieder sagen. «Es ist eine Ehre für mich, heute Abend für
euch zu spielen», bedankte sich der stark mit seiner
Kehlkopfentzündung kämpfende Sänger. Die obligate Abschluss-Hymne
«Higher Than The Sky», bei welcher das Publikum lauthals den Refrain
sang, wurde noch zu einem kleinen Medley umgewandelt. Zuerst
spielten die Jungs «Sweet Home Alabama» und dann den Dio-Klassiker
«Holy Diver». Jener wurde von Marcos extrem geil gesungen. Unter
grossem Applaus verabschiedete sich das Trio vom Publikum, welches
Rage nach allen Regeln abfeierte. Fazit: Rage sind wieder da wo sie
hingehören und zählen zu den besten Metal-Bands dieses Planeten.
Alleine dieses Konzert war, trotz der Erkrankung von Peavy (er hatte vom
Arzt eigentlich ein Auftrittsverbot erhalten!), beste Werbung in eigener Sache.
Setliste: «Black In Mind» - «The Crawling Chaos» - «Alive But
Dead» - «Sent By The Devil» - «Shadow Out Of Time» - «In A Nameless
Time» - «Until I Die» - «The Price Of War» - «All This Time» - «From The
Cradle To The Grace (Intro)/Over And Over» - «Back In Time» - «End Of
All Days» - «Suite Lingua Mortis V» - «No Regrets» - «Love And Fear
Unite» - «Down» -- «Higher Than The Sky».
|
|